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Der Hintergrund zum Projekt SprachLernBegleitung

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Ein kohärentes theoretisches Gerüst für die Sprachlernberatung steht bis zum heutigen Tag aus. Es bestehen verschiedene Ansätze, die in ihrer konzeptuellen Ausrichtung unterschiedlich stark in der Nähe von Coaching, Beratung oder auch von Training verortet sind. (Spänkuch 2010, S. 127)

Der Arbeitskreis der Sprachenzentren, Sprachlehrinstitute und Fremdspracheninstitute (AKS) in Deutschland hat den Stellenwert von Sprachlernberatung schon vor geraumer Zeit erkannt und im Rahmen von Fachtagungen und Publikationen verschiedene Konzepte und gemeinsame Entwicklungsmöglichkeiten samt Problemen und Herausforderungen besprochen (vgl. ebd.). Vergleicht man die Ansätze und Aktivitäten einzelner universitärer Sprachenzentren miteinander, wird deutlich, dass BeraterInnen im Rahmen solcher Sitzungen und Beratungssituationen den Sprachenlernenden eine sehr aktive und eigenverantwortliche Rolle zusprechen. Im konstruktivistischen Sinne (vgl. Siebert 2008) sind diese in ihrer konkreten Lebenssituation „abzuholen“ und der/die BeraterIn nimmt die Funktion eines Facilitators ein. Eine große Herausforderung für Facilitators besteht darin, das Fachwissen von Sprachlehrenden – auch in methodisch-didaktischer Hinsicht – auf flexible Weise anzuwenden und trotzdem in der Lage zu sein, durch gezielte Gesprächstechniken und Fragestellungen den Sprachenlernenden zur Selbsterkenntnis zu verhelfen. So basiert z.B. das Bochumer Konzept der Sprachlernberatung „auf dem nicht-direktiven Ansatz der klientenzentrierten Gesprächstherapie nach Carl R. Rogers und folgt in seiner Vorgehensweise damit dem prozessbegleitenden Coaching“ (Spänkuch 2010, S. 127). Der SprachLernBegleitung von treffpunkt sprachen liegt ein systemischer Beratungszugang (vgl. Radatz 2013) zugrunde, weil hier der Aspekt der Selbsterkenntnis und der aktiven Rolle des zu Beratenden betont wird. Das Zentrum hat bewusst den Terminus Begleitung festgelegt, um die SprachLernBegleitung von einem klassischen Coaching-Setting abzugrenzen und um in diesem Überbegriff die Elemente Coachen, Beraten und Trainieren mit einbeziehen zu können. SprachLernBegleitungen beinhalten zwar fundamentale Elemente von klassischen Coachings, wie etwa eine gezielte Zurückhaltung des Coaches. Jedoch finden sich auch, wenngleich zu geringerem Anteil, beratende und trainierende Elemente darin wieder. Die SprachLernBegleitungen bewegen sich auf einer beratenden Ebene, wenn der/die jeweilige SprachLernBegleitende sein/ihr fachliches Wissen als Lernunterstützung einbringt. Dies könnten beispielsweise Erkenntnisse aus dem Bereich der Neurodidaktik bzw. des gehirngerechten Lernens sein. Das Segment Training manifestiert sich in den Begleitungen, wenn es um die Kompetenzerweiterung der zu erlernenden Sprache an sich geht, etwa die Klärung einzelner Grammatikgebiete. Es ist zu betonen, dass der Bereich des Trainings in den Sitzungen eine untergeordnete Rolle spielt und die SprachLernBegleitungen nie ein unmittelbares Sprachlerntraining enthalten. Vielmehr fließen Elemente und Aspekte von Beratung und Training in eine coachende Begleitung ein. Es ist daher dem Konzept eines Tutorenprogramms der Universität Bremen zu folgen, in dem es darum geht „sprachübergreifend Hilfestellungen zum Selbstlernen zu geben“ (Buschmann-Göbels 2015, S. 51).

Die SprachLernBegleitung ist sowohl als Hilfestellung für Studierende als auch als Unterstützung für Lehrbeauftragte des treffpunkt sprachen zu betrachten. Aufgrund der hohen Teilnehmendenzahlen in Lehrveranstaltungen und der vorherrschenden Heterogenität in den Kursen, die es an Sprachenzentren gibt, bekommen die Studierenden die Möglichkeit, aus den formalen Lernsettings auszutreten und im Rahmen einer informellen Gesprächsform von FachexpertInnen Rückenstärkung zu erhalten. Gewonnene Erkenntnisse können in die formalen Lernprozesse einfließen und kommen dem Selbststudium zugute. Lehrende wiederum erfahren durch dieses Angebot eine Entlastung, vor allem dann, wenn es um persönliche Lernanliegen zahlreicher Studierender geht. Insofern entspricht die SprachLernBegleitung dem hochschuldidaktischen Axiom vom Lehren zum Lernen. Gemeint ist damit bekanntlich

ein Paradigmenwechsel von einer Lehrkultur hin zu einer Lernkultur. Es tritt ein Wandel im Lehrverständnis ein, wonach Lehren strikt aus der Perspektive des Lernens gedacht wird. Gegenstand der Lehre ist nicht mehr das zu lehrende Wissen, sondern die zu erlernende Kompetenz, die zwar das Wissen einschließt, jedoch den Schwerpunkt verlagert von der Vermittlung von Inhalten hin zum Erwerb von Kompetenzen. Es ist naheliegend, dass ein solcher Wandel neue Anforderungen an die Tätigkeit und die Rolle der Lehrenden heranträgt. (Paetz et al. 2011, S. 36)

Dieser neuen Rolle von Lehrenden, in diesem Falle als Begleitende bzw. Coaches, wird im besprochenen Projekt Rechnung getragen. Lehrende nehmen ihr klassisches Korsett als Fachvortragende ab und setzen die lange postulierten Forderungen der Lernendenzentrierung, Kompetenzorientierung und Autonomie (vgl. ebd., S. 37ff.) praxisnah um. Lehre und Beratung verschmelzen, sodass das Coaching bzw. Beraten ein Teil von Lehrkonzepten wird. Diese bewusst-progressive Kombination entspricht also in hohem Maße den theoretischen didaktischen und hochschuldidaktischen Lehr- und Lernpostulaten der vergangenen Jahre.

Es sei ergänzt, dass eine derartige Verquickung von Lehre und Beratung auch der Zielgruppenrealität an Universitäten und Hochschulen entspricht. Zu verweisen ist auf das Konzept des lebensbegleitenden Lernens: Studieren und universitäre Weiterbildung finden in verschiedenen Lebensphasen und im Rahmen individueller Umstände statt (vgl. Pellert 2013; Hofer 2015). Universitäten haben den Wert und den Nutzen von Beratung im Lernfeld Hochschule längst erkannt. Kernziel ist es, ein handlungsorientiertes Projekt zu konzipieren und zu etablieren, welches Beraten und Lehren auf kohärente Weise miteinander verknüpft.

Forschende Fachdidaktik II

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