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Kapitel 3 – Vor dem Aufbruch

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Ardiks Gliedmaßen brannten wie Feuer und stachen wie kleine Silbernadeln, als er sich langsam im kargen Bett zu drehen versuchte. Der Morgen war noch nicht hereingebrochen, dennoch färbten sich die ersten Streifen am weit entfernten Horizont violett und teilweise rötlich. Blinzelnd setzte er sich auf die Bettkante und rieb sich die Augen. Die Schlacht hatte ihre Spuren auf seinem Körper hinterlassen, viele kleine Kratzer und Flecken bedeckten seinen Körper von den Oberarmen an, keiner von ihnen blutete, dennoch schmerzten sie alle jeder auf seine eigene und individuelle Weise schrecklich. Bevor er sich seine, noch vom Blut der feindlichen Soldaten verkrustete Ausrüstung anlegte, betrachtete er noch einmal das Farbenspiel am Himmel. Dies schien ein recht grauer Tag zu werden, denn die Wolken standen hoch und schienen keinen Anstand zu machen sich verziehen zu wollen. In der Stadt herrschte reges Treiben, es waren noch nicht viele auf den mit Leichen übersäten Straßen, doch die, die es waren, bemühten sich mit aller Macht, die Trümmer und toten Körper vor ihren Häusern davon zu schaffen. Einige Soldaten, darunter viele Bogenschützen hatten sich bereits auf den noch halbwegs intakten Mauern platziert und hielten nach potentiellen Feinden in der Ferne Ausschau. Die Banner wehten größtenteils immer noch an den Zinnen und Türmen, doch waren einige von ihnen anscheinend durch einen starken Wind heruntergeweht worden, bei den Arkasniern bedeutete dies ein schlechtes Omen, alles in allem waren sie teilweise sehr abergläubisch, doch Ardik hatte miterleben müssen, dass sich einige dieser Aberglauben bestätigt hatten, daher war er nun vorsichtiger dabei, etwas als reines Hirngespinst abzutun. Ein starker Wind von Westen her brachte den Gestank verfaulender Leichen mit sich, es dauerte lange alle Toten, welche auf vor der Stadt lagen, zu begraben, und bis dahin mussten sie wohl mit diesem widerwärtigen Geruch leben. Lurnars Griff fühlte sich vertrauter denn je an, dieses Schwert war in letzter Zeit ein Teil von Ardik geworden, oft hatte er dieser Klinge sein Leben zu verdanken gehabt, er würde dieses Schwert, so schwor er sich, niemals aus den Händen geben. Mit der Zeit wurde der dünne Lichtschein am Himmel heller und heller, bis er schließlich die ersten frühmorgendlichen Strahlen abgab, die den Schnee der sie umgebenden Landschaft zum Glänzen brachte. Ardik warf sich seinen Umhang über und verließ den Schlafraum mit festem Schritt. Noch während des Entlanggehens durch den ersten Flur knöpfte er sich die vergoldeten Knöpfe des selbigen an Hals und Schultern zu. Ihm stapften zwei schwerbewaffnete Krieger entgegen, welche dicke Kettenhemden, so wie jeweils zwei große Äxte auf dem Rücken und Gürtel trugen. Ihre Arme waren blutbeschmiert, wahrscheinlich waren sie ebenfalls am Leichenwegräumen beteiligt gewesen. Sie machten vor Ardik halt, verneigten sich knapp und der größere der beiden sprach „Kommandantin Daria möchte euch sprechen“ Ardik nickte „Worum geht es“ „Es schien wichtig zu sein, daher hat sie uns nicht eingeweiht Großprinz. Ihr müsstet sie im Speisesaal antreffen können“ Ohne noch ein weiteres Wort zu verlieren drängte Ardik sich an ihnen vorbei und schritt und Richtung des Speisesaales, normalerweise war es nicht seine Art sich einfach ohne Verabschiedung zu entfernen, doch in diesem Fall war es wohl besser so. Viele der Soldaten die die Festung betraten und verließen sahen müde und entkräftet aus, man konnte ihren Zustand nur zu gut nachempfinden, eine Pause konnte man sich jedoch zum jetzigen Zeitpunkt nicht gönnen, denn sie mussten jeden Moment mit einem Gegenangriff rechnen. Obwohl die maladrischen Truppen im Winter nur schlecht, oder meist gar nicht vorkamen, so konnte man sich doch sehr gut vorstellen, dass Arkanol eine Wut bei der Nachricht der Eroberung von Winterwacht gepackt hatte. Daria befand sich, an die Kante des Fensters gelehnt, in besagtem Saal und starrte ausdruckslos auf die unter ihr liegende Stadt herab „Hat er bereits mit dir gesprochen?