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Jörg Weigand: Fantastische Wirklichkeiten. Die Bilderwelten des Rainer Schorm

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Die Realität und die Welten der Fantastik sind nur für denjenigen Widersprüchlichkeiten oder Gegensätze, der das scharfe Schwarz-Weiß liebt und sich weigert, die zahllosen Grauschattierungen zu erkennen, die die Wirklichkeit zeigt und die dem Künstler ebenso zahllose Möglichkeiten anbietet, diese Grautöne in seine Bilder zu übernehmen, beziehungsweise mit ihnen zu spielen. Was im Übrigen ebenso für das Hell-Dunkel-Spiel der Farben gilt. Freilich bedarf es dazu eines besonderen Blicks hinter, unter und über die Dinge zu sehen, die unsere Realität ausmachen.

Der am 9. August 1965 in Wehr (nahe der Grenze zur Schweiz) geborene Rainer Schorm ist einer jener Fantasiejongleure, die über »den Blick« verfügen, der die Wiedergabe jener Quasi-Unwirklichkeiten ermöglicht, die uns der Riss in der Eierschale der Realität anbietet. Diesem Künstler in die von ihm geschaffenen Welten zu folgen, ist pures Abenteuer der Sinne, vor allem natürlich der Augen. Aber auch: der eigenen Imaginationskraft, wenn der Betrachter in diesen Bildern spazieren geht und von sich aus fast unwillkürlich das weiter ausgestaltet, was ihm präsentiert wird.

Von der Ausbildung her zunächst einmal grafisch geprägt, bedient sich Rainer Schorm heute der digitalen Medien, wobei er keineswegs das traditionell Gelernte hintanstellt oder gar vernachlässigt, sondern als handwerkliche Basis nutzt und so das Künstlerische bereichert.

Die Welten der spekulativen Visionen, wie sie die Science-Fiction bietet, sind dabei ebenso Teil der schormschen Bilderwelt wie die Schreckensszenarien und Absonderlichkeiten der Fantastik oder – wie zumindest ein Teil davon heute genannt wird – der »Weird-Fiction«. Schorm beherrscht das Eine wie das Andere – den »sense of wonder« der SF ebenso wie die Verstörtheiten in den Erzählungen eines Lovecraft oder Blackwood. Dabei verblüfft er und verstört gleichermaßen durch seine enorme Formenvielfalt und seine manchmal das Bild quasi sprengende Farbenpracht.

Bemerkenswert ist gerade bei seinen SF-Visionen, dass sie oft genug auf einem Fundament ruhen, auf dem nur wenige Illustratoren und Coverkünstler aufbauen können: Er verfügt auf ein fundiertes, durch lange Jahre des Selbststudiums erworbenes naturwissenschaftlich-kosmologisches Fachwissen, das seine Fantasie beflügelt und dadurch seine Darstellungsmöglichkeiten erheblich erweitert. Die Überzeugungskraft seiner fiktiven kosmischen Dokumentationen ist grandios; die Augen des Betrachters werden geradezu magisch in das jeweilige Bild hineingezogen.

Es ist daher nicht überraschend, dass gerade Authentizität für diesen Künstler ein wichtiges Gut ist, geradezu ein Markenzeichen. Er ist ein Träumer, gewiss, aber einer, der die Bodenhaftung nicht verloren hat. Die Realitätsbezogenheit erschließt sich dem Betrachter beim näheren, beim genauen Hinsehen. Es gibt aber auch Bilder, deren Wirklichkeitsnähe an ihrer fantastischen Natur zweifeln lassen, bis ein oder mehrere Details die ersten Hinweise auf die wahre Natur des Dargestellten ermöglichen.

Dies wird besonders deutlich bei der Auseinandersetzung des Künstlers Rainer Schorm mit dem Unheimlichen, dem Schauderhaften und Schrecklichen. Was eigentlich nicht darstellbar ist, verwandelt sich bei Schorm zu einem unmittelbar erfahrbaren Grauen; bis hin zum Widerwillen und zur Flucht zurück in die Realität.

Im Gesamtspiel der ungezählten darstellenden Künstler in Deutschland wie auch weltweit hat Rainer Schorm in der Science-Fiction wie in der Weird-Fiction/Fantastik seine eigenen Ausdrucksformen gefunden; sie richten sich nicht an Schablonen aus, sondern orientieren sich detailfreudig am jeweiligen zu beschreibenden Objekt und am ausdrücklichen Willen des Künstlers, die in ihm ruhenden Visionen unverfälscht weiterzugeben.

Mögen die ersten darstellenden Versuche noch eher suchend gewesen sein, inzwischen fällt es dem kundigen Betrachter leicht, ein Bild als von Schorm geschaffen zu identifizieren. Schorm gehört keiner Schule an; er ist er – Rainer Schorm ist Rainer Schorm.

Die hervorstechende Qualität seiner Bilder besteht darin, dass sie in all ihrer Besonderheit von einer subtilen Eindringlichkeit sind, der es gelingt, dass sich der Betrachter nicht dagegen wehren kann, hineingezogen zu werden in dieses besondere Universum.

Aufgabe dieser Edition ist es, Rainer Schorm mit seinen Bilderwelten einem breiteren Publikum vorzustellen.

Dankenswerterweise hat sich eine große Anzahl Autoren bereit erklärt, zu (selbst) ausgesuchten Bildern des Künstlers Erzählungen zu schreiben, die sich vom Dargestellten direkt inspirieren lassen. So ist neben zwei Bildergalerien (Science-Fiction und Weird-Fiction/Fantastik) zusätzlich eine Anthologie besonderer Art entstanden.

Am Ende des Buches erwartet den Betrachter und Leser noch ein Interview mit Rainer Schorm, in dem auf seine künstlerischen Intentionen und Darstellungstechniken eingegangen wird. Dies im Zusammenhang mit einer von Schorm beigesteuerten Erzählung zu einer seiner Bilder, dem Cover zu Band eins der »Phantastischen Miniaturen« (herausgegeben von Thomas Le Blanc, Phantastische Bibliothek in Wetzlar) mag Interessenten noch etwas weiter hinein in den schormschen künstlerischen Kosmos führen:

In einen Kosmos fantastischer Wirklichkeiten.

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