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ОглавлениеCaminade-Kratzer, ein sehr kleiner Kratzer des Aurignacien, der aus einer kleinen Klinge oder einem Abspliss gemacht wurde. Gewöhnlich trägt er beidendige Retuschen und ist meist ventral im terminalen und dorsal im basalen Bereich retuschiert. Miniaturkratzer (Kleingeräte, Grochaki) kommen bereits im älteren Paläolithikum vor und finden sich auch im folgenden Jungpaläolithikum (Bertonne-Kratzer) und Mesolithikum.
Campignien, ein mesolithischer/neolithischer Technokomplex in Nordfrankreich mit Kern- und Scheibenbeilen. Der Bezug zum Spätmesolithikum Nordwesteuropas ist unverkennbar, allerdings setzte sich die Campignien-Tradition bis in das französische Mittelneolithikum hinein – besonders an Stätten des Silexbergbaus – fort.
Capsien, eine epipaläolithische Kultur in Nordafrika, überwiegend nördlich der eigentlichen Sahara, 9000 bis 5000 BC. Das Capsien geht aus dem Iberomaurusien/Oranien hervor und zeichnet sich durch geometrische Mikrolithen (langschmale Dreiecke, Trapeze), kräftige rückenretuschierte Messer (,Capsien-Messer‘, wie Abri-Audi-Messer), Stichel, Straußeneierperlen, (teils verzierte) Straußeneiergefäße, Mahlsteine und erste Anfänge der Keramik aus (Abb. Capsien). Im 5. Jahrtausend BC wird der endgültige Übergang zum Neolithikum vollzogen.
Cardial, die erste Gefäßkeramik des südwestlichen Europas, die bis in das 7. Jahrtausend zurückgeht; vermutlich von älteren nordafrikanischen sowie ostmediterranen Einflüssen geprägt. Der Name bezieht sich auf bandförmige Abdruckmuster von der Zahnung der Cardium-Muschel. Die Steingeräte der Cardial-Kultur stehen fast ganz in mesolithischer/epipaläolithischer Tradition. Aus Südfrankreich sind rundliche Hüttenstrukturen bekannt, aber die meisten bekannten Wohnplätze liegen in Grotten.
Castelnovien, eine nach dem südfranzösischen Ort Châteauneuf benannte Gruppe des jüngeren Mesolithikums (etwa 6000 bis 5000 BC). Die Menschen waren Jäger (mit Haushund), Fischer und Sammler (Wein, Felsenbirne). Das Castelnovien geht in der frühneolithischen Kultur mit Cardial-Keramik auf.
Capsien: Capsien aus der Haua-Fteah-Höhle, Cyrenaika, Libyen: 1 Rückenmesser, 2–5 Kratzer, 6–7 Stichel, 8–12 Mikrolithen, 13 gekerbte Klinge, 14 retuschierte Klinge, 15 Klopfstein, 16 Reibplatte, 17–19 Pfriemen, 20–21 Fragmente verzierter Straußeneigefäße, 22–23 Straußeneiperlen (in anderem Maßstab!) (umgestaltet nach McBurney 1967).
Çatal Höyük, eine frühneolithische Proto-Stadt in der Nähe von Konya, Türkei. Sie wurde im 7. Jahrtausend BC, also noch während der Zeit des europäischen Mesolithikums, gegründet und existierte bis ins 6. Jahrtausend. Neben Kulträumen wurde ein umfangreicher Bereich von Wohnhäusern ausgegraben. Außer hervorragend gearbeiteten Steingeräten kamen Körbe, sorgfältig gemachte Keramik und Kupfergeräte zutage. Allerdings liegt in diesem Ort nicht der Ursprung des Neolithikums der Türkei, weil dort die Siedlungen von Göbekli Tepe, Çayönü und Hallan Çemi mit ihren megalithischen Kultbauten zwischen das 10. und das frühe 8. Jahrtausend datieren (also in der Zeit des frühen europäischen Mesolithikums existierten).
Ceprano, die italienische Fundstelle (90 km SE von Rom) eines Schädels von Homo cepranensis (= Homo erectus s. l.), etwa 400.000 Jahre alt. Etwas entfernt davon, aber im gleichen Fundhorizont, konnten Faustkeile des
älteren Acheuléen geborgen werden.
Chaille (frz.), ein Hornstein oder opal- bis chalzedonartiges Gestein. Entspricht dem (afrikanischen) chert.
