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3. Das Ökumenische Patriarchat von Konstantinopel 3.1 Die innere Struktur des Ökumenischen Patriarchates

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Bis zur Eroberung Konstantinopels im Jahr 1453 residierte der Ökumenische Patriarch an der Kathedrale der Heiligen Weisheit, der Hagia Sophia. Diese größte Kirche der damaligen Christenheit wurde nach der Eroberung der Stadt umgehend in eine Moschee umgewandelt. Der Sitz des Patriarchen wanderte daher in den nächsten Jahrhunderten innerhalb der Stadt umher. In den Jahren 1453–1456 residerte der Erzbischof der untergegangenen Kaiserstadt in der Zwölfapostelkirche. Als diese Kirche zur Fatih Moschee (Eroberer-Moschee) umgewandelt wurde, zog das Patriarchat in den Jahren 1456–1586 in die Kirche der Gottesmutter des Pammakaristoskloster; doch auch diese Kirche wurde 1591 zur Fethiye Mosche umgewandelt. In den Jahren 1586–1597 fand der Ökumenische Patriarch vorübergehend eine Heimat in der Kirche des Blachernen-Palastes, von wo er in den Jahren 1597–1602 in das Kloster St. Demetrios einzog. Schließlich wurde das Ökumenische Patriarchat nach den Wanderjahren im Jahr 1602 in den Stadtteil Fener in die Hl. Georgios-Kirche verlagert, wo es sich bis heute befindet.

Diese nicht immer freiwilligen Umzüge zeigen die nach dem Untergang des (ost-)römischen Reiches herrschende Unbeständigkeit sehr deutlich. Dieselbe Diskontinuität lässt sich auch im Hinblick auf die Amtsinhaber beobachten. In den Jahren 1454 bis 1901 amtierten 116 Ökumenische Patriarchen im Osmanischen Reich. In den Jahren 1595 bis 1695 gab es allein 31 Amtsinhaber. Der Ökumenische Patriarch musste für die staatlichen Autoritäten vertrauenswürdig und staatstreu sein. Ausländern war beispielsweise die Übernahme des Patriarchats nicht gestattet. Nicht nur der Amtsinhaber musste im Osmanischen Reich geboren sein, auch sein Vater sollte Angehöriger des osmanischen Staates (gewesen) sein. Solange der Patriarch nicht in Konflikt mit dem Staat geriet und nicht gegen die kirchliche Ordnung und deren Riten verstieß, durfte er lebenslänglich im Amt bleiben. Der Patriarch wurde, nachdem er von der Synode gewählt worden war, vom Sultan nach Zahlung des Beratpihkes in seinem Amt bestätigt. Außerdem wurden bei Amtsantritt weitere Steuern fällig. Der Ökumenische Patriarch konnte vom Sultan auf Beschwerde der Gemeinden entlassen werden. Gründe waren z.B., wenn der Patriarch ohne Synodenbeschluss selbstständig Entscheidungen getroffen hatte. Aus Alters- oder Krankheitsgründen traten Patriarchen auch selber zurück. Weitere Gründe für eine Entlassung aus dem Amt waren Bestechlichkeit, z.B. bei der Einsetzung von Metropoliten, oder Versäumnisse bei Finanzpflichten. Ein Entlassungsgrund war der Vorwurf, dass von Seiten des Patriarchen Aufstände gegen den osmanischen Staat organisiert oder angestiftet wurden. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Staat sich das Recht vorbehielt, Patriarchen ein- und abzusetzen und sie anschließend auf den Hl. Berg Athos abzuschieben. Der Staat hatte damit eine einschneidende Möglichkeit, Einfluss auf viele Vorgänge des Patriarchats auszuüben.

Dem Ökumenischen Patriarchen wurde von Seiten des osmanischen Staates ein Yeniceri als Begleiter zur Verfügung gestellt. Weitere Personen, genannt Yasakci/Hizmetci, begleiteten die Metropoliten, die aus den Provinzen zur Abrechnung der Steuer nach Istanbul kamen. Sie hatten im Patriarchat ein eigenes Zimmer. Diese staatlich benannten Personen waren auch bei der Auslieferung von Geistlichen beteiligt, gegen die ein kirchliches Disziplinarverfahren lief. Durch die staatlichen Mitarbeiter (Yeniceri sowie Yasakci/Hizmetci) hatte der osmanische Staat ständige Aufseher sowohl über den Ökumenischen Patriarchen als auch über die ihm unterstehenden Metropoliten. So konnte der osmanische Staat in die inneren Angelegenheiten des Ökumenischen Patriarchats ebenso eingreifen wie in die der jeweiligen Metropoliten.

Diese Metropoliten unterlagen ebenfalls einer finanziellen Pflicht gegenüber dem Staat. Vor ihrem Amtsantritt mussten sie Pihke zahlen. Im Jurisdiktionsbereich des Ökumenischen Patriarchats gab es zwischen 88 und 117 Metropoliten. Bei den Besuchen ihrer Gemeinden wurden sie von den Yasakcis begleitet. Der Staat übte durch seine Mitarbeiter konkret Kontrolle über die Arbeit der Metropoliten in den Gemeinden aus. Nur dem Patriarchen in Istanbul war es prinzipiell gewährt, Metropoliten auszuwählen, um den Patriarchen zu unterstützen. Manche Amtsgeschäfte konnten nur in Zusammenarbeit des Patriarchen mit einem Metropoliten abgewickelt werden. Der Staat ließ aber nicht immer eine entsprechende Ernennung zu.

Religionswechsel war im Osmanischen Reich bis zur ersten Hälfte des 19. Jh. nur in eine Richtung möglich. Orthodoxe Christen durften zum Islam konvertieren, aber nicht umgekehrt. Erst die Tanzimat-Reformen ermöglichten einen Religionswechsel aus dem Islam in das Christentum, aber auch den Konfessionswechsel innerhalb derselben Religion. Die orthodoxen Kirchen hatten im Falle eines Konfessionswechsels eines ihrer eigenen Kirchenmitglieder keine Rechtsbefugnis. Die orthodoxen Priester mussten die Angelegenheit vor den islamischen Kadis abwickeln und nicht im Patriarchat, bzw. in den Metropolitansitzen. Die Heirat orthodoxer Frauen mit muslimischen Männern war erlaubt. Kinder aus diesen Ehen gehörten automatisch zum Islam. Orthodoxen Männern war es hingegen nicht erlaubt, islamische Frauen zu heiraten. In solchen Fällen war die Heirat der Männer mit islamischen Frauen mit der Konversion zur islamischen Religion verbunden. Amtliche Bekanntmachungen in Bezug auf die orthodoxen Christen wurden über den Patriarchen abgewickelt. Sie hatten als Mittler zu agieren und waren für die Durchsetzung zuständig. Die Patriarchen handelten eindeutig als staatliche Beamte des osmanischen Staates. Ab 1741 bis 1860 musste die Wahl des Patriarchen von den Ältesten der fünf Diözesen Herakleia, Kyzikos, Nikomedeia, Nikaia und Chalkedon freigegeben werden. Erst dann konnten die genehmigten Kandidaten von der Synode gewählt werden. Später partizipierten auch die Diözesen Derkos, Kaisareia und Antiocheia an dieser Regelung.

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