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Als Medium für Schulanfänger war schon im Mittelalter das sog. Hornbook üblich, ein Stück Holz, auf dem in frühen Ausführungen eine Pergament- oder Lederseite angebracht worden war, auf der das ABC, die Worte des Kreuzzeichens, oder sehr kurze Gebete aufgeschrieben, später auf Papier aufgedruckt worden waren (vgl. Willemsen 2008: 52f.). Im Verlauf von mehr als 300 Jahren wurde das Hornbook im europäischen Raum breitflächig eingesetzt. Bereits diese Erstlesetexte waren in lateinischer Sprache auf dem Hornbook verzeichnet, da alle kirchlichen oder religiösen Texte in Latein abgefasst und gebetet wurden; das Lesenlernen an und für sich war also bereits eine fremdsprachliche Unterweisung. Erst in (z.T. vor-)reformatorischer Zeit wurden Hornbooks rein in der Muttersprache verwendet.

Die Forschung zu den benutzten Lehrwerken in der Frühen Neuzeit bleibt beschränkt durch die „ungewöhnlich dürftigen Überlieferungen“, denn erstens kann von keinem einheitlichen Einsatz von Lehr- und Unterrichtswerken ausgegangen werden, und zweitens sind sie „durch Gebrauch verbraucht und damit von weiterer Überlieferung ausgeschlossen“ (Hellekamps/Le Cam/Conrad 2012: 2, kursiv im Original). Dabei ist zu bedenken, dass ein Schulbuch nicht nur Textsorten umfasste, „die von ihren Autoren explizit zu Unterrichtszwecken verfasst wurden, wie z.B. Grammatiken, Vokabularien und Katechismen, und die von Kindern und Jugendlichen in der Schule zum Lernen verwendet wurden“, sondern auch solche, die zwar für Lehr- und Lernsituationen herangezogen, aber nicht als solche geschrieben wurden, so „etwa die antiken und mittelalterlichen Auctores oder religiöse Schriften“ (Hellekamps/Le Cam/Conrad 2012: 2, kursiv im Original).

Eines der verbreitetsten Unterrichtsbücher der Frühen Neuzeit, mit dem Kinder (und bisweilen Erwachsene) inner- und außerhalb von schulischen Kontexten das Lesen lernten und einübten, ist der Primer oder ABC-book (Willemsen 2008: 54f.), eine Sammlung von einfachen Lesestücken. Es gab eine große Vielzahl an unterschiedlichen Veröffentlichungen mit unterschiedlichen Texten, die jedoch insgesamt alle einem einheitlichen Konzept folgten:

The Primer was thus a religious handbook; though not an official ecclesiastical publication, it was based on the usage of the Church. There appears to have been originally little or no strict regulation of its exact contents. […] It generally included an almanac or table to find the date of Easter, and a calendar of saints’ days; it often gave the Paternoster, Creed, and Ten Commandments, and sometimes included brief expositions on such themes (Butterworth 1953: 3).

Es wird die enge Verknüpfung von schulischem Programm und religiös-moralischer Unterweisung deutlich, die im Grundlagenunterricht selbst von den humanistischen Lehrmeistern nicht aufgegeben wurde. Vor allem nach der Exkommunikation von Königin Elisabeth durch den Papst im Jahr 1570 war es ein Anliegen der englischen Aufsichtsbehörden, schulische Inhalte eng an die anglikanische (d.h. reformierte) Kirche zu binden. Besonders für den englischen Sprachraum lässt sich folglich konstatieren, dass der Unterricht erstmals staatlich gelenkt wurde.

Es liegt auf der Hand, dass man mit einem gedruckten Lehrbuch deutlich strukturierter und in verschiedenen Schulen inhaltlich ähnlicher arbeiten kann, auch Lernziele klarer definieren oder Niveaustufen besser bestimmen kann, als zu Zeiten, in denen es keine einheitlichen Unterrichtsmaterialien gab. Das nutzte dem Ruf der Lehrkräfte des ausgehenden 16. und beginnenden 17. Jahrhunderts, die mit ihrem humanistischen Rüstzeug als „innvoative in teaching classical Latin“ galten, „their teaching methods were thought to be superior: better structured and more ‘user-friendly’ to pupils“ (Orme 1998: 12), doch ist durchaus der Hinweis berechtigt, dass diese Einschätzung nicht ungeprüft übernommen werden kann: „This is a judgement that requires great care, because the more inflated claims made for the humanist schoolmasters arise from a lack of understanding about previous school education“ (Orme 1998: 12).

