Читать книгу DIE LÖSUNG steht an der Decke - Gudrun Heinrichmeyer - Страница 14

Treffen1: Konstruktiver Beginn ohne Vorstellung

Оглавление

„Da oben ist ein Tintenfleck – siehst du ihn? Vielleicht hat jemand versucht zu schreiben und dabei ist etwas schief gelaufen.“, sagte Albert Muster nach dem Nachmittags-Kaffee auf der Terrasse des Landhotel Kringel zu seiner Frau Andrea.

„Ja stimmt, das habe ich gar nicht bemerkt… es ist aber auch wirklich schwierig, ohne zu kleckern an die Decke oder an das Sonnensegel zu schreiben, denn eigentlich fließt das Wissen direkt in den Stift… und der befindet sich ja meistens unten“, bemerkte Elsbeth Schaf, die ebenfalls auf der Terrasse saß und gerade an einem neuen Artikel der Zeitschrift „Grasen und Lämmeraufzucht“ schrieb. Frau Schaf trug ein elegantes schwarzes Kostüm mit einer weißen Rüschen-Bluse – beides harmonierte hervorragend mit ihrem blonden lockigen Fell.

Dr. Wolfgang Engström, der zusammen mit Frau Schaf angereist war, räusperte sich und wiegte seinen Kopf nach links und rechts, ging gedanklich um den Fleck herum und vermutete insgeheim, dass Frau Schaf wohl wieder an einer Schreibblockade litt. Da er sie nicht verletzen wollte, behielt er diese Vermutung jedoch für sich und nahm sich zunächst vor, weiter zu prüfen, ob er auf der richtigen Spur war. Und er begann mit folgenden Worten: „Das Schreiben ist ähnlich wie die Entfaltung von Blumen – das Endergebnis zählt. Schauen wir doch nicht auf den Verlauf.“

Frau Schaf und er hatten über die Jahre eine typische Semi-Nah-Freundschaft entwickelt. Das bedeutete: Sie redeten extrem viel miteinander auf dem Hinweg, verhielten sich solidarisch während der Veranstaltung und schwiegen bei der Heimfahrt, weil sie in der Regel sehr müde waren und einer dem anderen keine intimen Zwischengeschichten oder erlebte eigene Historien erzählen wollten.

Andrea Muster-Caro wandte sich zu Frau Schaf und äußerte: „Ich glaube, Sie haben da etwas falsch verstanden… Sie sollten nicht oben an die Decke schreiben, sondern nur vor dem Schreiben nach oben sehen, um Ihr Gehirn dazu anzuregen, Ideen für den Artikel zu erzeugen. Diese Visionen können Sie danach wie gewohnt notieren.“ Sie rückte mit ihrem Stuhl etwas näher an ihren Ehemann heran, um von ihm einen zustimmenden Blick zu erheischen.

Frau Schaf zupfte ihren Rock zurecht und richtete sich gerade und symmetrisch auf, nahm einen Bleistift quer in den Mund, um sich in gute Stimmung zu bringen (Embodyment oder Verkörperung von Emotionen: Bereits 1988 zeigte Fritz Strack an der Universität Mannheim in seinem inzwischen klassischen Experiment, dass Mimik und Gestik die Stimmung beeinflussen. Er ließ Probanden einen Bleistift quer in den Mund nehmen. Dadurch hoben sich automatisch ihre Mundwinkel wie bei einem Lächeln. Das hatte einen verblüffenden Effekt: Die Probanden fanden eine Reihe von Cartoons mit Stift im Mund deutlich lustiger als ohne. Untersucht man das Blut der Probanden, so kann man einen erhöhten Glückshormonspiegel messen). Denn schließlich wurde eine hohe Erwartung mit dem neuen Leitartikel in sie gesetzt.


