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Bedarfserhebung

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Ein Vergleich der Angebote bereichsspezifischer Institutionen kann einen wichtigen Beitrag zur Modifikation des eigenen Lehrangebots leisten und zu einer größeren Akzeptanz bei Lehrenden und Studierenden führen. Diesbezüglich ist es für treffpunkt sprachen bedeutsam, einzelne Sprachen, die Zielgruppe, das allgemeine und vertiefende bzw. fachspezifische Kursangebot, Besonderheiten sowie Kursformen (Einzel- und Gruppenunterricht) und Kosten von Bildungsdienstleistern, die den gleichen räumlichen Einzugsbereich abdecken, zu analysieren (vgl. Schlutz 2006, S. 50f.).

Die Analyse des Angebots wird ganz wesentlich durch Faktoren beeinflusst, die beispielsweise gesellschaftsrelevante Fragestellungen oder arbeitsmarktbezogene Veränderungen betreffen. Des Weiteren spielen Aspekte, wie die bestehende Nachfrage von spracheninteressierten Personen und das Interesse der Hochschulen an Weiterbildungsmaßnahmen, deren Stellenwert in Zielvereinbarungen hervorgehoben werden sollte, eine wichtige Rolle. Entwicklungskonzepte der Hochschulen können eine starke Auswirkung auf die Gestaltung des Lehrangebots haben (vgl. Faulstich et al. 2007, S. 134f.). Sie schränken jedoch die Einführung neuer, innovativer „Produkte“ ein und gehen mit der Anforderung einher, sich der Profilbildung der jeweiligen Hochschuleinrichtung anzupassen. Aus diesem Grund ist es nicht zielführend, von einer bestehenden Profilbildung auf den entsprechenden Bedarf zu schließen und aus einem von der Hochschulleitung festgelegten Lehrangebot eine diesbezügliche Nachfrage abzuleiten. Vielmehr sollte die Entscheidung über Bedarf und Nachfrage von Seiten der Sprachlehreinrichtung getroffen werden, um den „manifesten Bedarf“ (Schlutz 2006, S. 41), der sich in der statistischen Darstellung der TeilnehmerInnenzahlen widerspiegelt (vgl. Unger-Ullmann 2018, S. 175f.), in die Angebotsentwicklung mit einfließen zu lassen und individuelle Präferenzen der Zielgruppe sowie diverse Kosten-Nutzen-Rechnungen zu berücksichtigen.


Tabelle 1: Beispiel für ein Angebot einer Sprachschule ©treffpunkt sprachen

Um die persönlichen Wünsche der Zielgruppe auszuloten, galt es zunächst, eine Situationsanalyse (vgl. Meffert et al. 2012) durchzuführen, die sich in drei Bereiche unterteilt:

 Kontextanalyse,

 Markt- und Ressourcenanalyse,

 Zielgruppenanalyse.

Im Rahmen der Kontextanalyse wurden universitätsinterne Regelungen, welche das Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidatik betreffen, gemeinsam mit dem Organisationsteam und den Lehrbeauftragten besprochen. Neben der eingangs erwähnten Zielvereinbarung des treffpunkt sprachen mit dem Vizerektorat für Studium und Lehre standen Akkreditierungsrichtlinien im Mittelpunkt, die den Studierenden zugutekommen sollten. Eine Anrechnung zeitsparender Sprachkurse, die in geblockter Form angedacht waren, stand für alle Gesprächsbeteiligten außer Frage. Ziel war es, das bestehende Kursangebot mit neuen, jedoch kürzeren Lehrveranstaltungen1 zu ergänzen und Studierenden auf diese Weise die Möglichkeit zu bieten, sich neben ihrem regulären Vollzeitstudium sprachenspezifisch weiterzubilden (zu kompakten Angeboten vgl. Schlutz 2006, S. 118).

