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3.2 Strahlungstransportgleichung 3.2.1 Strahlung mit Schwächung und Verstärkung

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In der Atmosphäre kann eine Strahldichte bei dem Durchgang durch ein mit Gas und Partikeln gefülltes Volumen nicht nur geschwächt sondern auch verstärkt werden. Eine solche Verstärkung kann durch Photonen erfolgen, die von der Materie in dem betrachteten Volumen emittiert werden. Weiter gilt aber, dass in der Atmosphäre jedes Volumen, dessen Strahlung untersucht wird, in benachbarte Volumina eingebettet ist, in denen ebenfalls Streuprozesse stattfinden. Die hierdurch aus den Nachbarvolumina herausgestreuten Photonen werden zum Teil auf das betrachtete Volumen fallen. Dort können diese Photonen in Richtung zum Empfänger gestreut werden, was ebenfalls eine Verstärkung der Strahlung bewirkt, die den schwächenden Prozessen überlagert ist (Abb. 3.3).


Abb. 3.3

Änderung einer Strahldichte L0 zur Strahldichte L auf dem Weg ds durch Streuung aus und in das Volumen, Absorption und Emission.

Zur Modellierung der Strahlungsübertragung in der Atmosphäre müssen alle diese Prozesse berücksichtigt werden. Dies geschieht durch die Strahlungstransportgleichung, STG, auch Strahlungsübertragungsgleichung, SÜG, im Englischen „Radiative Transfer Equation“, RTE, genannt. In ihrer allgemeinen Form besteht sie aus dem Bouguer-Lambert-Gesetz, mit dem die Schwächung berücksichtigt wird, ergänzt durch „Quellterme“ für die in das Volumen hinein gestreute und für im Volumen selbst emittierte Strahlung (Gl. 3.9). Diese Quellterme tragen zur finalen Strahldichte L bei, die das Volumen verlässt und gemessen werden kann. Natürlich bestimmen die Eigenschaften der im durchstrahlten Volumen enthaltenen Gase, Teilchen und Tröpfchen, wie stark diese Quellterme sind, wie sie zum Signal beitragen. Dies gilt direkt für die Emission, die von der Temperatur und Art der Materie im Volumen abhängt. Es gilt aber auch für den Beitrag der hinein gestreuten Strahlung, da die Streueigenschaften der Partikel im Volumen bestimmen, wie die hinein gestreute Strahlung absorbiert und weiter gestreut wird und so zu der interessierenden, final zu messenden Strahldichte beiträgt. Kompliziert wird das Ganze dadurch, dass Photonen mehrfach gestreut werden können und dass die in das Volumen hinein gestreute Strahlung wiederum von den Streueigenschaften der benachbarten Volumina abhängt. Damit können sich diese Volumina gegenseitig beeinflussen und die hier stattfindenden Strahlungsprozesse müssen berücksichtigt werden. Weiter wird das Strahlungsfeld auch durch die Bedingungen an den Rändern der Atmosphäre beeinflusst. Am Oberrand der Atmosphäre ist dies die Strahlung von der Sonne oder eine mögliche Hintergrundstrahlung aus dem Weltraum. Am Boden ist es reflektierte und emittierte Strahlung, was bedeutet, dass die Reflexions- und Emissionseigenschaften des Bodens bei der Strahlungsmodellierung berücksichtigt werden müssen.

Der gesamte Strahlungstransport in der Atmosphäre, die Lösung der STG für das gesamte System, ergibt eine Menge von gekoppelten Integro-Differentialgleichungen, die nicht analytisch lösbar sind. Das heißt, die Gleichungen können nicht nach einer gesuchten Unbekannten aufgelöst werden. Die Berechnung des Strahlungsfelds erfolgt damit in der Regel iterativ, wozu mehrere komplexe Algorithmen entwickelt wurden. Dabei werden verschiedene mathematische Verfahren zur Lösung der STG angewendet (Discrete Ordinate Method, Matrix Operator Method, Successive Order of Scattering).