Chaîne opératoire, die gewählte Folge der Steinzerlegung bei der Steingeräteherstellung. In der paläolithischen Archäologie Frankreichs steht seit den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts die Analyse der Abbaumethoden von Kernen, der Unterteilung von Kernvolumen in Proportionen und Formen sowie die technische Entstehung von Werkzeugformen im Vordergrund wissenschaftlichen Denkens. Dabei wird davon ausgegangen, dass die verschiedenen Herstellungsmethoden Ausdruck verschiedener und sich ausschließender Konzepte der Steinbearbeitung sind. Die Untersuchungen sind dabei weniger, wie in der traditionellen Archäologie von F. Bordes, auf den teleologischen Zusammenhang von Kerngestaltung und Abschlagtyp gerichtet, sondern auf die Rekonstruktion sich wiederholender Bewegungsabfolgen (frz.: gestes), die wissenschaftlich typisierbar sind und nicht ineinander übergängige Varianten eines handwerklichen Know-hows. Die Analysen, wie sie H. Thieme schon in den 70er Jahren an den Kernen des mittelpaläolithischen Inventars B 1 („Westwandkomplex“) von Rheindahlen durchgeführt hat, zeigen jedoch durch das nahezu vollständige Wiederzusammensetzen eines lithischen Lagerplatzinventars, dass von einem Kern nacheinander in sehr variantenreichen technischen Verfahren sehr unterschiedliche Zielabschlagformen gewonnen wurden. Die Neandertaler von Rheindahlen verwendeten nicht eine festgelegte ‚Methode‘, sondern besaßen das technologische Vermögen, jeweils Ausgangsform und Rohmaterialeigenheit zu nutzen, um Wünsche nach bestimmten Formen von Zielabschlägen, opportunistisch anfallende Präparations-Abschlagformen und jeweilige Abbaustadien optimal zu vereinen.
Chalzedon, eine faserige und mikrokristalline Varietät des Quarzes von unterschiedlicher Farbe (z.B. Braun, Blau oder Rosa), manchmal im Übergang zu Opal. Chalzedon ist wichtiger Bestandteil von Feuerstein, Achat und verkieselten Gesteinen.
Chapeau de gendarme A: Levallois-Abschlag mit gewölbter Schlagfläche, Beltershausen. Zeichnung Fiedler.
chamfered piece, pièce à chanfrein, ein speziell gestutztes Gerät. Chamfered pieces wurden aus Klingen oder gestreckten Abschlägen hergestellt. Sie kennzeichnet ein abgeschrägtes Ende, das durch eine Art Schärfungsschlag (ähnlich demjenigen der sogenannten Kernbeile) erzeugt worden ist. Der Abhieb erfolgte quer zur Längsrichtung der Grundform. Die Geräte sind den Corbiac- und Quer-Sticheln verwandt oder gleichen ihnen. Die spezielle Methode der Zurichtung erschien zuerst im Mittelpaläolithikum (besonders des Vorderen Orients) und wurde bis zum Mesolithikum fortgeführt.
chapeau de gendarme, der sinusförmige Umriss einer sorgsam präparierten Schlagfläche der Levallois-Technik s. s., die in der dorsalen oder ventralen Ansicht des Abschlags erkennbar ist (Abb. Chapeau de gendarme A u. B). Diese Art der Feinpräparation der Schlagfläche eines Levallois-Kerns diente der genauen Festlegung des Schlagpunktes nahe der Abbaufläche und im proximalen Zentrum des geplanten Zielabschlags.
Chapeau de gendarme B: Levallois-Spitze, Messak-Region, Südlibyen. Zeichnung Fiedler.
Charentien: Moustier-Spitze mit konvexen Kanten und verdünntem Bulbus; Trou du Diable, Belgien (nach Ulrix-Closset 1990).