In Bezug auf die Markt- und Ressourcenanalyse war es naheliegend, die tabellarische Auswertung des Angebots anderer Sprachkursanbieter (vgl. Tabelle 1) heranzuziehen und auf Differenzierungsmerkmale zu achten. Dabei konnte festgestellt werden, dass sich die meisten Sprachkursanbieter in ihren allgemeinen und fachspezifischen Kursangeboten nur geringfügig unterscheiden und wenige Besonderheiten (z.B. Stadtführungen, Sprachencafés, Chor, Tanzkurse, Kochkurse oder Lesungen) aufweisen. Um sich von den herkömmlichen Angeboten abzuheben, wurden im Hinblick auf die Studierenden, auf die im Rahmen der Zielgruppenanalyse noch gesondert eingegangen wird, Lehrveranstaltungen von den Lehrbeauftragten vorgeschlagen, die sich auf eine gezielte Erweiterung der Sprachkompetenz konzentrieren. In diesem Zusammenhang war es von Bedeutung, die sprachlichen Unsicherheiten der Lernenden, die sich in den allgemeinsprachlichen Kursen erkennen ließen, mit vertiefungs- und fachspezifischen Angeboten zu kompensieren. Neben Aussprachetrainings, Grammatiktrainings, Perfektionierungskursen und Schreibkompetenzkursen sollten auch Student Exchange Trainings (sprachliche Vorbereitung auf einen Auslandsaufenthalt) und Workshops zur interkulturellen Kompetenz zur Wahl stehen. Diskussionsbedarf bestand in der Festlegung der einzelnen Niveaustufen, da sich nach Ansicht einiger Lehrbeauftragter Vertiefungskurse erst ab dem Mittelstufenniveau (B1) lohnen würden. Entscheidend für die Einführung neuer Lehrveranstaltungen waren Kriterien, die sich auf Gruppengröße, Abgeltung und Inhalte bezogen. Beträgt die Gruppengröße bei allgemeinsprachlichen Kursen des treffpunkt sprachen 24 TeilnehmerInnen, so erging die Bitte der Lehrbeauftragten an die Zentrumsleitung, die Gruppengröße auf 18 TeilnehmerInnen für das Student Exchange Training und auf 14 TeilnehmerInnen für das Aussprachetraining aus Gründen der Effektivität zu reduzieren. In Bezug auf die Abgeltung konnte von Seiten des Managements zugesichert werden, dass das bisherige Abgeltungsmodell von treffpunkt sprachen (€ 52,09 brutto pro UE) auch für die vertiefungs- und fachspezifischen Kurse gültig ist. In Kooperation mit dem Büro für Internationale Beziehungen der Universität Graz wurden die Inhalte des Student Exchange Trainings festgelegt:

Communicative situations Vocabulary Intercultural dimensions
Dealing with official matters Looking for an apartment Talking to your landlord/-lady or your host family Situations in daily life (e.g. meeting friends and colleagues) Dealing with university-related matters Talking about your studies Preparing for lectures/seminars Authorities and administration Specific vocabulary for the university and your studies Housing and looking for an apartment Daily life (meetings, food, travelling and traffic) Regional knowledge Rules and customs „Dos and Don’ts“ Cultural no-gos University life Valuable knowledge about the life in the respective country/city

Tabelle 2:

Kursbeschreibung Student Exchange Training © treffpunkt sprachen

Mit dem Student Exchange Training wird der Versuch unternommen, Outgoing-Studierende der Universität Graz nicht nur in sprachlicher, sondern auch persönlicher Hinsicht zu unterstützen. Gleichzeitig bietet es für treffpunkt sprachen gute Chancen, sich an der Universität zu profilieren, da das Angebot die Studierenden in ihrem Vorhaben bestärken soll, ein Semester oder ein Jahr im Ausland zu verbringen (zur Förderung der Mobilität vgl. Karl-Franzens-Universität Graz 2019b, S. 39). Zweifelsfrei steht die Motivation der Studierenden, an einer Weiterbildung dieser Art teilzunehmen, in unmittelbarem Zusammenhang mit ihrer Lebenssituation. Saul Robinsohn (1971, S. 13) bezeichnet diese Lebenssituation als „Verwendungssituation“, in der sich Studierende den internationalen Anforderungen zu stellen haben. Nun liegt es an der universitären Sprachlehreinrichtung selbst, zu ermitteln, welche sprachlichen Kompetenzen Outgoing-Studierende benötigen, um ihre „Verwendungssituation“ im Ausland zu bewältigen. Sei es die Erledigung behördlicher Wege, die Wohnungssuche, der Austausch mit VermieterInnen oder der Gastfamilie, gängige Alltagssituationen (z.B. Treffen mit FreundInnen und KollegInnen), die Regelung von universitären Angelegenheiten, das Sprechen über das eigene Studium oder die gezielte Vorbereitung auf Lehrveranstaltungen. Neben den genannten Kommunikationssituationen spielen interkulturelle Dimensionen, wie das landeskundliche Wissen, Regeln und Gepflogenheiten, „Dos and Don’ts“, kulturelle Fettnäpfchen, der universitäre Alltag und Wissenswertes zum Leben im jeweiligen Land/in der jeweiligen Stadt eine entscheidende Rolle. Aus diesem Bedarf leiten sich die Inhalte des Student Exchange Trainings ab, mit deren Absolvierung die entsprechenden sprachlichen Kompetenzen erreicht werden können. Neben der Nutzung vorhandener freier Lehrkapazitäten erschließt sich das Student Exchange Training als zusätzliche Finanzierungsquelle und ermöglicht die Akquirierung ferngebliebener Interessensgruppen.

