Читать книгу re:publica Reader 2013 – Tag 3 - Группа авторов - Страница 6
Business & Innovation Vom Dienstleister zum Ökosystem Die New Open Cities Challenge: Managing large tourism flows macht's möglich: Scheinbar unvermeidbare Großstadtprobleme wie verstopfte Straßen, Wasserversorgung und Arbeitslosigkeit schrumpfen zu bunten Puzzleteilen, die man nur richtig anordnen und verknüpfen muss. Zum Beispiel mit Apps. Die größte Inspirationsquelle dabei: Ein Korallenriff.
ОглавлениеSpeaker: Carles Ferreiro
Autor: Lisa Böttinger
Carles Ferreiro sucht: Probleme. „Erst durch Herausforderungen entstehen Möglichkeiten“, sagt der Querdenker, der sich für das Projekt Open Cities der EU engagiert. Die Plattform sieht sich nicht als rechte Hand der Regierungen und Rathäuser, sondern will mithilfe möglichst vieler kluger und innovativer Köpfe den Alltag von Städtern erleichtern. Wie können Städte effektiv und ökologisch mit Touristenströmen umgehen? Um diese Frage zu beantworten, hat Open Cities einen Wettbewerb ins Leben gerufen. Er funktioniert nach dem Prinzip, das Ferreiro „Open Innovation 2.0“ nennt. Was heißt das? Nehmen wir an: Die Stadt Kairo will ihr Verkehrssystem flüssiger machen. Ein traditioneller Lösungsansatz wäre also: Baut bessere und breitere Straßen, setzt größere Busse ein und fördert öffentlichen Nahverkehr. Das umzusetzen funktioniert nur Top-Down, kostet viel Steuergeld und liefert am Ende eine konkurrenzlose Lösung. Wenn die sich nicht bewährt, gibt es keine Alternativen, viele Ressourcen sind dafür draufgegangen. „Open Innovation 1.0“ kann man sich hingegen vorstellen wie einen löchrigen Trichter: Es gibt klare Zielvorstellungen, aber nicht nur eine Stoßrichtung, in die das Problem angegangen wird. Es gibt mehrere Konkurrenten, die sich mit dem Thema beschäftigen – die Entwicklung dauert aber immer noch relativ lang, wenige verschiedene Lösungsvorschläge sind das Ergebnis. Besser wäre es doch, das Verkehrsproblem nach dem Prinzip Bottom-Up anzugehen, also die Leute – Händler, Krankenwagenfahrer, Studenten – zu fragen, die sich jeden Tag auf der Straße bewegen. Und zwar möglichst viele von ihnen.
Je mehr Leute in eine Richtung nachdenken, desto vielfältiger die Perspektiven, desto schneller der Entwicklungsprozess und vor allem: desto größer die Motivation, sich dann an den selbst entwickelten Lösungen zu orientieren. In Teams nahmen 350 Entwickler und ebensolche Leute von der Straße 2012 am Wettbewerb „Solve Cairo's Traffic Problem“ teil. 35 Ideen für mobile Apps wurden eingereicht, die Teams von Mentoren beraten und am Ende 25 Projekte dem Stadtrat vorgestellt. Dessen Lieblingsinnovation, die sich nun tausende Kairoer auf ihre Smartphones laden, war „Beliaa“, eine mobile Anwendung für Pannenhilfe. Es hatte sich nämlich herausgestellt, dass die Straßen vor allem so verstopft sind, weil von den ohnehin schon zu vielen Autos viele ständig liegenbleiben. Kann der Cousin dann nicht mal eben vorbeikommen und Abschlepphilfe leisten, schert sich keiner um die Panne – der Verkehr stockt.
Zurück zum Tourismus. Ein Problem muss in seine Kleinteile zerlegt werden, damit die Leute Anreiz verspüren, sich über ein Teilproblem Gedanken zu machen. Und wie löst man heute die kleinen Probleme des Alltags? Mit einer App. Denkanreize, womit sich die kleinen mobilen Helfer beschäftigen könnten, gibt Open Cities zur Genüge: Wie können Einheimische und Touristen besser harmonieren und voneinander profitieren? Nicht jeder Tourist in Prag möchte nur tschechisches Bier probieren, vielleicht liebt er Flohmärkte – wie also schneiden wir den Urlaub auf seine individuellen Bedürfnisse zu? Ferreiro vergleicht diese Strategie mit einem Ökosystem wie im Korallenriff: „Es ist ein Leben und Sterben; was sich bewährt, wächst, was nicht, macht Platz für neue Ideen“, so der Entwickler.
Carles Ferreiro lädt alle Innovatoren und Neudenker zur neuen Open Cities Challenge für Tourismus in europäischen Städten ein, die am 13. Mai 2013 ins Leben gerufen wird. Dem Einfallsreichtum sind keine Grenzen gesetzt. Jedes Problem ist eine neue Vision, die schon bald irgendwo zwischen Berlin und Bologna Realität wird.