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Weltenwanderer

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Wechsel der Grundformen

Die Grenze zwischen dem Mittel- und Jungpaläolithikum wurde forschungsgeschichtlich durch den Wechsel der Grundformen definiert. Im frühen Jungpaläolithikum wurden Klingen zwar zur Grundform für die Mehrzahl der Werkzeuge, allerdings lebte die mittelpaläolithische Abschlagtechnologie weiter. Im Jungpaläolithikum nahm mit dem Anstieg der Klingen die Nutzung von Knochen, Geweih und Elfenbein als Rohmaterial für die Geräteherstellung deutlich zu und erreichte eine neue Qualität.

Erste Kunst

Auf das Châtelperronien folgte in Europa das Aurignacien. Es wird in der klassischen Sichtweise als der eigentliche Beginn des Jungpaläolithikums verstanden, denn im Aurignacien sind alle kulturellen Innovationen des Jungpleistozäns miteinander vereint. Allerdings ist das Aurignacien keine homogene, kulturelle Einheit. Es durchlief einen internen Entwicklungsprozess und wird inzwischen in ein frühes Aurignacien und ein entwickeltes Aurignacien unterteilt. Im frühen Aurignacien ist der Anteil von Knochen- und Geweihgeräten sowie von Schmuckobjekten noch gering; Kunstobjekte fehlen ganz. Erst im entwickelten Aurignacien ab etwa 34.000 Jahren vor heute traten regelmäßig Geschossspitzen und andere Werkzeuge aus Knochen und Geweih sowie Schmuckobjekte aus Muscheln und Tierzähnen auf. Aus einigen Fundstellen der Schwäbischen Alb (Vogelherd, Hohle Fels, Geißenklösterle) sind zu diesem Zeitpunkt die ältesten Objekte der Kleinkunst aus Elfenbein belegt. Eiszeitliche Tiere wie Mammut, Löwe, Höhlenbär oder Wildpferd wurden vollplastisch als kleine Figuren ausgearbeitet. Dazu gehören auch schematische Darstellungen des Menschen. Wenig später, ab 33.000 Jahren vor heute, sind erste Höhlenmalereien aus der Grotte Chauvet, Frankreich, bezeugt. Zu den Funden aus dem Geißenklösterle gehört auch eine Flöte aus Schwanenknochen, der älteste Nachweis eines Musikinstrumentes.

Das Aurignacien hatte eine Ausdehnung von Spanien bis nach Westasien und in den Vorderen Orient. Es fehlt im Süden der Iberischen Halbinsel und in Nordafrika, wo späte mittelpaläolithische Traditionen noch weiterlebten. Wahrscheinlich waren anatomisch moderne Menschen die Träger des entwickelten Aurignacien. Die Zahl der Humanfossilien in Fundplätzen des Aurignacien ist allerdings sehr gering. Der älteste Fund eines anatomisch modernen Menschen in Europa aus Pestera cu Oase ist leider nur ein Einzelfund ohne Begleitfunde, die Einblick in die Sachkultur ermöglichen könnten. Erst gegen Ende des Aurignacien sind Humanfossilien des anatomisch modernen Menschen aus Frankreich oder der Tschechischen Republik aus dem Zeitraum zwischen 32.000 und 29.000 Jahren vor heute belegt. Zu diesem Zeitpunkt sind nach C14-Datierungen auch noch letzte Neandertaler in Europa nachweisbar. Allerdings unterliegt die C14-Datierung gerade in dem Zeitraum zwischen 40.000 und 30.000 Jahren vor heute auf Grund von Schwankungen des C14-Gehaltes in der Atmosphäre großen Abweichungen. Diese erheblichen methodischen Schwierigkeiten geben der Diskussion breiten Spielraum. Gegen eine chronologische Überlappung des Aurignacien mit dem späten Mittelpaläolithikum, dem Châtelperronien oder anderen Übergangsindustrien spricht die stratigraphische Abfolge in den einzelnen Fundstellen. Denn in keiner Fundstelle wurde bisher eine Fundschicht des Aurignacien unter Fundschichten der anderen genannten Fundkomplexe angetroffen. Die chronologische Abfolge der Menschenformen ist auf Grund der erheblich schmaleren Datenbasis nicht so eindeutig; und da die kulturelle Grenzziehung mit der biomorphologischen Grenzziehung nicht eindeutig zusammenfällt, kann bisher nicht ausgeschlossen werden, dass auch Neandertaler an der Entstehung des Aurignacien beteiligt waren. Für die heftig umstrittene Fundstelle Vindija, Kroatien, wird diese Möglichkeit zumindest nicht ausgeschlossen.

