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3.3.2 Streutheorien

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Teilchen, die sehr, sehr klein gegenüber der Wellenlänge sind, mit Werten von x < 0,002, werden von der Strahlung gar nicht „wahrgenommen“. Diese Teilchen beeinflussen die Strahlung nicht und ihre Streueffizienz ist zu vernachlässigen. In Abbildung 3.5 ist diese Konstellation nicht gezeigt, da das Teilchen kleiner werden würde als die Strichdicke, mit der die Welle dargestellt ist.

Teilchen, die relativ zur Wellenlänge etwas größer sind, mit x zwischen rund 0,002 und 0,2, können die auftreffende Strahlung streuen. Die Teilchen sind aber zu klein, als dass ihre mikrophysikalischen Eigenschaften, ihre Form oder ihr Brechungsindex eine Rolle spielten. Damit gehorcht die Streuung für derartige Teilchen, die in Relation zur Wellenlänge noch kleiner als das kleinste der in Abbildung 3.5 gezeigten Teilchen sind, relativ einfachen Gesetzen. Diese wurden 1881 von Lord Rayleigh aus den Maxwellschen Gleichungen abgeleitet, und werden dementsprechend als Rayleigh-Streuung bezeichnet. Ein wesentliches Ergebnis dieser Art der Streuung ist, dass die Streukoeffizienten mit abnehmender Wellenlänge mit etwas mehr als der vierten Potenz zunehmen. Ein klassisches Beispiel für diesen Bereich von Größenparametern ist die Kombination der Größe von Luftmolekülen mit den Wellenlängen des sichtbaren Lichts. Damit erklärt die von Rayleigh gefundene spektrale Abhängigkeit des Streukoeffizienten die blaue Farbe des sauberen Himmels, dessen Strahlung ja durch Streuung hervorgerufen wird, die eben mit abnehmender Wellenlänge stark ansteigt. Dass der Himmel blau und nicht violett erscheint, liegt an der Augenempfindlichkeit. Die Strahlung bei kürzeren Wellenlängen als blau wird zwar noch stärker gestreut, aber das resultierende violett wird eben nicht gesehen. Der Versuch die Himmelsfarbe zu erklären war übrigens der Grund für Rayleighs Überlegungen.

Wie beeinflusst ein Hindernis einen Wanderer? Wenn es sehr viel kleiner ist als er, kleiner als 1/10 seiner Körpergröße, wird er problemlos darübersteigen. Bei einer Wand, die zehnmal so hoch ist wie er groß ist, wird er einen Umweg suchen. Und bei einem Hindernis in Körpergröße wird das Verhalten davon abhängen, wie die Eigenschaften des Hindernisses im Einzelnen aussehen.

Für Teilchen, die sehr groß gegenüber der Wellenlänge sind, in Abbildung 3.5 gezeigt mit x = 63, ist das Teilchen einfach ein großes Objekt, mit einer Grenzfläche zwischen Teilchenmaterie und Luft. Hier ergibt sich für kugelförmige Teilchen eine Extinktionseffizienz von 2, die dadurch zustande kommt, dass das Teilchen die Strahlung sowohl durch seine Querschnittsfläche schwächt als auch durch Beugung aus ihrer ursprünglichen Richtung ablenkt. Bei diesen großen Teilchen kann deren Oberfläche direkt als Trennfläche behandelt werden, an der die Strahlung je nach Auftreffwinkel reflektiert oder gebrochen wird. Die richtungsabhängige Streuung der Strahlung durch das Teilchen kann deshalb mittels geometrischer Optik bestimmt werden. Hierzu wird für viele Einzelstrahlen deren Weg durch das Teilchen berechnet, unter Beachtung des Einfallswinkels und des Brechungsindexes des Materials. Da dies auch für Teilchen möglich ist, die nicht kugelförmig sind, gelingt mittels geometrischer Optik für kleine Wellenlängen auch die Bestimmung der Streueigenschaften von Eiskristallen.