Auch für das Selbststudium waren Bücher im Umlauf, die einen Wort-, Phrasen- und Satzspeicher anboten, und einen Lernfortschritt intendierten, indem die angebotenen Sprachbeispiele schrittweise mit steigender Schwierigkeit und Umfang den Gebrauch der Sprache nahelegten.

Eine derartige Veröffentlichung zum Unterricht moderner Fremdsprachen war A Lytell Treatise For To Lerne Englisshe and Frensshe eines unbekannten Autors.1 Der Inhalt und der Aufbau des Büchleins zeigen deutlich, dass die Zielgruppe eines solchen Produkts Händler und Geschäftstreibende waren, deren Interesse in der pragmatischen Funktion der Femdsprache als Kommunikationsmittel lag. Grammatik fehlt in solchen Büchern, da eine akademische Reflektion der Sprache gar nicht intendiert ist.2

Das nur 24 Seiten umfassende Handbuch beginnt sofort zweisprachig mit einem Prolog, der den Zweck des Lesens der Volkssprache Englisch bzw. des Erlernens der Fremdsprache ganz pragmatisch begründet:

To learne to speke frensshe

A apprendre a parler francoys

Soo that I maye doo my marchandyse

Affin que ye puisse faire ma marchandiʃe

In fraunce and elles where in other londes

En france at allieurs en aultre pays

There as the folke speke frensshe

La ou les gens parlent francoys

And fyrst I wylle lerne to reken by lettre

Et premieremet ie veux aprendre acompter par tré[?] (Anon 1497?: 2)

Die Zahlen werden aufgelistet, links auf Englisch, rechts auf Französisch, woraufhin sich eine zweisprachige Aufzählung von Produkten anschließt:

Of golde and syluer

Dor et dargent

Of cloth of golde

De drap dor […]

Of fyn hollande cloth

De fine toille de hollande

Of yron and leed

De fer et blomb

Of peper and saffron

De poiure et saffren (Anon 1497: 4)

Gegen Ende der Liste ändert sich die Darstellung allerdings und es wird wieder links der englische und rechts der französische Begriff angeführt. Sodann benennt das Handbuch wichtige Phrasen für den täglichen Sprachgebrauch:

Other maner of speche in frensshe

Autre magiere de langage en francoys

Syr god gyue you good daye

Sire dieu vous doint bon iour […]

How fare my lorde and my lady

Coment le porte mon seigneur et madame

Ryght well blessed by god

Tresbien benoit soit dieu […]

Whiche is the ryght waye

Quelle est la voye droite

For to goo from hens to parys

Pour aller dicy a paris […]

Dame shall I be here well lodged

Dame seroy ie icy bien loge

Ye syr ryght well

Ouy sire tresbien

Nowe doo me haue a good chambre

Or[?] me faites auoir ungne bonne chambre

And a good fyre

Et bon feu

And doo that my horse

Et faites que mon cheuaul

Maye be well gouerned

Puisse eltre bien gouerne

And gyue hym good hay and good otes

Et lui donnes bon foin et bon auoine (Anon 1497: 5–8)

Anschließend werden relativ ausführlich die verschiedenen Körperteile aufgelistet, Kleidungsstücke, sowie Nähutensilien, natürliche Elemente der Natur (Sonne, Wind, Wasser, Himmel, Nacht etc.), weitere Nahrungsmittel und die Wochentage genannt. Alles in allem versammelt diese Aufzählung vieles, was ein Handlungsreisender für das tägliche Unterwegssein brauchte.

Interessanterweise schließen sich dann quasi interkulturelle Hinweise an in Form von Tischsitten und Höflichkeitsregeln, so dass man auch in fremden Umgebungen einen guten Eindruck machen konnte:

Loke that thy handes be wasshed clene

Regarde que tez mains soient laues nettez

That no fylth in thy nayles be sene

Que nulle ordure en tes ongles ne soit aparceue

Take thou no mete tyll grace be sayd

E pren point viande tant que grace soit dicte […]

Laye not thy elbowe nor thy fyst

Ne couche point ton coute ne ton poin

Upon the table at the whiche thou etest

Dessus la table en laquelle tu manges […]

And bere the soo thou haue noo blame

Et porte toy ainsi que tu nayes blame

Than men wyll saye herafter

Donques hommes voudront dire icy apres

That an gentyll man was here

Que ung gentyll homme feust icy (Anon1497?: 14–20)

Das Büchlein endet mit längeren Textstücken in Prosaform, absatzweise in Englisch und in französischer Übersetzung, die längeren Briefpassagen oder Verkaufsgesprächen entnommen sein könnten, z.B. „I spake with you laste two galeys be come to London lade of all maner cloth of golde and of good cloth of veluet of sylke“ (Anon 1497?: 22) oder „I shall by ye shall haue the one halfe. & this for ye good & aggreable seruyces that ye haue done to me dyuerse tymes“ (Anon 1497?: 22f.).