Charentien, eine Kulturgruppe des Mittelpaläolithikums im westlichen Frankreich, gekennzeichnet durch Schaber und Spitzen, die aus Abschlägen gemacht worden sind. Das Charentien ist ein Synonym für das Moustérien in Südwestfrankreich und wurde zunächst in die Quina-Facies (mit schuppig retuschierten Bogenschabern und einer opportunistischen Abschlagtechnik) und Ferrassie (mit Levallois-Technik und kräftig retuschierten Spitzen, Abb. Charentien) unterteilt. Heute wird die Quina-Ausprägung als kennzeichnend für das Charentien verstanden (↗ Abb. Quina-Facies). Die Levallois-Technik ist hier selten angewendet worden. Der Grund dafür liegt wahrscheinlich an dem in der südöstlichen Charente örtlich verfügbaren „schwarzen“ Feuerstein, der zwar von guter Qualität ist, aber überwiegend in bizarr geformten Knollen mit Hohlräumen und Kalkeinschlüssen vorkommt, so dass homogene, volumenreiche Stücke selten sind. Der mit den Präparationsarbeiten der Levallois-Technik verbundene Materialverbrauch musste daher vermieden werden und man bevorzugte die diskoide Kerntechnik, besonders in der Variante der „Quina-Technik“. Deren Abschlagprodukte sind massiver als die der Levallois-Technik. Deshalb fallen die formgebenden Retuschen des Charentien kräftiger aus und geben dieser Gruppe des Moustérien ein abweichendes Gepräge. Zwischen dem Moustérien und dem Charentien besteht demnach kein wirklicher kultureller Unterschied, sondern es werden nur die offenen Möglichkeiten des angemessenen Umgangs mit den jeweils verfügbaren Rohstoffen deutlich. Einzelne Blattspitzen, blattförmige Schaber und Keilmesser weisen darüber hinaus auf kulturelle Beziehungen zum mitteleuropäischen Kreis der Keilmessergruppen hin.
Châtelperronien A: Behausungsstruktur des Châtelperronien aus der Grotte du Renne, Arcysur-Cure (verändert nach Leroi-Gourhan 1976).
Châtelperronien (auch Castelperronien), eine frühjungpaläolithische Kulturgruppe im typologischen Übergang vom Mittel- zum Jungpaläolithikum in Westeuropa, etwa 38.000 bis 39.000 Jahre alt. Kennzeichnend sind Messer und Spitzen mit einer steil retuschierten Kante (Abb. Châtelperronien B) sowie in der entwickelten Phase schlanke Knochenspitzen und Knochen- oder Zahnanhänger mit Befestigungskerben. Neben diesen Anhängern kommen auch durchlochte Schmuckstücke vor. Die Klingentechnik des Châtelperronien beruht vorwiegend auf Kernen mit gegenüberliegenden Schlagflächen, die als Entwicklung aus Levallois-Klingenkernen angesehen werden können. Wahrscheinlich hat das Châtelperronien seinen Ursprung im MTA, dessen Klingentechnik, Rückenmesserformen, Stichel und Kratzer alle als Vorläufer entsprechender Geräte der jüngeren Zeit verstanden werden können. Für diese Weiterbildung stehen Inventare, wie beispielsweise das des Moustérien à lames aus La Rochette, das an mittelpaläolithischen Formen reiche Châtelperronien aus Combe Capelle oder auch das archaische Châtelperronien aus Saint-Césaire. In den jüngeren Inventaren des typischen Châtelperronien sind mittelpaläolithische Formen selten, also nicht häufiger als im Aurignacien oder anderen jungpaläolithischen Inventaren.
Châtelperronien B: Châtelperronien aus Quincay La Grande Roche: 1–3 Kratzer, 4–8 Châtelperron-Spitzen, 9 Stichel Cottés (grafisch verändert nach F. Lévêque 1999).
Das Châtelperronien ist nach seinen 14C-Daten zeitgleich mit den mittel- und südosteuropäischen Blattspitzeninventaren um 40.000 v. Chr. Träger dieser Kultur sind vermutlich späte Neandertaler (Saint-Césaire). Die Verbreitung des Châtelperronien liegt vor allem in Westeuropa; allerdings sind Einflüsse bis ins östliche Mitteleuropa (z.B. Ilsenhöhle bei Burg Ranis) vorhanden. Aus Arcy-sur-Cure liegt der Befund einer mit Steinbrocken fundierten Behausung von etwa 3m Durchmesser vor, die innerhalb der Grotte du Renne angelegt worden war (Abb. Châtelperronien A).
Châtelperron-Messer: Châtelperron-Spitzen. 1 La Quina, 2–3 La Grande Roche à Quincay, 4–5 Les Cottés (grafisch verändert nach F. Lévêque 1999).