Im Rahmen der Zielgruppenanalyse ist darauf zu achten, an welche Personen sich das fachspezifische Angebot richtet. Über welche Qualifikationen (Studium und Kompetenzen) sollen die potentiellen TeilnehmerInnen verfügen? Welche Anforderungen können an die Zielgruppe gestellt werden? Welche Erwartungen haben die TeilnehmerInnen an den Anbieter? Bezüglich dieser Fragestellungen ist es ratsam, sich das Zielgruppenprofil am treffpunkt sprachen genauer anzusehen.

treffpunkt sprachen – Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik TeilnehmerInnen nach Fakultäten
Zweistündige Semestersprachkurse für Studierende (Bereich Fremdsprachen)
Wintersemester 17/18
Sprache Theo Rewi Sowi Gewi Nawi Urbi And. TU MUG KUG Ext. Summe
Englisch 2 51 22 36 22 25 10 6 1 1 3 179
Französisch 0 28 23 71 26 27 9 10 7 3 10 214
Italienisch 6 14 21 38 21 14 4 6 1 1 6 132
Spanisch 0 26 45 74 62 54 12 20 6 0 11 310
Andere Sprachen 4 23 44 158 108 80 17 45 6 1 51 537
Summe 12 142 155 377 239 200 52 87 21 6 81 1372
Summe in % 0,87 10,35 11,30 27,48 17,42 14,58 3,79 6,34 1,53 0,44 5,90 100,00
Sommersemester 18
Sprache Theo Rewi Sowi Gewi Nawi Urbi And. TU MUG KUG Ext. Summe
Englisch 1 25 25 27 34 30 8 7 1 0 6 164
Französisch 0 20 22 60 22 19 5 6 5 1 13 173
Italienisch 1 5 14 25 17 12 4 6 0 1 10 95
Spanisch 0 10 29 63 57 40 6 12 7 0 9 233
Andere Sprachen 2 20 16 74 53 46 11 19 2 0 37 280
Summe 4 80 106 249 183 147 34 50 15 2 75 945
Summe in % 0,42 8,47 11,22 26,35 19,37 15,56 3,60 5,29 1,59 0,21 7,94 100,00
TeilnehmerInnen gesamt nach Fakultäten (Bereich Fremdsprachen)
Studienjahr 17/18
Sprache Theo Rewi Sowi Gewi Nawi Urbi And. TU MUG KUG Ext. Summe
Englisch 3 76 47 63 56 55 18 13 2 1 9 343
Französisch 0 48 45 131 48 46 14 16 12 4 23 387
Italienisch 7 19 35 63 38 26 8 12 1 2 16 227
Spanisch 0 36 74 137 119 94 18 32 13 0 20 543
Andere Sprachen 6 43 60 232 161 126 28 64 8 1 88 817
Gesamtsumme 16 222 261 626 422 347 86 137 36 8 156 2317
Gesamtsumme in % 0,69 9,58 11,26 27,02 18,21 14,98 3,71 5,91 1,55 0,35 6,73 100,00
Legende: Theo: Theologie Rewi: Rechtswissenschaftliche Fakultät Sowi: Sozial- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät Gewi: Geisteswissenschaftliche Fakultät Nawi: Naturwissenschaftliche Fakultät Urbi: Umwelt-, Regional- und Bildungswissenschaftliche Fakultät And.: Andere, z.B. Fachhochschulen TU: Technische Universität Graz MUG: Medizinische Universität Graz KUG: Universität für Musik und darstellende Kunst Graz Ext.: Externe

Tabelle 3:

