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Seidenhandel

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Für die nächsten Jahre habe ich keine Nachrichten und kann wiederum bloss Vermutungen anstellen. Geht man davon aus, dass es sich eher um eine arrangierte Vermählung handelte, so werden beide Seiten Vorteile gesehen haben. Für Mathieu Marchal, der nun doch schon sechzig Jahre alt war, wird mit dem kaufmännisch geschulten Schwiegersohn die Sicherung des Fortbestands seiner Firma im Vordergrund gestanden haben, bis sein eigener Sohn bereit sein würde, die Geschäftsleitung anzutreten. Für Saurenhaus war die Einheirat in ein florierendes Geschäft wohl attraktiv. Nimmt man das an, so werden Paul und Max zu Beginn der 1920er-Jahre in der Firma «M. Marchal, Agenturen, Handel mit Rohseide und Seidenabfällen» mitgearbeitet haben. Sie werden in den 1930er-Jahren die Akteure jenes Schattenduells sein, in dem der Papierkorb eine zentrale Rolle spielen wird. Aber wie ist es zu dieser Auseinandersetzung gekommen? Welche Bedeutung hatte sie für die beiden?

Um diese Fragen zu beantworten, muss ich mehr von der Firma, von der Arbeitsweise beim Seidenabfallhandel und von den Akteuren erzählen.

Paul, der wohl gerne eine militärische Karriere bei der Kavallerie angetreten hätte, sah sich durch einen Unfall 1923 während des Abverdienens als Unteroffizier aus seinem Traum herausgerissen. Nun arbeitete er sich gewissenhaft in die Materie des väterlichen Geschäfts ein. Er muss damals für Besuche der Handelspartner in Europa weit herumgekommen sein. Die einzelnen Destinationen sind jedoch nicht mehr zu ermitteln. Mélisey in den Vogesen, mit seiner Seidenspinnerei, gehörte jedenfalls wieder dazu. Dorthin machte sich der Kavallerist hoch zu Pferd von Basel aus auf, in einem unvergesslichen Tagesritt, der von fünf Uhr früh bis um Mitternacht dauerte.41 Die Sorgfalt, die beim Umgang mit den unterschiedlichen Seidenabfallformen nötig war, lag ihm. Er erwies sich bei der Qualitätsbeurteilung der angebotenen Waren als talentiert und entwickelte ein Flair für die wechselnden Geschäftslagen. Worum handelte es sich genau bei den sogenannten Seidenabfällen?

Am Anfang steht eine bedauernswerte Künstlerin: die bis zu neun Zentimeter lange, bleiche Raupe des Maulbeerfalters. Wenn sie sich an Maulbeerblättern vollgefressen hat, wickelt sie sich in drei Tagen kunstvoll in einen Kokon ein, wobei sie einen feinen Faden von drei Kilometern Länge erzeugt. Ist die Spinndrüse leer, verwandelt sie sich in eine kleine Puppe und besiegelt ihr Schicksal. Die meisten Puppen werden mit heisser Luft abgetötet, damit das Kunstwerk intakt bleibt. Einen kleinen Teil lässt man überleben. Die Schmetterlinge werden ausschlüpfen und dabei leider ihren Kokon beschädigen. Sie werden sich paaren und ihre Eier massenweise und sorgsam an Maulbeerblättern fixieren. Aus hundert Gramm Eiern schlüpfen dann ungefähr 140 000 Raupen. Sie fressen sich einen Monat lang durch vier Tonnen frische Maulbeerblätter, bis zu ihrer Verpuppung. Darüber hinaus sind sie äusserst empfindlich gegenüber klimatischen Einflüssen. Temperaturwechsel und Veränderungen der Luftfeuchtigkeit können verheerende Wirkungen haben. Geht alles gut, dann lassen sich mit den Kunstwerken dieser 140 000 Raupen ungefähr 150 Kilogramm Seide gewinnen. Gehandelt wird aber in Tonnen. Kurz gesagt: Die Kokons sind ein schwer zu gewinnendes, äusserst wertvolles Gut. Sie waren das Gold Asiens.

