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BONN

Wohnen wie die Diplomaten

Vermögende Kunden finden in Bonn immer noch Immobilien in Bestlage. Preiswerte Wohnungen sind aber Mangelware.

Fünf Quadratmeter Wohnfläche und Wände aus Blech: Wohnen in Bonn hatten sich Lukas Riad und Rasmus Pichler sicherlich anders vorgestellt. Doch zu Semesterbeginn hatten die beiden Studenten zunächst keine andere Bleibe gefunden als einen blauen VW-Campingbus.

Mit ihrer verzweifelten Suche nach einer bezahlbaren Wohnung stehen die beiden jungen Männer in der Bundesstadt nicht alleine da. "Der besonders enge Mietmarkt in Bonn ist ein Phänomen", sagt Analystin Hildegard Höhlich von vdp Research. Seit 2007 seien die Monatsmieten um 13 Prozent auf durchschnittlich 8,60 je Quadratmeter gestiegen. In gefragten Lagen wie der Südstadt oder Kessenich werden aber längst Quadratmeterpreise von zehn Euro und mehr gezahlt.

Der Grund für den Preisanstieg: Bonns Einwohnerzahl wächst. "Nach dem Regierungsumzug dachte man, dort gehen die Lichter aus, aber genau das Gegenteil war der Fall", sagt Höhlich. Im Schatten der Unternehmenszentralen von Deutscher Post und Telekom siedelten sich zahlreiche mittelständische Dienstleister an. Durch den Regierungsumzug frei gewordene Gebäude und Grundstücke des Bundes wurden von neu nach Bonn gezogenen Bundesämtern, privaten Investoren oder den Dax-Konzernen aufgesogen. Und der Zuzug hält an. Bis 2030 erwarten die Statistiker ein Bevölkerungswachstum von 11,5 Prozent. Statt knapp 306 000 Menschen werden nach den Prognosen dann etwa 362 000 Personen in Bonn leben. Für den Wohnungsmarkt der Stadt ist diese Entwicklung gegen den Bundestrend aber auch eine Herausforderung. "Eigentlich ein Luxusproblem", sagt Stadtbaurat Werner Wingenfeld. Aber fest steht: In Bonn gibt es nicht genügend Wohnraum.

Für Haushalte mit unteren, aber auch mittleren Einkommen sei die Lage dramatisch, beobachtet Mirco Theiner, Geschäftsführer des Mieterbundes Bonn Rhein-Sieg. Insgesamt fehlten in der Stadt 5 000 Wohnungen. Um den Bedarf bis 2020 zu decken, müssten 1 000 Wohnungen im Jahr gebaut werden, sagt Wingenfeld. In den vergangenen Jahren waren es aber nur etwa 600.

Und nicht nur Mieter, sondern auch Käufer leiden unter dem zu geringen Angebot. Im ersten Quartal dieses Jahres registrierte Corpus Sireo, der Immobilienmakler der Sparkasse KölnBonn, etwa 2 750 Kaufgesuche für Einfamilienhäuser - viermal so viel, wie zum Verkauf gestellt wurden, sagt Philipp Rothländer von Corpus Sireo. Bei Eigentumswohnungen habe das Verhältnis von Angebot und Nachfrage bei eins zu drei gelegen.

Die Folge: Eigentumswohnungen wurden laut vdp Research im Jahr 2012 im Durchschnitt um sieben Prozent, Einfamilienhäuser um fünf Prozent teurer. In begehrten Lagen wie Kessenich, Poppelsdorf oder der Bonner Innenstadt kosten Eigentumswohnungen zwischen 1 800 und 2 700 Euro pro Quadratmeter, Einfamilienhäuser zwischen 2 300 und 2 750 Euro. Vor allem für die Bonner Innenstadt erwartet Rothländer auch 2013 wieder einen kräftigen Preisanstieg.

