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1. Kloster- und Stiftsreform
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Ordnung des Bischofs Reinhard von Speyer für ein Kanonikerstift, 1454 August 6
Vorschriften für den Gottesdienst und die Lebensführung in einem Kanonikerstift.
Druck: Remling, Urkundenbuch, Bd. 2, Nr. 147, S. 276 – 280, hier S. 276 – 279.
Reinhart von Gotts gnaden Bf. zu Spire, zu zukunftiger gedechtenis. Wann uns geburt bischoflicher versorgnis halb, das wurdige closter und stifte unser lieben frauen zu Herde canonicorum regularium [der Regularkanoniker] unsers bisthumes zu versorgen, dwile uns nu vorkompt tegelichen, das derselbe stifte in geistlichem leben und zytlicher narunge vil beswernis und abegangs lydt und nymt, und sint in sorgen, das er in zukunftigen zyten in gross und me beswernis komen mochte, den wir als ein ordinarius begegen und uffhalten wollen nach unsere vermogunge mit der hilfe Gotts, auch mit rat und bewilligunge des wurdigen heren, H. Heinrichs von Mulhofen, probst und ersamen prior und capittel des obgenanten closters, Gott zu lobe, unsern lieben frauen zu eren, zu meren gottesdienste und auch heile der selen der obgemelten heren, auch versehonge der zytlichen naronge desselben stifts, dise hienach geschribenen artikeln mit rate gelerter lute zu einer besseronge orden wir und setzen:
Zum ersten orden und setzen, das eyme probst, dem da sint die selen und auch gewissen der heren und underthanen bevohlen, durch des fliss und ernste vil gutes geschicht und auch tragheit und verlassenkeit vil wirt versumet, das der sich fliss, wann es aber geschefdes halben gesin mag, in dem chore, mit namen in der metten, messen und in der vesper sy, auch in dem refendaile [Speisesaal] zu dysche und zu capittel, uff das die heren desto flissiger und ernster sin, daryen zu bleiben, halten und tun, was gottliche, geburlich und zymlich ist. Vorschriften zur Verrichtung der Stundengebete und bestimmter Mariengebete.
Item das zu dem mynsten uff einem gelegen tage in der wochen werde gesungen eine vigilie und eine selenmesse vor unser stifter, frunde und, die uns je gutz hant getan, und darzu uff die gebotten abent der heiligen kirchen, datz ist uff den cristabent, unsere lieben frauen unde zwolf botten abent, sullent vigilie und selemesse gesungen werden. Item, das solicher gottesdienste deste bequemlicher moge vollenbracht werden, so soll man bestellen und halten vier choreschuler, die in dem chore metten, messen und andere horas [Stundengebete] und darzu vigilie helfent singen und lesen. Item, sal ein senger uff einen iglichen Samstage die thafel schriben, als es auch vor zyten ist gehalten worden, daz die heren wissen und ein iglicher wisse, waz ime uff iglichen tage in der wochen gebure zu singen und lesen.
Item, sal der heren keiner, er sy jung oder alte, in kurtzen cleidern oder one chorerocke in den chore, kirche oder crutzegang geen tempore divinorum [während der Gottesdienste]. Item, sal der heren keiner noch andere, die in den chore gehorent, wider- und vorlauffen oder gespreche halten, so man singen und lesen sol. Item, sollent die herren in dem advente und a dominica septuagesimae [vom Sonntag Septuagesima1] bis Ohstern cappen tragen, zu iglicher zyt in primis vesperis [in den ersten Nachmittagsgottesdiensten] anzufahen uber jare ire chorhudte, als es von ordens wegen sin soll und auch hinvormals hie gehalten worden ist.
Item, soll man eltertucher [Altartücher], kelchducher, luchter, kenneln und anders und mit namen corporalia [weiße Leinentüchlein], alben [weiße Chorhemden], humerale [leinenes Schultertuch] wisse [weiß] und reineclich halten und, waz zu den elteren [Altären] gehoret, dem heyligen wurdigen sacramente zu ehren, auch das heilthum wurdenlichen halten mit in- und ussheben.
Item, uff daz die heren deste flissiger sint ad horas canonicas [zu Stundengebeten], so sol man das selegerede zu presencie2 deilen und geben, nemelichen allen tag eine iglichen heren ein halb symern241 korns, daz sol verdienet werden zu metten, messe und vesper. Und welicher one redeliche ursache der eynes versumpt oder nit zu rechter zyt kompt, das ist zu der metten zum venite, in der messe zu dem kirieleyson, in der vesper zu dem ersten psalmen, und blibet bis zu ende uss ungeverlich, der hat solich halb symern korns den tag versumpt. Und obe einer die presencie vernichten wolte und nit zu chore geen, den solle ein prior zu closter legen oder anders straffen nach gepurlicheit. Item es soll auch keyner uss dem closter geen one redlich ursache und urlaub des priors, den er behalten soll. Item uff daz sich iglicher wisse zu richten, zu chore zu geen, so soll ein closter mit dem glockener bestellen, daz man ordenlich lude, mit name die erste metten in dem sommer, so es dry slecht, und die andern zeichen darnach, also daz man zusammenludte, so es vier slechte, und uff stundt, so man uff hat gehoret zu ludten, sol der wochener die metten anheben. Darnach wann es sieben slechte prime ludten, eine gute zeichen, als bisher gewonheit ist gewest. Und darnach die ander prime und darauf die prime singen und andere horas und messe, also daz man zu nunen [neun] gesongen habe und nit ee in dem sommer uff die wergtage, aber uff den Sonnentag und ander vyrtragen zuschen nunen und zehen, aber uff die Frytage und fastage zu eylfen durch das jare. Item, in dem wynther sol man die ersten metten ludten, so es vier slecht, und darnach die andern zeichen und zu funfen und ein wenig darnach zu hauf und die erste prime zuschen sieben und achten, also daz man gesungen habe zuschen nunen und zehen uff die wergtage und zu zehen uff die vyrtage.
Item, nullus habeat seu nutriat concubinam aut mulierem suspectam, nec etiam transeat ad loca, ubi talia possunt suspicari. [Niemand soll eine Konkubine oder eine andere verdächtige Frau bei sich haben und ernähren, auch soll sich niemand an Orte begeben, wo solche Frauen zu vermuten sind.] Der heren keiner sol geen in tabernen, wirthshuser oder dentzen. Item, sollten die heren gemeynlichen byeinander essen in refectorio [Speisesaal], dan sol man auch zymlichen nach notturft der zyt und tage versehen mit essen und trinken. Man sol auch morgens und nachts tegelich zu dische lesen. Item, in dem chore, kyrchen, crutzgange, refectorio, dormentorio [Schlafsaal] sol man silentium [Stille] halten. Man sol auch den dormentorium zuscliessen, daz fremde ludte oder hunde nit daruff mogen, die herren an irem slaff zu hindern. Es soll auch keiner one urlaub und redelich ursache uss dem refendaile bliben und, wenn man zu dische geludtet, so sol ein iglicher in den refendail zu dische komen. Item, uff dass das silentium deste redelicher gehalten werde in refectorio, so sol keyne leye in den refendaile zu essen gefurt werden ungeverlich. Item, die notturft heischet, so ist es auch geburlich, dass ein siechuss sy bestalt mit gesinde, betthe und hussrait, ob der herren einer krangheit oder etwan siechtanges tages, breste darin gepfleget werde nach notturft. Item, es sol auch zum mynsten in der wochen ein capittel gehalten werden zuchtlichen und keiner den andern ubergeben, by einer pene, die eynem der probst oder prior uffsetzen mag, nachdem der excesse gross oder cleine sy, da sol man tracteren notturft des closters geistlich und zytlich. Und wer es auch, daz eincherlei zweytracht zuschen probst und capittel oder etlichen uss dem capittel einem oder me enstunde oder etliche in dem capittel die andern, die soliche zweytrachte nit beruret oder anginge, vereynen, versunen oder nit hiengelegen mochten, so sullent sie, die soliche zweytrachte angeet oder beruren ist, kommen zu usstrage hinder uns und unsere geistlichen rete, zu geben und zu nemen nach unserem erkentenisse. Item, sich sollent probst und heren flissen, von tage zu tage bessere zu halten tria vota substantialia [die drei Hauptgelübde] ungeverlichen.
Item, man sol gedenken zu welen und setzen einen prior, wann der chore eins priors nit entberen mag, und auch einen schaffener, der des closters gulte, zinse und rente inzunemen und usszugeben und jares eine rechenonge zu thune nach ordenlicher gewohnheit vor einem probst und vor dem capittel. Item der probst und capittel sollen ordenen, das alle briefe, fryheit der probstei und auch convents ingesiegel, des capittels zinsbucher, register und cleinheidt, obe sie nit byeinander sint, zueinander kommen in eine kyste oder laide, die sol beschlossen werden und darzu sullent sy drey slussel, der sol ein probst einen han, der prior den andern und einer uss dem capittel, den daz capittel darzu benennet, den dritten und daz sol gescheen by einem moende. […]
Nr. 2
Reformerlass Bischof Dietrichs von Meißen zur Verbesserung der Disziplin in den Nonnenklöstern, 1464
Vorschriften zur genauen Einhaltung der Ordensregeln, besonders der Klausur.
Druck: Gersdorf, Urkundenbuch, Nr. 1075, S. 159 – 161.