Deshalb wird alles vom Kokon verwertet. Schon das wirre Seidennetz, mit dem die Raupe den Kokon an die Zweige heftet und das nach dem Abnehmen des Kokons mit Blatt- und Zweigstücken durchsetzt zurückbleibt, wird als Flockseide gehandelt. Hat man den Kokon abgelöst, wird er mit Bürsten von den äusseren groben Windungen befreit, bis nur noch der abhaspelbare Teil des Kokons da ist. Auch dieser Abfall wird in wirren Knäueln oder Bündeln als sogenannte Frisons gehandelt und zu Schappeseide verarbeitet. Der verbleibende Kokon wird in einer Seifenlösung gekocht, zur Entfernung des Seidenleims. Nun kann der Raupenfaden aus dem Kokon abgehaspelt werden. Dabei werden mehrere der ausserordentlich feinen Fäden, der sogenannten Baves, zu einem durch das natürliche Sericin zusammengehaltenen Grègefaden zusammengeführt. Aus den drei Kilometer langen Baves werden so Fäden von jeweils 300 Metern Länge gewonnen, die homogen und regelmässig sein müssen. Das ist das Wertvollste des Kokons: die Grège- oder Hauptseide, die Peignés, die in wunderbar gelblich oder weiss glänzenden, zusammengeknoteten Strängen gehandelt werden. Schliesslich wird die Innenschicht des Kokons, welche die Puppe umschlossen hat, in warmem Wasser eingeweicht, von der Puppe gelöst, getrocknet und als Pelettes verkauft. Auch die Kokons selbst können geliefert werden, wobei auf ihr Gewicht, 1,5 bis 2,5 Gramm, je schwerer desto besser, geachtet wird. Zerrissene, schadhafte oder stark befleckte und schmutzige Kokons, die nicht abgehaspelt werden können, oder Bassinés, das sind Kokons, deren Abhaspeln abgebrochen werden musste, sind von geringerem Wert und werden, so wie sie sind, verkauft. Schliesslich werden auch alle Abfälle aus der Spulerei, wie verknotete und unregelmässige Fäden und Fadengewirre, als Bourre gehandelt. In der Praxis allerdings wird Bourre mit Flockseide, Frisons, Pelettes und schadhaften Kokons vermengt. Man spricht dann einfach von Déchêts. Alle diese Abfälle werden in den Schappespinnereien wieder gekocht und gekämmt und zur viel verwendeten Schappeseide gesponnen. Damit ist die Ausbeute noch immer nicht zu Ende: Aus den Rückständen des Kämmens für die Schappeseide wird die minderwertige Bouretteseide gewonnen, die nur noch zu einem Vliesstoff kardiert werden kann. Und schliesslich werden die Rückstände des Kardierens als Blousse wieder in Umlauf gebracht.42

All dies und noch mehr musste Paul kennen und Erfahrungen sammeln, um die Qualität der angebotenen Ware korrekt beurteilen zu können. Die Qualitätsprüfung war ein wichtiger Teil der Arbeit im Kontor einer Seidenfernhandelsfirma. Es war eine stille und pingelige Arbeit. Waren die Kokons zu leicht, zu stark beschädigt, der Anteil schwarzer oder verschmutzter Kokons zu gross, oder waren Flockseide und Frisons zu sehr mit Fremdkörpern durchsetzt, verlor die Ware an Wert. Ebenso war die Mischung der Bourre zu prüfen, sie konnte akzeptabel oder zu minderwertig sein. Ein Strang der angebotenen Peignés musste aufgelöst werden, um zu prüfen, ob die Länge der Faser korrekt, ob die Zugbelastbarkeit normgerecht war. Sicherheit gewann man hier nur durch Erfahrung, denn die Beurteilung, ob die Qualität dem Preisangebot entsprach, und der Vergleich mit der Ware eines anderen Anbieters waren eine Ermessensfrage. Aber Paul liebte die Arbeit mit diesem Material, den seidenglänzenden Peignés und den Déchêts, die voller Überraschungen sein konnten.