Für Teilchen, deren Größenparameter zwischen den beiden genannten Bereichen liegt (das heißt für Teilchen mit einem Radius in der Größenordnung der Wellenlänge, in Abbildung 3.5 im unteren Teil, x = 6,3), ist die Wechselwirkung zwischen Strahlung und Teilchen besonders komplex und die Streueffizienz teilweise besonders groß. Bei solchen Bedingungen, wo Wellenlänge und Teilchendurchmesser ähnliche Größe haben, können die elektrischen Ladungen im Teilchen gut auf die Anregung durch die elektromagnetische Welle reagieren. Bei diesen Größenparametern, im Bereich zwischen 3 und 30, ist die Reaktion der Materie auf die Strahlung damit sehr variabel. Sie hängt stark vom Größenparameter ab, aber auch vom Brechungsindex des Teilchens. Die theoretischen Grundlagen der Extinktionseffizienz für diese komplexen Verhältnisse wurden von G. Mie (1908) hergeleitet – wobei er auch den Größenparameter einführte – die Mie-Theorie. Für diese allgemein gültige Streutheorie gilt wieder, dass sie die vorher bekannten Theorien mit umfasst. Die Mie-Theorie ist generell für kugelförmige Teilchen gültig, unabhängig von deren Größe, und schließt auch die Bereiche von Rayleigh-Streuung und geometrischer Optik mit ein, so lange die Teilchen Kugeln sind.

Die Übergänge zwischen Rayleigh- und Mie-Theorie einerseits und weiter zwischen Mie-Theorie und geometrischer Optik sind fließend. Deshalb finden sich in verschiedenen Veröffentlichungen auch verschiedene Werte von Größenparametern, um die Bereiche Rayleigh-Streuung und geometrische Optik von dem Bereich der Mie-Streuung zu trennen. Generell gilt aber, dass für die Beschreibung der Wechselwirkung von Aerosolpartikeln in der Atmosphäre mit solarer Strahlung die Mie-Theorie verwendet werden muss, oder sogar noch komplexere Streutheorien, wenn die von Kugeln abweichende Form der Teilchen berücksichtigt werden soll.

Ein für die Praxis relevanter Aspekt ist, dass bei jedem in der Satellitenmeteorologie untersuchten Phänomen immer gleichzeitig Teilchen mit ganz unterschiedlicher Größe an den Streuprozessen beteiligt sind. Egal ob Aerosolteilchen, Wolken- oder Regentropfen, die in der Atmosphäre vorkommenden Teilchen haben niemals nur eine Größe, sondern immer ein breites Größenspektrum (Kap. 9.1). Entsprechend wird in der Praxis das Strahlungsfeld immer durch die gleichzeitige Streuung an Teilchen mit verschiedener Größe hervorgerufen, wodurch die Unterschiede für verschiedene Größenparameter vermischt werden. Die große Variation der Streueffizienz und damit der Streukoeffizienten bei kleinen Änderungen des Größenparameters im Mie-Bereich, in Kombination mit der Variationsbreite der Teilchengröße, führt dazu, dass durch Streuung keine spektral schmalen Signaturen entstehen. Dies ermöglicht, dass einzelne Absorptionslinien von Gasen erkannt werden können, ohne dass die aktuelle Aerosolmenge bekannt sein muss.

Es gibt aber doch eine generelle Abhängigkeit des spektralen Verlaufs der Streuung von der Teilchengröße: Bei kleinen Teilchen ist die Abnahme des Streukoeffizienten mit steigender Wellenlänge stärker als bei großen Partikeln, resultierend im Blau des Himmels, hervorgerufen durch die kleinen Luftmoleküle in einer Atmosphäre ohne Aerosolpartikel. Je größer die streuenden Teilchen sind, desto geringer wird die spektrale Änderung, bis zu den im Vergleich zu Aerosolteilchen großen Wolkentropfen, die im solaren Bereich keine Wellenlängenabhängigkeit des Streukoeffizienten aufweisen und damit bewirken, dass die Streustrahlung von Wolken weiß ist. Diese spektrale Abhängigkeit wird mit dem sogenannten Ångstrom-Koeffizienten beschrieben und genutzt, um aus spektralen Strahlungsdaten Information über die Größenverteilung der Aerosolpartikel in der Atmosphäre zu gewinnen.