Châtelperron-Messer oder Châtelperron-Spitze (pointe de Châtelperron), eine stabile Klinge mit einer leicht bogenförmigen, steilen Rückenretusche (Abb. Châtelperron-Messer). Der proximale Bereich ist oft von zungenförmiger Gestalt. Die Rückenstumpfung kann sehr kräftig ausgeführt oder auch fein und marginal vorhanden sein. Die Größen dieser Geräte liegen zwischen etwa 3 und 7 cm Länge. Es gibt Übergangsformen zu Gravette-Spitzen. Rein formal gleichen manche Rückenspitzen des Azilien und ausklingenden Jungpaläolithikums den Châtelperron-Spitzen völlig. Eine schlanke Variante der Châtelperron-Spitze wird als pointe des Cottés unterschieden. Sie soll innerhalb des Châtelperronien die späte Phase kennzeichnen.
Chelléen, die veraltete Bezeichnung für das ältere und mittlere Acheuléen in Frankreich.
Chimäre, Phantasietier. In der jungpaläolithischen ‚Höhlenkunst‘ tauchen gelegentlich bizarre Tierdarstellungen auf, die eindeutige Produkte der (mythologischen?) Phantasie sind.
Chopper und Chopping-tool, ein einfaches, durch Abhauen von Splittern geschärftes Gesteinsstück, auch als Pebble-tool, Geröllgerät oder Haugerät bezeichnet. Man unterscheidet Choppers mit einflächig bearbeiteter Schneide und Chopping-tools mit beidflächig behauener Arbeitskante. Diese Geräte sind charakteristisch für das Altpaläolithikum (Abb. Chopping-tool); sie kommen aber auch später, sogar noch im Neolithikum vor. Es gab wegen der Vielgestaltigkeit dieser Gerätegruppe verschiedene Versuche zur formaltypologischen Gliederung. Aber die normierte Klassifizierung scheitert stets an der zumeist opportunistischen Herstellungs- und Formgebungsweise. So lassen sich sowohl Choppers als auch Chopping-tools nur sehr allgemein in Stücke mit konkaven, annähernd geraden, bogenförmig-konvexen oder spitzen Arbeitskanten unterteilen. Letztere bilden Übergänge zu Pics und einfachen Faustkeilen. Die Entwicklung von Faustkeilen wird manchmal als von bifaciellen Choppingtools ausgehend verstanden. Da es seit dem Oldowan aber Faustkeile und Cleaver gibt, die aus massiven Abschlägen angefertigt wurden, ist diese Ableitung zu eng gefasst.
Chopping-tool: 1 Münzenberg, Quarzit; 2 Laetoli, Garusi-Quellgebiet, Lava. Zeichnung Fiedler.
Chopper-core, ein Kernstein, der einem Chopping-tool oder Chopper gleicht, aber nicht als Werkzeug, sondern nur als Ausgangsform der Abschlagherstellung diente.
Choukoutien, siehe Zhoukoudian und Sinanthropus pekinensis.
Churinga, Schwirrholz. Ein Gerät zum Erzeugen eines Brummtones, das vor allem aus Australien bekannt geworden ist. Churingas sind gewöhnlich flache, langovale durchlochte Holz- oder Knochenstücke, die an einer langen Schnur um den Kopf gewirbelt werden. Aus dem europäischen Jungpaläolithikum liegen ähnliche Objekte vor, die meistens verziert sind und möglicherweise die Funktion von Schwirrhölzern hatten.
Ciemna-Messer: Buhlen III. Zeichnung Fiedler.
Ciemna-Messer, ein von Jürgen Richter gewählter Begriff, der den des Pradnik-Messers ergänzt, denn der Begriff Pradnik-Messer gilt im osteuropäischen Verständnis für verschiedene Formen von Keilmessern. Aus den Ciemna-Höhlen (bei Krakau) liegen zahlreiche, oft schlanke Pradnik-Messer mit leicht bogenförmigen Enden vor, die gewöhnlich mit Schneidenschlägen versehen sind. Diese spezielle Form (die in Deutschland vor allem vom ‚Oberen Fundplatz‘ in Buhlen bekannt geworden ist, Abb. Ciemna-Messer) hebt sich eindeutig von anderen Keilmessern ab und wurde zuerst von J. Kozlowski als eigener Typ beschrieben.
