Читать книгу Besonderes Verwaltungsrecht - Группа авторов - Страница 280

VI. Verfahrensfreie Vorhaben

Оглавление

89

Eine vollständige Deregulierung findet schließlich bei den verfahrensfreien Vorhaben statt[449]. Nochmals ist darauf hinzuweisen, dass die Terminologie uneinheitlich ist und verfahrensfreie Vorhaben auch als genehmigungsfreie Vorhaben bzw. Anlagen[450] bezeichnet werden[451]. Anders als im Genehmigungsfreistellungsverfahren müssen nicht einmal Unterlagen bei der Bauaufsichtsbehörde eingereicht werden. Freilich entbindet auch dieser ,Kontrolltyp‘ nicht von der Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften[452]. Ist ein Vorhaben materiell rechtswidrig, kann die Bauaufsichtsbehörde mit repressiven Mitteln dagegen vorgehen. Sie ist auch dann nicht am Erlass einer Beseitigungsanordnung gehindert, wenn der Bauherr zuvor fälschlicherweise einen Bauantrag gestellt und sie diesen wegen der Verfahrensfreiheit des Vorhabens zurückgewiesen hatte, ohne ihn auf dessen offensichtliche materielle Rechtswidrigkeit hinzuweisen[453]. Im Idealfall handelt es sich bei den verfahrensfreien Vorhaben um Anlagen von untergeordneter bauordnungs- wie bauplanungsrechtlicher Bedeutung. Zu nennen sind näher bestimmte Garagen und Terrassenüberdachungen (jeweils aber nicht im Außenbereich), Gartenhäuser in Gartenhausgebieten sowie bestimmte Werbeanlagen[454]. Für Diskussion haben Mobilfunkantennen gesorgt, die in den Bauordnungen bis zur Höhe von zehn Metern ebenfalls verfahrensfrei gestellt wurden[455]. Die LBO BW räumt allerdings den Gemeinden auch die Möglichkeit ein, durch Satzungen bauliche Anlagen, die eigentlich verfahrensfrei sind, dem Kenntnisgabeverfahren zu unterstellen[456]. Übergangsweise auf das Erfordernis einer Baugenehmigung verzichtet haben manche Landesgesetzgeber mit Blick auf Unterkünfte zur zeitlich befristeten Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden[457].

90

Ebenso wie im Genehmigungsfreistellungsverfahren stellt sich bei verfahrensfreien Vorhaben die Frage des Bestandsschutzes. Was die Veränderungssperre betrifft, existiert hier keine explizit auf das verfahrensfreie Vorhaben zugeschnittene Variante in § 14 BauGB; auch sind die verfahrensfreien Vorhaben nicht von § 14 Abs. 3 BauGB erfasst. Dennoch können aus Sicht der Rechtsprechung auch sie vor der Veränderungssperre bestehen, wenn der Bauherr auf den Fortbestand der bei Baubeginn bestehenden, ihm günstigen Rechtslage vertrauen durfte, da es sich der Sache nach um eine Frage der unechten Rückwirkung handele[458]. Demgegenüber sprechen sich Stimmen in der Literatur dafür aus, de lege ferenda einen umfassenden Schutz auch der verfahrensfreien Vorhaben in § 14 Abs. 3 BauGB zu normieren[459] oder verfahrensfreie Vorhaben im Wege eines „kleinen Anzeigeverfahrens“ der Gemeinde bekanntzugeben[460]. Darüber hinaus kennen manche Länder andere Mechanismen, um dem Bauherrn auch bei verfahrensfreien Vorhaben über einen Bescheid Bestandsschutz zu ermöglichen: In Hamburg, das kein Genehmigungsfreistellungsverfahren kennt (s.o.), besteht etwa ein Verfahrenswahlrecht wie bei der Genehmigungsfreistellung in anderen Bundesländern[461]. § 50 Abs. 5 S. 2 LBO BW erklärt neuerdings bei verfahrensfreien Vorhaben den Bauvorbescheid für entsprechend anwendbar, damit der Bauherr auch in diesem Fall die Vereinbarkeit mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften von der Behörde überprüfen lassen kann[462]. Bestehen derartige Regelungen nicht, bzw. werden sie im Einzelfall nicht genutzt, steht einem späteren bauaufsichtlichen Einschreiten nichts entgegen. Dies gilt sogar dann, wenn die (materiell nicht regelungsbefugte) Gemeinde die Baurechtskonformität eines Vorhabens zunächst bescheinigt hatte[463].

Besonderes Verwaltungsrecht

Подняться наверх