Noch Cristi unsers herrn gebort tusent virhundert und in dem vier und sechczigisten jare haben wir Ditterich von Gotis gnadin Bf. zcu Missin angefangen eyne gemeyne observancien in allen unßern juncfrauenclostern zcu thuen und dy nach lauthe nach deßer nachgeschreben artickel gesaczt, gebiten bey vormeydung unßer ungonst und bey dem ban und noch gehorsam festiclichin zcu haldin. Item, das dy personen des closters sollin silencium haldin im kore, crutzegange, rebenter [Speisesaal] und auf dem slaffhauße bey der vormeydunge der obengeschribin pen. Von unßer macht gebe wir sunderliche gunst, das dy genantin personen ore [ihre] beredunge habin czwu stundin in dem rebentir noch dem frueßin und eyne stunde noch dem abenteßin und furder nicht bey der gnantin pen. Item das sy abelegin sollin allin wertlichin smock an korellyn, paternostern, vurspan [Spange], slayren, fingerlin und allen andern wertlichin smog, der wider dy regel ist, bey vormeydunge der gnanten pen. Item das sy furt meher nicht außfarin sollin yn wertlichin weßen adir mit wertlichin cleydern, sundern wenne eß sichß yrgibit, das sy außfarin mußin durch notiger anlegender sache willin, das sullin sy nicht thuen anderß denne mit sunderlichin unßern erlaupeniß addir weme wir das entpfelin werden. Und wu sy anders tethin, so syn sy gefallin yn dy pen des bannes, und sy sullin alzo danne yren habet yn heyne [keinen] weg abelegin.
Item das sy vorczeichin sullen alle ire czinße, dy sy habin yngenomen, sunderlich so sal ouch dy eptischin vorczeichen alle czinße, dy sy nymet zcu der sampnunge, bey der gnantin pen, und dy unß obirantwortin, so das wir unß wißin dornoch zcu richtin und der probist desselbigin gleich.
Item das dy eptischin halde clausura bey gehorsam, und wan sich geboret mit juncfraun zcu redin vor dem fenster addir scheybin, danne sal dy eptischin eyne custodia seczen, dy denne den tag syn sal bey den, dy do redin am fenster, und dy redde sal corcz und redelich seyn bey vormeydunge der pen. Item dy eptischin halde clausura des nachtes in dormitorio und das sy gemeyniclich bey rechtir czeit slaffin gehin; hette aber eyne redeliche sache zcu siczen, das sal sy thun mit laube der eptischin und darbey sal sy bestellin. Auch sal dy fraue alle abende visitiren yrer juncfrauin czellin bey oren hochsten gehorsam und sehin, ab sy alle gleich darynne sint. Item, sy sullin keyne hunt wedir cleyne noch groß yn yrer vorsampnunge habin, sunder sich fleißin mit dem psaltern zcu habin und sich domitte bekommern. An sunderlichin orlap [Erlaubnis] der eptischin sal keyne auß dem besloßin closter gehin und des probists. Item si sullin dy pfortin addir [oder] dy thorn, dodurch dy geste addir dy frunt auß- und yngelaßin seyn, hynfur mitnichte öffin in keynerley weyse, dane durch notiger sache wille und also dane sal dy nicht geoffent werdin denne mit erlaupeniß der eptischin und des probistes. Item, furtmer sal keyne persone kauffin noch vorkauffin noch gelt außlyhin noch gelt aufnemen. Wu das gescheen were, was sy des ynnehettin, das sullin sy der eptischin obergebin unde ane öher sunderliche erlaupenis keyn eygin gut ynnehabin bey der gnantin pen. Sich sal auch dy eptischin mit der orlaupenis vor ernsticlichin haldin und ane redeliche orsache nicht derlaubin [erlauben]. Item, das vurtmer der juncfrauin kor gesloßin seyn sal, und wacz sich geburt an ornamenten, kelchin adir weyn, brat, das man habin sal zcu der meße, das man das zcu fenster auß reichin, so das man nicht darf auf- und zcuslißin, sundern alleyn zcu der meße, wenne man das silencium thut und wenne sich geburt, altaria zcu orniren adder ander sachin yn der kirchin zcu thuen, das ampt anlanget, sal man aufslißin und sust nicht bey der gnantin pen. Item, dy juncfrauin sullen eynen vorstendigin bichtvatir habin, der sal unß addir, wem wir das empfelin, gehorsam haldin, was wider sulche unßer gebot were treulich zcu sagin dem probist, der sulche gebot auch hanthabin sal biß an unß. Item, eß sal vurder nicht keyne juncfraue auß dem kore gehin under der meße und geczeitin ane redeliche sache und mit laube der eptischin addir der priorin. Item, dy eptischin sal nicht laßin yn das closter gehin wertlich foulck, eß sey weyp addir man, sy habin denn redeliche sache und mit laube und wyßin eynes probist; was anderß were, sal man sy eraußgehin heyßin bey der gnantin pen. Item dy eptischin sal nicht außfarin ane unßer laube. Sy sal ouch nicht erlaubin noch thuen wider dyße unßer gebot, sunder bey orem hochstin gehorsam getraulichin fleiß habin, das sulche artickel, von uns gebotin, gehaldin werdin, und ouch alle 14 tage darobir capittel haldin und straffin dy, dy wyder unßer statutin gebot thun. Und wir behaldin unß yn dyßer ordynacien zcu beßern und zcu merin und zcu andern, wy wyr erkennen, das eß not seyn wirt. Es sal ouch der juncfrauin keyne keynen briff, czedelin addir botin außschickin nach ouch keynen briff, czedelin aufnemmen addir botin zcu oer laßin ane sunderliche orlaupeniß der eptischin, dy sich dorynne alzo haldin sal, das sy an den jungesten gerichte des gute rechenschaft gethuen und bestehin moge. Geschrebin und gegebin alzo obyn ist vormelt.4
Nr. 3
Johannes Meyer: Plädoyer für die Ordensreform, [1470]
Zurückweisung der Entschuldigungen für die Verweigerung der Reform.
Druck: Meyer, Buch der Reformacio S. 37 – 40.
[…]
An [eine] vermanende red, daz alle bruder und swöstren sich willicklich sölent lasen zu der gaistlichait ihres ordens reformieren.
Wyr merckent, daz yetsund von der gnad Gotes vil clöster zu gaistlichem leben werdent reformiert nit allain unsers ordens, sunder och in andren örder, also besunder die lieben vättern, die da genamt sind canonici regulares, die gaistlichen corheren, und die minderbruder, die barfusser [Franziskaner]. Doch so sechent mir wol, so man an closter ist reformieren, daz denn etwan der personen wenig blibent, die vor in dem closter gewesen sind, e es reformiert waz, sunder sy gebent sich in andre unreformierte clöster, da man die observantz nit halt. Och daby sechent wir, daz gar wenig personen kument uss den unreformierten clöstern in die reformierten clöster, daz sy da yren orden bass und volkumenklicher werent halten, und sy sechent, daz junge und alte menschen sich willicklichen ergebent in die clöster der observantz, und blibent sy da uss, wie sy doch schuldiger werent, söliches ze tun, daz sy in reformierte clöster kement oder mit flissigem ernst und beschaidenhait darzu dettent, daz yr clöster reformiert wurdent; sy entschuldigent sich aber in manigvaltiger wiss mit sünden, daz zu fürchent ist, und sprechent: „Ich hab der gnaden nit, daz man mich und min closter ye wil reformieren, so mugent uns die nit gnad geben, hettent wir gnad, die doch kain mensch, denn allain Gott geben mag, so wöltent wir uns gar gern lassen reformieren, darum sol es nit sin, daz man uns reformier.“ Hyer zu antwurt sanctus Anshelmus: „Der sündig mensch, der nit gnad hat von Got, ist nit darum, daz die gnad Got der her nit wil geben. Es ist darum, daz der sündig mensch die gnad nit entpfachen ist“; und darum so sprechent alle maister: „Wenn der mensch mit fliss dut daz sin, so gibet Got un zwifel sin gnad“, als Got sprichet durch den propheten Zacharias: „Convertimini ad me, kerent üch zu mir, so ker ich mich zu üch.“ So sind etlich die sprechent: „Söltent wir unsren orden halten, so werent wir zu blöd, won die natur ist nit so starck als for alter ziten.“ Daz ist ain unvernüftige red, won es ist so beschaidenlich von der cristenhait und von den halgen [heiligen] vättern, die die örden hand gestift, alle ding hand ufgesetzt und geschriben, daz es mer ordenlicher und trostlicher in vil dingen zugat, wenn man die orden haltent, denn in etlichen clöstern, da die observantz nit gehalten wird. Nyemant ist so blöd, er mag wol leben in rechter gehorsami, in lutrem rainem leben und in williger armut un alle aygenschaft. Der gesund mag sich nit enschuldigen, sitemmal du wol macht grosse, strenge arbait lyden durch zitlicher eren willen, durch yerdisches gutes willen, durch liblicher gesunthait willen, ja daz noch mer ist durch weltlicher, zergancklicher, unordenlicher liebe willen; sag an, warum woltes du söliches durch Gotes er, durch diner armen selen hayl und durch der ewigen fröd willen lyden? Es sprichet St. Paulus: „Ich vermag alle ding in dem, der mich stercken ist.“ Darum sprichet och der prophet Ysayas: „Die an gutes getruwen hand in Got den heren, die gewunent stercke und sölich flügen un vedren als die adler und fliegent so, daz sy niemer mer müd werdent.“ Es sprichet och ain lerer predigerordens, Ulricus von Strasburg genamt5, in dem grossen buch siner summ: „Es ist nit war, als vil lüt sprechent, daz menschliche natur ye lenger ye krencker werd, wie doch daz vor alten, langen ziten etliche menschen gar vil jar gelebt hand von der göttlichen kraft, darum daz menschlich künn dardurch gemeret wurd, und och der dingen erfarenhait gewunent, aber so dis nit mer not waz, so ist nun unser leben by LXX jaren, als der prophet sprichet:,Die tag unser jaren in yn selbs sind LXX jar, sind es aber in den starcken, kreftigen oder gewaltigen joch LXXX jar, so ist es doch in denselben fürbas nit anders denn arbait und smertzen.‘“
Wie etlichs ordens personen, so man in sait von der observantz irs ordens, so kunent sy wort der entschuldigung sagen, die doch nit grundes hand.
