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a) Verfahrens- und Formfehler (§ 214 Abs. 1 BauGB)

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Im Einzelnen erklärt § 214 Abs. 1 BauGB zunächst alle Verstöße gegen Verfahrens- und Formvorschriften im Hinblick auf Flächennutzungs- und Bebauungspläne im Grundsatz für unbeachtlich, um dann in § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1–4 BauGB Ausnahmen von diesem Grundsatz zu eröffnen[536].

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§ 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB ist insofern bemerkenswert, als diese Regelung wohl am deutlichsten den mit dem Europarechtsanpassungsgesetz Bau 2004 verfolgten Ansatz einer Qualifizierung des Abwägungsgebots auch als verfahrensrechtliche Anforderung zum Ausdruck bringt[537]. Der Sache nach regelt § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB die Behandlung von Fehlern auf der zweiten und dritten Stufe des Abwägungsgebots, also von Abwägungsdefiziten und Abwägungsfehleinschätzungen. Hierfür erhebt die Regelung auch einen Ausschließlichkeitsanspruch, wie § 214 Abs. 3 S. 2 Hs. 1 BauGB zeigt. Die Beachtlichkeit von Abwägungsfehlern wird durch § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB in dreierlei Hinsicht eingeschränkt. Zunächst setzt sie voraus, dass wesentliche Punkte in der Abwägung nicht richtig erfasst wurden[538]. Mit dieser Regelung knüpft der Gesetzgeber an die bereits zuvor geltende Abwägungsdogmatik an, die objektiv geringwertige oder nicht schutzwürdige Belange als unbeachtlich behandelt[539]. Weiter sind Mängel nur beachtlich, wenn sie „offensichtlich und auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen“ sind. Damit nimmt sie Bezug auf die Formulierung des § 214 Abs. 3 BauGB, wonach Fehler im Abwägungsvorgang nur beachtlich sind, wenn sie „offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind“[540]. Nach der ständigen Rechtsprechung ist ein Abwägungsmangel nicht nur dann offensichtlich, wenn er leicht erkennbar oder evident ist. Offensichtlichkeit liegt vielmehr vor, wenn der Fehler zur „äußeren Seite“ des Abwägungsvorgangs gehört, das heißt auf objektiv fassbaren Sachumständen beruht[541]. Irrelevant sind dem gegenüber die „inneren“ Beweggründe, wie Motive und subjektiven Vorstellungen der entscheidenden Personen, die keinen Eingang in die Planungsunterlagen gefunden haben[542]. Schwierigkeiten bei der rechtlichen Beurteilung spielen für die Offensichtlichkeit ebenfalls keine Rolle[543].

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Bedenklich ist die Voraussetzung, dass der Fehler das Ergebnis des Verfahrens beeinflusst haben muss. Die Rechtsprechung verlangt hier, dass die konkrete Möglichkeit besteht, dass die Entscheidung ohne den Fehler anders ausgefallen wäre[544]. Das bedeutet zwar einerseits, dass ein positiver Kausalitätsnachweis nicht erforderlich ist. Andererseits soll aber auch die bloß abstrakte Möglichkeit eines anderen Entscheidungsergebnisses nicht genügen, um die Beachtlichkeit des Fehlers zu begründen[545]. Die Möglichkeit eines anderen Ergebnisses muss sich durch die konkrete Beurteilung der behördlichen Vorgehensweise etwa anhand der Planunterlagen im jeweiligen Einzelfall belegen lassen[546]. Allerdings ist die Vorstellung, die fehlerhafte Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung eines Belanges könne isoliert auf ihre Ergebnisrelevanz untersucht werden, mit dem theoretischen Konzept der Abwägung kaum vereinbar[547].

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§ 214 Abs. 1 Nr. 2 BauGB regelt dann die Beachtlichkeit von Fehlern insbesondere im Bauleitplanverfahren. Dabei fällt zunächst auf, dass Fehler im Bereich der frühzeitigen Beteiligungen der Öffentlichkeit nach § 3 Abs. 1 BauGB und der Träger öffentlicher Belange nach § 4 Abs. 1 BauGB generell unbeachtlich sind[548]. Fehler in der förmlichen Beteiligungsphase nach §§ 3 Abs. 2 und 4 Abs. 2 BauGB werden durch § 214 Abs. 1 Nr. 2 BauGB hingegen für grundsätzlich beachtlich erklärt. Allerdings macht der Gesetzgeber in der internen Unbeachtlichkeitsklausel des § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Hs. 2 BauGB wiederum eine Reihe von Rückausnahmen[549].

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§ 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BauGB nimmt Verletzungen über die Begründung der Bauleitpläne von der Unbeachtlichkeit aus[550]. § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BauGB schreibt schließlich vor, dass in jedem Fall wirksame Beschlüsse über die Bauleitpläne und die gegebenenfalls erforderliche Genehmigung vorliegen müssen. Im Übrigen verlangt die Vorschrift, dass der mit der Bekanntmachung der Bauleitpläne verfolgte Hinweiszweck erreicht werden muss. Die Fehler nach § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BauGB sind gemäß der Wertung des Gesetzgebers offenbar die schwerwiegendsten, da sie von der Rügefrist des § 215 BauGB nicht umfasst werden[551].

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