“ Fragte sie in leisem Ton „Bereits gestern“ antwortete Ardik „Und ...“ Daria stockte für einen kurzen Moment „Wie ist deine Entscheidung ausgefallen?“ Ardik wusste nicht genau was er nun tun oder sagen sollte, denn eigentlich hatte er noch gar keine Entscheidung über seinen Verbleib beim Silbernen Raben oder den Abschluss seiner Ausbildung in Nortagard getroffen. Doch er hatte das beklemmende Gefühl, dass nun die Zeit gekommen sein musste „Eigentlich wäre es meine Pflicht...“ „Fang nicht damit an“ unterbrach sie ihn „Deine Ausbildung und all die anderen Sachen sind erst einmal wichtiger“ Ardik war über ihre schnelle Antwort überrascht „Bis du wieder da bist kommen wir auch ohne dich zurecht, zwar ist der Großteil der Offiziere tot, aber ich glaube es müsste auch so einige Monate funktionieren“ „Das meinst du doch nicht ernst, Nortagard ist weit entfernt, es kann sehr lange dauern bis ich zurückkehre, falls ich überhaupt zurückkehre. Und außerdem ist meine Ausbildung zum Asteri doch so gut wie abgeschlossen, oder irre ich mich da?“ „Du hast keine Ahnung?“ „Weißt du wie oft ich mir diesen Satz in letzter Zeit habe anhören müssen?“ fuhr er Daria an „Ich kann es mir denken, aber glaube wenn ich sage, ein Asteri zu sein bedeutete mehr als das Schwingen einer Klinge, es ist Macht, es ist Herrschaft, es ist Wissen, und dieses Wissen besitzt du noch nicht“ „Also zwingst du mich zu gehen?“ „Ich kann dich zu gar nichts zwingen, ich kann nur versuchen dir endlich Verstand in deinen Schädel zu reden“ Allmählich sah es Ardik selbst ein, er musste gehen, so viel gab es dort im Norden, und er war selbst sehr neugierig. Dennoch sträubte er sich „Was ist wenn ich nicht zurückkomme? Was dann?“ „Dann bist du nicht umsonst gestorben“ Mit so einer Antwort hatte er gerechnet „Das, welchem wir nun gegenüber stehen ist größer als dieser Bürgerkrieg, größer als alles was du je erlebt hast“ Fügte Daria hinzu, und sie war nicht im Begriff zu stoppen „Falls die Prophezeiung sich erfüllen sollte...“ „Welche Prophezeiung?“ „Hat Irvin dir nicht“ Sie stockte und legte sich eine Hand an die Stirn „Natürlich hat er nicht, ich hätte es mir denken können. Hier“ Daria zog ein mittelgroßes, alt aussehendes, und dennoch vollkommen unversehrtes, braunes Buch aus einer ihrer Taschen. Ardik fragte sich worum es sich dabei handelte, hatte aber gleichzeitig die Befürchtung, dass er es gleich erfahren würde „Nimm, es gehört dir?“ „Ein Buch? Was ist das für eine Schrift?“ „Schau es dir an“ Ardik nickte und nahm das lederbeschlagene Etwas entgegen. Die Runen des Aurbethkelts, der ältesten Schrift der Arkasnier befand sich auf den Seiten „Woher hast du das? Es muss uralt sein“ „Das Alter spielt hierbei keine Rolle Ardik, wichtig ist nur, dass du es brauchen wirst. Es wird neben deinem Mut und deiner Kampfkraft deine stärkste Waffe werden, rüste dich mit Wissen“ „Du hast meine Frage nicht beantwortet“ „Nein, das habe ich nicht, aber ich glaube du willst auch nicht wissen woher ich es habe, ohnehin wäre es ohne Belang oder großen Nutzen für dich“ Irgendwo meinte Ardik dies schon einmal vernommen zu haben, machte sich aber keine Mühen weiter nachzubohren „Was sollen die Soldaten zu hören bekommen?“ „Die Wahrheit, das ist meistens am besten“ Erklärte Daria „Dann geht es also bald los?“ „Das solltest du mit Tyr besprechen, es ist eine Sache zwischen euch beiden“ „Und wann wird es los gehen?