Die mathematischen Verfahren zur Lösung der STG sind so gut, und die Kapazität der Computer ist so groß, dass bei der Berechnung eines Strahlungsfelds Fehler durch die numerischen Methoden praktisch vernachlässigbar sind (mit der kleinen Einschränkung, dass keine Raman-Änderungen der Wellenlänge berücksichtigt werden, Kap. 2.1.2). Für jede interessierende Wellenlänge erfolgt eine getrennte Modellierung, da ja bei der Strahlungswirkung eines jeden Parameters die spektralen Eigenschaften zu berücksichtigen sind. Voraussetzung für die Modellierung der „richtigen“ Strahldichten ist, dass die „richtigen“ aktuell gültigen Werte der Menge, räumlichen Verteilung und strahlungsrelevanten Eigenschaften aller Substanzen in der Atmosphäre und am Boden benützt werden. Aus ungenau bekannten Parametern können in der Praxis Abweichungen des modellierten zum wirklichen Strahlungsfeld resultieren. Da in der Praxis niemals alle aktuelle Größen bekannt sind, müssen Annahmen gemacht und Vereinfachungen angenommen werden. Die Invertierung von bekannten Strahldichten auf die Eigenschaften und die Verteilung von Substanzen, durch die sie hervorgerufen werden, ist damit meist nicht eindeutig (Kap. 1.3.2), sondern mit Unsicherheiten behaftet. Aber die Invertierung ist machbar, wie in den folgenden Kapiteln zur praktischen Nutzung der Satellitenmeteorologie an vielen Beispielen gezeigt wird, und zwar mit einer Qualität, die einen enormen Erkenntnisgewinn ergibt.

In der Literatur zu den Strahlungsprozessen in der Atmosphäre kommen häufig drei Größen vor, die hier vorgestellt werden sollen:

Die erste ist der Kosinus des Zenitwinkels, üblicherweise mit dem Symbol μ gekennzeichnet, statt des Zenitwinkels θ selbst. Durch die Verwendung von μ vereinfacht sich die Schreibweise von Strahlungsgleichungen und der Winkelabhängigkeit der Weglängen in einer Schicht.


Eine zweite wichtige Größe ist die optische Dicke, (optische Tiefe, Optical Depth, Optical Thickness) τ. Manchmal wird für die optische Dicke das Symbol OD verwendet, da bei einigen Autoren τ als Symbol für die Transmission genutzt wird. Die optische Dicke einer Schicht ist kennzeichnend für deren optische Wirkungen und steht nicht für ihre geometrische Dicke. Anschaulich können Atmosphären mit verschiedenen optischen Dicken mit Farbgläsern mit unterschiedlich starker Pigmentierung verglichen werden. Diese bewirkt, dass – bei gleicher geometrischer Dicke der Gläser – deren optische Wirkung verschieden ist. Die optische Dicke ist gegeben als das Integral über die Extinktionskoeffizienten einer Schicht zwischen den Höhen sa und se in der Atmosphäre.


Dabei kann sich der Extinktionskoeffizient mit der Höhe, das heißt auf dem Weg s, durchaus ändern, so wie das in der Atmosphäre in verschiedenen Höhen häufig der Fall ist. Auch für die optische Dicke gilt, dass ihr Wert – in Abhängigkeit von den mikrophysikalischen Eigenschaften der Atmosphäre – mit der Wellenlänge variiert. Bei Trennung der optischen Dicke in die Beiträge verschiedener beteiligter Substanzen werden die Teilbeiträge, die sich zur gesamten optischen Dicke summieren, durch entsprechende Indices ergänzt.

