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Wahrnehmen, was mit der Welt geschieht

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Nehmen sie, nehmen wir wirklich wahr, was heute um uns herum geschieht, was nicht nur in der Welt, sondern auch was mit der Welt geschieht und, wenn schon mit der Zukunft – vor allem der Zukunft der Schöpfung, die wir heute und morgen unseren Kindern und Kindeskindern doch zu treuen Händen übergeben wollen?

Es war der Schriftsteller Siegfried Lenz, der bereits 1988 in seiner Rede zur Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels in Frankfurt mit bewegenden Worten darauf hingewiesen hat:

„Die Schöpfung stirbt langsam. Sie muss nicht im atomaren Blitz untergehen, der die Ozeane zum Kochen, die Gebirge zum Schmelzen bringt. Sie kann an unserer Verachtung der Schöpfung und an unserem Egoismus zugrunde gehen. Mit Appellen ist nichts zu erreichen, wir kennen ihr Elend, ihre Wirkungslosigkeit. Wenn überhaupt, dann kann nur eine tatkräftige und phantasievolle Politik etwas ändern, die bereit ist, sich zunächst den Wirkungsraum zurückzuholen, den Wirtschaft und Industrie ihr abgenommen haben. Es gibt kein Abonnement auf die Ewigkeit, und es gehört nicht einmal viel Phantasie dazu, sich die Erde unbelebt vorzustellen, von Staub bedeckt, den kalte Winde vor sich hertreiben. Ein Grabstein für diese Zeit könnte die Inschrift tragen: Jeder wollte das Beste – für sich.“ (Frankfurt 1988, 50)

Wie aber kommt es dazu? Wie kommt es, dass dieser Perspektive in der großen wie in der kleinen Politik so wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird – weltweit und auch vor Ort? Wie kommt es, dass sich im Rahmen der globalen Welt das vielfach beschworene Miteinander der Nationen mitunter über Nacht zu einem kriegerischen Gegeneinander wandelt und ihre klügsten Geister Tag und Nacht darüber brüten, wie sie ihren Gegner bezwingen oder vernichten können? Gleicht das Ganze einem plötzlichen Wetterumschlag, der Inkubation einer Krankheit oder dem schrecklichen Aufwachen aus einem Traum, bis dahin über Jahrzehnte geträumt: Dass doch in dieser Ära des sichtbaren Fortschritts und des mühsam errungenen Friedens „das Böse“ mit seinen tausend Facetten aus der Welt der Menschen und der Völker verschwunden sei?

Dem Entsetzen täglich in die Fratze sehen

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