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Zum Verhältnis von qualitativer und quantitativer Forschung

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Das Verhältnis von qualitativer und quantitativer Forschung lässt sich auf verschiedenen Ebenen behandeln bzw. realisieren:

• hinsichtlich der Erkenntnistheorie und Methodologie (sowie erkenntnistheoretische bzw. methodologische Unvereinbarkeiten),

• in Forschungsdesigns, die qualitative und quantitative Daten und/oder Methoden kombinieren bzw. integrieren,

• über Forschungsmethoden, die sowohl qualitativ als auch quantitativ sind,

• durch die Verknüpfung von Ergebnissen qualitativer und quantitativer Forschung,

• in Bezug auf die Verallgemeinerung oder

• bezüglich der Bewertung der Forschungsqualität: Anwendung von Kriterien aus der quantitativen Forschung auf qualitative Forschung oder vice versa.

Auf der Ebene von Erkenntnistheorie und Methodologie werden qualitative und quantitative Forschung unterschiedlich in Beziehung gesetzt. Es findet sich die Betonung der Inkompatibilitäten qualitativer und quantitativer Forschung in ihren erkenntnistheoretischen und methodologischen Prinzipien (z. B. Becker 1996), in ihren konkreten Zielen oder in den Zielsetzungen, die mit Forschung generell verfolgt werden sollen. Dies wird häufig mit unterschiedlichen theoretischen Positionen verknüpft wie Positivismus versus Konstruktivismus (s. o.) oder (im englischen Sprachraum) Postpositivismus. Gelegentlich werden diese Unvereinbarkeiten als unterschiedliche Paradigmen bezeichnet und beide Seiten in »Paradigmen-Kriege« verstrickt gesehen (z.B. Lincoln/Guba 1985). Eine Lösung in dieser Diskussion zielt auf das getrennte Nebeneinander der Forschungsstrategien, abhängig von Gegenstand und Fragestellung der jeweiligen Forschung. Wer etwas über das subjektive Erleben bei der Rezeption bestimmter Fernsehsendungen wissen will, sollte offene Interviews mit einigen Nutzern führen und detailliert analysieren. Wer etwas über die Häufigkeit und Verteilung solcher Nutzungsweisen von Medien in der Bevölkerung wissen will, sollte eine Studie auf der Basis der Einschaltquoten durchführen. Für die eine Fragestellung sind qualitative Methoden zuständig, für die andere sind quantitative Methoden eher geeignet.

Seit einigen Jahren sind mehrere Trends zu beobachten, die eine strikte Trennung zwischen qualitativer und quantitativer Forschung überwinden sollen. Ausgangspunkt ist die sich langsam durchsetzende Erkenntnis, »dass qualitative und quantitative Methoden eher komplementär denn als rivalisierende Lager gesehen werden sollten« (Jick 1983, S. 135). Solche Trends laufen auf die Verbindung qualitativer und quantitativer Forschung hinaus. Allgemeiner unterscheidet Bryman (2001) zwei Ebenen, auf denen das Verhältnis von qualitativer und quantitativer Forschung diskutiert wird: Auf der Ebene der »epistemology« geht es eher um die grundsätzliche Unvereinbarkeit beider Zugänge, gelegentlich unter Rückgriff auf die jeweils spezifischen Paradigmen. In der »technical version« der Diskussion werden dagegen diese Unterschiede gesehen, aber nicht als unüberwindbar oder zumindest nicht als unmöglich zu berücksichtigen betrachtet. Vielmehr geht es hierbei mehr um den Nutzen und Beitrag des einen Ansatzes für den anderen. In eine ähnliche Richtung argumentiert Hammersley (1996, S. 167 f.), der drei Formen der Verknüpfung qualitativer und quantitativer Forschung unterscheidet: Die Triangulation beider Ansätze setzt den Akzent auf die wechselseitige Überprüfung der Ergebnisse; die Facilitation betont die unterstützende Funktion des jeweils anderen Ansatzes – z. B. liefert der eine Ansatz Hypothesen und Denkansätze für die Weiterführung der Analysen mit dem anderen Ansatz; und schließlich können beide Ansätze als komplementäre Forschungsstrategien kombiniert werden.

