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Ankauf von Leopoldskron

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Helene Thimig, Victoriastraße 11, Berlin 16. April 1918

Leopoldvertrag unterzeichnet Gott schenke uns für dieses köstliche Gehäuse die glücklichsten Inhalte Bin froh gut dankbar erkenne wie wundervoll notwendig der Feiertag für den Menschen gespenstische Hindernisse einschrumpfen den Glauben an Erfüllung des Naturnotwendigen wachsen läßt Ich liebe Dich

Dieses Telegramm barg den Keim für alles Künftige. Mit dem Federzug der Unterschrift des Kaufvertrages von Leopoldskron wurden zwanzig Jahre im Leben Reinhardts schicksalhaft bestimmt.

Max Reinhardt hatte seit Jahren nach einem Haus gesucht, das seiner Vorliebe für das Barock entgegenkam. Er konnte, bis an sein Lebensende, niemals widerstehen, wenigstens mit dem Gedanken zu spielen, irgendein altes Schloss, ein altes Bauernhaus, das zum Verkauf ausgeschrieben war, zu erwerben, selbst lange nachdem er schon in Leopoldskron fest verankert war.

Eine solche Möglichkeit war lockend wie eine neue Inszenierung. In Gedanken richtete er dann dieses Haus bis ins letzte ein. Wohin er auch kam: die Suche nach einem derartigen Wohnsitz begann sofort – Kauf oder Miete –, und es war oft schwer, ihn davon abzubringen, sich in ein kostspieliges Abenteuer dieser Art zu verstricken. Freunde und Mitarbeiter wurden auf die Suche geschickt, Pläne mussten beschafft, eigensinnige Besitzer solcher Häuser überredet werden, ihr Haus zum mindesten zu zeigen.

Bei Leopoldskron spielte die Liebe zu Salzburg, dem Salzburg seiner Jugend, noch eine besondere Rolle. Er war verliebt in die Stadt, verliebt in die Landschaft, verliebt in das Barock des Schlosses. Der Gedanke, den Berliner Sorgen entfliehen zu können, eine Ruhe zu genießen, die wie eine Fata Morgana ein Leben lang vor ihm herschwebte, ein Haus zu schaffen, dessen Vollkommenheit er träumte, und wenigstens einen Teil des Jahres so zu leben, wie es seinem innersten Wesen entsprach – dieser Gedanke war zwingend. Die Inflation begünstigte ein solches Unternehmen und ermöglichte es ihm, diesen Besitz um einen erschwinglichen Preis zu erstehen. Es war zunächst eine leere Schale. Nur wenige Möbel standen in den vierzig Zimmern, aber kunsthistorisch wertvolle Stuckdecken, herrliche alte Barocköfen, Bilder, die Halle, das architektonisch vollendete Stiegenhaus, der Marmorsaal gaben Max Reinhardt den Leitton für die schönste Bau-Inszenierung seines Lebens. In den zwei Jahrzehnten, die ihm dort vergönnt waren, hat er diesem verwahrlosten, verfallenden Haus den Glanz seiner barocken Vergangenheit wiedergegeben. Was er hinbrachte, wurde mit empfindsamer Hand eingefügt. Es war für ihn in späteren Jahren immer eine besondere Freude, wenn Sammler oder Kunsthistoriker das Schloss besichtigten und Ursprüngliches nicht mehr von dem unterscheiden konnten, was er hineinkomponiert hatte. (Auch meine Schwester durfte zu dieser Komposition beitragen. Sie war Malerin und Restauratorin, und Max Reinhardt betraute sie mit verschiedenen Aufgaben in Leopoldskron. Er wollte unterhalb der Fenster im Venezianischen Zimmer Blumenstücke haben. Das Deckenbild in diesem Raum mit Commedia-dell’arte-Figuren stammt ebenfalls von ihrer Hand. Für das Speisezimmer malte sie zwei Blumenstücke, die dort in Stuckrahmen eingelassen sind.)

In diesen frühen Jahren, unmittelbar nach dem Ankauf, trug Reinhardt die Vision dessen, was er aus dem leeren Haus machen wollte, bereits in sich. Auch diesen Traum hat er später verwirklicht: Kammermusik-Abende, Theatervorstellungen im Marmorsaal und im Gartentheater, Serenaden auf der Seeterrasse.

Die Einnahmen seiner Arbeitsjahre hat er in die Ausgestaltung dieses Hauses investiert. Wer wollte die Bilanz ziehen zwischen der schöpferischen Freude, die er dabei Jahre hindurch genoss, und der Sorgenlast, in die sich alles in den Jahren wirtschaftlichen und kulturellen Niederganges wandelte, bis zuletzt nur der unerfüllte Wunsch blieb, dem Moloch, zu dem dieser Besitz geworden war, zu entfliehen, sich der Schuldenlast durch Verkauf zu entledigen. Ungerechtfertigte Steuern, mit denen sein Berliner Theaterbesitz nach 1933 belastet worden war, um ihn der Regierung in die Hände zu spielen, hatten zu der Katastrophe beigetragen und im Zusammenhang damit auch seinen österreichischen Besitz bedroht. Schließlich beschlagnahmte die Gestapo im Juli 1938 Schloss Leopoldskron. Max Reinhardt nahm die Nachricht dieses Verlustes mit stoischer Ruhe auf. In einem Satz fasste er zusammen, was er dazu zu sagen hatte: »Ich habe es gehabt.«

Der Raub Leopoldskrons wurde nach der Einnahme von Salzburg durch die Amerikaner rückgängig gemacht. Max Reinhardt hat es nicht mehr erlebt.

Max Reinhardt in Leopoldskron

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