Der Ort des Geschehens, die Wallstrasse in Basel um 1920: Vom Eckhaus Nummer 11 hinten auf der rechten Strassenseite ist nur der Schatten vor der Kapelle der Methodisten zu sehen.

So füllte sich im Kontor immer wieder ein Tisch mit kleinen Päckchen mit der Aufschrift «Muster ohne Wert», die ein Muster der angebotenen Ware enthielten, etwa einen Strang Peignés, zwanzig Kokons und so fort. Sie kamen von Anbietern aus aller Welt und wurden eine Zeit lang als Vergleichsmaterial aufbewahrt oder gegebenenfalls an die Kundenspinnereien weiterversandt. Dies war übrigens das Einzige, was der Kaufmann von seiner Ware sah. Die eigentliche Sendung, grosse, manchmal stickig riechende Ballen aus dicker Jute, in welche die Seidenabfälle eingenäht waren, lagerten jeweils im Zollfreilager am Wolfsbahnhof.

Die Firma M. Marchal betrieb also Zwischenhandel von Rohseide und Seidenabfällen zwischen Anbietern vor allem in China, Japan, Indien und vereinzelt Italien und den Kundenspinnereien in der Schweiz, in Deutschland, Frankreich, auch in Grossbritannien und Belgien. Die Qualitätsfrage war aber längst nicht der einzige Faktor, den es zu berücksichtigen galt.

Deshalb wohl führte Paul über Jahre hinweg Buch – ähnlich wie er früher die Kriegshandlungen aufgezeichnet hatte: Er notierte in einem Wachsheft Tag für Tag oder in grösseren Intervallen in kleiner, sorgfältiger Schrift alle Verkaufsangebote japanischer oder chinesischer Anbieter an ihn und die Konkurrenz in Europa und deren Reaktion. Das dicke Wachsheft war wohl die Grundlage für seine Entscheidungen. Geordnet nach Kategorien wie «Offres en Blousses», «Offres en Bourettes», «Peignés Japon», «Déchêts Canton» oder «Déchêts de Shanghai» notierte er den Anbieter, die Qualität und die Quantität des Angebots, den jeweils möglichen Einschiffungstermin, den Preis und vermerkte die Abschlüsse, sofern er Kenntnis davon hatte. Auf diese Weise konnte er Trends wie sich abzeichnende Überangebote oder Lieferlücken in einer Kategorie ausmachen und durch die Vergleichsmöglichkeit die Kaufangebote sicherer beurteilen. Ausserdem war er so in der Lage, aufgrund seiner Kenntnisse der Schiffsbewegungen Angebote mit der Garantie einer raschen Verschiffung attraktiver zu gestalten.

Die Kunden meldeten den Zwischenhändlern etwa, wenn ihr Bouretteslager zur Neige ging, wie viele Tonnen Bourettes sie kaufen wollten, und boten den Preis, den sie zu zahlen bereit waren. Diese Angebote waren zeitlich meist limitiert, um das Risiko negativer Kursschwankungen zu minimieren. Die konkurrierenden Zwischenhändler verhandelten also in einem gewissen Zeitraum mit beiden Seiten die Preise möglichst so aus, dass sie besser waren als die der Konkurrenz und dennoch einen gewissen Gewinn für sie abwarfen. So liess sich beispielsweise, wenn die Nachfrage dringend war, ein günstigeres Angebot der Konkurrenz mit der Garantie einer früheren Verschiffung und Lieferung ausmanövrieren. Und hier kamen nun die fleissig erworbenen Kenntnisse und der Instinkt Pauls zum Tragen. Das Geschäft lief gut, auch wenn es bisweilen einen Ausreisser wegen überraschender Kursschwankungen geben konnte. Was Paul damals mit Fleiss und Ausdauer erarbeitete, ist heute im Internet rasch auffindbar. Und den Schiffsverkehr kann heute jedermann beinahe in Echtzeit verfolgen. Damals war das aber schon eine besondere Leistung.