Für die STG wird die optische Dicke so gezählt, dass sie am Oberrand der Atmosphäre mit dem Wert 0 beginnt und mit der Tiefe zunimmt, weshalb auch von der „optischen Tiefe“ gesprochen wird. Am Boden erreicht sie den Wert der optischen Dicke der ganzen Atmosphäre. Es ist aber durchaus auch üblich, von der optischen Dicke einer Wolke zu sprechen. Die Verwendung der optischen Tiefe als Höhenkoordinate in der STG ist sinnvoll, da die höhenabhängige Variation der Extinktionskoeffizienten die höhenabhängige Änderung des Strahlungsfelds bewirkt. Natürlich ist die optische Dicke für verschiedene Atmosphären, zum Beispiel mit verschiedenem Aerosol oder unterschiedlichen Wolkenschichten, verschieden. Damit kann die optische Tiefe nicht als absolute Höhenkoordinate genommen werden, nicht allgemeingültig in eine geometrische Höhe überführt werden, wie das für den Luftdruck gilt.

Die optische Dicke steht immer für den Weg senkrecht durch die Atmosphäre, da sie ja deren eigentliche Eigenschaften wiedergeben soll, das heißt unabhängig sein muss von einer aktuellen Richtung einer betrachteten Strahlung. Die Verlängerung eines Wegs durch die Atmosphäre mit zunehmendem Zenitwinkel wird durch die „relative Luftmasse“ (Relative Air Mass, mit den Kürzeln ml oder AM) angegeben. Hierbei handelt es sich aber nicht um eine Masse, sondern eben um die relative Verlängerung des Wegs. Den Zusammenhang zwischen Winkel und relativer Luftmasse zeigt Gleichung 3.8.


Durch diese Wegverlängerung wird berücksichtigt, dass die Wirkung einer Schicht mit gegebenem Extinktionskoeffizienten zunimmt, wenn diese Schicht schräg durchstrahlt wird. Für θ = 0° ist ml = 1, wie gewünscht. Mit zunehmendem Zenitwinkel verlängert sich der Weg, bis ml = ∞ für θ = 90°, als Resultat der Annahme, dass die durchstrahlte Atmosphäre eine horizontal parallele Schicht darstellt, also nicht gekrümmt ist. Diese Annahme gilt für die Erdatmosphäre annähernd, wegen des großen Erdradius im Vergleich zur Höhe der Atmosphäre. Bei großen Zenitwinkeln müsste die Erdkrümmung zwar berücksichtigt werden, aber in der Satellitenmeteorologie werden Beobachtungen unter sehr großen Zenitwinkeln generell vermieden, weil damit alle Unsicherheiten zunehmen.

Die „relative Luftmasse“ ist keine Masse, sondern die Bezeichnung für einen Faktor, der die relative Verlängerung des direkten Wegs der Strahlung durch die Atmosphäre beschreibt, wie sie durch eine Vergrößerung des Zenitwinkels der Strahlungsquelle hervorgerufen wird.

Wenn der Extinktionskoeffizient und die Länge des Wegs nach Gleichung 3.7 zur optischen Dicke τ zusammengefasst werden, wie das für Strahlungsprozesse in der Atmosphäre üblich ist, ergibt sich für den senkrechten Weg durch die Schicht für die Transmission T nach Gleichung 3.1 der exponentielle Zusammenhang


und bei schrägem Weg durch die Atmosphäre, bedingt durch den längeren Weg,


Mit den Größen μ und τ bekommt die STG die allgemeingültige Form:


Durch τ ist hierbei die relative Höhe in der aktuellen Atmosphäre gegeben, in der die Strahldichte betrachtet wird, und μ und φ beschreiben deren Richtung, da μ für den Zenitwinkel steht. Bei der Modellierung im solaren Spektralbereich wird die Azimutrichtung zur Sonne mit φ = 0° angesetzt, während in den anderen Spektralbereichen eine azimutale Abhängigkeit nicht berücksichtigt werden muss. L in Gleichung 3.11 beschreibt die Strahldichte, die geschwächt wird, und Jstr und Jem die Quellterme, die die Strahldichte durch Streuprozesse und Emission verstärken. Die Vorzeichen deuten das Gegenteil an, ergeben sich aber durch die Definition von τ mit der Zunahme von oben nach unten.

Für tatsächliche Rechnungen wird die Gleichung in mehrere Gleichungen aufgetrennt, die es erlauben, die nach oben und unten gehenden Strahlungsströme getrennt zu beschreiben sowie die Randbedingungen zu berücksichtigen.

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