Erneut blickte sie an die Decke und während sie den Tintenklecks betrachtete, begann er, sich zu verwandeln. In diesem Augenblick wurde ihr klar, dass sich Fehler sehr wohl zu guten neuen Lösungen entwickeln können. „Jetzt hab ich’s“, rief sie hocherfreut, „die Inspiration ist da!“

Wie sich später herausstellte war der Fleck autonom und flexibel. Er wählte seine Aufenthaltsorte gerne selbst an strategisch bedeutungsvollen Punkten. Eine seiner Vorlieben war es, in guten Hotels leichtfüßig aufzutreten, insbesondere, wenn neue Reisegruppen erwartet wurden. Häufig inszenierte er sein Erscheinen in einer Art Täuschungsmanöver beim Beschreiben von Papier oder bei gemeinsamen Mahlzeiten im Rahmen großer Menüs. Seit Jahren fand er Spaß daran, in geschmackvollem Dunkelblau völlig unerwartet in zeitloser Eleganz aufzutreten. Während die Betrachter den Fleck fixierten, verschwammen die Konturen und es ergaben sich neue Formen, die dann die Phantasie anregten. Der Fleck nahm so Einfluss auf seine Betrachter, ohne dass diese es bemerkten. Er gab seinem Publikum das Gefühl für Wahlmöglichkeiten durch seine Performancekünste.

Bei seinen Betrachtern weitete er den Blick, und sie gerieten ins Träumen. So wirkte er als Entschleunigungs-Portal. Auf diese Weise konnte er sich dauerhaft und dezent unter Menschen und dem lieben Vieh aufhalten…

Der Delfinmensch, Gott sei Dank oben Delfin – unten Mensch, denn sonst könnte er viele Dinge auf Land nicht mitmachen… dieser Delfinmensch, der mit dem Rücken zu den anderen Anwesenden saß, ergänzte nach einem kurzen Zucken seines linken Auges „Es ist hervorragend, dass Sie sich wieder in einen guten Zustand gebracht haben, werte Frau Schaf – so wird der kreative innere Prozess angeregt.“

Dr. Engström, der eines seiner langgezogenen spitzen Ohren nach hinten kippte und mit dem anderen Ohr wackelte, wirkte leicht verwirrt. Er drehte sich mehrmals um seine eigene Achse, um dann Frau Schafs Experiment nachzuvollziehen. Er nahm selbst einen Bleistift und klemmte ihn zwischen seine Zähne. Auf einmal sah er zuversichtlich und fröhlich aus.

Die Gesellschaft musste lachen und auch Frau Schaf vergaß beim Anblick ihres langjährigen Bekannten einen Moment lang ihre Gedanken an den Artikel. Scherzend sprach sie: „Das steht ihnen gut, Lieber Wolfgang!“ Danach wandte sie sich strahlend an die anderen: „Ich nehme an, wir werden eine gute Zeit miteinander verbringen!“

Insgesamt waren alle froh, hier zu sein an diesem Spätsommertag inmitten der herrlichen Natur. Der Fleck irritierte sie zwar etwas, aber nach außen hin nahmen sie sein Erscheinen gelassen in Kauf, als würde er dazugehören. Er war zwar stumm, aber vielleicht würde er sie durch irgendwelche Zeichen auf etwas aufmerksam machen, so als ob er eine Rolle spielen möchte im weiteren Geschehen.

Albert Muster sah auf die Uhr und stellte fest: „Es wird Zeit, hinein zu gehen, unser Club-Maed-Treffen beginnt in 5 Minuten.“

Sofort stand seine Ehefrau auf und folgte ihm auf seinem Weg ins Foyer. Auch die anderen Gäste machten sich auf den Weg, denn sie wollten pünktlich beginnen. Ihnen war zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar, dass sie bereits auf der Terrasse nicht nur unbemerkt begonnen hatten, sondern bereits mitten im Thema waren.

Im Foyer konnten sie überall verteilt in lauschigen Nischen kleine bunt leuchtende Hühner-Hologramme bewundern, die wohl ein japanischer Künstler hier ausstellte.