Welche Aufgaben Max Saurenhaus in der Firma übernahm, lässt sich nur vermuten. Am ehesten wird er die Pflege der deutschen Kundschaft übernommen haben. Die pingelige Arbeit mit den vielfältigen Seidenabfällen mag ihm weniger gelegen haben. Aber er hielt die Nase in den Wind. Der wehte von Norden her und raunte: «Kunstseide.» Dieser neuen Form von Glanzstoff wird er vielleicht schon bei seiner Geschäftstätigkeit in Köln-Mülheim begegnet sein. In Würzburg war Ende des 19. Jahrhunderts die Pauly-Seide entwickelt worden. In Jülich wurde nochmals eine andere «Kunstseide» produziert, die Acetatseide. Bei Aachen fabrizierten bereits die Vereinigten Glanzstoff-Fabriken Filamentgarne industriell. Sie hatten die Vistrafasern erfunden, die aus Flachs gewonnen wurden. In Premnitz stellte die Köln-Rottweil AG 1919 gerade von der Pulverfabrikation auf Vistrafasern um und begann 1920, diese Faser industriell zu produzieren. Vistra war «das weisse Gold Deutschlands».43 Das alles war für Max so viel einfacher und sauberer als die vielfältigen und schmutzigen Abfälle aus dem fernen Osten. Vielleicht hatte er auch schon erfahren, dass sich die für nicht färbbar gehaltene Acetatseide neuerdings auch beliebig färben liess, dank Bernhard Clavel und seiner Erfindung eines Färbeverfahrens 1920 in Basel. Zudem wurde die Acetatseide ab 1921 vielerorts und nicht mehr nur in Deutschland massenweise produziert.44 Sie war im Kommen. Das war ein völlig neues Gebiet, und Saurenhaus wandte sich diesem zu. Vor allem wird ihn auch dazu bewogen haben, dass er die Handelsbeziehungen auf Deutschland konzentrieren konnte. Das scheint zu Spannungen über die Ausrichtung der Firma geführt zu haben.

Ein noch erhaltener Brief von Mathieu Marchal aus Lugano vom 23. Oktober 1926 an seinen Sohn gibt einen Einblick: Der Vater besuchte damals die Partnerspinnerei Torricelli in Merone und konnte gleich eine grosse Menge Seidenabfälle aus Canton verkaufen. Paul habe jetzt, so schrieb er weiter, genug für die Peignés gearbeitet. Der Preis liesse sich kaum weiter senken, denn die Schappe verkaufe sich, besonders in Lyon, «assez facilement», und für Cordonnet, feines Garn, würden sich Bedürfnisse abzeichnen. Warten wir zu, riet er seinem Sohn. «Im November werden wir sehen, was man unternehmen kann, je nach Markt.» Torricelli habe eben einen Kauf von 16 000 Kilogramm mit der Konkurrenz abgeschlossen, «ce que je n’aurais pas fait». Dieser Brief zeigt den Kaufmann, der abwägt, auf bessere Gelegenheit wartet und aufgrund seiner Erfahrung klar beurteilen kann, ob Torricellis Kauf richtig war. Aus dem Brief lässt sich auch ersehen, dass Max Saurenhaus die deutsche Kundschaft bearbeitete; genannt werden die Kunden Dietsch und Steffen. «Max m’a dit», dass deren ausstehende Rechnungen nun endlich bezahlt würden.

Aber es zeigte sich auch, dass Spannungen bestanden. Paul hatte irgendwelche Besorgnisse über Saurenhaus’ Verhalten geäussert. Der Vater antwortete ihm nun: «J’ai pris note de ce que tu me dis à propos de M … Il faut le laisser faire, il finira bien par se persuader, qu’il n’est pas sur le bon chemin. Comme principe nous devons conserver la devise: ‹L’union fait la force›.» Was war wohl gemeint mit diesem offenbar falschen Weg, auf dem sich Max befand? Handelte es sich um eine von Saurenhaus angestrebte Diversifizierung auf die deutsche Kunstseide hin? Oder ging es um Politisches? Der Vater stand den Vorgängen ebenfalls kritisch gegenüber, war aber davon überzeugt, dass Saurenhaus auf den guten Weg zurückfinden werde. Am 14. März 1928 erteilte er jedenfalls beiden die Einzelprokura.45