Dye menschen, die in den clöstern sind und gaistlichen schin anlegent aines bewerten orden und doch nach der regel und statuten yr leben wenig richtent und gar wenig die regel yres ordens haltent, die sind gar manigvaltige wort reden, yr entschuldigung zu halten, yren orden und yres ordens regel und bewerte geschribne gewunhait, die yren orden vorgeschriben und ufgesetzt sind, nach dem sy Got und yrem orden gelobt und gesworn hand zu leben und sprechent under andren worten also: „Wiewol daz ist, daz wir nit lebent nach dem, als uns vorgeschriben ist, noch unsers ordens regel nit haltent, also die manung unser halgen vätter gewesen ist, die unser regel geschriben hand, und wir es gelobt hand in unser profess der gehorsami, daz ist darum, daz wir söliches leben, als wir fürent, von unsern vordren, die vor uns gewesen sind, also funden hand, und ist an gewonhait lange zit gewesen dis leben, daz wir funden hand in disem closter, darum mainent wir, wie wir es funden habent und yetz und vil jar gewonlich ist gewesen, daz wir nit schuldig sind anders zu lebent.“ Es sind die lerer verantwurten und sprechent, daz kain gewunhait mag an gesetzt machen, daz man übergat die gebott Gotes und die verhaisen gelübt der gebotten und dieselben nit halten, als sy versprochen und gelobt hand, und mag och söliche gewonhait von sünden nit entschuldiget werden, sunder die schuld wirt dardurch gemeret, und ist nit gehaisen an gewonhait, sunder an verruckung oder zerstörung. Darum sprechet an pabst in den gaistlichen rechten: „An böse gewunhait sol man nit minder fliechen und myden denn an übli zerstörung.“ Es sprichet och Ostiensis6 und Iohannes Andree7 also, daz kan gewonhait vervachet nach redlich sin mag, die da ist wider an gute gelübt, also mag och kan gewonhait recht beston, die da ist wider daz wesen und die gebott des gaistlichen lebens. Hieby mugent wir in unser aygen gewüssnen und vernuft selbs och wol verston, daz söliche gewunhait, die wider des ordens geschribne recht sind, desselben ordens personen nit entschuldigen mugent. Etlich sölich ordenlüt, die nit in den reformierten clöster sind und sich och nit gern lassen zu der gaistlichait der halgen observantz ziechen und reformieren, die sprechent: „Und hand doch unser vordren och also gelebt, als wir yetzund lebent, die so wiss und gelert sind gewesen, als man kum yetzung so wol gelert, wiss lüt finden möcht; waz söltent denn wir anders tun, und ist sach, daz man uns yt anders anmuten und angewünen will, so dutt man unrecht, daz man unsren fryd betrüben ist, won kumer und lyden infallet, so man reformieren ist.“ Etlich sprechen: „Es sind sunderlich seltzam wisen und frömd sachen daz reformieren und nuw ufsetz.“ Etlich sprechen: „Die reformacio sy wol vast gut, aber daz der orden nit getailt oder geschendt werd, so sölt man baiten [warten], bys daz die gantz cristenhait mitanandren wurd reformiert.“ Und anders desglichen redent sy, damit sy mainent der gaistlichait zu entrünen, daz doch yr grosser schaid sin mag. Doch söliche red der entschuldigung ist gar wol uss der geschrift und uss den halgen lerer antwurte der andechtig maister Iohannes Nyder8 in dem buch, daz er schribet und och genamt ist von der reformacio des states gaistliches lebens, daselbs wiss ich hin ainen yetlichen flissigen leser, da er ander vil söliche materi beschribet. Aber doch zu besliessen und zu enden dis buch der reformacio, so merck in disem lesten capitel, die getrüwen ler unsers wirdigen halgen vatters St. Thoma von Aquin9, des hochen lerers unsers ordens […].
Nr. 4
Johannes Meyer: Ermahnung für die Dominikanerinnen, [1470]
Verhaltensregeln für das Klosterleben.
Druck: Meyer, Buch der Reformacio, S. 52 – 53.
Nun min allerliebsten swöstren und kind, sytemmal uns Got zusamen gesamlet hat von mangerhand landen, volken und sprachen, so söllent wir flissenklich für uns sechen, daz wir so in Got lebtent, daz wir uns gaistlich leben und gut lümden dem heren Jesus zu lob wol behalten mugent. Daz geschicht besunder, ob wir uns wyslich fürsechent in disen nachgeschribnen stucken und articklen.
Das erst, daz die obren, die da hyrten soltent gehassen sin, nit zuovil sumig, treg und laess syent, won so man hyn lat gon die minsten ding, so geschicht es och darnach in den maisten stucken, wenn un zwiffel also der her Christus sprichet in dem hailgen evangelio: „So die menschen schlaffent, so seget der vient vatter.“
Das ander, so söllent die, die da zu straffent hand, sich hüten, daz sy nit mit unzüchtiger und grymer ungestümikait, in hertikait yemer straffen syent, sunder gewonlich alwegen den gaist der gütikait lassen mitloffen.
Daz dryt, daz wir nit underanandren syent unminsam, kriegig und gezwayet; won dis wer daz allerböst zaichen, also der her Christus sprichet, daz ain yetlich rich, daz in im selber gezwayet und getaylet ist, daz vergat.
Daz vierd, daz man acht hab, daz der götlich dienst flissklich volbracht werd, nit gemynret noch verkürtzet.
Das V., daz man sich hüt von müssig gon, also och die constitutio sagt von der arbait der swöstren, won müssig gon sachet vil böses; durch müssig gon stat uf vil hinderred, underwilen gross swer partyen. Etwen kumt darvon unwill der regel und des ordens, verdrutz des lebens und vil seltzen wunderlich fünd und ufsetz.
Daz VI., daz wir besunder mer flys, ernst, andacht und ingezogenhait bewisen syent etlich tag vor und nach, so wir daz hailig sacrament entpfahent söllent.
Daz VII., [daz] ungaistlich unzucht mit geberden vermitten werd. Waz manestu, daz es anders bedüt, denn ain lasses, erkaltes gemüt: die wyt stehenden ogen, die vil hörenden oren, die vil redenden zungen, die erzaigung der zenen in lutbrechtigem lachen, und da getragen wird ein hoche, uffgestrackte halsader und mit umbfarender hand geret wirt?
Daz VIII., darvor man sich mit flys och hüten sol, daz die olten den jungen nit an bös, sunder an gutes, gnadenriches ebenbild vortragen söllent mit worten und wercken, und daz die jungen den alten ersamkait zymlich erbieten söllent.
Geb Gott der her, daz wir hye also byainandren in sinem halgen namen gesamnet sient in sinem götlichen dienst, also selicklich und wol lebent, daz wir nach disen ellend von im niemer geschaiden werdent, sunder daz wir ervolgent daz ewig leben. Daz verlich uns Got der vatter, sun und hailger gaist. Amen.
Nr. 5
Beschwerden des Rates von Heilbronn über Missstände im Karmeliterkloster, [1482 / 1483]
Disziplinlosigkeit und Verstöße gegen die Ordensregel im Karmeliterkloster.
Druck: Knupfer/Rauch, Urkundenbuch Bd. 2, Nr. 1352, S. 282 – 285.
Nota unordnung ist im closter mit der bruder in- und ußgon, jetz in die stat, dann in die dorfer eigenwillig loffen wider des priors willen in verachtung irer regel und observanz. Will uns beduncken unfuglich sin, das ein munch kellerampt versech, dan dadurch muß er und nympt im zu zyten auch des selbs ursach ußer dem kor, so man die zyt singen solt, ze gon. Item wir und die unsern, so herußwandeln ins closter und in die kirchen, verstehen und mercken, das zu zyten etliches, so man singen solt, kum [kaum] oder gar nicht gelesen wirt. Syen auch zu zyten kum dry im kor. Ob das zugang mit priors willen und wissen, ist uns verborgen. Beschech es aber durch den prior on not, wer uns nit lieb. Item der portner lat in und uß, wann und wen er will, on der pfleger wissen; ob des priors will alweg daby sy oder nit, ist den pflegern und uns onwissen. Deßhalb ist nit die meynung noch fuglich, das ein bruder portner sy, sunder ein frumen layen zu bestellen, der auch zu zyten im closter holz hou und ander ding schaff im garten, auch sunst, was not ist. Item, wir verstend auch durch uns selbs, auch durch unser pfleger und ander der unser, die zu und umb das closter wandeln, wie die bruder den prior narlich und verachtlich und ungehorsamlich halten wider ir observanz und regel. Item, sie essen und trincken zu zyten, so sie nach inhalt der observanz fasten sollten, on urlob, darfur wirs haben, und on nott. Item, wir versten von den unsern, das sie nit anders konden vermercken, dann das sie in langer zyt syd Liechtmeß kein capittel gehalten haben. Item, uber den win und porcio, so man gipt, daran sich ein yeder wol benugen und damit behelfen solt, verstend wir von den pflegern, das mercklich win unordenlich uffgett und verzert wirt; dan die bruder loffen und ziehen einander in keller und furn keller, trincken und tragen uf nach irem willen. Item, durch pfleger werden wir bericht, das der custor un [ohne] bevelh und on ir wissen innympt meßgelt und anders. Ob er des vom prior bevelh hab hindern pflegern, ist uns verborgen. Wir wollens aber nit glouben noch des zu prior uns versehen. Item, sechs gulden sind von H. Wendel von Nyperg gefallen, hat der custor ingenomen; wiem er die geben hab, sind die pfleger onwissent. Item der vorig prior Benzenreuter hat by 260 gulden ingenomen und gehapt on der pfleger wissen; waran ers gelegt hat, ist in nit kunt, dann allein 30 gulden, haben sie zu geben an die libery. Item, ein frou von Sulm hat sich zu unser lieben frouen verheissen, mit waß [Wachs] zu widerwegen; hat der alt prior und custor hindern