Heute gibt es mathematische Methoden, die auch die Berechnung der Streueigenschaften von nichtkugelförmigen Teilchen ermöglichen, die der Größe nach im Mie-Bereich liegen und damit zu klein sind, um sie mit geometrischer Optik zu rechnen. Dies ist wichtig für kristalline Aerosolpartikel wie Wüstenstaub, während die Eigenschaften von wasserlöslichem Aerosol gut als kugelförmige Teilchen beschrieben werden können. Die Verfahren zur Berechnung der Streueigenschaften von nichtkugelförmigen Teilchen sind jedoch sehr rechenaufwendig. Die gängigsten Methoden modellieren die Teilchen als Ellipsoide (Mishenko et al., 1997), wobei deren Achsenverhältnisse ebenso variiert werden können wie ihre Größe. Das ist in vielen Fällen bereits eine große Verbesserung gegenüber der Annahme von Kugeln. Um bei der Fernerkundung von Aerosolpartikeln Streueigenschaften nichtkugelförmiger Teilchen berücksichtigen zu können, werden mittels Bodenmessungen mittlere Werte der Teilchenform unter Berücksichtigung der Größenverteilung bestimmt und dann die dafür gültigen Strahlungseigenschaften bei den Invertierungsalgorithmen benützt.

Für die meisten satellitenmeteorologischen Anwendungen kann aber mit der Annahme kugelförmiger Teilchen gearbeitet werden, da die Unterschiede gegenüber nichtkugelförmigen Teilchen bei den Streu- und Absorptionskoeffizienten gering sind und erst für die Streufunktion und die Polarisation größer werden.


Abb. 3.6

Anwendungsbereiche verschiedener Streutheorien, getrennt über den Größenparameter x, für Teilchen in der Atmosphäre mit verschiedenen Radien und für in der Satellitenmeteorologie verwendete Wellenlängen (nach Wallace and Hobbs, 2006; Petty, 2006, und anderen).

Abbildung 3.6 zeigt als schräge Linien Werte des Größenparameters x in Abhängigkeit von der Teilchengröße und der Wellenlänge. Auf der linken Seite der Abbildung sind die Teilchenradien angegeben und auf der rechten Seite die zugehörigen in der Atmosphäre vorkommenden Teilchentypen. Für die Wellenlänge der Strahlung sind unten Zahlwerte angegeben und oben die in der Satellitenmeteorologie verwendeten Spektralbereiche. Der schräge Verlauf der Größenparameter ergibt sich aus Gleichung 3.12. Zu erkennen ist, dass die Streuung im solaren Spektralbereich für die Luftmoleküle mit der Rayleigh-Theorie, für Aerosolpartikel mit der Mie-Theorie und für große Tropfen aber auch Eiskristalle mit geometrischer Optik gerechnet werden kann. Für den terrestrischen Spektralbereich, das thermische Infrarot, ist Streuung an Luftmolekülen zu vernachlässigen. Aber auch die Streuung von Aerosolpartikeln darf im terrestrischen Spektralbereich in den meisten Fällen vernachlässigt werden, da ihre Zahl zu gering ist, um nach der hier anzuwendenden Rayleigh-Theorie merkbare Streuung hervorzurufen und zudem ihre Teilchenzahldichte mit zunehmendem Radius sehr schnell abnimmt (Kap. 9.2). Für die noch viel längeren Mikrowellen haben selbst Wolkentropfen praktisch keinen Einfluss auf die Strahlung, und nur die Streuung durch Regentropfen oder Hagel ist von Bedeutung. Dies hat zur Konsequenz, dass Mikrowellen durch Wolken „hindurchsehen“ können.

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