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2. Die Rechtslage der Orthodoxen Kirchen

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Die Sultane am Bosporus verwalteten als Staatsoberhäupter und Kalifen das Osmanische Reich nach den Rechtsnormen und Prinzipien des Islams. Demnach waren alle christlichen Untertanen, d.h. auch die orthodoxen Christen der byzantinischen Tradition, in den neueingegliederten Gebieten des Osmanischen Reichs den muslimischen Untertanen rechtlich nicht gleichgestellt. Christen waren im Osmanischen Reich geduldete Bewohner. Sie waren im Unterschied zu den Muslimen gegenüber dem Staat zusätzlichen Steuerpflichten unterworfen. Orthodoxe Christen hatten auf Grund ihrer Nichtzugehörigkeit zum Islam (Gayrimüslim) auch besondere Auflagen betreffs ihrer Kleidung, des Haus- und Sakralbaus und der öffentlichen Ausübung der Religion zu erdulden. Ebenfalls wurden sie von der Ausübung bestimmter Berufe ausgeschlossen.

Die osmanisch-islamischen Herrscher übernahmen bei der Gestaltung ihres Staates vieles von den (ost-)römischen Herrschern. Das betraf aber nicht die Rolle des Kaisers als Förderer der Kirche. In mancher Hinsicht allerdings bekamen die orthodoxen Patriarchen – und insbesondere der Ökumenische Patriarch – für ihre Kirchen eine exponiertere Stellung, als dies vor dem Fall der Stadt der Fall gewesen war. Diese neue Stellung brachte mehr Verpflichtungen sowie Abhängigkeiten vom Sultan mit sich. Eine der Hauptaufgaben des Patriarchen und seiner Metropoliten bestand darin, von den orthodoxen Kirchenmitgliedern (Reaya/Herde) als christliche Untertanen bzw. Schutzbefohlenen (Dimmi) die Gizya (Schutzsteuer) einzuziehen und abzuliefern.

Für die einzelnen Christen veränderte sich in der osmanischen Zeit durch die beschriebenen zusätzlichen finanziellen Steuerlasten ihre gesamte Lage grundlegend. Diese betraf auch das Bild der Gläubigen von ihrer Kirche. Da diese ständig unter dem Druck stand, die geforderte Steuer an die osmanischen Autoritäten abzuführen, erschien die Kirche den Gläubigen immer mehr als eine Art von Finanzbehörde. Häufig waren die geistlichen Amtsträger daher auf Almosenreisen in Richtung Russland oder rumänische Fürstentümer anzutreffen, um die Mittelknappheit zu mildern. Die Steuerschulden belasteten das Kirchenvolk und das Mönchtum. Zunehmend erlebten die Christen, dass sie, anders als im (ost-)römischen Kaiserreich, kaum noch Handlungs-, Entwicklungs- und Gestaltungsmöglichkeiten als Kirche besaßen.

Das Amt des Ökumenischen Patriarchen wurde im Osmanischen Reich nach einem Pachtverhältnis Mukataa vom osmanischen Staat verpachtet. Der Patriarch und die Metropoliten mussten vor ihrer Amtsübernahme dem Sultan eine Abgabe, Pike, abliefern. Damit wurden diese Ämter auf Dauer käuflich. Zusätzlich zu diesen Abgaben hatte der Patriarch selbst qua Amt jährlich eine weitere Abgabe zu zahlen. Diese Praxis hatte zur Folge, dass es im Laufe des 17. und 18. Jh. zu häufigen Amtswechseln und zu einer Diskontinuität in der Leitung der orthodoxen Kirche kam. Nicht nur der Ökumenische Patriarch, sondern auch die in Istanbul tagende Synode verlor zunehmend ihre Mitgestaltungsmöglichkeit im Staat. Repräsentative Elemente der Kirche gingen verloren. Die wirtschaftlich einflussreichen Kaufmannsfamilien der Phanarioten, der griechischen Oberschicht in der Stadt Konstantinopel, wurden für die Wahl und die Amtseinsetzung des Patriarchen in der Stadt am Bosporus maßgebend.

In den strukturellen Veränderungen des 1. Jh. nach der osmanischen Eroberung blieb zwar die Ausbildungsstätte des Patriarchats bestehen. Die Auswanderung von namhaften gelehrten Theologen in Richtung Westen, nach Venedig, Padua oder Rom, führte auf Dauer zur Schwächung der theologischen Ausbildung vor Ort.

Gegen diese Verfallserscheinungen wurden Gegenmaßnahmen eingeleitet. Im Jahre 1593 wurde in Konstantinopel/Istanbul die theologische Akademie des Patriarchats vom Ökumenischen Patriarchen Jeremias II. erneuert. Nun konnten in Venedig und Padua ausgebildete Gelehrte wieder in Konstantinopel/Istanbul lehren. Der Versuch, dieses Konzept auch an anderen Orten zu verwirklichen, gelang nicht durchgängig. An der theologischen Akademie in Athen konnten beispielsweise zwar die Theologen Nikodemos von Pherai und Theophilos Korydalleos lehren, doch wurde die Akademie im Jahr 1607 wegen angeblicher Spionage von den Osmanen geschlossen. Isolation und kulturelle Verarmung waren die langwierigen Folgen.

Im Laufe des 15. und 16. Jh. verloren mehrere orthodoxe Ethnien zudem ihre kirchliche Souveränität. Viele Patriarchate, die sich bis dahin unabhängig vom Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel selbst verwalteten und ihre Kirchenleitung jeweils selbst wählten, wurden nun, da ihre Nationen politisch dem Osmanischen Reich eingegliedert worden waren, auch der Jurisdiktion des Ökumenischen Patriarchats in Konstantinopel/Istanbul unterstellt. Für viele Völker brachte die erste Zeit unter osmanischer Herrschaft doppelte Verluste, den Verlust der politischen wie der kirchlichen Unabhängigkeit. Eine Folge war die wirtschaftlich-kulturelle Verelendung in Griechenland, Serbien, Bulgarien, Rumänien und Albanien, aber auch in den Bereichen der orthodoxen Patriarchate von Antiocheia und Alexandreia sowie in Jerusalem.

Die orthodoxen Kirchen der byzantinischen Tradition

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