pflegern mit der frouen umb ein summ geltz geteidingt, darfur ze geben; davon sind dem alten prior gefallen acht gulden, die hat derselb prior dem jetzigen prior geben und bevolhen, wan das gelt ganz gefall, sol er den pflegern davon sagen. Und als der alt prior hinwegkommen ist, hat der jetzig prior10 zu Barschaften gesagt, er wolt das gelt den pflegern geben, so der alt brior im befolhen het; hat Barschaft gesagt, er glopte nit, das Benzenryter im des bevolhen het. Item, mit den und andern dingen ist er irrig der observanz und uns widerwertig und macht ander auch dermaß, deßhalben er nit nutz ist im closter. Item, in vigilia assumptionis [am Tag vor Christi Himmelfahrt] hat der prior by gehorsam bruder Symon gebotten, im closter zu bliben, huß helfen halten und meß zu lesen; hat er veracht, ist daruber uß dem closter geloffen gen Erlabach, hat gesagt, er wolt da predigen, des er doch wol hie in sinem closter stat gehept hett. Dergleich hat er eigenwillig wollen uf Crucis11 loffen gen Flin; muß der prior verbieten, das man in zur port hinußließ; wolt er hinuß, so mußt er als ein ungehorsam munch uber die mur ußfallen. Item, wiewol wir vil costen uff bruder Symon im studium gelegt und guttat bewyßt haben und er sich doch mer dan in ein weg mit spyl und anderm anders gehalten, dan siner regel zustat, des er dannoch nit engolten, sunder im closter gutlich zugelassen und zum supprioramt komen ist, das man sich versehen het, er wer der guttat danckbar geweßt, was aber eigen willen in bewegt hat, er sich on des priors erlob und on der pfleger wissen hinweggeton und abgetretten, in was fursatz ist uns verborgen, doch nit unbillich besorgende, durch dehein [keinen] guten geist darzu bewegt. Item, als derselb bruder Symon jetz widerkomen und der prior in zu strauf hat wollen nemen, die bruder angeruffen im darzu helfen, sind sie all ungehorsam erschynen, den prior und ir schuldig und pflichtig gehorsam veracht. Mit den und vil andern stucken, der zu viel und lang wer zu erzelen, die regel und observanz und das loblich furnemen und ordnung der wirdigen vetter des ordens, anfenglich alhie zu cappitel versamelt gewest, auch unser, zu lob Got dem almechtigen, der hochgelopten junckfrouen und mutter Gots Mariä versigelt, verbrieft und bestetigt, ganz veracht, zerrüt und zerbrochen und ubertretten ist; das wir billich uns zu herzen nemen und, sovil an uns ist, des willens und gemuts sind, ganz nit mer also zuzesehen noch zu gestatten. Darumb so ruffen wir uch an mit flehiger bitt, daran zu sin, ze schaffen und zu verfugen, das die ding und derglich abgestelt und die observanz und ordnung, von den wirdigen vettern euers ordens anfenglich furgenomen, uns zugesagt, verschriben und versigelt, gehalten und wir der personen, so ir versten ursacher und mißbrucher und ungehorsam in dem closter, entladen werden, angesehen das lob Gotes und die billickeit. Das wollen wir umb den ganzen orden und sie insunder gar mit guten willen, wa wir konden, verdienen. Item wa in aber, die observanz und ordnung ze haben, nit gemeint wer, so mogen sie sich anderswo versehen; wollen wir wol munch uberkomen, die sollichs halten, dem nachkomen und kein mangel oder abbruch lassen. Item gedenck der studenten, mit den sin wir mercklich beswert.12
Nr. 6
Visitationsrezess für das Prämonstratenserkloster Hamborn, 1485 April 10
Zur Einleitung der notwendigen Reform Anordnungen zur regeltreuen klösterlichen Lebensführung.
Druck: Horstkötter, Dokumente, Nr. 35, S. 82 – 86, die Übersetzung aus dem Lateinischen hier S. 85 – 86.
Im Namen des Herrn. Amen. Im Jahre 1485, am zehnten Tag des April, haben die in Gott ehrwürdigen Väter und Herren Äbte der Klöster Steinfeld und Knechtsteden, Visitatoren des Ordens von Prémontré, das Kloster zu Hamborn, das zu demselben vorgenannten Orden gehört, visitiert und dort ein ungöttliches, ungebührliches und ruchloses Leben festgestellt, das keine Ähnlichkeit mehr mit dem Orden und den Ordensgesetzen hat. Und sie haben im Beisein und mit dem Rat der ehrbaren, weisen und frommen Räte und Freunde des hochgeborenen, durchlauchtigen, gnädigsten Fürsten, des Herzogs zu Kleve, Grafen von der Mark usw., – nämlich mit Herrn Dietrich von Ryswick, Doktor, Propst zu Wissel13 usw., mit Johann von der Horst, Drost des Landes Dinslaken, mit Joest von Lassal, Drost zu Kranenburg, mit Heinrich von Diepenbrock, Drost zu Ruhrort – die folgenden Punkte festgesetzt und angeordnet, damit sie vom ehrwürdigen Herrn Abt, Prior und Konvent des vorgenannten Klosters Hamborn gehalten werden, die sie auch bereitwillig und einträchtig angenommen und die gelobt haben, sie von Stund an zu halten und sofort mit der Reform zu beginnen. Zum ersten: Sie sollen friedlich und einträchtig ohne Gezänk miteinander leben und ihren Oberen, [nämlich] dem Herrn Abt und dem Prior, in allen göttlichen und geziemenden Dingen gehorchen und ihnen nächst Gott Ehre bezeigen, wie es sich gebührt und wie es die Regel des heiligen Augustinus beinhaltet und gebietet. Ferner sollen die Konventsherren insgesamt, wobei niemand ausgenommen ist, ihren Ordenshabit tragen, und zwar von oben am Kopf bis zu den Füßen, ebenso ihre Oberen. Und sie sollen ihre Haare kürzen und die Tonsur größer schneiden, entsprechend der Ordensart. Ferner soll niemand Dolchmesser oder andere wehrhafte Geräte tragen, Schuhe und Sohlen mit Zierat anziehen noch anderes unordentliches Machwerk tragen, kurze Röcke und Kappen, kleine Hüte und Kukullen, des weiteren Brusttücher, andere Farben und dergleichen, die allesamt gegen Gott und das Gesetz des Ordens [gerichtet] sind. Ferner sollen sämtliche Konventsherren, niemand als die Kranken ausgenommen, in den Chor und zum Gottesdienst gehen, Tag und Nacht, und das Chorgebet ordentlich und demütig nach Ordensgesetz mit den gebührenden Pausen singen und stets um ein Uhr nach Mitternacht die Matutin und des Morgens um sieben Uhr die Prim und des Abends um sieben Uhr die Komplet halten und sofort nach der Komplet gemeinsam ins Dormitorium [zu den Schlafräumen] gehen und alle Türen des Klosters sofort abschließen und bis morgens um sechs Uhr geschlossen halten, und niemand soll dazu die Schlüssel haben außer dem Abt und dem Prior. Und [sie sollen] keine Gesellschaft mit Essen und Trinken nach der Komplet veranstalten noch Frauen oder weltliche Personen mit ins Dormitorium nehmen. Ferner sollen die Herren ohne Ausnahme ins Refektorium zum Essen gehen und dort stets ihre Tischlesung lesen und das Stillschweigen halten und, um dies besser zu befolgen, sollen keine weltlichen Leute ins Refektorium zum Essen gehen. Ferner sollen sie innerhalb der Klausur bleiben, und niemand soll ohne Erlaubnis ausgehen – welche Erlaubnis Abt und Prior sämtlichen [Herren gemeinsam] nicht öfter als einmal pro Woche geben sollen – und insbesondere, was alles übertrifft, soll niemand in Bier- oder Weinhäuser gehen und dort Gelage und Gesellschaft halten, und man soll auch keinen Wein im Kloster ausschenken. Ferner soll niemand Pferde halten als nur der Prälat, der sie zum Nutzen, für die Notwendigkeiten und zum Vorteil des Klosters selber [benutzt] oder [andere benutzen läßt], die auf seinen Befehl geschickt werden. Ebenso dürfen sich die Herren [nur] mit Verlaub und Erlaubnis ihres Prälaten und Priors zu ihren Freunden begeben und nicht länger ausbleiben, als ihnen von ihrem Abt und Prior insgesamt erlaubt wird. Und während der Zeit ihrer Abwesenheit und des Fernseins sollen ihnen keine Präsenzgelder [für bestimmte Chordienste] ausgezahlt, beziehungsweise nicht [in gleicher Höhe] zugeteilt werden wie den anderen Herren, welche sie innerhalb [des Konvents] verdient und dafür gearbeitet haben. Und die drei Gelübde, die alle Ordensleute zu halten verpflichtet sind, sollen sie halten, [auch] das heilige Stillschweigen an den dafür vorgesehenen Orten – in welchen Punkten niemand, auch nicht unser allergeistlichster heiligster Vater, eine Dispens erteilen darf, wie es das göttliche geschriebene Recht ausweist usw. Ebenso soll man nicht mehr als fünf oder sechs Hunde halten, und die Herren sollen niemals mit diesen zur Jagd ausgehen. Ebenso soll man nicht mehr an Knechten und Gesinde halten, als für einen Prälaten und den gemeinen Konvent notwendig sind. Alle diese vorbezeichneten Punkte – so bekennen wir, die vorgenannten Äbte, – haben wir angeordnet, verfügt und geboten. Sie sind genau in dem Maße zu befolgen, wie es oben aufgezeichnet ist und wie sie die Herren und der Konvent bereitwillig angenommen und versprochen haben, sie ohne Verzug zu befolgen. Und sie haben das Siegel des gemeinen Konventes hierunter auf den Blattrand gedrückt, und zwar neben unserer beider Äbte Sekretsiegel[n], zur Beurkundung und zum Zeugnis solcher vorbeschriebener Punkte und des bereitwilligen Eingehens auf dieselben.
Gegeben im Jahr, im Monat und am Tag, wie oben [dargelegt].
Nr. 7
Gräfin Barbara von Württemberg an die Klosterschwestern zu Kirchheim, 1487 Mai 5
Ermutigt die Reformschwestern, Drangsal und Bedrückung im Vertrauen auf Gott geduldig auf sich zu nehmen.
Druck: Steinhausen, Deutsche Privatbriefe, Bd. 2, Nr. 112, S. 109 – 111.
