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g) Maßgebliche Sach- und Rechtslage
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Sowohl während des gesamten baugenehmigungsrechtlichen Ausgangs- und Widerspruchsverfahrens als auch während des Verwaltungsprozesses kann sich die maßgebliche Sach- und Rechtslage verändern. Dies wirft die Frage auf, auf welchen Zeitpunkt das Gericht abstellen soll bei der Beurteilung, ob die Baugenehmigung rechtswidrig ist und den Nachbarn in seinen Rechten verletzt. Da das Gericht – so zumindest im Ausgangspunkt – die Rechtmäßigkeit der behördlichen Entscheidung „im Moment ihrer Fixierung durch die Behörde“ bewerten soll, gilt für die Anfechtungsklage der Grundsatz, dass auf die letzte behördliche Entscheidung abzustellen ist, also regelmäßig auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids[859]. Diese Faustformel hat zur Folge, dass auch Änderungen der Sach- und Rechtslage während des Widerspruchsverfahrens zu berücksichtigen sind, weil Ausgangs- und Widerspruchsverfahren eine Einheit darstellen[860]. Modifikationen dieser Faustformel können sich aber aus dem materiellen Recht ergeben – und eben das ist im Bauordnungsrecht der Fall: Hier sind Rechtsänderungen, die während des Widerspruchsverfahrens zu Lasten des Bauherrn eintreten, im Hinblick auf die ihm mit der Baugenehmigung eingeräumte Rechtsposition – die vom Schutz der Eigentumsfreiheit umfasst ist – nicht zu berücksichtigen[861]. Ändert sich die Rechtslage dagegen zugunsten des Bauherrn, nachdem ihm ursprünglich eine rechtswidrige Baugenehmigung erteilt worden war, kommt ihm diese Änderung zu Recht zugute – andernfalls müsste dem Bauherrn nach Aufhebung der Baugenehmigung sofort eine neue Baugenehmigung erteilt werden[862]. In einem solchen Fall bleibt dem Nachbarn nur, die Hauptsache für erledigt zu erklären, um nicht auf den Verfahrenskosten sitzen zu bleiben (siehe § 161 Abs. 2 VwGO).