Clactonian: 1 Clacton-Abschlag, Mittelpaläolithikum von Rörshain (Zeichnung Fiedler), 2 Clacton-Kern: Der längliche Kern ist im technologischen Prinzip ein gestreckter diskoider Kern. Er könnte ebenso als Epannelé oder als ‚Barrenförmiger Kern‘ (im Sinne Bosinskis) bezeichnet werden. Grube Hélin, St.-Symphorien (Zeichnung Fiedler), 3 Speerspitze aus Eibenholz von Clacton-on-Sea, nach K. P. Oakley.
Clactonian, Clactonien, eine nach Funden aus dem südostenglischen Küstenort Clacton-on-Sea benannte altpaläolithische Industrie der Hoxne-Warmzeit. Kennzeichnende Formen sind massive Abschläge mit offenem Schlagwinkel (Clacton-Abschläge), gebuchtete und gezähnte Geräte, überwiegend grob retuschierte Schaber und Spitzen, Chopping-tools sowie diskoide Kerne (Abb. Clactonian, 1–2). Faustkeile sind sehr selten und – wenn vorhanden – überwiegend grob im Stil des Abbevillien gefertigt. Ein wichtiger Fund ist eine rund 60 cm lange, abgebrochene Spitze eines in Clacton-on-Sea gefundenen Speers aus Eibenholz, sorgfältig geschnitzt und mit Brandspuren, die lange als Versuch einer Härtung im Feuer gedeutet wurden (Abb. Clactonian, 3). Es ist jedoch wahrscheinlicher, dass die Oberfläche des Speerrohlings vor dem Schnitzen im Feuer abgebrannt wurde. Inventare mit Clactonian-Charakter wurden in Europa verschiedentlich aus Schichten des Mittelpleistozäns geborgen. Die meisten Fachgelehrten nehmen an, dass solche Inventare keinen eigenen ethnischen Hintergrund haben, sondern habitat- und aktivitätsspezifische Bestandteile des Acheuléen sind. Dazu gibt es abweichende Meinungen, nach denen die Unterschiede mit zwei getrennten europäischen Hominidenformen im frühen Mittelpleistozän in Zusammenhang gebracht werden, deren tatsächliche Verschiedenheit allerdings fragwürdig ist.
Clacton-Bucht: Hohlschaber von Clacton-on-Sea, nach K. P. Oakley.
Clacton-Abschlag, eine von ihrer kulturellen oder zeitlichen Zuordnung unabhängige Bezeichnung für einfache Abschläge mit offenem Schlagwinkel und ausgeprägtem Schlagbuckel.
Clacton-Bucht, eine unter den Funden von Clacton-on-Sea häufige Bearbeitungsweise in Form einer konkaven Schneide, die durch einen einzigen kräftigen Abhieb erzeugt wurde. Werkzeuge mit einer Clacton-Bucht (encoche clactonienne) wurden hauptsächlich zum Schaben und Beschnitzen von Holzgeräten benutzt (Abb. Clacton-Bucht). Die aus Clacton-Buchten herausgeschlagenen Abschläge eignen sich besonders zur Herstellung von Quinson-Spitzen, Bohrern und kleinen Breitschabern. Derartige Werkzeuge sind in manchen altpaläolithischen Inventaren häufig (z.B. Isernia oder Bilzingsleben).
Cleaver, ein Faustkeil mit breiter, beilartiger Schneide, meistens aus einem großen Abschlag hergestellt. Cleaver können rundliche, rechteckige, trapezoide, fast dreieckige oder U-förmige Konturen haben. Die Schneide ist meistens unretuschiert, kann aber auch behauen sein (Abb. Cleaver A). Ihre Stellung zur Längsachse des Gerätes kann annähernd rechtwinkligquer (Abb. Cleaver B) bis stark diagonal sein (Abb. Cleaver C). Es gibt ein diffuses Feld von Übergängen zu typischen ovalen oder birnenförmigen Faustkeilen. Cleaver sind besonders im älteren Acheuléen häufig vertreten.
Cleaver A: Biface-Cleaver, Altacheuléen, Amguid-W, algerische Sahara. Zeichnung Fiedler.
Cleaver B: Cleaver aus einem Kombewa-Abschlag, Altacheuléen, Amguid-W, algerische Sahara. Zeichnung Fiedler.
Cleaver C: Cleaver mit schräger Schneide, Altacheuléen, Amguid-W, algerische Sahara. Zeichnung Fiedler.