Rückgrat der Klimaforschung

Lange, feinstratigraphische Abfolgen in marinen Sedimenten und in Eisbohrkernen, die sehr gut miteinander korreliert werden können, bilden heute das Rückgrat der Klimaforschung. Ihre Daten weisen den Zeitraum zwischen 45.000 und 25.000 Jahren vor heute als einen Zeitraum außergewöhnlich intensiver Klimaschwankungen aus. Das Anwachsen und Abschmelzen der Eisschilde in der nördlichen Hemisphäre hat zu einer Serie von Ausschlägen zwischen warmen und kalten Klimaereignissen geführt, deren Quantität und Qualität in den terrestrischen Zeugnissen bisher nicht erkennbar war. Die dokumentierte Schwankungsbreite kurzfristiger Klimaänderungen ist teilweise außergewöhnlich eng im Bereich von Jahrhunderten, und die Amplituden der einzelnen Oszillationen sind enorm. Um 45.000 Jahren vor heute ereignete sich das letzte warme Klimaereignis, dessen Bedingungen in etwa den heutigen Verhältnissen in Europa nahe kamen. Danach folgte eine ganze Serie sehr kurzer, kalter Klimaereignisse.

Ständige Klimawechsel in Europa

Die Vielzahl der engen Klimaschwankungen aus den Eisbohrkernen – teilweise im Bereich von nur 100 Jahren – belegen, dass die Jäger- und Sammlerpopulationen in Europa einem ständigen Klimawechsel unterworfen waren und dass ihre Siedlungsgrenze regelmäßig innerhalb weniger Generationen nach Süden in den mediterranen Raum zurückgeschoben wurde. So entstand ein Jojo-Effekt mit dramatischen Folgen für die menschlichen Populationen. In kalten Phasen erfolgten die Aufgabe von Siedlungsarealen, ein Anstieg der Mobilität, eine Verringerung der Populationsdichte, der Rückzug in das Mittelmeergebiet und im ungünstigsten Fall das Aussterben von Teilpopulationen. In warmen Phasen war eine erneute Ausbreitung nach Norden möglich.

Außergewöhnliche Klimaschwankungen, wie die Heinrich-Ereignisse – benannt nach dem Geologen Hartmut Heinrich –, hatten wahrscheinlich den größten Einfluss auf die menschlichen Populationen in Europa und Westasien. Ihr wichtigstes Merkmal ist neben dem Rückgang der Temperatur eine extreme Trockenheit mit der Bildung von Halbwüsten im Mittelmeergebiet. Dieses Phänomen ist sowohl auf der Iberischen Halbinsel als auch im östlichen Mittelmeergebiet belegt. Das Heinrich-4-Ereignis fällt genau in die Übergangsphase zwischen dem Mittelpaläolithikum und dem Jungpaläolithikum um 40.000 Jahre vor heute. Die Merkmale der Heinrich-Ereignisse geben Grund zu der Annahme, dass in diesen Phasen das übliche Migrationsschema der europäischen Jäger-und-Sammler-Populationen während kalter Phasen durchbrochen wurde. Durch die extreme Trockenheit in den Rückzugsgebieten im nordmediterranen Raum kam es wahrscheinlich zu einem kompletten Zusammenbruch der Populationen.

Die Chance, dass Neandertaler und moderne Menschen sich in Europa begegnen konnten, war daher eher gering. Wenn es zu Kontakten gekommen sein sollte, dann war die Wahrscheinlichkeit dafür im östlichen Verbreitungsgebiet der Neandertaler am größten. Dort sind auch die morphologischen Unterschiede zwischen beiden Formen am geringsten. Im Zuge dieser Argumentation war das Aussterben der Neandertaler aus der klimageschichtlichen Perspektive unspektakulär. Es handelte sich um einen von zahlreichen natürlichen Austauschprozessen der Populationen im eiszeitlichen Europa; und die erregten Diskussionen über morphologische und molekulargenetische Unterschiede zwischen den Menschenformen der letzten Eiszeit verlieren ihre Basis.

