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Wissenschaftstheoretische Grundlagen qualitativer Forschung

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Qualitative Forschung ist in ihren unterschiedlichen Spielarten verschiedenen Leitfragen verpflichtet. Sie interessiert für den Nachvollzug subjektiv gemeinten Sinns, die Beschreibung der Herstellung sozialen Handelns und sozialer Milieus und der Rekonstruktion tiefer liegender Strukturen sozialen Handelns (vgl. hierzu Lüders/Reichertz 1986). In diesen drei Perspektiven wird mit unterschiedlicher Akzentuierung die Konstruktion sozialer Wirklichkeiten fokussiert. Damit schließt qualitative Forschung wissenschaftstheoretisch an Ansätze des Konstruktivismus an. Unter der Bezeichnung »Konstruktivismus« werden Programme mit unterschiedlichen Ansatzpunkten zusammengefasst. Gemeinsam ist allen konstruktivistischen Ansätzen, dass sie das Verhältnis zur Wirklichkeit problematisieren, indem sie konstruktive Prozesse beim Zugang zu dieser behandeln. Konstruktionsleistungen werden auf verschiedenen Ebenen angesiedelt:

1) In der Tradition von Jean Piaget (1937) werden das Erkennen, das Wahrnehmen der Welt und das Wissen über sie als Konstruktionen verstanden. Der radikale Konstruktivismus (Glasersfeld 1996) führt diesen Gedanken dahingehend fort, dass jede Form der Erkenntnis schon aufgrund der neurobiologischen Prozesse, die dabei involviert sind, nur zu den Bildern von der Welt und der Wirklichkeit, nicht jedoch zu beidem direkt Zugang habe.

2) Sozialer Konstruktivismus in der Tradition von Schütz (1971), Berger und Luckmann (1969) sowie Gergen (1994) fragt nach den sozialen (z. B. kulturellen oder historischen) Konventionalisierungen, die Wahrnehmung und Wissen im Alltag beeinflussen.

3) Konstruktivistische Wissen(schaft) ssoziologie in der als »Laborkonstruktivismus« (Knorr-Cetina 1984) bezeichneten Forschung untersucht, wie soziale, historische, lokale, pragmatische etc. Faktoren wissenschaftliche Erkenntnis so beeinflussen, dass wissenschaftliche Fakten als soziale Konstruktionen (»lokale Erzeugungen«) aufzufassen sind.

Konstruktivismus ist kein einheitliches Programm, sondern entwickelt sich parallel in verschiedenen Disziplinen. Von den drei angesprochenen Richtungen sind vor allem die ersten beiden für qualitative Forschung relevant. Das empirische Programm des (Labor-) Konstruktivismus wurde bislang noch nicht auf qualitative Forschung angewendet. Im Folgenden ist der Gedanke leitend, dass der Konstruktivismus damit beschäftigt ist, wie Wissen entsteht, welcher Wissensbegriff angemessen ist und welche Kriterien zur Bewertung von Wissen herangezogen werden können. Für qualitative Forschung ist dies in doppelter Hinsicht relevant, da sie wie jede Forschung Wissen produziert und dabei (häufig zumindest) an spezifischen Wissensformen empirisch ansetzt – z. B. biographisches Wissen, Experten- oder Alltagswissen etc.

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