Cleaver-Flake: Cleaver-Flakes des nordafrikanischen Acheuléen: 1 Cleaver-Flake mit dorsaler Bearbeitung an der Spitze. Das Abschlagnegativ, das die Schlagfläche formt, wurde schon am Kern entfernt; Abatekh, Marokko. 2 Cleaver-Flake als Grundform für ein bifaciell bearbeitetes Gerät. Die dorsalen Abschlagnegative gehören zur Kernpräparation; Tamegroute, Marokko. 3 Cleaver-Flake ohne zusätzliche Modifikation; Tamegroute, Marokko. Zeichnung Fiedler.
Cleaver-Flake, eine besondere Abschlagform, die von einem speziell gestalteten Kern gewonnen wurde und seit 800.000 Jahren vor allem in Afrika vorkommt. Die Kerne dafür haben die Form grober ovaler Faustkeile mit jeweils einer gewölbten Abbaufläche (Victoria-West-Kerne oder Tabelbala-Tachenghit-Kerne. Die Schlagrichtung des Zielabschlags verläuft häufig diagonal zur Längsrichtung des Kerns. Der Zielabschlag hat schon annähernd die vorgegebene Form eines Cleavers oder Faustkeils (Abb. Cleaver-Flake). Gebrauchsspuren an derartigen Abschlägen zeigen, dass sie oft unmodifiziert benutzt wurden. Meistens wurden sie aber an den Kanten unifaciell oder bifaciell behauen und zu echten Cleavern oder Faustkeilen umgestaltet. Ein anderes Verfahren zur Herstellung von Cleaver-Flakes ist die Kombewa-Technik (↗ Abb. Kombewa-Abschlag). Dafür wurde zunächst ein sehr großer Abschlag (bis 0,5m Durchmesser!) erzeugt. Dieser Abschlag diente als Kern, indem seine Ventralfläche als Abbaufläche genutzt wurde. Der Schlagpunkt wurde dabei in der Nähe der ursprünglichen Schlagfläche gesucht, so dass dessen Bulbuspartie später als Dorsalfläche des Kombewa-Abschlags erscheint. Solche Abschläge haben demnach zwei konvexe Ventralflächen und sind im Querschnitt nahezu gleichmäßig bikonvex. Sie eignen sich besonders gut zur Herstellung von symmetrischen Cleavern und Faustkeilen.
Die Verfahren zur Produktion von Cleaver-Flakes belegen in der Zeit des Homo erectus s. l. und der archaischen Sapienten die gedankliche Verfügbarkeit einer Technik, die zahlreiche sehr unterschiedliche methodische Schritte zur Erstellung von Zwischenprodukten verlangt, um schließlich ein Werkzeug zu erhalten, das selbst wiederum zur Erfüllung einer vorgesehenen Aufgabe dient. Diese Techniken sind in Europa allerdings nur selten nachgewiesen (z.B. aus Pinedo in Spanien, Creysse in Frankreich, Ziegenhain und Münzenberg in Hessen).
Coelodonta antiquitatis, das wollhaarige Nashorn, der typische Vertreter der oberpleistozänen Tundren- und Steppenlandschaft, veraltet auch Rhinoceros tichorhinus genannt.
Combe Capelle, ein bedeutender Fundort im Couze-Tal (Dordogne) mit dem Skelett eines frühen Homo sapiens sapiens sowie einer Stratigraphie vom MTA über spätes Moustérien (schon mit Châtelperron-Messern), Châtelperronien, Aurignacien, Gravettien zum Solutréen (Grabungen O. Hauser). Die spätmittelpaläolithischen Funde von Combe Capelle enthalten neben einzelnen rückenretuschierten Formen auch kleine herzförmige, ovale oder dreieckige Faustkeile und Faustkeilblätter sowie einfache Schaber, Quina-Schaber, Schaber mit Kostenki-Enden und Keilmesser. Somit bestehen hier deutliche ‚kulturelle‘ Beziehungen zum Mittelpaläolithikum Zentraleuropas. In dem Fundhorizont des Châtelperronien wurde von D. Peyrony ein Kalkbrocken gefunden, auf dem ein Pferdekopf mit roter Kontur gezeichnet worden ist.
Coprolith, siehe Koprolith.