Aurignacien

Die Gruppen des Aurignacien, die nach dem Heinrich-4-Ereignis in Europa schlagartig auftauchten, repräsentieren wahrscheinlich eine Einwanderungswelle aus Westasien in ein weitgehend menschenleeres Gebiet. Typisch für die Heinrich-Ereignisse ist nach ihrem Ende eine sehr schnelle Klimaverbesserung in nur wenigen Jahrzehnten, so dass kurzfristig eine optimale ökologische Situation für die Ausbreitung großer Huftierherden entstand. Sie waren sicher ein Hauptgrund für eine schnelle Wiederbesiedlung Europas durch Menschen.

Erneuter dramatischer Klimawechsel

Um 30.000 Jahre vor heute endete das Aurignacien und wurde durch das Gravettien abgelöst. Während wir über die Morphologie der Menschen des Aurignacien auf Grund der Fundarmut von Humanfossilien kaum informiert sind, verbessert sich die Quellenlage nun deutlich. Mit dem Gravettien erschienen hochgewachsene Menschen in Europa, die durch zahlreiche Grabfunde aus zwei Fundregionen in Tschechien und Ligurien außergewöhnlich gut dokumentiert sind. Es könnte sich dabei um eine neue Einwanderungswelle handeln, die von Südwestasien aus Europa erreichte. Denn in Fundstellen mit stratigraphischen Abfolgen des Aurignacien und des Gravettien ist ebenfalls keine Interstratifikation der beiden Fundkomplexe nachweisbar. Mit dem Ende des Aurignacien fällt das Heinrich-3-Ereignis zusammen. Wie bereits während des Heinrich-4-Ereignisses erlebte Europa erneut einen dramatischen Klimawechsel. Wahrscheinlich kam es wieder zu einem Zusammenbruch der menschlichen Populationen, und Europa war für einen Zeitraum von wenigen Jahrzehnten menschenleer. Wenn es versprengten Populationen der Neandertaler gelungen sein sollte, das Heinrich-4-Ereignis zu überleben, wäre spätestens mit dem Heinrich-3-Ereignis die Geschichte der Neandertaler zu Ende gegangen. Nach diesem klimatischen Großereignis erfolgte eine Einwanderungswelle von den Trägern des Gravettien. Vieles spricht dafür, dass erst diese anatomisch modernen Menschen keine archaischen Merkmale mehr in sich trugen und morphologisch mit uns heutigen vergleichbar sind.

Gravettien

Im Gravettien erfolgte ein weiterer Anstieg der Klingenfrequenzen und der Anzahl von Knochen- und Geweihgeräten in den Werkzeuginventaren. Die Grundformproduktion wurde weiterentwickelt. Es wurden nun umfangreich überarbeitete Spitzen unterschiedlicher Größe sowie verschiedene Typen von Rückenmessern, die als Messereinsätze dienten, hergestellt. Die Mehrteiligkeit der Werkzeuge und die Standardisierung der einzelnen Werkzeugteile nahmen zu. Das Gravettien hatte eine paneuropäische Verbreitung bis nach Westasien. Auf Grund der verwendeten Rohmaterialien kann eine erhebliche Ausdehnung der Kommunikationswege erkannt werden. Manche Materialien stammen aus Distanzen von über 200 km. Schmuckperlen aus Elfenbein, Tierzähnen, anderen organischen Materialien oder Muscheln sind regelmäßig in den Fundstellen anzutreffen. Sie treten teilweise als Kleidungsbesatz oder als Ketten in enorm großen Stückzahlen auf. Manche der Muscheln stammen aus Entfernungen von 500 km bis 1000 km.

