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3 Spiegel der Religionswissenschaft
ОглавлениеOptische Instrumente charakterisieren das Nachdenken über verschiedene Zugänge zu religiösen Symbolsystemen: Spiegel, Brillen, Linsen und Fernrohre werden immer wieder zum Thema – wie hier übrigens auch. Aus dieser Metaphorik könnte man entnehmen, dass wir unbewusst davon ausgehen, etwas sehbehindert zu sein, also nicht in der Lage sind, mit bloßem Auge Historisches und Gegenwärtiges erfassen zu können: Dies wäre ein weiteres, sprachgebundenes Argument gegen das Postulat des »objektiven« Standpunktes im Prozess der Betrachtung. Das Nachdenken über optische Hilfsmittel wurde erst recht in der Debatte um den Stellenwert der Dialektik zwischen den Geschlechtern in der Wissenschaft zum Thema, wie viele Titel von Referenzwerken bezeugen, wie beispielsweise das klassische Werk Lenses of Gender von Sandra Lipsitz Bem.7 Dies führte zu einer kritischen Auseinandersetzung mit den Spiegeln und Brillen der verschiedenen Zugänge zu den Religionen, vor allem aber mit den dominanten Sichtweisen, welche die Religionswissenschaft seit ihrem Bestehen als universitäre Disziplin prägen. Das oben bereits erwähnte Postulat einer objektiven Sicht auf die Religion wurde als typisch androzentrisch entlarvt.8
Die Begründungen dieser radikalen Kritik sind so vielfältig wie die Beiträge dazu; um zwei Argumente hat sich allerdings ein weitgehender Konsens etabliert. Das erste Argument fokussiert auf die Religionsgeschichte und die Geschichte der Religionswissenschaft; das zweite hat seine Wurzeln in der empirischen Erforschung von Religionen. Diese zwei Argumente sollen im Folgenden vertieft werden.