[…] Uwer anfechtung und bekumernuß ist uns getruwlich leydt. Und wie wir kunnendt und mogent, wöllent wir mit gantzen truwen solichs verwenden, das es abgestelt werde.14 Ouch soll üch nit zwyfelen, unser herr und gemahel werde uch truwlich bedencken, trost und bystandt zu tund, sovil im müglich ist, solichs helfen abstellen, daz uch uwer innickeyt und geordetem leben hinderlich ist, wann er und wir habent eyn sunder wolgefallen und froede an wolgeordetem leben in Gott und in der ere Gottes, woliches wir hörent sonderlich ryemen von uwerm convent. Yedoch wyssent ir, wiewol nit nott were, uch zu vermanen, in gedult zu leben, dyewil ir, als wir nit zwyfelen, eynander selber künden trösten und eynander helfen das crütz tragen, so ist doch zu zyten und gemeinlich der trost eyns geliepten menschen, der wir hoffent eynes zu syn in sonderlicher uwer andach uch ingebyldt, gegen eynem andren bekümerten menschen gantz tröstlichen und ergötzlich. Und ye lieber der tröster, ye angenemer der trost. Demnach, besonder andechtigen, lieben juncfrouen, nyemant würt gekrönet, er stryt und fecht dann rytterlichen. Ouch nyemandt wurt der lon von der arbeyt, die arbeyt sy dann getruwlich byß zu ende uß volbracht. Darumb empfahent dyse anfechtung, die, als wir hoffent, an dem grösten ist gewesen, fur eyn sunder zeychen der liebe gegen Gott dem herren, wenn Gott besucht syne allerliepsten hie im zyt mit lyden und anfechtung. Nun syent wir alle uff erden geborn entlich darumb, das wir Gott dem herren würdent eyn ere in ewyger selickeyt. Und nyemand kumpt dahin, er werde dann gezogen durch den hymelschen vatter und durch das mittel und den weg, den der almechtyg Gott selbs hat gewandelt, das ist bekümernus und lyden. Darnach syn ußerwelte, werde muter Maria, die so lange zit darin so manig mal […] on alles ir verschulden von ires allerliepsten kindes wyllen und von unser selickeit wegen, das der verdienst ires unverschulten lydens uns zu trost keme; dann sy mer gelytten hat kumers, dann nye kein müterlichs hertz erlyten hatt. Darnach alle heyligen appostolen, martirer, bychtiger, jungfrouen und andere usserwelten, die begert haben, im nachzufolgen in lyden, uß volkumener liebe, die sy zu dem herren Jhesu habent gehebt, wann sy habent erkent, das lyden der weg und das myttel ist, dardurch man muß zu der ewygen selickeit kumen, wie erkant hat der appostel Paulus und die andren usserwelten: Durch vil trübsal und anfechtung müssent wir ingon in das rych Gottes. Darum ergeben uch fryledeclich und wylliclich uwerm gesponsen und gemahel Jhesu. Und setzent in in uwern trost und hoffnung, der kan und mag uch uwer anfechtung mittelen und helfen tragen, als er geton hat allen synen ußerwelten, das sy habent fröde gehebt in irem lyden. Nun hat uns der herr glych als lieb als sy, er will uns glych selig haben als sy, wa wir den weg, den er uns uß syner grundlossen barmhertzickeit und liebe, die er uns teglichen […]15 als wir wol merckelichen erkennen mögent, zu Gott wandlen wöllen gehorsamelich und wyllichelich, als die ußerwelten, die vor uns selig worden synt, als wir warlich globent, gewandlet habent: das ist durch lyden, damit sy habent gnugsameclich bezalt die schulde und versunet syent worden mit Gott dem herren. Darum sollent wir als alle ußerwelten unsern wyllen setzen in den wyllen des almechtigen Gotz und sprechen, als wir teglichen betten: „Dyn wyll der werde“, darin wir begerent von Gott dem herren, das er unsern wyllen glichförmig mach synem göttlichen wyllen, was er mit uns im zit wircken wölle, das uns entlich bring zu ewiger selickeit, das er uns darin sterck und gnade, gedult und kraft verlyhe, das wir uns darinne haltent nach synem göttlichen gefallen umb unser selen selickeyt. Hierumb vermanen wir uch uß sundrem getruwlichen gedencken: Gehabent uch wol und synt getröstet; uwer gespons und gemahel Jhesus, der allergetruwst, wurt uch trost und bystant tun. Ouch werdent ir nit verlassen zytlichen durch die schyckung Gottz, des sollent ir uch tröstlich zu Gott und der welt onzwyfelich versehen, wann, die Gott liebe habent, synt von Gott nie verlossen worden. Nyt mer yetzo zumol, wenn bitten Gott den almechtigen fuer uns. […]
Nr. 8
Entscheidung Kurfürst Philipps von der Pfalz über die Beschwerden der pfälzischen Ritterschaft gegen die Einführung der Observanz im Kloster Odenheim, 1493 Juli 29
Festschreibung der Observanz. Regelung der künftigen Aufnahme adliger und unadliger Novizen.
Druck: Lossen, Staat und Kirche, Anhang: Urkunden und Akten Nr. 20, S. 226 – 227.
Wir Philips etc. […] Als sich irrung erhoben han zwischen dem erwirdigen in gotvatter unserm lieben besundern frund und gevattern H. Ludwigen, Bf. zu Spir, als von unsern lieben andechtigen abts und konvents zu Odenheim St. Benedikten ordens wegen an eym und etlichen von der ritterschaft, die ir frundt vormals in selben closter gehapt und darin zur geistlichkeit versehen han, am antern teil und die ursach gewest einer enderung halb, die furgenomen ist, das sie sich zu geistlichem wesen und Gots eren zihen solten, derhalb etlich edel brudere entsetzt und ander unedel an ir stat ufgenomen sin mogen nach rat der vettere des ordens, des sich die ritterschaft beswert und fursorgt gehapt hat, das zu jungst der adel daselbs ganz abgestelt und entsetzt werden mocht, das nit herkomen, fürder sie ir kinder haben dorin versehen mogen, das sie noch nit begeben wolten etc. […]. Des haben wir uff anruffen der gedachten parthyen sy zu biiden teilen vertagt und mitsampt andern unsern reten, geistlich und weltlich, die sach in gutlichkeit verhört und noch aller bericht, jetwedersits uns furgehaben, ein abrede gethon, die von beiden teiln [wilburlich?] zu volziehen uffgenomen ist, in maß nachfolgt:
Zu ersten, das an [ohne] den apt 15 person, die profeß gethon oder des ordens sint, doselbst ingenommen werden, der sollen der itzigen monch, die nit von der ritterschaft sin, dry dismals darin bliben ein jar lang und prior, kustos und großkeller sin und dieselben ampt versehen, auch gutlich und vetterlich diejhenen, so von der ritterschaft darin genommen, die regel St. Benedicti leren und die zu halten underwisen. Nach ußgang des jares sollen dieselben dry nit lenger in demselben closter bliben, sunder rechnung und usslieferung thun und dann gutwilliglich von den ampten dretten und uß dem clostere ziehen in ander closter des ordens. Uff des sollen alsbald die uberigen bis zu der zahl 15 person von der ritterschaft ingenommen werden on widerrede, doch das sie sich mit cleidung, blanen [grobes Leinen] und allem wesen in die observantz und regel begeben16, mit flis auch sich uben, in dem jar die zu lernen. Und wil [weil] sie sich in eyn nuwe wesen begeben, sollen sie auch von nuwem obedienz und gehorsam thon. Nach verschinung desselben jars und, so die obgemelten dry von iren ampten gestanden und ußgezogen sin, sollen diejhenen, so von der ritterschaft in das gottshus komen und observantz angenommen und capitulares sin, dieselben under inen prior, kustos, großkeller und ander amptlut welen, dieselben erwelten prelaten sich auch in sunderheit der observantz und regel beflissigen und die andern zu halten underwiesen, also das zu ewigen tagen die observantz da gehalten und nit abgethan werde. Es ist auch, wer es, ob in dem jar der jetzig abt dots abgeen und man welen wurde, das der obgenanten drier monch, die nit von der ritterschaft sin, nit gewelt werden sollen. Wo sich auch die edeln oder unedeln desselben, wie vor- und nachstet, nit halten, sunder unordlichs, unzimlichs, ungebuwrlich leben beflissen, die mogen und sollen darin gestrafft werden und die ritterschaft darin kein verhinderung thun. Ob auch uber kurtz oder lang etlicher personen, wie obgemelt, gebrech wer, wo dan yemant quem [käme] von der ritterschaft in eins halben jars frist – solche zit auch die stende ledig gehalten sollen werden – der in den orden oder das gotshuß begert und die regel und observantien annemen wolle, der soll dorin genomen werden. Wo aber jetzgemelter mas von der ritterschaft keiner quem, mocht man ander dan von der ritterschaft innemen und, so die ingenomen, ob dann darnach schon edele quemen, sollen doch die unedeln darumb nit ußgestossen werden. Ob auch das gotshuß mit der zit uff- oder abnemen wurd, soll die oberkeit macht han, mit merung oder mynnerung der anzall von personen darin zimlich zu sehen. Es hat auch der abt von Odenheim macht, die pfar mit eynen toglichen persone, die von den obern zugelassen, noch sinem willen zu versehen, doch die uff kein der jetzigen monch, die nit von der ritterschaft sint, zu wenden. Auch ist hierin abgeret, das hiedurch unser frund von Spir sin oberkeit und gerechtikeid, beid in geistlichkeit und weltlichkeit unbenommen, sunder gentzlich, wie er und sin stift die herbracht, bliben soll […].
Nr. 9
Gesichtspunkte zur Reform eines Franziskanerkonvents, 149817
Erkundigung über ungeistlichen Lebenswandel in nicht reformierten Konventen. Unterstellung dieser Klöster unter die Observanz.
Druck: Schaefer, Akten zur Observanzbewegung, Nr. 38, S. 157 – 158.
Zum ersten: Ist zu unterweysen der allerhayligste vater pabst, ob die unreformirten brüdern seyn schuldig in den hernach verzeychenten artikeln oder yr geleichen. Das ist:
Ob si verdunckelen die klarheyt der gaystlikeyt und schnöd und veracht machen und den andern menschen bereyten ein exempel leichter zu sünden, darumb das sie werden gemerck aufzulösen die halfter der reynikeyt, offenlichen halten die beyschlefferinnen und yr etzliche geberen auß yn kinder, lauffen auf dem ertrich.