Während aus dem Aurignacien keine Bestattungen nachweisbar sind, liegt aus dem Gravettien eine große Zahl vor. Schwerpunkte bilden dabei die Ligurische Küste an der Grenze zwischen Frankreich und Italien mit dem Fundstellenkomplex der Balzi Rossi und die Tschechische Republik mit einer Konzentration von Fundstellen im Freiland wie Brno, Dolni Vestonice und Pavlov. Die Bestatteten wurden regelmäßig mit Ocker versehen, trugen Schmuckbesatz auf ihrer Kleidung und hatten erstmals sicher nachweisbare Beigaben. In Ligurien waren dies über 20 cm lange Klingen, die im Handbereich lagen. Es sind aber auch Schmuckketten oder Geräte nachweisbar. Erstmals sind auch Mehrfachbestattungen belegt. In den Freilandfundstellen Osteuropas sind die Toten häufig mit Mammutschulterblättern überdeckt worden.

Venus von Willendorf

In der Kleinkunst tauchen kleine vollplastische Frauenfiguren auf, die ein weites Verbreitungsareal haben. Die berühmteste unter ihnen ist die sogenannte Venus von Willendorf. Aus Dolni Vestonice und Pavlov sind kleine Tierfigürchen aus gebranntem Ton belegt. Es handelt sich um den ältesten Nachweis von Keramik. Anhand von Abdrücken im Lehm können Netze aus organischem Material nachgewiesen werden. Neben umfangreichen Kleinkunstobjekten und Verzierungen der Geweih- und Knochengeräte sind auch zahlreiche Höhlen mit Zeugnissen der Wandkunst belegt. Gegen Ende des Gravettien traten erstmals Nähnadeln aus Knochen mit Öhr auf, die eine verbesserte Nähtechnik ermöglichten, wodurch die Nähte der Kleidung besser abgedichtet werden konnten. Damit konnte die Permeabilität der kulturellen Membranen weiter reduziert werden.

Es entsteht der Eindruck, dass die veränderte Technologie des Gravettien als Hinweis auf eine Effizienzsteigerung verstanden werden kann. Die weitere Klimaverschlechterung in Europa verstärkte den Umweltdruck auf die menschlichen Populationen, dem sie durch eine Optimierung ihrer Werkzeugtechnologie und ihrer Kommunikationsnetze begegneten. Sichtbar wird dieser Anpassungsdruck durch die Ausdehnung der Schweifgebiete und eine Zunahme von Fernbeziehungen.

Gegen Ende des Gravettien liegt zunächst das Heinrich-2-Ereignis, dem wenig später das letzte Kältemaximum um 20.000 Jahre vor heute folgte. Dieses klimatische Megaereignis führte mit einem lang andauernden Vorstoß der Gletscher nicht mehr zum Aussterben aller Populationen in Europa. Nur in Mitteleuropa musste das Siedlungsgebiet aufgegeben werden. Die mit dem ersten Kältemaximum um 60.000 Jahre vor heute einsetzende Anpassung an sehr kalte Klimabedingungen in Europa hatte um 20.000 Jahre vor heute eine Qualität erreicht, die es den frühen Europäern erlaubte standzuhalten.

Solutréen

Während sich Menschen aus Mitteleuropa zurückzogen, entwickelte sich in Südwesteuropa das Solutréen, dessen Steingeräteinventare durch eine umfangreiche Retuschierung der Geräteoberflächen gekennzeichnet sind. Verschiedene Typen von Steinspitzen sind belegt, die als handwerklicher Höhepunkt der paläolithischen Steingerätetechnologie verstanden werden können. Aus dem Solutréen liegen ferner erste Hinweise für die Speerschleuder vor. Diese technische Innovation verlängerte den speerführenden Arm und erhöhte die Durchschlagskraft der Jagdspeere erheblich. Im späten Solutréen um 17.000 Jahren vor heute sind einige steinerne Projektile aus Spanien so klein, dass sie als Pfeilspitzen interpretiert werden können und den Beginn von Pfeil und Bogen belegen. Im Solutréen stieg die Zahl der Höhlen mit Zeugnissen der Wandkunst in Spanien und in Südfrankreich deutlich an. Parallel zu diesem Anstieg tauchen im Côa-Tal in Nordportugal und in Zentralspanien erstmals zahlreiche Beispiele von Wandkunst an Felswänden im Freiland auf. Sie belegen, dass die eiszeitliche Wandkunst nicht nur im Verborgenen wirkte, sondern für alle sichtbar ganze Landstriche bedeckte. Während sich in Südwesteuropa das Solutréen entwickelte, entstand in Osteuropa das Epigravettien, das technologisch eine Fortführung des Gravettien darstellt.

