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Geographisierung des Denkens

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Diese Theorie geht von der Annahme aus, dass es Kulturregionen gibt, in denen Menschen holistisch denken und handeln, während zugleich vermutet wird, dass nur in manchen Kulturgebieten Menschen linear-analytisch denken und handeln.

Ein gegenwärtig führender Vertreter dieser Auffassung ist der US-amerikanische Anthropologe Richard Nisbett. In seiner empirischen Studie ‚Geographie des Denkens‘ kommt er zum Schluss, dass nur Europäer und US-Amerikaner logisch-analytisch denken, während Asiaten und andere von einem übergreifenden Ganzen und damit holistischen Denken ausgehen. Nisbett schlussfolgert, dass das westliche Denken vorwiegend analytisch, begrifflich stringent und sachlich ausdifferenziert ist, während östliches Denken vorwiegend ganzheitlich und schwärmerisch-exotisch verfährt, was an Kant und Hegel erinnert.

Eine konstruierte Geographisierung des Denkens, die auch generalisiert wird, ist empirisch unangemessen. Rolf Arnold bezeichnet solche Myopien als „kulturbedingte Trugschlüsse“ und kritisiert den alleinigen Universalitätsanspruch der abendländischen Vernunft, welche die außereuropäische Denk- und Wahrnehmungsformen als defizitär marginalisiert.

Dies hängt oft damit zusammen, dass es für viele von uns selbstverständlich geworden ist, die Welt unbeirrt durch die eigene Brille zu sehen, diese Sehenslogik zu verabsolutieren und strikte Kulturstandards zu entwickeln. Mit einer solchen Mentalität geht die Degradierung des Anderen zum Projektionsobjekt Hand in Hand. Beide Denkmodelle, sowohl das angeblich rein analytische wie auch das angeblich rein holistische, sind in allen Kulturräumen gleichzeitig anzutreffen. Analytisches und synthetisches, zergliederndes und zusammenführendes Denken sind Momente des Erkenntnisprozesses des Menschen, und dies jenseits seiner kulturellen Zugehörigkeit.

Interreligiöse Toleranz

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