Item, die beyschlefferinnen lassen hyneyn in das kloster und mit yn schentlichen wandeln und auch gaystlich und weltlich person laden zu wirtschaft mit solchen verarckwoneten frauen, mit yn essen und drincken und spilen nit schemen und auch dantzen.
Item ob si auch an den enden, do si keyn covent oder hayß habent, nach gewonheyt bittent das almüsen, unterweylen in den öffenlichen wirtzheusern, wiltbaden und andern baden werden bekümert mit säuffen, spilen, unter dem gemaynen volck oft werden gefünden.
Item, ob auch diser gleychen möchten gefunden werden, die das gaystlich und orndlich leben verstelten, den nechsten ergeren und zyhen zu dem exempel das fallß.
Ob si in den klöstern dantzen und lassen geschehen.
Item, es söl gebetten werden in der supplication, das der guardian der unreformirten brüder mit seynen brüdern werd weckgestößen. Item, dieselbige stat unter die gehorsam des generalß vicars hie gesset des gebirgs von der observantz werd bestympt und ergeben.
Item, es söl auch gesatz werden, daß diß geschee on hynnerniß des püntz oder öbereynümmung zwischen den unreformirten und reformirten brüdern, durch welch ubereynkümung würt verboten den brüdern von der observantz, das si nit heusern der unreformirten brüder in keynerley weyß [sich] vermessen zu nemen, ob auch etzliche bebstliche gepott uber solche ubereynkümung und bestetigung und haltung von der seligen gedechniß der römischen bebst Pauli des andern und Sixti des vierten; und auch on hynnerniß welcherley andern bebstlichen schriften, gepoten, nachlasung und auch on hynnerniß der brüder allerley satzüng, ordenirüng, statuten, gewonheyten, verhayßungen, verbyndüng und auch, waß welcherley gnad, mit was festigung oder gewalt werden gesterckt etc.
Nr. 10
Sendbrief Johann Geilers von Kaysersberg an den Konvent der Reuerinnen in Freiburg im Breisgau, 1499
Ermahnung zur Einhaltung der wahren klösterlichen Observanz.
Druck: Dacheux, Die aeltesten Schriften, S. 213 – 224.
[…]
In Gott lieben muttern und schwesteren, ich schicke eüch hie ein predig, so ich gethon hab und in geschrift überantwort unsern lieben schwestern, den Reuweren zuo Straszburg18, und danck eüch darbey freüntlich eüwer latwerg19, die ir mir geschickt haben. Ich wüszte eüch auf disz mal keinen widergelt zu thuon anders weder das ich eüch dise leer schicket, die mich duncket gemäsz sein allen denen, die da als ihr ruwigklich Gott wöllen dienen hie auf erdtrich und dort in ewigkeyt, und, als ich meyn, darauf der recht grundt stadt aller warer christenlicher geistlicheyt, die doch von vil menschen leyder verachtet wirt und wenig auf den grund gond. Wir setzen unser sach auf eüsserliche ding und leben auf den geitz und nit der warheit, nit auf ein thuon, sunder auf ein thon und gethön, mer auf verdecken weder auf wercken. Singen vil, wachen vil, fasten und betten vil, tragen schlechte und rauhe kleider an und hören vil messz, tragen kurtz har, stumpfe schuoch, reden klein und onmächtigklich, und ist Jesus umb und umb im schein on im haubt, hertzen und henden. Jhesus ist in den worten, aber nit in warheit. Wir üben kein demuot. Niemands wil vertruckt oder verachtet sein, sunder ein ewigs widerkempfen, entschuldigen und sich beschirmen. In uns ist kein gedult, da ist ein sprattlen gegen allem dem, das uns wider ist. Niemands will seinem willen weichen oder auszgohn. Niemands will undergon, yederman entborschwimmen als ein wurmässige erbs und ein aufgeblaszne blater mit dem wind der üppigkeit. Niemands will seinem nächsten leben und sich in in richten, im vorgeben, ihn leiden oder tragen umb Gottes willen, sunder yederman in sich richten und alle schwestern sollen sich in mich richten, thuon alles, das ich wolt. Also stellen wir uns selbs zuo einem abgott, werfen auf unseren willen, dem soll yederman leben, dem soll man feiren und fasten, dem soll man zarten, den beschirmen wir, für den fächten wir, den soll man loben, den eeren wir, an dem soll yederman ein wolgefallen haben. Wer wider den thuot, der hat gesündet wider die höchste maiestat, ist crimen laesae maiestatis [Verbrechen der Majestätsbeleidigung]. Nit dein will werd, o vatter unser in himmeln, aber mein will werd im himmel und in erd, im closter von allen schwestern. O abgott, das ist der falsch, das wir nit den willen Gots, in seinen gesatzen und der oberkeyt auszgetruckt, aufwerfen und uns und andere darein richten, sunder unseren willen herfürziehen.
[…] Da haltet man vil vergebner capitel, visitation, straffungen und predigen. Ist alles verloren. Solchem volk predigen ist in ein nesselstauden regnen, die werden nit darvon maieron [Majoran], sunder bleiben nesselen und nemmen erst zuo. Es sey dann, dz das weytzenkörnlin in das erdtrich fall und faul werd, so bleibet es allein. Stirbt es aber, so bringt es vil frucht. Ein solcher todt, da der mensch im selbs abstirbt und Gott lebt, da findet er sich in Gott, in seinem ursprung. Sunst will er sich in ihm selbs behalten und im nichts, darausz er ist, wie kan er sich denn in ewigkeit in der warheit im etwas finden.
[…] Nit suoch dich, so findest du dich nit, suoch dein gemach, dein zartheit, dein eer, dein lust, dein gefallen, aber allein gefallen Gott und seinem göttlichen willen foren, das ist, mit allem fleisz seinen gebotten gehorsam sein, in allen dingen sich fleisszen, auf das allergenauest leben nach dem gfallen Gottes, welches gefallen er uns geöffnet hat in seinen gebotten und rathen. Ich meyn, das sey es alles sammen und der recht gewisz weg. Wa der übersehen oder verachtet wirt, so halt ich, dz alle andere geistlicheit, wie hoch sie gesetzt wirt, ein falsch und ein verfüren sey. Darumb lob ich nit, die predigen ze lesen oder übungen anzugreiffen von dem schauwenden leben und ze gohn den weg der hertzigungen oder solcher hoher andacht, vor und ehe man undergangen ist übung der tugenten.
Das ist die recht observantz der beschlossenen clöster. Wa man aber nit auf den grund gat des undergangs und des seligen todts durch übung der tugenten, da ist der namm verloren der observantz und ist nichts anders weder ein verfürung vil guoter menschen. Ich kame darhinder, das ich meyn, das solche unware observantzen, die auf eüsserlichen glitz und eüsserliche übungen gantz gerichtet seind, unmuotlicher, schedlicher und verderblicher seind weder die offne clöster. Ursach ist, wann in die offnen clöster kumpt niemands, der seiner seele heil suocht, er sicht offentlich, dz es ein verfärlicher stadt ist. Darumb so verfart da kein guotwilliger mensch, wann er wagt sich nit darein. Aber in einem glastcloster [gleißendem Kloster], da der schein der observantz ist, da verfert manich guot frumm mensch. Er wenet zu finden hilf zu Gott, so findet er irrung und abzug und wer ihm leichter, die regel und constitution ze halten in seinem hausz in der welt, da im niemands darein redt, in niemands daran irret, weder in eim solchen closter, da er gespött, widerstand und verachtung leiden muosz, so er will die regel halten, die er doch nit wol gehalten mag, er muosz sich der gemein vergleichen, die sich doch der regel gantz on all redliche ursach nit vergleichet. Er mag dieselben nit in sich bekeren, sunder er wirdt ehe in sie verkert, als ein tröpflin malvasier in einen essigkruog geschüttet, das, wie guot und siesz es ist, zuo essig wirt und nit der essig zuo malvasier. Wann die fleischlichen, dere der mererteil ist, habend überhand, einhang, hilf und rucken von den obern, die irs geferts seind, weltlich, fleischlich und ungotsförchtig. Unn also verfart ein guotwilliger mensch und findet feür, da er wasser gesuocht hat. Will ein guotwilliger oberer dise fleischlichen menschen auf den waren grund richten und weisen, so wer not, dz er sich richtet, als solt er wider die heiden, Türcken oder andere kätzer disputieren, so vil argument machen sie, so vil einred, glosen und auszüg suochen sie. Sie schryen gemeynlich, es seind neüwerungen, es seind lauter fantaseyen, es ist nie also gehalten worden, es seind auch geleerte leüt vor hie gesein unn geistlich, haben solcher ding nie gedacht. Der und sollicher reden sechsztausent brauchend sie und hencken sich aneinander und machend ein kettin und flechten sich ineinander als ein zaun von dornen. Seind also verblendt, dz sie nit künnen oder wollen mercken, das dise ding nit neüwerungen seind, sunder mer undertruckungen und vertreibung der neüwerungen und ein einleyttung auf die alten landtstrassen und pfäd, von welchen Hieremias spricht: „Fragend von den alten fuoszpfäden“, Hiere. VI. Die alten habend das silentium mit grossem fleisz gehalten und den übertretterin die buosz unabläszlich aufgeleyt. Wider dise alte gwonheit ist aufgestanden ein neüwerung, das das silentium gantz verachtet wirt, kein buosz gehalten. So man nun das silentium widerumb aufrichtet und die übertretter straffet, so machet man kein neüwerung, sunder man treibet ausz die neüwerung und richtet sie wider auf die landstrasz. Also ist es in allen stucken, wie die genant seind, die da ausz hinlässigkeyt der obern und erkaltung der liebe Gottes in den underthonen abgangen seind. Wa solliche glastobservantzien seind, da scheinet auszwendig grosse stille und ruohe. An den mauren wirt aber nit erkant das gemödel [Unrat], das darhinder begriffen ist. Wenet ein guotwilliger mensch, der seiner seel seligkeit suocht, da zu finden ein stille bruoder- oder schwesterklausz, so findet er ein würtshausz. Er meint, er hab die welt geflohen, so hat er sie erst funden. Er meinet, finden ein schuol der tugenten, so findet er ein gruob der laster und luginen. Für liebe und frid findet er hasz, neid, für abbruch schleck, für schweigen geschwetz. Was sol ich sagen? Er meinet ze finden einfaltige teüblin, so findet er tausentfaltige teüfelin. Er findet einen beschneyeten mist und darunder ein schlangen genischt. Das seind die schedlichen teüflischen mauszfallen, der seelen strick und wolfsgruoben, die da verdeckt seind mit dem schein eüsserliches glastes [Glanzes] der observantz mit beschlusz der mauren, mit weissen wenden, mit verrigelten thüren, mit ordenlichem gesang, zierung der kirchen, mit jesusknaben, weissen corporalen und altartuocher und anderer ding, die das aug sehen mag. Das ist alles schön und leyder inwendig nichts darhinder.
