Читать книгу Handbuch missionarische Jugendarbeit - Группа авторов - Страница 70
4. Die Kriegsgefangenenhilfe in den Weltkriegen
ОглавлениеMit Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 gewann die Soldatenarbeit der Jünglingsbünde stark an Bedeutung und versorgte deutsche Soldaten, die an den Fronten im Einsatz waren. Daneben nahm der Weltbund der CVJM einen neuen Arbeitszweig unter maßgeblicher Initiative des damaligen Generalsekretärs Christian Phildius (Mitgründer des CVJM Berlin und bisher einziger deutscher Weltbund-Generalsekretär) und John R. Mott auf: die Kriegsgefangenenhilfe. Stursberg umreißt die Aufgaben dieses herausragenden Dienstes im Ersten Weltkrieg:
„Ihr Dienst bezog sich auf die Kriegsgefangenen aller am Krieg beteiligten Länder. (…) Die CVJM-Kriegsgefangenenhilfe gliederte sich in den Gefangenenlager- und Vermittlungsdienst und in die Abteilung Auskunftei und Bücherversorgung. Den aus neutralen Ländern kommenden Sekretären war der persönliche Umgang mit den Gefangenen gestattet. Neben der Versorgung der Lager konnten sie sich auch persönlicher [sic!] Anliegen der Kriegsgefangenen widmen“ (Stursberg 1987: 150).
Mit den Erfahrungen aus dem Ersten wurde auch im Zweiten Weltkrieg eine groß angelegte Kriegsgefangenenhilfe durch den CVJM-Weltbund in Kooperation mit dem Internationalen Roten Kreuz und in Absprache mit den Regierungen der betroffenen Länder aufgezogen. Über 250 hauptamtliche Sekretäre waren in 38 Ländern mit Lagerbesuchen beauftragt. Wieder war John R. Mott eine der Schlüsselfiguren im Hintergrund, da er erhebliche Geldmittel zur Finanzierung beschaffte. 1946 wurde er mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Den CVJM wie das Rote Kreuz zeichnete aus, dass die Hilfsmaßnahmen unter strenger Wahrung von Neutralität geleistet wurden. Die Hilfe wurde nach dem Grundsatz des CVJM allen Menschen ohne Unterschied von Nationalität, Rasse, Glauben und politischer Auffassung zuteil (vgl. Stursberg 1987: 242). Der CVJM überschritt Grenzen und baute Brücken zwischen verfeindeten Menschen.
Neben der Versorgung der Kriegsgefangenen mit Alltagsgegenständen, die das Leben im Lager erträglicher machten (Seife, Papier, Stifte, Bücher, Musikinstrumente und Noten, kleine Werkzeuge für handwerkliches Arbeiten, Sportgeräte, Gesellschaftsspiele etc.), waren es vor allem Bildungsveranstaltungen, die Abwechslung in den oft eintönigen Tagesablauf brachten und wieder neue Hoffnung für ein Leben nach dem Lageraufenthalt gaben. In etlichen Lagern wurden sogar Lageruniversitäten eingerichtet, die mit wissenschaftlicher Literatur versorgt wurden, sodass junge Männer ihre kriegsbedingt abgebrochenen Studien weiterführen konnten. Selbstverständlich wurden auch Gottesdienste in den Lagern gehalten, und es geschah viel seelsorgerliche Ermutigung von Einzelnen. Es ist kaum zu ermessen, wie viel Segen dieser in erster Linie diakonische, aber doch zentral geistlich geprägte Dienst für die Kriegsgefangenen bedeutet hat. Viele von ihnen drückten ihre Dankbarkeit für die empfangene Hilfe dadurch aus, dass sie den Wiederaufbau der CVJM-Arbeit in Deutschland nach dem Krieg mit Spenden unterstützten.