Читать книгу Gestalttherapie mit Kindern und Jugendlichen - Группа авторов - Страница 11

1.3 Paul Goodman

Оглавление

Paul Goodman haben wir vielleicht den wichtigsten Entwicklungsgedanken zu verdanken, nämlich das Streben nach dem Eigenen im Gegensatz zum Entfremdeten in einer entfremdeten Welt. »Das Heranwachsen erfordert wie jede andauernde Funktion angemessene Ziele in der Umwelt, die den Bedürfnissen und Fähigkeiten des heranwachsenden Kindes, des Buben, des Jugendlichen und des jungen Mannes entsprechen, bis er selbst wählen und seine eigene Umwelt gestalten kann.« (Goodman 1960, S. 44) Bei der Suche nach dem Eigenen ist die kreative Selbstverwirklichung im Vordergrund und Hintergrund das treibende Motiv. Es sind das Herausfinden der inneren Wirklichkeit und die Entwicklung im ureigensten Sinne, die als ein Ausrollen des noch nicht geschriebenen Urtextes unserer Selbst, unserer Seele, der erst durch diesen Akt festgelegt wird, begriffen werden. Entwicklung ist in diesem Sinne der suchende und durch eine hohe emotionale Übereinstimmung gefundene Schritt in die eigene Gegenwart, Zukunft und Selbstbestimmung. Diese innere Stimmigkeit mit dem äußeren Tun kennzeichnet das Eigene. Es ist auch das Programm der Selbstverwirklichung, das hier inkorporiert ist, allerdings mehr in dem konzentrierten In-sich-Hineinspüren und Aus-sichheraus-Handeln. Dieses Handeln besteht bei Goodman in äußeren Aktivitäten, im Einfordern von gesellschaftlichen und politischen Bedingungen, welche die jeweilige Entwicklung des Eigenen ermöglichen und fördern. Dies wird auch in zahlreichen politischen Schriften Goodmans deutlich. In dem Konzept des Eigenen, der Selbstverwirklichung, dem Überwinden von Entfremdung und Selbstbestimmung ist allerdings immer auch der oder die andere/n mitgedacht. Dies sind die Gesellschaft oder die Familie, welche ihr Anderes wollen und dem Eigenen in die Quere kommen, bis hin zur weitgehenden Fremdbestimmung, bei der das Eigene gar nicht mehr gespürt, sondern vergessen wurde, und dieser Verlust nur noch in einer unterschwelligen stumpfen Unzufriedenheit wahrnehmbar bleibt. Das Eigene hat zwei Seiten. Introspektiv betrachtet ist es die Stimmigkeit mit den eigenen Bedürfnissen, Wünschen und Zielen. Je höher diese Übereinstimmung, desto befriedigender ist für uns unsere Selbstverwirklichung. Von Außen betrachtet kann das Eigene – um einen Anschluss an die aktuelle akademische Entwicklungsforschung zu leisten – als eine stärkere Gewichtung der angeborenen, genetischen Faktoren angesehen werden. Je mehr wir, soweit dies aufgrund der gesellschaftlichen Bedingungen möglich ist, das wählen, was uns entspricht, desto stärker schaffen wir wiederum eine Entwicklungsumgebung für das, was uns entspricht. In gegenseitigem Wechselspiel differenzieren und entwickeln wir zunehmend das Eigene durch das Mitentwickeln und Co-Kreieren eines supportiven Feldes, welches wiederum uns mitentwickelt. Die impliziten Entwicklungsannahmen Goodmans über das Eigene können durch die aktuelle akademische Entwicklungsforschung bestätigt angesehen werden.

Gestalttherapie mit Kindern und Jugendlichen

Подняться наверх