Magdalénien

Nach dem letzten Kältemaximum schloss sich die Besiedlungslücke in Mitteleuropa wieder. In Westeuropa wurde das Solutréen durch das Magdalénien abgelöst, dessen Gruppen sich sehr schnell nach Osten ausdehnten und bis in das östliche Mitteleuropa vordrangen. Mit dem Magdalénien begann die große Zeit der Großwildjäger in Europa. Morphologisch betrachtet waren die Menschen des Magdalénien deutlich kleiner als die des Gravettien. Wahrscheinlich kann die Größenreduktion als Anpassungsprozess an die kalten Klimabedingungen des Hochglazials interpretiert werden. Im Magdalénien erfolgte eine explosionsartige Zunahme der Höhlen mit Wandkunst. Viele berühmte Bilderhöhlen wie Lascaux, Cosquer, Les Trois Frères in Frankreich oder Altamira, La Garma und Tito Bustillo in Spanien datieren in diesen Zeitraum. Neben der Wandkunst entwickelte sich eine umfangreiche Kleinkunst. Gravierte Schieferplatten wie in Gönnersdorf, Deutschland, La Marche und Enlène in Frankreich oder Parpalló in Spanien sind häufig belegt, zusammen mit einer Vielzahl von Schmuckobjekten und Kleinplastiken. Abstrakte Frauenfiguren sind als Gravierungen und als vollplastische Figuren nachweisbar. Knochen- und Geweihgeräte sind regelmäßig durch Schnitzereien und Ritzungen überreich verziert. Im Magdalénien manifestiert sich eine Blütezeit eiszeitlicher Großwildjäger, die sich je nach Region auf die Hirsch-, Wildpferd- oder Rentierjagd spezialisiert hatten. Gegen Ende des Magdalénien kann der Hund zum ersten Mal als Haustier nachgewiesen werden.

Gut erhaltene Lagerplätze in Höhlen und im Freiland ermöglichen umfangreiche Einblicke in die Organisation der Plätze mit unterschiedlichen Wohneinheiten und Aktivitätszonen. Rohmaterialien deuten weitreichende Verbindungen über ganz Europa hinweg an. Die Dichte der regionalen wie der überregionalen Beziehungen macht eine erhebliche Zunahme der Populationsdichte wahrscheinlich. Mit dem letzten Kältevorstoß der Jüngeren Tundrenzeit endete diese Blütezeit und damit auch das Eiszeitalter.

Besiedlung Australiens

Weite Teile der menschlichen Besiedlungsgeschichte in Asien und Australien sind noch völlig unbekannt. So kann der Übergang von den späten Homo-erectus-Formen zum anatomisch modernen Menschen auf keiner gesicherten Materialbasis beschrieben werden. Als chronologischer Meilenstein kann die Besiedlung Australiens zumindest einen Hinweis auf den Besiedlungsprozess liefern. Die Absenkung des Meeresspiegels durch das Anwachsen der Gletscher in den Kälteperioden ermöglichte die Erstbesiedlung. Australien war zu keinem Zeitpunkt während des Eiszeitalters mit dem asiatischen Kontinent verbunden. Allerdings war es in den Kaltphasen mit Neuguinea und Tasmanien sowie einigen umliegenden Inseln in der Torres-Straße zu einem größeren Kontinent verbunden, der Sahul genannt wird. Dieser Kontinent wurde etwa zwischen 50.000 bis 40.000 Jahren vor heute von Menschen erreicht, die ihre Siedlungsspuren in Nordwestaustralien hinterlassen haben. Erst anatomisch modernen Menschen gelang die Besiedlung des fünften Kontinents. Dabei mussten sie nur kleinere Wasserstraßen zwischen Südostasien und Sahul durch „Inselspringen“ überwinden. Zwei mögliche Routen kommen in Frage. Die eine führte vom heutigen Sulawesi nach Neuguinea, die andere über Timor nach Nordwestaustralien.