Es war Punkt 16.00 Uhr und die illustere Gesellschaft war vollständig zu ihrem ersten Club-Maed-Treffen in der Eingangshalle des Landhotel Kringel erschienen, in der sie sich verabredet hatten. Das relativ einsam gelegene Club-Domizil war vom „Fantast-Adviser“ als außergewöhnlicher Platz zertifiziert worden und wohl genau der richtige Ort, um besondere Erfahrungen machen zu können. Das hatte sich inzwischen herumgesprochen und das Landhotel wurde von diversen Gruppen auch wegen seiner herrlichen Außenanlagen mit der Maulbeerallee, die zu dem Haus hinführte und dem parkähnlichen Garten mit den gewaltigen Buchen, Eichen und kräftigen uralten Mammutbäumen, die von dichtem Rhododendron unterwachsen waren, rege gebucht. Im Park befanden sich auch vegetative Besonderheiten wie ein Taschentuchbaum sowie mehrere afrikanische Affenbrot- und Leberwurstbäume, die vor allem in der Erntezeit rege bestaunt wurden. So tummelte sich dort regelmäßig eine Vielzahl verschiedener Seminargruppen angefangen von Studienleitern zur Seelsorge über Chöre bis hin zu Weisheit suchenden Mittelalter-Verehrern. Auch fanden sich dort Menschen, die sich mit Themen wie Rebirthing, Diät-Religionen, dem geheimen Leben der Bäume beschäftigten sowie Schriftsteller, Maler, Fotografen und Poeten. Außerdem gab es hier die weit über die Landesgrenzen hinaus berühmte Bibliothek, die angeblich das komplette Halb-Wissen der Welt beherbergte. Also, alles in allem, schienen dies ideale Bedingungen zu sein, die ungeahnte und überraschende Erkenntnisse versprachen. Aktueller Anlass war eine Unkonferenz, ein sogenanntes sBarcamp, eine Weiterentwicklung des Barcamps (https://de.wikipedia.org/wiki/Barcamp / 27.02.2017: „Ein Barcamp (häufig auch BarCamp, Unkonferenz, Ad-hoc-Nicht-Konferenz) ist eine offene Tagung mit offenen Workshopd, deren Inhalte und Ablauf von den Teilnehmern zu Beginn der Tagung selbst entwickelt und im weiteren Verlauf gestaltet werden. Barcamps dienen dem inhaltlichen Austausch und der Diskussion, können teilweise aber auch bereits am Ende der Veranstaltung konkrete Ergebnisse vorweisen (z. B. bei gemeinsamen Programmierworkshops)“), das besonders kostengünstig war mit dem Titel: professionstheoretische Standortbestimmung für Biodiversität im Bereich der Grenzwissenschaften, das vom Club-Maed initiiert und organisiert wurde. Das Programm versprach, dass jedes Wesen teilnehmen kann, das manchmal denkt und nicht unbedingt komplett von sich überzeugt ist.

In Vorfreude und großem Vertrauen erwarteten die frisch eingetroffenen Teilnehmer den Beginn der Veranstaltung. Alle Teilnehmer hatten die Chance, irgendetwas zu ihren Themen durch Wort und Tat beizutragen, sei es durch Vortrag, Beteiligung an einer Diskussionsrunde oder andere Aktivitäten. Es waren auch spontane Mitmachtrancen für Newcomer und Oldies erwünscht. Alle Anwesenden hatten die Zeit zum individuellen Vor-sich-Hinsinnen, aber auch Gelegenheit zur kollegialen Beratung von Zufalls-Bekanntschaften. Eigentlich war die Struktur des Club-Maed ähnlich wie bei den seit Jahrhunderten bestehenden Geheimbünden. Es handelte sich um einen exklusiven Club innovativer Denker, nur eben nicht geheim, sondern offen für alle… In den Leitlinien war zu lesen, es sei von öffentlichem Club-Interesse, vernunftbegabte Wesen einzuladen in regen Austausch mit ihnen zu treten und ihre Fantasie-Dysfunktionen zu beseitigen.

