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cc) Abwägungsfehlgewichtung oder -fehleinschätzung

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Nach der Ermittlung der in die Abwägung einzustellenden Belange hat die Gemeinde diese Belange zu gewichten und zu bewerten, da die Belange jeweils mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt werden. Dabei ist im Ausgangspunkt grundsätzlich von der Gleichrangigkeit der Belange – öffentlicher wie privater – auszugehen[486]. Daran anschließend ist die Feststellung der tatsächlichen Umstände, die für die Gewichtung relevant sind, erforderlich. Auf dieser Grundlage ist des Weiteren eine normative Bewertung der Belange vorzunehmen[487]. Auf dieser Stufe des Abwägungsgebotes geht es um die objektive Bewertung des einzelnen Belanges. Die Abgrenzung zu den benachbarten Stufen des Abwägungsgebotes ist schwierig. Liegt der Schwerpunkt der Bewertung der Belange in der Ermittlung ihrer objektiven Gewichtigkeit, stellt sich die Frage, ob die Verkennung dieses Gewichts nicht auch als Abwägungsdefizit betrachtet werden kann. Aber auch die Abgrenzung zur vierten Stufe gelingt nicht ohne Weiteres. Vielfach lässt sich das Gewicht eines Belangs nicht isoliert bestimmen, sondern ergibt sich letztlich nur aus dem Vergleich mit anderen berührten Belangen[488]. Relevanz kommt diesen Abgrenzungsfragen insofern zu, als die lediglich auf das objektive Gewicht der Belange bezogene Gewichtung ähnlich wie die Frage, ob die Belange überhaupt zu berücksichtigen sind, einer stärkeren gerichtlichen Kontrolle zugänglich sein dürften. Das subjektive Ins-Verhältnis-Setzen zu anderen Belangen liegt hingegen im Zentrum der planerischen Gestaltungsfreiheit und ist damit nur einer beschränkten gerichtlichen Überprüfung zugänglich.

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In den Zusammenhang der Gewichtung der Belange gehört auch die Diskussion um die Existenz sogenannter Optimierungsgebote. Der Gesetzgeber kann das Gewicht von Belangen durch gesetzliche Vorgaben stärken[489]. Dergestalt normierte Zielvorgaben müssen entsprechend dem Gewicht, das ihnen der Gesetzgeber beimisst, berücksichtigt werden und schränken so die Gestaltungsfreiheit der Gemeinde ein. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie nicht im Konflikt mit anderen Belangen auch zurücktreten müssten, wenn der Einzelfall dies gebietet[490]. Letzteres unterscheidet sie von strikt zwingenden rechtlichen Vorgaben[491]. Damit verschiebt der Gesetzgeber die Argumentationslast innerhalb der Abwägung zugunsten einzelner Belange. An diese grundsätzliche Überlegung anknüpfend hat das Bundesverwaltungsgericht die Kategorie der Optimierungsgebote geschaffen. Ein Beispiel hierfür ist etwa der Trennungsgrundsatz des § 50 BImSchG[492].

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Der Nutzen der Kategorie der Optimierungsgebote ist zu hinterfragen. Anwendungsprobleme können insbesondere dann auftreten, wenn verschiedene Optimierungsgebote miteinander in Konflikt geraten[493]. Letztlich gilt die Feststellung, dass alle Belange, mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung einzustellen sind. Die Gewichtigkeit ergibt sich zum einen aus den Gegebenheiten des konkreten Einzelfalls und zum anderen aus dem Gewicht, das der Gesetzgeber dem Belang gegebenenfalls beigemessen hat. Dieses kann erhöht sein, wie im Fall des § 50 BImSchG angenommen. Die Annahme einer eigenständigen Kategorie der Optimierungsgebote trägt in dem ohnehin bereits komplexen System der Abwägungsdogmatik zu einer weiteren Verkomplizierung bei, ohne dass ein praktischer Nutzen erkennbar wäre. Vor diesem Hintergrund ist zu begrüßen, dass das Bundesverwaltungsgericht von der Kategorie der Optimierungsgebote Abstand zu nehmen scheint[494].

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