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Vorwort

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Ernst Ulrich von Weizsäcker

DIE ERDE IST ENDLICH, die Expansionsgier der Menschheit offenbar nicht. Auf dieses Problem hat der Club of Rome bereits 1972 in seiner berühmten Studie „Die Grenzen des Wachstums“ hingewiesen. Zwar löste das Buch damals ein publizistisches Erdbeben aus. Doch die Ausbeutung von Ressourcen hat sich in der Zwischenzeit nicht etwa verlangsamt, sondern beschleunigt.

Bis gegen Ende des 20. Jahrhunderts schien dies aber niemanden ernstlich zu beunruhigen. Das Rohstoffthema war wieder aus der öffentlichen und politischen Aufmerksamkeit verschwunden, da die Ressourcen nach den Ölkrisen der 1970er Jahre zunächst immer billiger wurden und sich dann nur sanft verteuerten. Ab dem Jahr 2000 rückten Rohstoffe jedoch erneut ins Interesse der Politik. Warum? Weil sie nun plötzlich systematisch teurer zu werden schienen. Dies hatte einen einfachen Grund: Das sich wirtschaftlich rasant entwickelnde China kaufte immer größere Mengen davon ein. Um die Jahrtausendwende waren schließlich auch die vielerorts gehorteten Vorräte ausverkauft und das Angebot an neu geschürften Bodenschätzen einschließlich Öl hinkte der wachsenden Nachfrage immer mehr hinterher.

Daraufhin setzte ein Meinungsumschwung ein. In den Industrienationen breitete sich die Befürchtung aus, dass Ressourcenengpässe das Wachstum des wirtschaftlichen Wohlstandes bremsen würden. Drei gleichermaßen plausible Reaktionen lagen nahe:

◆ Intensivierung der Rohstoffexploration

◆ spekulative Käufe von Ressourcen und Zukunftstiteln auf Ressourcen

◆ vermehrtes Streben nach Erhöhung der Ressourcenproduktivität

Die dritte Strategie war uns Autoren von „Faktor Vier – Doppelter Wohlstand, Halbierter Ressourcenverbrauch“ (1995) schon in den 1990er Jahren wohlbekannt, nur blieb das Buch anfangs fast ohne politische Resonanz. Hingegen fiel das Nachfolgewerk „Faktor Fünf – Die Formel für nachhaltiges Wachstum“ (2009) alsbald auf fruchtbaren Boden. Es schien geradezu zur Vorlage für die sich in der EU-Kommission entwickelnde Ressourcenstrategie zu werden. Seine Grundaussage lautet, dass sich aus einer Einheit Ressourcen – ein Fass Öl, eine Tonne Kupfererz, ein Kubikmeter Wasser – rund fünfmal so viel Wohlstand erzeugen lässt.

Eine solch dramatische Steigerung der Ressourcenproduktivität wird allerdings nicht stattfinden, wenn die Rohstoffpreise niedrig sind – wie etwa von 1982 bis 2000. Faktor Fünf schlägt daher eine politische Lösung vor: die Preise von Primärressourcen regelmäßig um genau den Wert anzuheben, um den auch die Ressourcenproduktivität im gleichen Zeitraum zugenommen hat. Auf diese Weise würde der durchschnittliche Preis für Ressourcen pro Ware oder Dienstleistung nicht steigen, da der Gesamtbedarf an Ressourcen sinkt. Sollte der Weltmarktpreis für einen Rohstoff ansteigen, bräuchte man keine weiteren Eingriffe bzw. könnte sogar preisdämpfend eingreifen.

Ressourceneffizienz wird so zum Kern des technischen Fortschritts. Aber es gibt auch einen zivilisatorisch-kulturellen Fortschritt: fort vom besinnungslosen Verschwenden zur wohl bedachten Nutzung der Natur, fort vom rein materiellen Wohlstand zum Genießen in der Genügsamkeit. Hier liegt auch eine zentrale Aufgabe der Bildung: durch Vorbilder, durch Fakten und durch „Bildung für Nachhaltige Entwicklung“ – einem wichtigen Zehnjahresprogramm der UNESCO.

Bildung für Nachhaltige Entwicklung ist innerhalb der eng gefassten Schulfächer oder Universitätsdisziplinen kaum realisierbar. Denn Technik ist immer eingebettet in Verhalten, Anreizstrukturen, kulturelle Werte. Umgekehrt verändern sich diese auch mit der Technik und dem naturwissenschaftlichen Kenntnisstand. Interdisziplinarität ist demnach gefragt.

Das vorliegende Lehrbuch versucht genau dieses, indem es Umweltgeschichte, Ressourcengeographie, Politikwissenschaften, Betriebs- und Volkswirtschaftslehre, Abfall- und Ressourcenmanagement, Umweltrecht, Pädagogik, Umweltethik und Soziologie zusammenführt. Dieses Vorgehen ist auch eine Herausforderung für die Studienorganisation. Ingenieurstudenten muss erlaubt sein, sich auf soziologische und juristische Fragen einzulassen, und ebenso sollten Sozialwissenschaftler den für sie oft ungewohnten und mühsamen Weg in die Methoden und Ergebnisse von Natur- und Ingenieurwissenschaften beschreiten können.

Die gute Seite solcher Anstrengung ist, dass Studierende, die in dieser fachübergreifenden Arbeit trittsicher und faktenkundig werden, in ihren späteren Berufen oder in demokratischen Entscheidungsprozessen eine wichtige Kompetenz aufweisen, die man heute über weithin vergeblich sucht. Und wer nicht das Glück hatte, sich diese Kompetenz an der Hochschule anzueignen, kann sie sich mit Hilfe dieses Buches selbst erarbeiten.

Ressourcenstrategien

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