Bei dieser Veranstaltung war man generell daran interessiert, die Grenzwissenschaften mit einzubeziehen in die Forschung rund um Psychologie, Biologie, Neurologie, Wahrnehmung und alle nicht direkt angrenzenden Bereiche. So entstand diese bunt gemischte Runde schaffenswilliger Wesen, die mit Elan aber teilweise auch mit vornehmer Zurückhaltung zur Tat schritten. Alle waren hoch motiviert, auch wenn keinem die Richtung der Aktion richtig klar war – wie bei sBarcamps üblich…

Albert Muster und seine deutlich jüngere Gattin Andrea Muster-Caro waren gemeinsam angereist. Andrea hatte übrigens vor Jahren das „Kringel-Logo“ für die Hotelbesitzer-Familie erfunden.

Eigentlich war sie nebenberuflich als Gestalterin von Miniaturen tätig, übernahm aber auch gelegentlich das Entwerfen von Logos für große Hotels.

Auch Frau Elsbeth Schaf und Dr. Wolfgang Engström hatten wie gewohnt eine Fahrgemeinschaft gebildet. Schließlich waren die beiden schon seit geraumer Zeit miteinander vertraut. Während ihrer gemeinsamen Anreise hatten sie beschlossen, sich zunächst als neutrale Beobachter beim sBarcamp einzufinden. Aber dann kam es doch anders.

Der Delfinmensch war per Kanu angereist und hatte es am Traumschiffanleger vertäut, genau an dem Ort und zu der Zeit, zu der der Facility-Manager Herr Egbert von Greifenklau gerade dabei war, seine Mitarbeiter zu instruieren, die öffentlichen Plätze noch einmal besonders gut zu reinigen, bevor die Gäste kamen. Auf den ersten Blick sah der Neuankömmling mit Schlips und Anzug gekleidet recht taff aus. Bei genauerem Hinsehen wirkte er jedoch zurückhaltend und rätselhaft, besonders wenn er sich mit den Worten: „Mein Name ist Delfinmensch“ vorstellte und den Anwesenden dabei die Flosse reichte.

Hugo Kirchheim schien der Jüngste der Gruppe zu sein. Weshalb nur wollte er zunächst unerkannt bleiben? Eine Weile schon war er durch den Garten geschlichen und dann scheinbar meditierend am Goldfischteich stehen geblieben, bis er endlich die Hotelhalle betreten hatte.

Irgendwie war alles sehr merkwürdig. Obwohl der offizielle Beginn des Treffens noch nicht eingeläutet war, waren schon wieder alle mitten im Geschehen… Sie hatten vollkommen übersehen, eine Vorstellungsrunde zu machen, ihre Themen-Vorschläge zu notieren… und jetzt war es irgendwie auch schon zu spät dafür… Schließlich hatten Sie ja im Vorfeld schon einen ausführlichen Lebenslauf sowie eine Motivationsbegründung beim Club-Maed abgegeben, die für alle einsehbar waren.

Sie fühlten, sie würden sich im Tun und Diskutieren schon noch kennenlernen… und einen gemeinsamen Weg durch den Dschungel der interessanten Themen und Experimente finden. Irgendetwas würde es schon jedem bringen, da waren sie sich im Grunde ihres Herzens sicher… und das ist doch schon ein konstruktiver Beginn.

Eigentlich hatte Hugo Kirchheim, eine blasse Gestalt, die äußerlich jung, aber irgendwie auch alt wirkte, vor, sich bedeckt zu halten. Er konnte sich jedoch nicht beherrschen, die im bisherigen Geschehen versteckten wissenschaftlichen Sachverhalte aufzugreifen. Dabei glänzte er mit seinem scheinbar unerschöpflichem Wissen – einer Art Besserwissen: In der Tonlage eines etwa 84-jährigen begann er: „Ich fasse zusammen, was wir in der Zwischenzeit erfahren haben: Das war ja klar, so ein Bleistift quer im Mund zwingt jedem ein Lächeln auf und wegen der Muskelspannung in den Wangen sprudeln die Glückshormone. (Entnommen aus: https://www.welt.de/gesundheit/psychologie/article12642760/Wie-koerperliches-Empfinden-die-Gefuehle-beeinflusst.html: Erste Ergebnisse stammen aus dem Jahr 1988. Damals führte der Sozialpsychologe Fritz Strack an der Universität Mannheim ein inzwischen klassisches Experiment durch: Er ließ Probanden einen Bleistift quer in den Mund nehmen. Dadurch hoben sich automatisch und unbewusst ihre Mundwinkel - mit einem verblüffenden Effekt: Die Probanden fanden eine Reihe von Cartoons mit Stift im Mund deutlich lustiger als ohne. Allein das unbewusste Lächeln versetzte die Probanden also in eine fröhlichere Stimmung).