Bryman (1992) identifiziert elf Varianten der Integration quantitativer und qualitativer Forschung. Die Logik der Triangulation (1) sieht er in der Überprüfung etwa qualitativer durch quantitativer Ergebnisse. Qualitative kann quantitative Forschung unterstützen (2) und vice versa (3), beides wird zur Herstellung eines allgemeineren Bildes des untersuchten Gegenstandes (4) verknüpft. Strukturelle Aspekte werden durch quantitative und Prozessaspekte durch qualitative Zugänge erfasst (5). Die Perspektive des Forschers ist die treibende Kraft in quantitativen Zugängen, während qualitative Forschung die subjektive Sicht der Akteure in den Vordergrund stellt (6). Das Problem der Generalisierbarkeit (7) lässt sich für Bryman vor allem durch die Hinzuziehung von quantitativen Erkenntnissen für die qualitative Forschung lösen, wohingegen qualitative Erkenntnisse (8) die Interpretation von Zusammenhängen zwischen Variablen quantitativer Datensätze erleichtern können. Die Beziehung zwischen Mikro- und Makroebene in einem Gegenstandsbereich (9) kann durch die Kombination qualitativer und quantitativer Forschung geklärt werden, die wiederum in verschiedenen Phasen des Forschungsprozesses (10) eingesetzt werden können. Schließlich sind noch Hybridformen (11) – etwa die Verwendung qualitativer Forschung in quasiexperimentellen Designs – zu nennen (vgl. Bryman 1992, S. 59 ff.).

Insgesamt gibt diese Übersicht eine breite Palette von Varianten wieder. Dabei sind die Varianten 5, 6 und 7 davon bestimmt, dass qualitative Forschung andere Aspekte als quantitative Forschung erfasst und deren Kombination sich in dieser Unterschiedlichkeit begründet. Kaum eine Rolle in den genannten Varianten spielen theoretische Überlegungen, der gesamte Ansatz von Bryman ist stark der Forschungspragmatik verpflichtet.

Darüber hinaus ist häufig von der Integration qualitativer und quantitativer Verfahren (Kluge/ Kelle 2001) oder von »Mixed Methodologies« (Tashakkori/Teddlie, 2010), aber auch von der Triangulation von qualitativen und quantitativen Methoden (Kelle/Erzberger 2000; Flick 2011, 2018; → Treumann, S. 264 ff.) die Rede. Die Wortwahl zeigt jeweils schon, dass diese Ansätze unterschiedliche Ansprüche verfolgen. Bei den »Mixed Methodologies« geht es vor allem darum, eine pragmatische Verknüpfung von qualitativer und quantitativer Forschung zu ermöglichen, wodurch die »paradigm wars« beendet werden sollen. Dieser Ansatz wird zu einem »third methodological movement« (Tashakkori/Teddlie 2003, S. ix), wobei die quantitativen Methoden als erste, die qualitativen Methoden als zweite Bewegung verstanden werden. Die Zielsetzung einer methodologischen Auseinandersetzung mit diesem Ansatz dient der Klärung von Begrifflichkeiten (»Nomenclature«), von Design- und Anwendungsfragen der »Mixed-Methodology«-Forschung sowie der Fragen des Schlussfolgerns darin. Unter methodologischen Gesichtspunkten geht es um die »paradigmatische Begründung« für eine »Mixed-Methodology«-Forschung. Durch die Verwendung des Paradigma-Begriffs in diesem Zusammenhang wird jedoch von zwei geschlossenen Ansätzen ausgegangen, die wiederum differenziert, kombiniert oder jeweils abgelehnt werden können, ohne dass eine Auseinandersetzung mit den konkreten methodologischen Problemen der Verknüpfung realisiert werden muss. Die Ansprüche an »Mixed-Methodology«-Forschung werden wie folgt umrissen:

»We proposed that a truly mixed approach methodology (a) would incorporate multiple approaches in all stages of the study (i. e., problem identification, data collection, data analysis, and final inferences) and (b) would include a transformation of the data and their analysis through another approach« (Tashakkori/Teddlie 2003b, S. xi).

Diese Ansprüche sind sehr weitgehend, vor allem wenn man die Überführung (Transformation) von Daten und Analysen (qualitative in quantitative und vice versa) berücksichtigt. Mittlerweile hat sich der Ansatz der Mixed Methods stärker etabliert, ist aber auch im eigenen Lager in die Kritik geraten (vgl. Flick 2017 für einen Überblick).

Der Ansatz der Integration qualitativer und quantitativer Verfahren geht noch einen Schritt weiter. Dabei wird vor allem an der Entwicklung integrativer Forschungsdesigns (Kluge 2001) und an der Integration von qualitativen und quantitativen Ergebnissen (Kelle/Erzberger 2015) angesetzt, wobei allerdings der Begriff der Integration nicht ganz klar formuliert wird. Seipel und Rieker (2003) leiten daraus den Ansatz der Integrativen Sozialforschung ab, der vor allem auf die Lehre in einem integrierten Methodencurriculum abzielt.

Dieser knappe Überblick zeigt, in welchen Kontexten die Verbindung qualitativer und quantitativer Ansätze aktuell diskutiert wird.

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