Daneben sind laut Höhlich vor allem Lagen in unmittelbarer Rhein-Nähe gefragt, etwa in den Godesberger Ortsteilen Plittersdorf oder Rüngsdorf. Ebenso begehrt sind die Stadtteile oberhalb des Bonner Talkessels. Denn in Ippendorf, Venusberg oder Röttgen ist die Luft frischer, vor allem an den typischen schwülen Bonner Sommertagen.

Für Immobilienanleger sei Bonn ein gutes Pflaster, sagt Höhlich. Denn im Vergleich zu Städten wie München oder Düsseldorf seien die Preise immer noch moderat, aber man bekomme schon jetzt gute Mieten.

Neuen Wohnraum zu schaffen stellt die Stadtplaner vor ein Problem. Größere Bauflächen gebe es kaum noch, sagt Werner Wingenfeld. Die letzten größeren Lücken werden in den kommenden Jahren geschlossen, unter anderem auf der rechten Rheinseite im Stadtteil Beuel. Dort wird der im Ortsteil Vilich-Müldorf entstandene Wohnpark I mit 300 Einheiten, überwiegend Einfamilienhäusern, in einem zweiten Bauabschnitt um noch einmal so viele Einheiten erweitert. Auch im Ortsteil Geislar sind 150 Wohneinheiten geplant.

Ein Rezept der Stadt heißt nun: Umnutzung. Verlassene Liegenschaften der Bundeswehr kommen da gerade recht, zumal sie sich durchweg in guten Lagen befinden. So sollen auf dem Gelände der Gallwitz-Kaserne im Ortsteil Hardtberg Wohnungen entstehen. In der früheren Ermekeilkaserne in der teuren Südstadt, einst erster Sitz des Bundesverteidigungsministeriums, sollen Sozialwohnungen gebaut werden. Bezahlbarer Wohnraum soll auch auf dem 27 000 Quadratmeter großen Gelände des früheren Streitkräfteamts zwischen den beliebten Ortsteilen Pennenfeld und Muffendorf geschaffen werden. Dort will ein privater Investor 250 Mietwohnungen bauen.

Dass es in der Bundesstadt noch Neubauprojekte in besten Lagen gibt, verdankt Bonn seiner Hauptstadtvergangenheit. So sind in den vergangenen Jahren noch einige ehemalige Botschaften an Investoren verkauft worden, oft großzügige Grundstücke, auf denen nun Wohnungen entstehen - etwa auf dem Gelände der ehemaligen französischen Botschaft in exklusiver Rhein-Blick-Lage in Rüngsdorf. Dort werden derzeit 48 Eigentumswohnungen gebaut. Etwas weiter rheinabwärts in Plittersdorf gleich am Rheinauen-Park entsteht auf einem Teil der früheren amerikanischen Siedlung sogar ein neues Stadtviertel mit 180 Einfamilienhäusern, Eigentums- und Mietwohnungen. Die große Herausforderung für die Zukunft sei jedoch, Wohnraum für untere und mittlere Einkommen zu schaffen, sagt Stadtbaurat Wingenfeld - denn er ist sicher: "Bonn wird ein Knappheitsmarkt bleiben."

BONN IN ZAHLEN

Bevölkerung: Mit etwa 305 000 Einwohnern steht Bonn auf Platz neun unter den Großstädten Nordrhein-Westfalens. Noch - 2020 werden es 40 000 mehr sein. Mit einer Akademikerquote von 21 Prozent aller Beschäftigten belegt Bonn allerdings Platz eins in NRW. Standort: Bonns größte Unternehmen heißen Deutsche Post DHL, Postbank und Deutsche Telekom, die es zusammen auf knapp 29 000 Mitarbeiter bringen. Sechs Bundesministerien mit 8 000 Beschäftigten haben ihren ersten Sitz am Rhein, zudem ist die Stadt Deutschlands einziger UN-Standort mit etwa 1 000 UN-Mitarbeitern.

Trendviertel 2013

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