Corbiac-Stichel, eine Klinge (oder Abschlag), an der durch einen seitlichen Hieb, quer zur Hauptachse, ein Stück abgetrennt worden ist. Die Trennfläche ist manchmal wie eine Kratzerschneide benutzt worden (auch: chamfered pieces/pièce à chanfrein/ gestutzte Klingen/gestutzter Abschlag). Corbiac-Stichel gehören zur Variation der burins transversaux (Querstichel), die besonders im mittleren und späten Jungpaläolithikum häufig sind (Abb. Corbiac-Stichel).
Corbiac-Stichel: Querstichel, Mardorf, Jungpaläolithikum. Zeichnung Fiedler.
Cortex, die in der Fachliteratur übliche Schreibweise von Kortex.
Cottés-Spitze, eine schlanke Variante der Châtelperron-Spitze. Die Cottés-Spitzen sind grundsätzlich aus Klingen hergestellt worden, die in jungpaläolithischer Klingentechnik erzeugt worden sind (Abb. Cottés-Spitze). Daher sind sie formaltypologisch von Gravette-Spitzen nicht eindeutig trennbar, zumal im Gravettien gelegentlich auch sehr breite rückengestumpfte Spitzen oder Messer vorkommen. Cottés-Spitzen gelten nach einigen stratigraphischen Befunden als allgemein jünger als die eigentlichen Châtelperron-Spitzen. Da im späten Châtelperronien auch eine Tendenz zu kleinen/grazilen Spitzen besteht, ist es nicht ausgeschlossen, dass es einen Zusammenhang mit der Entwicklung von Dufour-Lamellen (des Font-Yves-Typs) im Aurignacien gibt.
Cottés-Spitze: Châtelperron-Spitze: Combe Capelle, Grabung O. Hauser. Zeichnung Fiedler.
Couteau à dos
1. Couteau à dos abattu, ein rückenretuschierter Abschlag oder eine rückenretuschierte (rückengestumpfte) Klinge, jeweils mit Spitze oder schräg bzw. rundlich retuschiertem Ende (Abb. Couteau à dos). Zu diesen Formen gehören Abri-Audi-Messer, couteaux à dos moustériens, Châtelperron-Messer oder -spitzen, Gravette-Spitzen und Federmesser sowie rückenretuschierte Klingen oder Lamellen jungpaläolithischer Art. Meistens ist die Rückenretusche dorsal angelegt; es gibt aber auch atypische ventrale Rückenstumpfung. Der Übergang von rückenretuschierten Messerchen zu Mikrolithen ist fließend.
2. Couteau à dos naturel oder à dos cortical (Messer mit natürlichem Rücken oder Cortex-Rücken), ein Abschlag oder eine Klinge mit Cortex-Rücken und gleichsam ‚natürlicher‘ Eignung als Messer (Abb. Couteau à dos naturel). Viele dieser Formen weisen Gebrauchsspuren auf, haben ‚reduzierte Ecken‘, zusätzliche partielle Rückenretusche oder schräge Endretusche, so dass ihre Verwendung als Messer zu belegen ist. In der Grotte von Bize (Aude) fanden sich besonders viele dieser mittelpaläolithischen Geräte sowie entsprechende Kerne, deren Abbaustadien erkennen ließen, dass die Herstellung von ‚Messern mit natürlichen Rücken‘ systematisch geschah. Ähnliche Messer (nicht mit Cortex-Rücken, sondern mit einer steilen Kernkante) wurden „seitlich“ von Levallois-Klingenkernen oder diskoiden Kernen abgetrennt (Messer mit kantigem Rücken). In der sogenannten Quina-Technik wurden Breitabschläge erzeugt, deren Schlagflächenreste eine Rücken-Funktion haben konnten. Oft sind Messer mit natürlichen oder kantigen Rücken an den Schneiden flach retuschiert oder mit einer groben Zähnung versehen. Hierbei gibt es Übergänge zu Schabern und ‚gezähnten Geräten‘.
Couteau à dos: Abri-Audi-Messer aus einem gedrungenen Levallois-Abschlag; Mittelpaläolithikum von Buhlen-4. Zeichnung Fiedler.
