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DEVODuty Now for the Future [Warner, 1979] Markus Ströhlein

Ich schäme mich nicht dafür, auf Leute hereingefallen zu sein, die schlauer sind als ich. Und Devo sind verdammt schlau. Zunächst weckten die seltsamen Kostüme, schrägen Brillen, ulkigen Hüte, das pausbäckige Gesicht des Quasimaskottchens Booji Boy, die überdrehten Stimmen, quietschenden Synthesizer, quirligen Gitarren und das reduzierte Schluckaufschlagzeug meine Begeisterung für die Band. Devo waren für mich die Hofnarren von Punk und New Wave, ein großartiger Spaß, der nicht zuletzt überragend gut und originell klang.

Dass Devo hinter der ausgeklügelten Hülle bitter- bis todernste Angelegenheiten verhandelten, fiel mir erst später auf − bei manchen dauert es eben etwas länger. Die Bandgründung und das namensgebende »Konzept der De-Evolution«, also die Feststellung, dass statt sozialem Fortschritt das Gegenteil, nämlich gesellschaftliche Regression eingetreten ist, waren eine Reaktion auf ein blutiges Ereignis, das sich lange vor Punk ereignete: Am 4. Mai 1970 eröffneten Nationalgardisten an der Kent State University in Ohio, an der zu diesem Zeitpunkt auch spätere Mitglieder von Devo eingeschrieben waren, das Feuer auf unbewaffnete Studenten, die gegen die Bombardierung Kambodschas durch die USA protestierten. Vier Demonstranten wurden erschossen. Einer von ihnen war Jeffrey Miller, ein Freund von Gerald Casale, dem späteren Bassisten und Sänger von Devo. Casale selbst war Augenzeuge des Massakers, er sah auch, wie Allison Krause, eine weitere Bekannte, von einer Kugel tödlich getroffen zu Boden ging. »Ich war ein weißer Hippie-Junge und dann sah ich Austrittswunden von M1-Gewehren am Rücken zweier Menschen, die ich kannte. Ich hätte nicht mit Devo begonnen, wenn das nicht passiert wäre«, sagte Casale später in einem Interview.

Der Staat zeigt seine mörderische, faschistische Fratze, um das Aufbegehren niederzuschlagen, die Kulturindustrie besorgt die weitere Verblödung der gleichgültigen Mehrheit, die Menschheit entwickelt sich unaufhaltsam zurück − das ist die alles andere als hoffnungsfrohe Botschaft der Band. Devo nennen ihre Absage an den sozialen Fortschrittsglauben »De-Evolution«, andere erst später in ähnlicher Absicht »No Future«. Man hat es im Falle Devo also zweifellos mit einer negativen Band zu tun. Allerdings präsentierten Devo ihre Negativität, anders als die allermeisten Punkbands, in der Verkleidung als Hofnarren.

Auf keinem anderen Album kommt die dunkle, negative Seite der Band so deutlich zur Geltung wie auf Duty Now for the Future. 1979 zwischen dem furiosen Debütalbum Q: Are We Not Men? A: We Are Devo! (1978) und dem kommerziell erfolgreichsten Album Freedom of Choice (1980) veröffentlicht, wird die Platte häufig übersehen. Dabei ist schon der Einstieg großartig, wenn auch reichlich sperrig. Die kurze Firmenhymne »Devo Corporate Anthem« ist ein wortloser Kommentar zum Corporate America und bis heute einer der besten musikalischen Witze, die jemals von einem fisteligen Synthesizer erzählt wurden. Dann kommt »Clock Out«, ein Song mit angezogener Handbremse, der den klassischen Erfordernissen eines catchy Openers einfach nicht entsprechen mag, gefolgt vom zweiten Instrumental »Timing X«, das sich mit den eingestreuten 5/8-Takten ebenfalls spröde gibt. Dunkel wird es mit »Blockhead«, einer rhythmisch holprigen Antihymne auf die konformistische Idiotie mit einem Chor, der bedrohlich »Blockhead« ausruft. Der Song »S.I.B. (Swelling Itching Brain)« klingt wiederum, wie er heißt: Das nervöse Synthesizer-Arpeggio und der Text lassen keinen Zweifel daran, dass im Oberstübchen gehöriges Durcheinander herrscht. Eine schwer verdauliche Nummer ist das hymnische, düstere »Triumph of the Will«, in dem es um Vergewaltigung geht − aus einer hässlichen männlichen Perspektive: »It is the thing females ask for when they convey the opposite.« Zwischen den dunklen, harten Brocken gibt es die für Devo typischen überdrehten und treibenden Songs wie »Strange Pursuit«, »Pink Pussycat« und »Smart Patrol / Mr. DNA«. Auch eine Coverversion hat die Band aufgenommen: Ähnlich wie bei »Satisfaction« auf dem Debütalbum bleibt vom Original des Sixties-Songs »Secret Agent Man« in dieser neuen Version allerdings wenig übrig. Von Nostalgie, ob musikalisch oder anderweitig, halten Devo nichts.

Deshalb hatte die Band auch Vorbehalte gegenüber Punk. »Wir wollten nicht als Punk bezeichnet werden, weil die Punks für uns nur historisch waren«, sagt Gerald Casale in seiner Oral History of Devo. Die Punks hätten »all ihre Ideen zu ihrem Aussehen, den Klang ihrer Musik und die Art ihrer Wut« von den Sechzigern abgeguckt. Waren Devo also keine Punkband? »Wir dachten, wir seien die wahren Punks, weil wir von allen gehasst wurden. Wir waren Punk-Wissenschaftler. Wir taten etwas, das falsch aussah, falsch klang, und wir sprachen über Dinge, über die niemand sprach«, so Casale weiter. Dem ist nichts hinzuzufügen.

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