Die älteste Besiedlung Australiens während der letzten Eiszeit.

Australische Jäger und Sammler

Seit seinem Auszug aus Afrika vor etwa 100.000 Jahren hatte der anatomisch moderne Mensch nur 50.000 Jahre benötigt, um in Sahul anzukommen. Obwohl die ältesten Skelettfunde in Australien einem sehr robusten Menschentyp angehören, besteht kein Zweifel, dass es sich um Vertreter des modernen Menschen handelte. Genetische Daten bestätigen diese Interpretation. Die ersten australischen Jäger und Sammler besiedelten in kürzester Zeit den gesamten Kontinent. Ihre Anwesenheit hatte dramatische Auswirkungen auf die Fauna. Etwa 90% der Großfauna starben bald nach der Ankunft der ersten Siedler aus. Es wird angenommen, dass neben klimatischen Veränderungen insbesondere der Eingriff des Menschen in die natürliche Umwelt einen großen Anteil am Artensterben hatte. Trotzdem war das Jagen und Sammeln die einzige Lebensform der australischen Menschengruppen bis zur Kolonialisierung des Kontinents durch das British Empire.

Homo floresiensis

Eine Randepisode der Humanevolution ist die Geschichte des Homo floresiensis in Südostasien. Die Entdeckung dieser kleinwüchsigen Menschenform führte zu einer Vielzahl von Spekulationen. Der Homo floresiensis gilt auf Grund seiner Schädelmorphologie als Nachfahre des Homo erectus. Datierungen der Funde aus einer Höhle auf der Insel Flores (Indonesien) deuten auf ein sehr spätes Überleben bis etwa 13.000 Jahre vor heute hin. Umstritten bleibt, ob der Homo floresiensis als pathologische Form der Kleinwüchsigkeit interpretiert werden muss, die sich auf Flores beschränkte, oder ob es sich tatsächlich um eine eigenständige entwicklungsgeschichtliche Menschenform handelte. In diesem Falle läge eine Inselpopulation vor, die aus dem Homo erectus entstand. Sollte die letzte Hypothese zutreffen, dann hätte es in Südostasien ein langes Nebeneinander verschiedener Vertreter der Gattung Homo gegeben.

Vorstöße des Menschen in die Subarktis

Anders stellt sich die Situation in Nordostasien dar. Während im Mittelpaläolithikum nur sporadische Vorstöße des Menschen in die Subarktis belegt sind, erfolgte ab etwa 40.000 Jahren vor heute durch den anatomisch modernen Menschen die Besiedlung Nordostasiens jenseits des 52. Breitengrades. Neben jungpaläolithischen Werkzeugen sind bei diesen Siedlern auch flächig überarbeitete Geräte in der Tradition des Mittelpaläolithikums nachweisbar. Ihre technische Ausstattung umfasste auch zahlreiche Knochen-, Geweih- und Elfenbeingeräte. Die kulturellen Zeugnisse der Zeit zwischen 30.000 und 10.000 Jahren vor heute werden dem Diuktai-Technokomplex zugeschrieben. In Malta, beim heutigen Irkutsk gelegen, können Erdhäuser aus Knochen nachgewiesen werden. Sie wurden aus Resten der Megafauna gebaut. Zum Fundensemble gehören in Malta kleine Frauenfiguren und andere Objekte der Kleinkunst. Während des Kältemaximums kam es wahrscheinlich zu einem Rückzug der menschlichen Populationen nach Süden.

Nach dem letzten Kältemaximum um 20.000 Jahre vor heute verbreitete sich in ganz Nordostasien bis nach Alaska die Mikroklingen-Tradition. Beringia, die Landmasse zwischen Sibirien und Alaska, liegt heute unter dem Meeresspiegel. Während des Kältemaximums war es bei abgesenktem Meeresspiegel eine 1000 km breite Landbrücke zwischen Asien und Nordamerika. Aus dem östlichen Bereich von Beringia liegen Spuren menschlicher Besiedlung gegen 20.000 Jahren vor heute vor. Für die eiszeitlichen Menschen war Beringia eine natürliche Fortsetzung ihrer Lebensund Jagdgebiete, so dass die Eroberung des amerikanischen Kontinents keine bewusste Landnahme war. Der Landweg nach Süden war allerdings noch durch den riesigen Laurentischen Eisschild versperrt, der von den Rocky Mountains bis zur Hudson Bay reichte.

