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Region und Cluster
ОглавлениеIm Herbst 2013 hat die Zürcher Kirchenleitung das Projekt KirchGemeindePlus lanciert (www.kirchgemeindeplus.ch). Bis 2019 soll die Gemeindelandschaft neu aufgestellt sein, neu mit allen Lebenswelten im Blick. Dabei sind die Region als der soziokulturelle Gestaltungsraum und der Cluster als der postmodern-adäquate Darstellungsmodus von entscheidender Bedeutung. Öffnung in die mittlere Reichweite führt in doppeltem Sinn zu kirchlicher Raumplanung: als lebensweltliche Nutzung bestehender Bauten und als missionale Erschließung bestehender Lebensräume.
Ein Cluster ergibt sich aus menschlicher Vitalität, nicht aus administrativer Ordnung. Hier hat die institutionelle Kirche Lernbedarf! Die Biodiversität des Regenwalds zeigt, was ein Cluster ist. Architektur und Stadtentwicklung haben bereits gelernt und das institutionell geleitete spatial planning am Reißbrett durch Beteiligung und Beziehung von Bewohnern zum cultural-spatial planning weiterentwickelt. Die landesweit Verantwortlichen anglikanischer Fresh Expressions formulieren aus ihrer Erfahrung die dringliche Empfehlung Create! Don’t clone! Warum?
Das Beispiel des Regenwalds kann als Parabel verstanden werden: Von den drei Lebensbedingungen Wasser, Nahrung und Licht sind zwei überreichlich gegeben, eine aber sehr mager. Die Böden sind nämlich kaolinhaltig und extrem nährstoffarm. So stehen Pflanzen und Tiere in einem Überlebenswettbewerb. Er führte über Jahrmillionen zu einer Überfülle des Verschiedenen auf kleinster gemeinsamer Fläche, denn jede species musste ihren eigenen Trick finden, unter den gegebenen Bedingungen eine Nische zu füllen. Gleiche Anforderungen führten zu unterschiedlichen Lösungen. Gemeinsam sind die Bedingungen und die Sicherung der knappen Nährstoffe: Sie besteht in einer Matte aus Pilzen, die das Absinken der Nährstoffe aus verwestem Leben verhindert und eine dünne Humusschicht ermöglicht. Das networking der Pilze sichert die gemeinsame Nährstoffgrundlage. Das Leben aber, das darauf gedeiht, ist höchst divers. Alle aber sind Beteiligte und Bezogene.
Gemeinsam ist das tragende Netzwerk, die Cluster aber sind verschieden. Jedes Biotop ein Cluster, jedes Stadtquartier ein Cluster, jede Region ein Cluster! Aber keiner gleicht dem anderen. Jeder Cluster ein Unikat! Entscheidend dafür ist die Vitalität. So wird auch das Projekt KirchGemeindePlus nur dann Erfolg haben, wenn die Regionen, die sich bilden, als Cluster und nicht als Plantagen verwaltet werden: Vitale territoriale Kirchgemeinden wird es weiterhin geben, Pfarrunionen für den service public der Kasualien, Zweckverbände für nicht alltägliche und besonders aufwendige Anforderungen, neue Vergemeinschaftungen in diversen Fresh Expressions, einzelne profilierte lieux d’église mit großer Leuchtkraft, spezifisch lebensweltliche Standorte für Jugendliche, Familien, Alte, virtuelle Netzwerke mit gelegentlichen Treffs, eine Stadtakademie, eine Kulturkirche usw.
Eine biblisch geleitete Biodiversität ist unsere Aufgabe. Der Schöpfer jedenfalls mag keine Monokultur, sonst hätte die Passagierliste der Arche anders ausgesehen. Die Vielgestaltigkeit der Glaubenden geht der Definiertheit des Geglaubten voraus, sonst könnte die Bibel um viele Seiten dünner sein.
Kirche! So heißt die Aufgabe, nicht das Problem.
1 Lebenswelten. Modelle kirchlicher Zukunft. Orientierungshilfe, hg. v. Roland Diethelm, Matthias Krieg und Thomas Schlag, Zürich 2012 und Lebenswelten. Modelle kirchlicher Zukunft. Sinusstudie, Zürich 2012.