Seind waarlich die, von denen Christus, unser herr, spricht. Wehe eüch gleiszner, die da reinigen, was auszwendig ist. Der geschirr aber inwendig seind ir voll raubs und unflats. Du blinder geyst, reinige vorhin, was von innen ist, auf das das eüsserlich rein werd. Wee eüch gleisznern, die da gleich seind den gemalten, geweisseten gräbern, die von aussen scheinend wolgestalt und aber von innen seind sie voll der todten beyn und aller speüwürdigen unflätigkeiten. Also scheinend ihr von aussen gerecht den menschen, aber von innen seind ir voll gleisznerey und ungerechtigkeit. Das ist das öd, gefegt und geziert hausz, da der bösz geist salb sibend innenwonet, das ist mit allen lastern, von dem Christus im evangelio sagt, geziert mit eüsserlichem schein, aber inwendig öd von tugent und guoten wercken, an welcher tugenten statt wonen die bösen geist aller untugenten und laster, hochfart und üppiger neid und hasz, zorn und ungedult, klagen und verklagen, klappern und verklappern, verweissen, spotten, hinderreden, treuwen, schmähen und lesteren, zartheit, weichheit, fleischlicheit, feindigkeit, unflätigkeit, die auch der teüfel hasset, falsche beicht, verzweifelung, schlecken, leckeren, füllen, liegen, stälen, schwetzen, eygentschaft, überflusz, kein benügen, faulheit, tragkeit, traurigkeit, groll, unwill, fürwitz, schneucken, näschen, neüwe mär erfaren, zuosamenlauffen, als ein klotzen prockt, partheyen machen, aneinander hangen, besunderliche gespilschaft aufrichten. Wa es sich also klotzet, ist ein zeychen, das da bittere lüpp [Vergiftung] ist falscher lieb oder hasz und nit tieffe christenliche liebe, die sich der gemein haltet. Item, falschheit, listigkeit, hindergohn mit worten, wort auszziehen, gleisznerey, sein selbs vergessen, anderer leüt warnemmen, sie verrichten oder urtheylen ausz argkwon und dergleichen laster vil, die ich nicht schreiben will. Das seind die siben teüfel und darhinder liget der alt teüfel Lucifer an einer ketten hart gebunden, darumb er hart von statt gebracht mag werden, heisset eigne liebe, eygen gesuoch, ist der Lucifer, der sich für Gott aufwürft und Gott gleich will sein, der ist ein anfang und ursach aller vorgenanter laster.
Sehend lieben Schwestern, wie so not ist, das man allen fleisz ankere, das in dem [sic!] observantzien waarheit behalten werde und also in waarheit seye, wie man von auszwendig scheinet, auf das mancher frummer mensch nicht so schandtlich betrogen werde, der dise welt dahin fleücht, das er nicht die welt erst finde, als vor gesagt ist. O was grausamlichen schweren harten standts mussend die stohn vor dem strengen richter, die also tauffen und verschweigen den falsch und denen, die in der welt seind, also ein aug verkleyben und sie lassen zuo ihnen hineinkummen, sie aufnemmen mit klopfendem hertzen und vor ihnen verbergen den falsch, bisz sie in den strick kummen, das sie nimmermehr hinder sich mögen weichen und erst darnach die wütenden schwein, die grimmen bären, die grausamlichen feürspeüwenden trachen herfürproffen und eügen, was verborgen was. Was jhamers mag denn in einem sollichen guoten hertzen aufstohn, das da sihet, das es also jhämerlich verfaren ist und in das ellend kummen von freünden zuo den feinden, vom fegfeür in die hell, und sicht, das ihm die widerig seind und irrerin im weg Gottes, zuo denen es sich gefuogt und gesellet hat in hoffnung, zu finden anweiserin, fuorerin und des weegs zuo der geystlicheyt und ewiger seligkeyt geferten. Sitzet da als Daniel under den löwen, als St. Stephan under dem kiszlingregen und als ein armes keützlin under den geschnäbleten und stechenden bösen vögeln und wirdt ein sollicher anfahender mensch mit leiden und jhamer also beladen, das es einem erübten und volkummenen genuog wer zu tragen und einen stein möcht erbarmen. Sollich closterleben bringt nit die neün frücht, von denen St. Bernhardus schreibt und in den vorigen predigen auszgelegt seind, sunder neün oder neün und neüntzig fluoch Christi Jhesu im evangelio: Wee eüch etc. und in deutronomio maledictus verfluocht. Das und ander dergleichen stuck tringend mich, unsere schwesteren zuo den Reüweren in Straszburg, die von den gnaden Gottes beschlossen seind in der observantz (als auch ir seind), ernstlich zuo ermanen, dz sie nichts lassen abgohn, es sey klein oder grosz, und mit fleisz auf den inneren obberürten grundt gangen in übung der tugenten, das sie dardurch waare, rechte, guote und christenliche menschen werden und sich huoten, das sie nicht darvon fallen, auch ir sach nit allein setzen auf eüsserliche ding, namlich nit auf böse alte, neüwe gewonheiten, die etwan (von hinlässigkeit der obern oder widerspennigkeit der underthonen, denen man hat müssen nachlassen, zuo vermeiden ein bösers) einbrechen, als vormals gesagt ist, als leyder gar gemeyn ist in allen stetten. Desselbigen erman ich sie dick, auf das sie seyen an warheit, wie sie seindt von aussen im schein, und beduncken der menschen und deszhalben niemandts betrogen werde, wer zuo ihnen kumme, geystlicheyt zu suochen, das er finde, das er suochet, und auch sie hie und dort am jüngsten tage, so aller menschen hertzen geöffnet werden, vor aller welt in der warheyt gefunden werden. […]
Nr. 11
Reformvorschriften des Ministers der sächsischen Franziskanerprovinz Ludwig Henning für das Klarissenkloster Weißenfels, 1513 März 14
Anweisungen zur Lebensführung im Kloster und zur Beobachtung der Ordensregel.
Druck: Doelle, Die Martinianische Reformbewegung, S. 132 – 135.20
Damit ir, liebste Schwestern, um so ruhiger und eifriger dem zu dienen vermöget, dem ihr euch nach Hintansetzung aller weltlichen Genüsse im Orden euer[er] hl. Mutter Klara freiwillig geopfert habt und durch das ewige Band des Ordens verbunden seid, habe ich euch schon früher einige Vorschriften zur Beobachtung übergeben in Gegenwart des ehrwürdigen P. Magister Johannes Weygnant, Professors der heiligen Theologie und Guardians von Zeitz, der ehrwürdigen Patres Matthias Schroter und Franziskus Teych, Guardiane der Klöster Altenburg und Hof, und eurer Beichtväter. Damit nun diese Vorschriften desto genauer befolgt werden und niemals dem Gedächtnisse entschwinden, habe ich sie deutlich aufschreiben und unter dem Schutze meines Amtssiegels euch zusenden lassen, indem ich will und befehle, daß sie sowohl von euch, Frau Äbtissin, als auch von allen anderen Schwestern, die eurer Sorge anvertraut sind, unverletzlich beobachtet werden.
Und zwar vor allem ermahne und ermuntere ich euch, alle und jede einzelne im Herzen Jesu Christi, daß ihr den gegenseitigen Frieden, die Eintracht und Liebe zu pflegen und zu erhalten suchet. Damit ihr dies um so besser vermöget, befehle ich unter Strafe der Exkommunikation, daß ihr euch nicht gegenseitig die Ehre abschneidet oder Weltleuten eure menschlichen Schwächen mitteilet.
Item, keine Schwester wage es, ohne Grund gegen die errichteten oder noch zu errichtenden Gebäude zu sprechen, da sie nach meiner Anordnung und meinem Gutdünken zum Wohle eures Klosters aufgeführt werden.
Item, befehle ich, daß keine Schwester mit den Werkmeistern, Bauleuten und anderen weltlichen Personen spreche, es sei denn im Falle dringender Not oder eines offenbaren Nutzens, und dann darf es nur geschehen mit Erlaubnis der Frau Äbtissin gemäß den in der Regel enthaltenen Vorschriften. Daher verbiete ich streng allen Schwestern, allein mit solchen weltlichen oder geistlichen Personen zu reden. Es sind vielmehr zwei Schwestern gereiften Alters zu bestimmen, von denen wenigstens eine gegenwärtig sein muß. Diese Schwestern sollen zuhören und achtgeben, daß die Schwestern fromm und ehrbar sind und nichts gegen ihren Stand und Orden reden. Jene Schwestern, welche die Erlaubnis haben, mit solchen Personen zu reden, dürfen nicht heimlich murmeln oder leise in die Ohren flüstern, sondern müssen alles, was notwendig und nützlich ist, laut sprechen, so daß es die Zuhörerinnen vernehmen können.