Mit dem Endorphin-Schub kommen die Ideen. So werden Fehler zur Inspiration. Das gute Zusammenspiel von Bewusstsein und Unbewusstem führt dann als Intuition zu hervorragenden geistigen Leistungen wie wir am Erkenntnisprozess von Frau Schaf beobachten konnten. Die Betrachtung des Flecks und seine Veränderung war eine Imaginationstechnik. Man denke nur an den berühmten Rorschach-Test und Katathymes Bilderleben. Frau Schaf brauchte nur kurze Zeit und keine weiteren Hilfsmittel, um zu neuen Gedankengängen zu kommen, weil das Unbewusste 1 Million Mal schneller, als das Bewusstsein, diesen Erkenntnisprozess automatisch gesteuert hat. Sie hat mentale Bilder als Arbeitswerkzeug benutzt. Gut, dass der Fleck an der Decke und nicht am Boden war, sonst wäre das visuelle Verarbeitungssystem gar nicht über geeignete Augenbewegungsmuster (Entnommen aus: Grinder, John; DeLozier, Judith und Bandler, Richard (1977): Patterns of the Hypnotic Techniques of Milton H. Erickson, Meta Publications, Cupertino/CA ) in Gang gesetzt worden.“

Andrea neigte ihren Kopf zu Albi und flüsterte: „Erstaunlich, wie ein so junger Mensch mit so einer langsamen beherrschten und bedeutungsvollen Stimme sprechen kann – so etwas habe ich ja noch nie erlebt!“ Albert dachte bei sich: „Wo der wohl aufgewachsen sein mag – der ist doch höchstens Mitte 20!“ Er drückte seiner Frau ein Küsschen auf die Wange und umarmte sie liebevoll.


Da meldete sich Frau Schafs Gehirn zu Wort: „Frau Schaf, Sie wissen ja, dass Neuronen miteinander verbunden sind und sich je nach Gebrauch immer wieder neu verbinden können. Ein dunkler Tinten-Fleck an der Decke war bisher bei mir mit der Gedankenkette: „Fehler, Fehler, Fehler – ganz schlimm!“ verbunden und löste unangenehme Gefühle aus. Durch die neue Blickrichtung, die gute Atmosphäre und die Endorphine, die dank des Bleistiftbisses und der damit verbundenen Spannungen in den Wangen, ausgelöst wurden, ergaben sich neue Koordinaten auf meiner Landkarte. Neue Neuronen-Verbindungen, Muster und Strukturen konnten sich entwickeln, weil es plötzlich einen anderen Gesamtplan gab. Alte Erinnerungen verknüpften sich mit neuen Bewertungen und anderen Stimmungen. Wenn ich das öfter mache, werden sich neue nützliche Datenautobahnen ausbilden. Wissen Sie überhaupt, dass es Geschichten gibt, die mir dabei helfen können. Z.B. kann mich die Geschichte mit den goldenen Kugeln von Denkblockaden befreien, mir helfen, mich innerlich frei und leicht zu fühlen.“

Frau Schaf dankte ihrem Gehirn für diesen wichtigen Hinweis und war nicht abgeneigt, ihren gezückten Bleistift für einen Moment zur Seite zu legen und noch einen weiten, leeren, unfokussierten Blick zur Decke zu werfen, um ihrem Gehirn die Möglichkeit zu geben, neue Bahnen auszubilden. Sie vergaß vollends ihren Schreibauftrag, als Dr. Engström das eigenartige gefleckte Buch zur Hand nahm, das auf einem der Tische lag. Es war nur am Anfang bedruckt… weiter hinten gab es ausschließlich leere Seiten…

