Читать книгу Fremdsprachendidaktik als Wissenschaft und Ausbildungsdisziplin - Группа авторов - Страница 31

Der ‹Text› als Basiseinheit

Оглавление

Die Lehrwerke der (neo-)kommunikativen Phase beziehen Grammatik nicht mehr auf den Einzelsatz. Sie ist als Teil einer in sich geschlossenen größeren verbalen Einheit zu sehen, die in einen kommunikativen Handlungszusammenhang (fiktiv/real) eingebettet ist.

Die Lehrwerke der (neo-)kommunikativen Ära wählen bei Grammatikübungen die Basiseinheit Text, den Weinrich (1982, S. 28) als «linear geordnete Äußerung, die im Zeitraum zwischen zwei auffälligen Unterbrechungen der Kommunikation von den Sprech- oder Schreiborganen des Senders zu den Hör- oder Sehorganen des Empfängers wandert» definiert. Ob es sich immer um eine unity of meaning in a context (Halliday & Hasan, 1976, S. 203) handelt, mag man bezweifeln.

In Echanges 1 und 2 (Grunwald et al., 1981; Göller et al., 1985) ist die vorherrschende Textform der Dialog. Dies ist naheliegend, lassen sich doch komplementär sich ergänzende, grammatikalische Mittel wie die Personal- oder Possessivpronomen in Mini-Gesprächen einüben. Oft finden sich kommentierende Texte, die Inhalte der Lektion (und damit auch den Wortschatz) wiederholen, wobei als eigentliches Ziel das Üben eines bestimmten Grammatikphänomens im Vordergrund steht. Wenn auch der situative Bezug zum Lektionsinhalt oder den Lehrwerkspersonen in aller Regel in den Übungen gegeben ist, so erklärt sich den Schüler/innen die Sinnhaftigkeit dieser Übungstexte kaum. Die Einbettung des Textes in die «environment in which it is placed» (Halliday & Hasan, 1976, S. 203) bleibt so gut wie immer in solchen Übungen der (neo-)kommunikativen Ära unbenannt.

«Les petites choses de la vie» ist eine Übung, bei der die Verbformen von devoir, recevoir und courir (im présent bzw. passé composé) eingeübt werden sollen. Der Fokus auf die Grammatik wird mit einer Art Leseverstehen verknüpft. Es gilt den jeweils vervollständigten Satz mit einem weiteren, aus einer Auswahl an vorgegebenen Sätzen zu einem Mini-Text zusammen zufügen, etwa: Christian mange beaucoup de crêpes. Il doit avoir faim (Alamargot et al., 2005, S. 27/6). Was trotz des Bemühens um einen kommunikativen Anstrich in den Lehrwerken aus dem Blick gerät, ist die Frage nach der Umgebung, in der diese Texte ihren Platz haben. Wer formuliert sie, sei es mündlich oder schriftlich? Warum sagt oder schreibt jemand so etwas? In welchem Zusammenhang werden sie formuliert? Und vor allem: an wen richten sich diese Texte? Auch in diesen auf den ersten Blick kommunikativ anmutenden Übungen liegt der Fokus im Grunde auf der Grammatik. Die Redeabsichten werden ebenso wenig explizit gemacht wie die Kommunikationssituation geklärt, so dass, im Ergebnis, die Relevanz der Äußerungen nie deutlich wird. Es ist, wie das Beispiel zeigt, nicht immer möglich die Trias von Kommunikationssituation – Redeabsicht/en – grammatikalischer Struktur zu finden, aus der sich die Gebrauchsregeln einer Sprache ergeben. Dennoch ließen sich zusammen mit den Schüler/innen in einer Reflexionsphase (z. B: «Trouvez des situations pour les mini-textes/dialogues dans … Qui parle avec qui et pourquoi?») Übungstexte auf ihre kommunikative Relevanz überprüfen (im Sinne von Sprachbewussheit), Grammatik auf ihren Gebrauchswert pragmatisch ausdeuten (vgl. Mertens, 2006a, S. 171) und Unsinniges in den Lehrwerken entlarven, was letztlich eine höchst kommunikative Aktivität ist.

Fremdsprachendidaktik als Wissenschaft und Ausbildungsdisziplin

Подняться наверх