Ein weiteres Lehrbuch darf nicht unerwähnt bleiben, der Orbis sensualium pictus von Johann Amos Comenius. Der unterrichtende Theologe stellte ein Bild- und Wörterbuch für seinen Unterricht zusammen, das bis ins 19. Jahrhundert hinein für das Lesenlernen ebenso wie für das Fremdsprachenlernen von vielen Schülern benutzt wurde. Ähnlich einem Bildatlas zeigt der Orbis pictus, so der geläufigere Name für das Buch, Holzschnittbildchen und ab 1658 zweisprachig in Latein und Deutsch die dazu passenden Begriffe oder Kurzdialoge. Letzteren wurde bisweilen eine Spalte mit den verwendeten Vokabeln angefügt, so dass sich diese aus dem Textganzen herausgelöst lernen ließen (vgl. Reinfried 1992).

Ein weiteres Novum des Orbis pictus ist eine Anlauttabelle mit (Tier-) Bildern, ähnlich wie sie noch heute in deutschen Grundschulen in der Phase des Erstlesens eingesetzt wird. Bereits ein Jahr später, 1659, erschien die erste Ausgabe des Buches in Englisch und Latein. Innerhalb kürzester Zeit wurden viele zweisprachige Werke (jeweils eine Landessprache in Kombination mit Latein) erstellt, schließlich kam 1666 eine mehrsprachige Ausgabe mit den vier europäischen Hauptsprachen Latein, Deutsch, Italienisch und Französisch auf den Markt.

Die besondere Leistung des Autors ist die Verknüpfung von Bildmaterial und Vokabular. Zwar fordert der Humanist Desiderius Erasmus „im Jahre 1529 die Verwendung von Bildern für Sprachübungen im Elementarunterricht der lateinischen und griechischen Sprache“ (Reinfried 1992: 25), doch die Idee, ein solches Bilderkompendium drucken zu lassen, zeichnet den Orbis pictus als Vorläufer der multimedialen Unterrichtsmaterialien aus.

Es ist nicht übertrieben, den Buchdruck als Katalysator für Lernmöglichkeiten in der Frühen Neuzeit zu bezeichnen: die Informationsflut, die sich über die Bevölkerung ergoss, war im Empfinden der Zeitgenossen immens. Vom broadsheet, also Zeitungsseiten, Flugblättern oder Streitschriften, bis hin zum gebundenen Buch konnte auf einmal Wissen in einem exponentiellen Faktor verbreitet werden, der bis zu diesem Zeitpunkt schier undenkbar war. Der Wert der Drucktechnik für den Lehr- und Lernprozess wurde sofort erkannt, sicherlich auch deshalb, weil die mittelalterlichen Schreibstuben Zentren des Lernens waren, also die Verbindung von Schrifterwerb und dem Unterrichten historisch immer sehr eng gegeben war.

Abschließend soll nicht unerwähnt bleiben, dass sich zeitgenössische Lehrer und Autoren Gedanken darüber machten, wie man Wörter auch gleich in der korrekten Orthographie unterrichten könnte – was ein schwieriges Unterfangen war, denn eine einheitliche Rechtschreibung war längst noch nicht eingeführt. Eine Vereinheitlichung wurde früh eingefordert; eine nachvollziehbare Orthographie sei „no small commoditie of the English Nation, not only to come to easie, speedie and perfect use of our owne language, but also to their easie, speedie, and readie entrance into the secretes of other Languages“ (Bullokar 1580: i). Besonders die Bedürfnisse von Fremdsprachenlernern werden betont: „also to their easie, speedie, and readie pathway to all Straungers, to vse our Language, heretofore very hard vnto them, to no small profite and credite to this our Nation, and stay therevnto in the weightiest causes“ (Bullokar 1580: i).

Interessant bei Bullokar ist die Häufung der Prämisse, dass Sprachenlernen „easie“ und „speedie“ sein soll; gewissermaßen bringt er damit einen Grundgedanken nahezu aller Fremdsprachendidaktiker über die Jahrhunderte hinweg auf den Punkt. Aus heutiger Sicht fallen die vollmundigen Versprechungen auf, mit denen manche Lehrbücher angepriesen wurden. Zusagen, mit dem neuen Produkt gehe das Lernen sozusagen ganz von alleine vonstatten, präsentieren sich nicht viel anders als manche Werbung im digitalen Zeitalter für die eine oder andere Lern-App.

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