Item, bestimme, befehle und gebiete ich, daß weltliche Mädchen niemals in eurem Kloster bleiben dürfen, wenn sie nicht in den Orden eintreten und das Ordenskleid nehmen wollen. In diesem Falle aber stimme ich zu, daß sie ein ganzes oder halbes Jahr bei euch im Kloster bleiben und in jenen Stücken, welche den Anstand und das Ordensleben betreffen, unterwiesen werden, bevor sie den Orden und das Ordenskleid annehmen. Für jetzt gebe ich zwar meine Zustimung, daß sechs Mädchen eingekleidet werden, von da ab darf aber kein Mädchen mehr ohne meine besondere Zustimmung in den Orden aufgenommen oder eingekleidet werden.
Item, damit die Novizinnen und die anderen jungen Schwestern desto eifriger in der Ordenszucht unterwiesen werden, befehle ich ernstlich, daß durch die Frau Äbtissin eine ehrbare Schwester gereiften Alters bestimmt werde, deren Leitung alle genannten Novizinnen und jüngeren Schwestern anvertraut sein sollen. Sie sei die gemeinsame Meisterin und Lehrerin all dieser. Keine Schwester nehme es sich ferner heraus, einige Novizinnen besonders zu betreuen oder sich um sie zu kümmern.
Item, da eure Ordensprofeß jedes Sondereigentum untersagt, befehle ich euch allen und jeder einzelnen aufs bestimmteste in Kraft des heiligen Gehorsams, solches Eigentum, falls es vorhanden sein sollte, sofort der Frau Äbtissin zu übergeben.
Item, befehle ich, daß die klösterliche Klausur auf das genaueste beobachtet werde. Wenn nicht ein dringender Notfall vorliegt, darf sie während des Chorgebetes nicht geöffnet werden. Die ehrwürdige Frau Äbtissin, die Seniorinnen und die Beichtväter sollen besonders hierüber wachen, denen ich es bei Strafe der ewigen Verdammnis befehle, wie es mir durch päpstliche Verordnungen aufgetragen ist.
Item, bestimme ich, daß in Zukunft eure Kleider, nämlich die Tuniken und Mäntel, von grauer und nicht von schwarzer Farbe seien. Ihr sollt die gleichen Stricke tragen ohne jede Sonderbarkeit und Auffälligkeit. Eure Schleier oder Kopfbedeckungen sollen bis an die Augenbrauen reichen, damit in allem die Frömmigkeit und die Ehrbarkeit zutage tritt.
Item, keine Schwester darf bei Strafe der Exkommunikation irgend etwas, sei es groß oder klein, aus dem Kloster an Weltleute verkaufen oder verschenken. Ihr könnt nämlich nach eurem Stande, Orden und eurer Profeß nicht das Geringste verschenken oder verkaufen, da ihr kein Privateigentum haben dürft.
Item, befehle ich, daß alle Schwestern, die nicht durch einen vernünftigen und offenbaren Grund entschuldigt sind, Tag und Nacht am Chorgebet teilnehmen. Wer häufiger die Matutin versäumt, d. h. zwei oder mehrmals in der Woche, muß zur Strafe beim Mittagessen auf dem Boden sitzen. Sind aber mal nur vier oder fünf junge Schwestern in der Matutin anwesend, die zum Singen nicht genügen, so soll das Chorgebet fromm und deutlich ohne Noten rezitiert werden.
Item, befehle ich, daß unmittelbar vor dem Mittag- und Abendessen alle Schwestern zusammenkommen sollen, um für die Verstorbenen und die Wohltäter den Psalm „De Profundis“ zu beten. Im Sommer soll das Mittagessen um 9 Uhr, im Winter aber um 10 Uhr und an den Fasttagen um 11 Uhr eingenommen werden. Die Vesper wird um 2 Uhr gesungen. Das Abendessen – an den Fasttagen die Collation – soll um 4 Uhr stattfinden.
Item, gebiete ich streng unter Strafe der Exkommunikation, daß keine Schwester einen Brief oder ein Schreiben an Fürsten oder irgendwelche andere weltliche oder geistliche Personen sende, wenn nicht vorher die Frau Äbtissin ihre Zustimmung gegeben und den Brief selbst gesehen und gelesen hat.
Item, verordne und befehle ich, daß die Diskretinnen des Klosters der Frau Äbtissin allen Beistand leisten und bei Strafe der Infamie keineswegs den anderen Schwestern oder weltlichen Personen etwas von dem mitteilen, was zum Wohle des Ordens und des Klosters von ihnen geheim verhandelt worden ist.
Item, verordne ich, daß die Frau Äbtissin eine fleißige und sorgsame Schwester zur Pflege aller kranken Schwestern bestimme. Insonderheit soll die Schwester Elisabeth Liebenhaynn in Liebe dienen und die Krankenschwester der alten Frau Äbtissin sein.
Item, befehle ich, daß wöchentlich einmal das Schuldkapitel abgehalten werde. Keine Schwester wage es dabei, in ungehöriger Weise gegen die Oberen zu sprechen. Wer zuwiderhandelt, muß nach der Schwere seiner Anmaßung eingesperrt werden.
Item, bestimme ich, daß der Prokurator das Kloster keineswegs betritt. Nur zur Zeit offenbarer Not wie z. B. jetzt beim Klosterbau, sonst aber nie, darf es im Beisein der Beichtväter geschehen.
Dies ist es, teuerste Schwestern, was ich bei meiner Anwesenheit mündlich angeordnet habe und was ich euch jetzt wiederum schriftlich ans Herz lege, indem ich euch ermahne, aufmuntere, bitte und euch ernstlich befehle, daß ihr all diese Stücke eifrig befolget. So werdet ihr endlich auf dem Wege der Gebote und Räte Christi, die ihr zu halten gelobt habt, ohne Hindernis zum Ziele der höchsten Seligkeit gelangen.
Nr. 12
Herzog Georg von Sachsen an die Äbte von Altzelle, Walkenried, Buch und Sittichenbach, 1516 Herbst
Fehlverhalten des Abtes von Kloster Pforte. Erneute Visitation, Absetzung des amtierenden Abtes und Bestimmung eines fähigen und würdigen Nachfolgers.
Druck: Gess, Akten und Briefe, Bd. I, S. XL, Anm. 1 S. XL–XLI.
Wirdigen, liben, andechtigen. Uns kompt glaublich vor, das ir itzt in jungster visitacion, so ir im kloster Pfort ghalten, merglich gbrech bfunden, dy ir zcum theil noch aussatz auers [eueres] orders zcimlicher weis gstrafft. Des wir sunders gutz gfallen tragen. Wir werden aber bricht, das nicht allein an glidern, sunder am haubt och [auch] merglich obertretung bfunden, doraus sich sulcher uffrur eraugent, sunderlich in dem, das beim apt bfunden, das her [er] eine person, mit der her lange jar in sunden glebet, in boblicher unee mit ir frucht gzcuoget, als wer sy sein elich weib, die zeit noch nicht verlossen, sunder zcu meirung [Mehrung] seynes lasters derselben kein der Nawmborg haus und hoff kauft von den almosen des klosters, derselben person och des klosters gelt und gutter under handen geben, som [als] wer sy noch sein elich weib. Mit dissem allem her dy armen eynfeldigen bruder, dy an zcweiffel zcum theil aus has der grossen untogent beweget, sulch unschiglicheit kegen im vorzcunemen. Wo dem nu also, so trugen wir nicht klein vorwondern, das ir als visitatoren und haubt des ordens dorein nicht och strefflich gseen, nochdem ein itzlich missethat so vil diste mir [mehr] strefflich, so vil der stant grosser. Wo ir gschauet het dy wirde seynes standes, so soltet ir doch billich auer selbest person und gut grucht mit gacht haben. Den bey viln leyen wert es dorvor gacht, das vielleicht dy straff dorumb verbliben aus bsorg, wo dy visitacion umbging, es mocht an auch [euch] och glangen. Den der sich eyner sachen selber scholdig weiss, der strafft selden eyn andern. Wo och dy praelatten, dy billich den andern ein spigel sein solten, in solchen lastern ungstrafft bliben solten, so word ein ider untugenlicher noch der praelatur steen, es wer, durch welchen weg es geen wolt, dordurch auer orden zculetz mit gnug ungschigten praelaten erfolt [erfüllt] word. Doraus erfolget, wi der herr, so werden dy schaff. Wir haltens och dorvor, das keyner, mit sulcher unthat oberwunden, wirdig sey enicher praelatur. Den so eyner in sulchem unzcochtigem, bubissen leben bfunden, der bricht sein globde, Got und seinen prelaten gtan, und werd meyneydig; entwent her den dy geistlichen guter an sulch end, ist och so vile. Wil er sagen, her hab dy gutter mit sich ins kloster brocht aber [oder] in seinen forrigen ampten erobert, so ist her zcum dritten mal meyneydig, den es ist ein gmein sprichwort, eyn monch, der ein heller hat, der ist nicht eins hellers werdt. Gilt her nicht ein heller, vil wenig ein apt. Wir haltens och dorvor, das gar vil gringer nacion den praelaten liden ein sulchen, in gleich zcu sein, under in [nicht]. Nicht wissen wir, was auch bweget, sulchs also hinzcugeen lassen. Und ab ir ye doruff bharren wolt, so solt ir wissen, das uns in kein weg leydelich, sulche praelaten in unserm lant zcu dulden. Hirumb ist unser gutlich bger, ir wolt diss unser erinnern zcu gut und dem besten vormerken, und wo der handel, wy her an uns glanget, also ist, so wolt den apt nicht als ein apt, sunder als eyn mey[n]eydigen und, der sein globde gbrochen, noch aussatz auers ordens straffen und abesetzen, ein andern, der eins gotlichen, togentlichen lebens ist, an sein stat vororden, der ein ebenbild in seyner straff neme und sych, wy gzcimpt, halt und dordurch disser straff entpfliche. Sin wir sunder zcweiffel, ir werd Got dordurch vorsunen, kegen der welt gut grucht erlangen und uns sunders gfaln thun. Wo es aber vorbleibet, so werden wir gorsacht, dermoss in dy sach zcu sehen, doraus ir und menniglich bfind, das wir sulcher handel kein gfaln tragen.21