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Ausklammerung des Kontextes
ОглавлениеDer Schwerpunkt auf formalgrammatische Aspekte der Strukturen wird in Übungen wie den gezeigten klar durch die Rubrik «En forme» herausgestellt. In der Regel handelt es sich hierbei um mündliche Lernangebote. Es stellt m. E. einen Konzeptionsfehler dar, hier phonologische Strukturen der Sprache, wie Betonung/Akzent oder Lautstärke, als notwendige Bestandteile einer kontextualisierten Grammatik auszuklammern, denn dadurch werden sinnentleerte Verwendungen antrainiert und die Gelegenheit zu zielführendem, kommunikativem (Probe-)Handeln verpasst.
Überschriften oder Illustrationen dienen in den Übungen vielfach allein zur Verschönerung der Seite, bisweilen als Impulsgeber für das Sagen/Schreiben von Äußerungen, nicht aber zur Klärung des Kontextes und der Gesprächsintention, was die Wahl der Grammatikstrukturen zur Versprachlichung sinnhafter Inhalte rechtfertigen und zu ihrer Begründung beitragen würde. Découvertes 1 und 2 erweisen sich hinsichtlich der Grammatikübungen nur vordergründig als aufgabenorientiert. Selbst vor der Folie eines (eher konventionellen) kommunikativen Fremdsprachenunterrichts vermögen viele Übungsbeispiele in diesen Bänden nicht zu überzeugen. Grammatiklernen präsentiert sich – so der Eindruck – weiterhin nach dem Zimmermann’schen Phasenmodell (1969), bei dem die Anwendung erst ganz am Ende ihren Platz findet. Ist dieses Lehrwerk am Wendepunkt zur Aufgabenorientierung im Hinblick auf Grammatik kaum mehr als eine Neubearbeitung und teilweise ein Rückschritt gegenüber früheren Generationen, und schon gar nicht aus der Philosophie eines aufgabenorientierten Unterrichtens gedacht, so sei abschließend noch ein kurzer Blick in die 2020er Generation geworfen, die mit einem ersten Band vorliegt.
Die Grundmuster sind in diesem ersten Schülerband von Découvertes (Bernklau et al., 2020) gleich geblieben. Grammatik wird auch hier am Ende der Lektion verdichtet zusammengestellt, im Übungsapparat widmen sich einzelne Übungen («Grammaire») explizit den Grammatikphänomen, im Inhaltsverzeichnis steht sie neben der Lexik und der Aussprache erst in der 3. Spalte und scheint den Kompetenzen dienend nachgeordnet zu sein.
Das Bekenntnis zur Aufgabenorientierung wird in dieser Neubearbeitung (vgl. ebd., S 14, 29, 48, 63, 84, 100, 117) offensiver vorgetragen, findet sich doch nun auch in Découvertes eine Aufschlagseite mit Angabe der Aufgaben und der behandelten Grammatik. Die Zuordnungen sind allerdings irreführend, insofern als der Zusammenhang zwischen den als Aufgaben bezeichneten Aktivitäten und der jeweiligen Grammatik nicht bei jeder tâche zwingend gegeben ist.
In Unité 1 («Euch und andere vorstellen») ist z. B. nicht erklärbar, weswegen für eine Situation, in der man sich vorstellt, der unbestimmte Artikel Singular un/une gebraucht werden soll. Andererseits werden in einem Dico personnel-Kasten deutsche, schweizerische und österreichische Städte auf Französisch benannt, um seine Herkunft angeben zu können. In der gesamten Lektion wird aber nicht darauf geachtet wird, an irgendeiner Stelle den chunk «Je suis d’Allemagne/de Suisse/d’Autriche » bereitzustellen, den Schüler/innen in dieser Aufgabe im Grunde auch verwenden wollen könnten, zumal die Ländernamen bereitgestellt werden.
Von wenigen Beispielen abgesehen, definieren die Aufgaben weder eine Problemsituation, noch klären sie die kommunikativen Rahmenbedingungen oder rechtfertigen sie den Einsatz der französischen Sprache. Die konzeptuelle Weiterentwicklung, was die Einbindung grammatikalischer Strukturen in einen modernen Französischunterricht angeht, deutet sich auch in dieser neuen Découvertes-Generation nicht an. Trotz eines deutlich umfangreicheren und größtenteils erneuerten Autorenteams bleibt Découvertes hinsichtlich der Behandlung grammatikalischer Strukturen in Altem verhaftet. Das Lernkonzept bietet einen Mix an Herangehensweisen an, von den Satzbautafeln, Einsetzübungen, Zuordnungsübungen, Reihenübungen, über den Versuch einer Verknüpfung mit der Lebenswelt der Lernenden hin zu Grammatikanwendung im Dialog, deren kommunikativer Sinn sich einem nur schwer und dem Zielpublikum vermutlich noch weniger erschließt.