Obwohl er sich eigentlich vorgenommen hatte, sich, wie bei seiner Spezies üblich, von anderen führen zu lassen, hatte er jetzt unversehens eine Führungsrolle übernommen. Bevor er zu lesen begann, wandte er sich noch an die Club-Maed Mitglieder: „Verehrte Gesellschaft, wie sie wissen, lautet unser Vereins-Slogan: „Egal was wir tun, wir tun so als ob… „ Deshalb schlage ich vor, dass wir heute den Fokus des Tages auf dieses Thema lenken, bevor wir mit Zukunftsvisionen und anderen Dingen beginnen. Könnten sie sich vorstellen, dass wir zuerst einmal Platz schaffen in unserem Inneren? Wir dürfen uns mit dem Gedanken anfreunden, Althergebrachtes loszulassen. Schließlich bemühen wir uns um Fortschritt. Loslassen dient der Erhaltung unserer Gesundheit. Sicherlich ist ihnen bekannt, dass der Energiefluss in unserem Körper eine sehr sensible Angelegenheit ist. Wenn wir zu stark festhalten, bekommen wir Verspannungen, Verhärtungen und werden immer verknöcherter. Wenn die Energie frei und ungehindert fließt, wenden wir uns freudig und offen neuen Dingen zu. Wenn ich da an meine Familie denke … Wie Sie sicher wissen, hatten Esel in früheren Zeiten oft sehr schwere Arbeit zu verrichten… Manche meiner Vorfahren hatten die ermüdende und belastende Aufgabe, den lieben langen Tag im Kreis zu gehen, um Wasser aus der Tiefe zu Tage zu befördern oder um Mühlsteine anzutreiben… Welch schreckliche Tretmühle. Durch so eine einseitige Belastung verknöcherten Muskeln, Sehnen und Gedanken. Die Esel, die das noch bemerkten und nicht schon in geistige Umnachtung gefallen waren, bemühten sich in der wenigen Freizeit, die ihnen blieb, Abhilfe zu schaffen... Da sie nur diesen kleinen Ausschnitt der möglichen Lebensweisen kannten und deshalb dachten, dass die Welt aus Kreisbewegungen besteht, erfanden sie eine Methode, um sich wieder zu zentrieren, damit ihre Energie im Anschluss wieder frei fließen konnte. Sie drehten sich sehr schnell um ihre eigene Achse – natürlich andersherum als in ihrem Tagwerk…

Diese Methode haben die Menschen später übernommen. Sie wurde als der Tanz der Derwische bekannt. Eine Methode, um in tiefe Trance zu gehen… und den Energiefluss zu verbessern...“

Frau Schafs Gehirn machte Elsbeth, die wegen der langwierigen Ausführungen Wolfgangs schon sehr müde wirkte, darauf aufmerksam, dass lange verschachtelte Hinweise den Willen zum Wachbleiben lähmen wie bei Gute-Nacht-Geschichten, die sogar Kinder ruhigstellen. Was jetzt kommt, wird wohl auch auf eine Trance hinauslaufen…

Dr. Engström fuhr fort: „Bewegung tut gut. Deshalb lade ich Sie jetzt ein zu einer Übung, bei der Sie auch ihren Körper bewegen können. Stellen Sie sich passende Musik dazu an oder vor und lassen Sie sich vom Fluss der Töne erfassen. Sie können mit Hingabe mitwackeln, mitstampfen, mitwirbeln und dabei spüren, wie heilend es sein kann, wenn Sie selbst fließend in Bewegung sind. Gleich geht es los…Viel Spaß!“ Dr. Engström begann die Traumgeschichte mit dem Titel goldene Kugeln vorzulesen und alle lauschten seiner Stimme, die sonor, vital und irgendwie golden durch den Raum schallte…



Schnell fielen die Zuhörer in eine tiefe Trance …

… nach deren Ende sie erfrischt und munter erwachten…

… und sich wieder ganz im Hier und Jetzt orientierten …


DIE LÖSUNG steht an der Decke

Подняться наверх