Vorfahren der Indianer

Nach den heute vorliegenden Hinweisen kamen die Vorfahren der Indianer nach der Öffnung des Eisschildes vor etwa 12.000 Jahren in die großen Prärien. Clovis wird der älteste allgemein anerkannte paläoindianische Technokomplex mit einer weiten Verbreitung südlich des Eisschildes genannt. Seine Leitform ist die Clovis-Spitze, ein Steinprojektil zur Bewehrung von Speeren; die Speere wurden mit der Speerschleuder geworfen. Radiokarbondatierungen früher Fundplätze in Südamerika wie Monte Verde in Chile werfen regelmäßig die Frage auf, ob bereits vor dem Clovis-Technokomplex eine Besiedlung Südamerikas erfolgte. Neben der Besiedlung über Land wird eine Besiedlung mit Booten entlang der Pazifikküste diskutiert. Diese Form der Landnahme wäre bedeutend schneller gewesen, und sie würde eine frühe Besiedlung in Südamerika vor der Besiedlung der Plains durch Menschen des Clovis-Technokomplexes verständlich machen. Fundplätze, die einige Jahrtausende älter sind als die frühesten Clovis-Fundstellen, treten nur sehr isoliert auf, sowohl in Nord- als auch in Südamerika. Da sie kein einheitliches Bild ergeben, wird ihre Datierung kontrovers diskutiert.


Die Besiedlung Amerikas.

Feste Siedlungen

Mit dem Beginn des Holozäns verschwand durch den Klimawechsel in Nordamerika nach und nach die eiszeitliche Megafauna. Ihr letztes Zeugnis sind die großen Bisonherden in den Plains, die bis in historische Zeit gejagt wurden. Auf die paläoindianische Periode folgte in Nordamerika ab etwa 8000 Jahren vor heute das Archaikum. Die jägerische Lebensweise wurde im Laufe des Archaikums durch die verstärkte Nutzung pflanzlicher Nahrung ergänzt, die durch das Vorkommen von Reibsteinen dokumentiert wird. Gegen Ende des Archaikums gaben vor etwa 3000 Jahren im Süden Nordamerikas die jägerischen Gruppen ihre mobile Lebensweise auf begannen, feste Siedlungen zu gründen. Sie stellten Keramik her und erweiterten ihre Lebensweise durch intensiven Gartenbau. In Südamerika war entlang der Pazifikküste der Gartenbau schon zu Beginn des Holozäns Teil der Subsistenz. Durch diese lange Tradition im Umgang mit pflanzlicher Nahrung wurden hier sehr bald auch verschiedene Pflanzenarten domestiziert. Der älteste Nachweis für domestizierten Mais stammt aus Mexiko und reicht etwa 7000 Jahre zurück. Vom Südwesten Nordamerikas über Mittelamerika bis in die Anden-Region zieht sich ein geographisches Band, in dem eine variantenreiche Mischung verschiedener Subsistenzformen nachweisbar ist. Sowohl Jagen als auch Fischen, die Nutzung von Wildpflanzen und der Anbau domestizierter Pflanzenarten wurden in unterschiedlichen Anteilen als Grundlage der Ernährung genutzt.

Besiedlung der Arktis

Eine andere Anpassung erforderte die älteste Besiedlung der Arktis. Sie begann in Nordalaska ab etwa 10.000 Jahren vor heute. Mit dem Ende des Eiszeitalters hatten Jäger- und Sammlergruppen ihre kulturelle Anpassungsfähigkeit so weit entwickelt, dass sie in der Lage waren, auch in diesem extremen Lebensraum zu bestehen. Es war die am stärksten spezialisierte Form jägerischer Subsistenz. Sie stützte sich hauptsächlich auf tierische Nahrung sowohl von Land- als auch von Seesäugern. Vor etwa 4000 Jahren drangen diese Gruppen mit ihrer Lebensweise sogar bis in die Zentralarktis vor.

wbg Weltgeschichte Bd. I

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