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3. Abgrenzungen

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In der empirischen Medien- und Kommunikationswissenschaft herrscht Uneinigkeit darüber, ob mit einem weitgefassten oder mit einem enggefassten Medienbegriff gearbeitet werden sollte. Sehr weite Medienbegriffe erweisen sich häufig als ungeeignet für spezifische Forschungen, weil sie zu umfassend sind; sie bestimmen – von Felswänden über Pferde bis hin zur Luft – beinahe alles als „Medium“, was in irgendeiner Weise mit dem Transport von irgendetwas zu tun hat. Zu eng gefasste Medienbegriffe erweisen sich hingegen als ungeeignet für ein substanzielles Verständnis des Gegenstandes, weil sie lediglich branchenübliche ad-hoc-Definitionen in die Theorie übertragen, wie etwa den journalistischen Begriff der „Medien“, der mehr oder weniger synonym mit „Massenmedien“ ist.

Werner Faulstichs vielbenutzte Einführung in die Medienwissenschaft ist ein nicht untypisches Beispiel für diese unbefriedigende Situation. Einerseits wird dort eine legitime Kritik am uferlosen Gebrauch des Wortes „Medien“ vorgetragen. Andererseits wird jeder Versuch, die mannigfaltigen Aspekte des Medienbegriffs systematisch zu strukturieren, als „entweder unlogisch, unverständlich, dysfunktional unvollständig, unbegründet oder banal“ (Faulstich 2002: 20) zurückgewiesen. Darunter fällt dann etwa der Klassifikationsansatz von Roland Posner (1985), der plausibel zwischen naturwissenschaftlich-technologischen, soziokulturellen, systemischen und strukturalen Medienkonzepten unterscheidet, oder auch die kommunikationswissenschaftlich bewährte Differenzierung zwischen Informations-, Kommunikations- und Interaktionsmedien. Faulstich (2002: 26) bringt dagegen einen formalistischen Medienbegriff in Stellung: „Ein Medium ist ein institutionalisiertes System um einen organisierten Kommunikationskanal von spezifischem Leistungsvermögen mit gesellschaftlicher Dominanz.“ Dieses Konglomerat von Versatzstücken aus Informations-, System- und Gesellschaftstheorie ist aber seinerseits kaum geeignet, Spezifika von Medien zu begreifen.

Philosophinnen und Philosophen fragen nach einem Begriff von „Medium“, der, je nach philosophischem Grundverständnis, eine Reihe von gemeinsamen „substantiellen“ Eigenschaften oder eine gemeinsame Sprachverwendung kennzeichnet, von der aus enger oder weiter gefasste Verwendungen des Wortes ihren spezifisch differenzierten Sinn erhalten. Erst auf dieser Grundlage lässt sich zwischen Ansätzen unterscheiden, die – ontologisch – von der Frage nach den wesentlichen Eigenschaften der (medialen) Technik ausgehen, – pragmatistisch – den Gebrauch der Medien ins Zentrum stellen oder aber – dialektisch – Beschreibungen der spannungsvoll vermittelten Einheit von einander widersprechenden Bestimmungen des Medialen (und im Medialen) formulieren.

In der Kommunikations- und Medienwissenschaft bezeichnet der Begriff der Vermittlung nur einen Aspekt aus einer ganzen Reihe von Aspekten der Medialität, die man (mehr oder weniger systematisch) miteinander zu verbinden versucht. In der Philosophie ist der Begriff der Vermittlung hingegen ein zentrales Konzept, von dem aus sich ein philosophisches Verständnis des Gegenstandsbereichs erschließen lässt. Im Sinne einer philosophisch reflektierenden Medientheorie vermittelt ein Medium, indem es zwischen zwei von ihm unterschiedenen Gegenständen eine Verbindung herstellt. Es ist durch den Bezug auf (mindestens) zwei andere Einheiten gekennzeichnet, die es verbindet, weiterhin durch einen wie immer gearteten Inhalt, den es transportiert, und nicht zuletzt durch eine eigene (wie immer geartete) materiale Beschaffenheit. Wenn sich der Blick auf das Vermittelnde richtet, kann den reflektierenden Betrachtern bewusst werden, dass der Eindruck von Unmittelbarkeit Schein ist. Solches Bewusstwerden ist, explizit oder implizit, das Innewerden des Materiellen, also dessen, woraus das Medium, im weitesten Sinne, ist. Man kann ein Medium im weitesten Sinne als „ein Material“ definieren, „worin sich etwas manifestiert, verkörpert, mitteilt“ (Türcke 2005: 71). Gleichwohl ist es nicht von vornherein sinnlos zu sagen, dass ein Medium sensu stricto auch immateriell sein kann. Es ist, so oder so, stets auf ein Anderes, Nichtmediales, verwiesen und durch dieses mitkonstituiert. In Medien und durch Medien stellt sich daher immer „etwas von ihnen Unterschiedenes, Nichtmediales“ (Türcke 2005: 141) dar.

Selbstverständlich gibt es auch in der Philosophie enge und weitere Medienbegriffe. So kann (und muss) man grundsätzlich auf „die generelle Medialität unserer Weltzugänge“ (Seel 1998: 245) verweisen. Durch Medien erschließen Menschen eine Welt, die ihnen nicht von vornherein gegeben ist, sondern erst zur Gegebenheit gemacht werden muss. Dabei prägen die Erschließungsmedien der Welt diese auf eine Weise mit, hinter die nicht zurückzugehen ist. Die Erschließung der Formen erfolgt zu den Konditionen des Mediums, in dem sie erscheinen. Diese Welt ist als Gegebenheit Wirklichkeit; aber weil sie durch Medien vermittelt wird, ist sie immer auch eine mögliche Wirklichkeit, virtuelle Realität. Damit kommt ein Moment von Kontingenz in die mediatisierte Wirklichkeit: Vieles ist möglich, aber nichts ist gewiss, alles könnte auch ganz anders sein. Eine entsprechend umfassend-allgemeine Definition stammt von Stanley Cavell (1971: 93): „Ein Medium ist etwas, wodurch etwas Bestimmtes getan oder auf bestimmte Weise gesagt wird.“ Diese semiotisch-pragmatische Definition kann aber allenfalls der Ausgangpunkt für einen philosophischen Bestimmungsversuch sein. Es wäre zu klären, was mit „etwas Bestimmtes tun“ und „etwas auf bestimmte Weise sagen“ gemeint sein kann. So ließe sich, in freier Anknüpfung an Cavell, eine These formulieren, die performanz- und handlungstheoretische Elemente mit materialistischen verbindet. Sie lautet: Medien tun als materielle Bedeutungsträger, was sie sagen, indem sie den Benutzerinnen und Benutzern ihren immateriellen Bedeutungsgehalt übermitteln; auf diese Weise vollbringen sie Vermittlungsleistungen – sowohl zwischen Subjekten und Objekten als auch (und vor allem) intersubjektiv.

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