Couteau à dos moustérien, ein rückenretuschiertes (rückengestumpftes) Messer des Mittelpaläolithikums, das in großer Formenvielfalt, beispielsweise mit spitzen, schräg retuschierten, abgewinkelten oder kratzerartig-runden (Kratzer) Enden realisiert worden ist (Abb. Couteau à dos moustérien). Die Rückenretuschen können von sehr kräftig bis außerordentlich fein und marginal ausgeführt worden sein. Viele dieser Messer sind auch nur partiell rückenretuschiert. Als Grundformen dienten schlanke Levallois-Klingen ebenso wie massive Abschläge. Besonders kennzeichnend sind diese Formen für das MTA Westeuropas. In Deutschland sind sie häufig im Fundkomplex 4 des ‚Unteren Fundplatzes‘ von Buhlen. Das Abri-Audi-Messer ist eine massive Variante innerhalb dieser Werkzeuggruppe.
Couteau à dos naturel: Messer mit natürlichem Rücken und sparsamer Rückenretusche, Laussel. Zeichnung Fiedler.
Couteau à dos moustérien: Messer mit abknickender Rückenretusche aus der Grundform eines Protolevallois-Abschlag; Mittelpaläolithikum von Buhlen-4. Zeichnung Fiedler.
Craquelé, Krakelee, das durch thermische Veränderung hervorgerufene netzartige Muster feiner Spannungsrisse.
Creswellien, das Jungpaläolithikum in England (20.000 bis 12.000 BP), dessen kennzeichnende Steingerätform eine Rückenspitze mit ‚geknicktem‘ Rücken ist.
Cro-Magnon, ein Abri in Les Eyzies (Cro bedeutet im Languedoc Grotte) mit Funden von Homo sapiens sapiens (Abb. Cro-Magnon). Sie wurden sehr lange als zum Aurignacien gehörend betrachtet, tatsächlich stammen sie aus dem Gravettien, also dem mittleren Jungpaläolithikum (etwa 26.000 Jahre BC). Der Begriff Cro-Magnon wurde synonym für den anatomisch ‚modernen‘ (Homo sapiens sapiens) Menschen benutzt (Cro-Magnon-Mensch).
Cro-Magnon: Homo sapiens sapiens: Schädel aus der Grotte „Cro Magnon“ in Les Eyzies. Das C14-Alter dieses Schädels ist ungefähr 28.000 Jahre, so dass der Fund in das frühe mittlere Jungpaläolithikum datiert und nicht – wie früher angenommen – aus dem Aurignacien stammt (Umzeichnung nach Foto). Zeichnung Fiedler.
Cromer forest bed, siehe Cromer-Warmzeit.
Cromer-Warmzeit, Cromer-Komplex, ein Typus frühmittelpleistozäner Warmzeiten im Zeitraum von etwa 0,8 bis 0,5 Mio. Jahren. Der Cromer-Komplex wird oft im geostratigraphischen Sinn genannt, ist aber streng genommen eine faunenhistorische Einheit, die für eine kennzeichnende, frühmittelpleistozäne Faunenvergesellschaftung steht.
Im Bereich der viele Kilometer langen Typuslokalität, dem Cromer forest bed an der südöstlichen Küste Englands fanden sich verschiedene Acheuléen-Inventare, die zu den ältesten der gut datierbaren Europas zählen (Pakefield, Happisburgh). Sie sind etwa 750.000 Jahre alt. Neben gewöhnlichen Faustkeilen wurden bisher vor allem retuschierte/behauene Kleingeräte und Knochen mit Schnittspuren sowie Spuren der Feuernutzung geborgen. Je nach Autor beinhaltet der Cromer-Komplex 4 oder 5 Warmzeiten.
Cupula, cupule, eine in Stein gepickte, näpfchenförmige Vertiefung. Cupulen gehören zu den ältesten Formen der uns bekannten Paläokunst. Oft sind sie paarweise oder in größeren Gruppen angeordnet. Einige dieser Objekte, wie beispielsweise die Näpfchensteine des Oldowan, sind vermutlich durch die praktische Benutzung als Ambosssteine entstanden. Andere, seit dem Acheuléen (in Indien Bhimbetka-Rockshelter) an Felswänden erzeugte Näpfchen haben möglicherweise eine rituelle Bedeutung. Aus dem Mittelpaläolithikum sind sie vor allem von La Ferrassie bekannt. Häufiger kommen sie im Aurignacien vor. Es gibt derartige Cupulen auch noch in späterer Zeit – besonders häufig als ‚Schalensteine‘ in der nordischen Bronzezeit. Nur ausnahmsweise sind Cupulen mit einer technologischen Ergologie erklärbar; die meisten sind Markierungen, die sich unserer Deutung entziehen.