Читать книгу Prächirurgische Diagnostik und chirurgische Epilepsietherapie - Группа авторов - Страница 7
ОглавлениеVorwort
Christian G. Bien
Dieses Praxisbuch zur prächirurgischen Epilepsiediagnostik und chirurgischen Epilepsietherapie ist das Werk von Autorinnen und Autoren aus dem Krankenhaus Mara in Bethel. »Bethel« ist der geläufige Name für die von Bodelschwinghschen Stiftungen, die seit über 150 Jahre als diakonisches Unternehmen in Bielefeld und inzwischen an zahlreichen anderen Standorten tätig sind. Als die Epilepsiechirurgie Ende der 1980er Jahre in Deutschland, aus Nordamerika kommend, wieder eingeführt wurde, stand man in Bethel vor der Frage, ob man dies auch hier tun wolle. Sollte Bethel sich eine eingreifende Therapieform, deren Folgen man sich damals noch nicht recht vorzustellen wusste, mit dem Ziel der Anfallsfreiheit zu eigen machen? Oder sollte es allein seinem bisherigen Weg treu bleiben: Epilepsiepatienten konservativ behandeln und vor allen Dingen begleiten, unterstützen, rehabilitieren? Die Betheler Entscheidungsträger – von ärztlicher Seite Prof. Peter Wolf und Prof. Falk Oppel, von Vorstandsseite die Theologen Johannes Busch und Hans-Joachim Schwager – votierten entschlossen für die Epilepsiechirurgie. Diese sollte nicht als Alternative zu den bestehenden Angeboten verstanden werden oder diese gar ablösen. Vielmehr hieß es: »Als zusätzliche Therapieform soll die Epilepsie-Chirurgie in Bethel die medikamentöse und psychotherapeutische Behandlung des Epilepsie-Zentrums Bethel ergänzen, die hier bereits sehr weit entwickelt ist. Darüber hinaus sollen die Patienten an umfassenden Rehabilitationsprogrammen teilnehmen und weitreichende psychsoziale Hilfestellungen erhalten, die einen wesentlichen Bestandteil der in Bethel angebotenen Programme bildet.«1 Ärzte aus Bethel wurden in Cleveland unter Leitung von Prof. Hans O. Lüders epileptologisch und epilepsiechirurgisch ausgebildet (aus dieser Zeit stammt die Tradition, die Oberflächen-EEG-Elektroden nach der amerikanischen, nicht der internationalen Nomenklatur zu benennen). Die prächirurgische Station 1A des Krankenhauses Mara wurde am 1. Januar 1991 eröffnet. Wenige Jahre später entstand in Bethel auch eine Epilepsie-Rehabilitationsklinik, die u. a. wirksame Anschlussheilbehandlungen nach epilepsiechirurgischen Operationen anbietet. Das epilepsiechirurgische Programm in Bethel gilt inzwischen als das mit den meisten Eingriffen in Deutschland. Der Wert erfolgreicher Operationen ist unübersehbar, und die Zweifel an der Epilepsiechirurgie sind längst verstummt. Zugleich sind drei Dinge klar geworden:
1. Die operative Epilepsiebehandlung ist ein Verfahren für einen kleinen Teil der Epilepsiekranken; den durchschnittlich 100 operierten Patienten stehen im Krankenhaus Mara jährlich 3.000 andere Patienten gegenüber, die nicht chirurgisch behandelt werden (können).
2. Prächirurgische Diagnostik erfordert Kenntnis und Erfahrung, die man nicht rasch erwerben kann.
3. Neben die großen Zentren sind Kliniken getreten, die in kleinerem Umfang präoperativ und epilepsiechirurgisch tätig sind.
Mit diesem Band wollen wir nach dem Bethel-Praxisbuch »Allgemeine Epileptologie« (Bien 2021), das dem Punkt 1 Rechnung trägt, unsere Erfahrungen denen zur Verfügung stellen, die sich neu an die prächirurgische und epilepsiechirurgische Arbeit machen; ebenso wendet es sich an diejenigen, die kundig sind und ihre Erfahrungen mit denen eines anderen Zentrums vergleichen wollen; schließlich an jene, die Patienten betreuen, für die diese Therapieoption in Betracht kommt. Es ist ein Buch, in dem wir uns als Praktiker an Praktiker wenden und unser Vorgehen, aber auch unsere Hintergrund-Überlegungen mitteilen. Wir knüpfen damit wie schon mit der »Allgemeinen Epileptologie« an das Betheler »Praxisbuch Epilepsien« meines Vorgängers Prof. Wolf und seiner Mitarbeiter von 2003 an, das ebenfalls von Kohlhammer verlegt wurde (Wolf et al. 2003). Im vorliegenden Band stellen wir Fälle aus dem eigenen Krankengut zur Veranschaulichung vor. Gerade in diesem Feld der Neurologie und Neurochirurgie ist vieles Erfahrungswissen, das nur zum Teil durch Studien abgesichert werden kann. Unser Buch ersetzt nicht die großen englischsprachigen Textbücher der präoperativen Diagnostik und der Epilepsiechirurgie. Ebensowenig konkurriert es mit nationalen oder internationalen Leitlinien. Unser Anliegen steht zwischen diesen Polen: Wir wollen praktische Kenntnisse, unterlegt mit wissenschaftlichen Daten, anschaulich weitergeben. Unsere Hoffnung ist, dass dies unserem interdisziplinären Autorenteam gelungen ist.
Literatur
Bien CG (Hrsg.) (2021) Allgemeine Epileptologie. Das Bethel-Praxisbuch. Stuttgart: Kohlhammer.
Wolf P, Mayer T, Specht U, Thorbecke R, Boenigk H-E, Pfäfflin MH (Hrsg.) (2003) Praxisbuch Epilepsien: Diagnostik – Behandlung – Rehabilitation. Stuttgart: Kohlhammer.
1 HAB Anstaltsleitung 1, 280, § 237 vom 07.06.1988.