In der Zwischenzeit hatte Paul 1927 geheiratet, und zwar entgegen der Tradition der Familie. Die allein von ihm Auserwählte gehörte zur Basler Gesellschaft und war Protestantin. Die Tochter des Fotografen Jacques Weiss-Meister hätte ihm Wege in andere Gesellschaftskreise eröffnen können. Doch da zu jener Zeit Mischehen zwischen den Konfessionen unmöglich waren, musste Erica Weiss zum Katholizismus konvertieren. Sie folgte ihrer Liebe und zog ins «innere Exil» der katholischen Diaspora. Am Hochzeitstag war auch die ganze Verwandtschaft Meister aus dem Emmental zugegen. Selbst ein Berner Grossrat war gekommen. Aber diese Familienbeziehungen wurden späterhin vor allem aus konfessionellen Gründen kaum mehr gepflegt. Paul blieb gesellschaftlich ein Aussenseiter, und als es darauf ankam, war er allein.


Eine neue Generation: Erica und Paul 1927 im Oberengadin.

Mathieu Marchal war nun alt geworden und müde, und so ging er daran, die Firma für die Zukunft neu zu ordnen. Am 20. Mai 1931 vermeldet das Kantonsblatt Basel-Stadt, dass die Firma «M. Marchal, Agenturen, Handel mit Rohseide und Seidenabfällen» infolge Verzichts des Inhabers erloschen sei. Aktiven und Passiven würden an die Firma «M. Marchal, Aktiengesellschaft» in Basel übergehen. Unter der Firma M. Marchal Aktiengesellschaft (M. Marchal, Société anonyme) habe sich aufgrund der Statuten vom 19. Mai 1931 eine Aktiengesellschaft auf unbestimmte Dauer gebildet, zur Weiterführung des unter der Firma M. Marchal betriebenen «Handels und der Kommission in Seidenabfällen, Rohstoffen und Fabrikaten der Textilbranche, insbesondere der Schappe-Rohseiden- und Kunstseidenindustrie». Es folgen finanzielle Angaben über die Abfindung des vorherigen Inhabers und das verbleibende Aktienkapital von 250 000 Franken, eingeteilt in 250 Namenaktien von 1000 Franken. Der Verwaltungsrat bestehe aus einem bis drei Mitgliedern. «Einziges Mitglied ist Paul Marchal, Kaufmann, von und in Basel. Zu Direktoren sind ernannt worden Mathieu Marchal, Kaufmann, belgischer Staatsangehöriger, und Max Saurenhaus, Kaufmann, deutscher Staatsangehöriger, beide in Basel. Alle führen Einzelunterschrift.» Das Geschäftslokal bleibe weiterhin an der Wallstrasse 11.46

Das Arbeitsfeld der Firma war also ausgeweitet worden, auch auf Erzeugnisse der Kunstseidenindustrie. Das wurde mit dem «insbesondere» sogar betont. Und Direktor war nun Max Saurenhaus, der elf Jahre älter war als Paul Marchal. Als Verwaltungsrat hatte Paul wohl eine Mitverantwortung und ein entscheidendes Wort mitzureden, aber die Geschäftsführung der Firma lag nicht bei ihm. Auch wenn dies bloss die vorgegebene rechtliche Form war und in der Praxis wohl anders gehandhabt worden sein dürfte, erstaunlich ist es schon. Hatte Max Druck aufgesetzt? Hatte Mathieu Marchal die Neuausrichtung, für die Max stand, akzeptiert? Hatte er an eine Übergangslösung ge dacht, bis er selbst als Direktor ausscheiden würde? Vertraute er doch dem entfernt verwandten Rheinländer und Schwiegersohn? Oder blieb Paul für ihn einfach noch immer der Jüngste, der «Kleine»?

Als Kodirektor gedachte Mathieu Marchal wohl, noch eine Zeit lang mit dem Gewicht seiner Erfahrung in die gewünschte Richtung wirken zu können. Er erkrankte und starb nicht ganz zwei Monate später, am 5. Juli 1931.

Gustloff im Papierkorb

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