TeilnehmerInnen nach Fakultäten © treffpunkt sprachen

Mit 27,02 % sind Studierende, die der Geisteswissenschaftlichen Fakultät angehören, in den Sprachkursen am treffpunkt sprachen am meisten vertreten. Ihnen folgen StudentInnen, die naturwissenschaftliche (18,21 %) und bildungswissenschaftliche (14,98 %) Fächer inskribiert haben. Studierende der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften sowie der Rechtswissenschaften sind nur mit 11,26 % und 9,58 % vertreten. Geht man von der Zielgruppe aus, welche am stärksten am treffpunkt sprachen präsent ist, so liegt die Vermutung nahe, dass ein Grundinteresse am Sprachenlernen von Seiten der geisteswissenschaftlichen TeilnehmerInnen besteht. Die Messlatte der Anforderungen lässt sich bei ihnen aufgrund der sprachlichen Vorerfahrungen durchaus höher legen, zumal vielen die elementaren Fertigkeiten (Hören, Lesen, Schreiben, Sprechen) durch ihr (Sprachen-)Studium vertraut sind. Um die persönlichen Wünsche dieser Zielgruppe auszuloten, wurde ein Fragebogen entwickelt, der eine Auswahl an Lehrveranstaltungen enthält, die vom Organisations- und Lehrendenteam vorgeschlagen wurden.2

Bedarfserhebung Studienjahr 2019/20


Bitte wählen Sie die für Sie relevanten Kursformen/Sprachen aus. Mehrfachantworten sind möglich. Mit der Teilnahme an dieser Umfrage leisten Sie einen wertvollen Beitrag zur Verbesserung des Kursangebots bei treffpunkt sprachen – Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik.

Aussprachetraining (ab Niveau A2/15 UE) □ Englisch □ Französisch □ Italienisch □ Spanisch Grammatiktraining (ab Niveau B1/30 UE)* □ Französisch □ Italienisch □ Spanisch * Für Englisch wird bereits ein Kurs ab dem Niveau B2 angeboten.
Perfektionierungskurse Niveau C1 (30 UE) □ Englisch □ Französisch □ Italienisch □ Spanisch Schreibkompetenz (ab Niveau B1/30 UE)* □ Französisch □ Italienisch □ Spanisch * Für Englisch wird bereits ein Kurs ab dem Niveau B2 angeboten.
Student Exchange Training (ab Niveau A2/15 UE)* □ Englisch □ Französisch □ Italienisch □ Spanisch □ Niederländisch □ Russisch □ Schwedisch *Das Student Exchange Training soll Studierende auf einen Auslandsaufenthalt vorbereiten. Themenschwerpunkte: Sprache und Kultur des Ziellandes. Workshops zur interkulturellen Kompetenz (ab Niveau A2/15 UE) □ Englisch □ Französisch □ Italienisch □ Spanisch

Abbildung 1:

Bedarfserhebung Studienjahr 2019/20 © treffpunkt sprachen

Im Rahmen dieser Umfrage3 konnten unterschiedliche Meinungen zum Lehrangebot eingeholt werden, die eine Perspektivenvielfalt in der Angebotsentwicklung zulassen. Insgesamt wurden 935 KursteilnehmerInnen zu ihren persönlichen Vorstellungen und Wünschen befragt. Aus den 5.189 eingeholten Antworten4 ergab sich folgendes Ranking:

Abbildung 2:

Gesamtauswertung der fachspezifischen Kurse © treffpunkt sprachen

1 Aussprachetraining: 20 %

2 Perfektionierungskurse: 19 %

Student Exchange Training: 18 %

1 Workshops zur interkulturellen Kompetenz: 17 %

2 Grammatiktraining: 14 %

3 Schreibkompetenz: 12 %

20 % der befragten KursteilnehmerInnen würden sich in den Sprachen Englisch, Französisch, Italienisch und Spanisch ein Aussprachetraining wünschen. 956 Rückmeldungen sind als eindeutiger Hinweis zu sehen, dass Studierende bislang wenig Möglichkeiten hatten, ihre Aussprache zu verbessern. Auf Platz 2 folgen die Perfektionierungskurse in den Sprachen Englisch, Französisch, Italienisch und Spanisch, wobei die Englischkurse auf Niveau C1 mit 514 Rückmeldungen eine klare Favoritenrolle einnehmen. Mit 18 % ist das Student Exchange Training, welches Studierende auf ihren Auslandsaufenthalt vorbereiten soll, gut im Ranking vertreten. Hier sind vor allem die Sprachen Englisch mit 305 Rückmeldungen und Spanisch mit 220 Rückmeldungen vorrangig. Eine Einführung dieses neuen Programms ist durch die Drittplatzierung durchaus gerechtfertigt. Workshops zur interkulturellen Kompetenz wünschten sich 17 % der KursteilnehmerInnen, das Grammatiktraining 14 % und die Schreibkompetenz lediglich 12 %.

Forschende Fachdidaktik II

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