“ „Sobald wie möglich schätze ich, die Zeit des Wartens ist endgültig vorbei, die Zeit des Handelns ist gekommen“ „Da hast du wohl recht“ „Pack also bereits deine Sachen zusammen“ Sprach Daria in fast schon befehlshaberischen Ton. Ein schwerer Atemzug entrang sich Ardiks Kehle, während er auf den Flur zurück trat. Dann war es jetzt also beschlossen, angesichts der riesigen Entfernung die zwischen ihnen und Nortagard liegen musste, wurde es ihm jedoch ein wenig unwohl zumute. Wie sollte er den Kontinent schnell erreichen? Beim Packen seiner nötigsten Dinge in einen mittelgroßen Leinensack, dachte er noch einmal über Tyrs Angebot nach, dem Drachen konnte man vertrauen, gar keine Frage, doch wusste er auch selbst was er tat? Konnte man die Worte eines Drachen überhaupt anzweifeln, Ardik meinte einst gelesen zu haben, dass diese gar nicht, unter überhaupt keinen Umständen lügen würden, was er als sehr ehrenvolle Tugend empfand. In vielerlei Hinsicht waren die Drachen den Menschen in Pflichtbewusstsein und Ehre weit voraus „Wie es aussieht hast du dich entschieden Asteri“ Ardik zuckte bei den Worten des Drachen in seinem Kopf zusammen und hätte fast seine Armschienen fallen gelassen „Ja, Daria musste mich jedoch vorher überzeugen, von alleine würde ich es wahrscheinlich nicht tun“ „Wir alle müssen einst Entscheidungen treffen, die uns nicht belieben“ „Ihr habt recht, doch ich muss trotzdem zugeben, dass es mir nicht besonders gefällt was hier geschieht“ Ardik konnte spüren wie Tyr im Geist ruhiger wurde, bis er schließlich selbst, ohne es zu merken seine Gelassenheit übernahm „Damals im Drakongvärsta, oder Drachenkrieg, wie immer ihr es nennen wollt, standen sich Brüder gegenüber, Freunde und Verwandte, doch alle wussten, sie mussten kämpfen, egal wie eng die Bande waren. Ihr müsst nun eine genauso schwere Verantwortung auf eure Schultern laden, denn nichts kann wichtiger sein als Mutran aufzuhalten, ihr werdet zurückkehren, aber erst wenn ihr wirklich bereit seid“ Sprach der Drache mit beruhigender Stimme. Alles was Tyr sagte schien Ardik zu beruhigen „Ihr müsst euer Wissen unbedingt mit mir teilen!“ stieß er heraus „Ich werde tun was ich kann, wir werden genug Zeit haben“ „Wie lange wird die Reise dauern, es ist eine ziemliche Strecke, welche wir bewältigen müssen“ „Niemand genau weiß wo Nortagard liegt, doch wir werden es finden, da bin ich mir sicher“ „Und das Nordmeer? Was ist damit, wir haben keine Schiffe um es zu überqueren, nun, jedenfalls ich nicht“ „Ihr werdet kein Schiff brauchen“ Ardik wusste genau was damit gemeint war, doch zu Sicherheit frug er noch ein weiteres Mal „Ihr meint damit doch nicht...“ „Doch, das meine ich“ Er erschrak bei dem Gedanken. Wie hoch würden sie fliegen, und wie lange? Die Antwort kam ihm wie selbst in den Sinn, auf dem Rücken eines Drachen, das konnte ja etwas werden. Dies scheute er nicht Tyr mitzuteilen, doch dieser sagte nur „Keine Sorge Arnro, ihr werdet nicht herunterfallen“ Ardik wollte den Worten des Drachen gerne Glauben schenken, doch selbst wusste er nicht recht ob Týr selbst wusste was er tat, oder was er tun wollte. Es würde sicherlich nicht leicht werden sich Stunden oder vielleicht sogar Tage auf seinem Rücken zu halten. Allein schon Ardiks enorme Höhenangst bereitete ihm nun schon Kopfzerbrechen „Es wird alles gut“ versuchte er sich einzureden, während er die letzten Sachen und Gepäckstücke für die lange Reise in eine lederbraune, mit Goldknöpfen verzierte Tasche am Mittag hineinstopfte. Nichts war schmerzvoller als ein Abschied, das wusste er jetzt, und nun wo er so kurz bevorstand fürchtete er ihn mehr denn je. Die Gänge waren wie ausgestorben, als er wieder auf den Flur hinaustrat, möglicherweise waren die Soldaten zu Übungen in den unteren Teil der Stadt aufgebrochen oder hatten sich im Speisesaal versammelt, nein, es war etwas anderes. Aus dem Saal und von unten Heer drangen keinerlei Geräusche an seine Ohren. Ardik schnallte die Tasche fester und zog einen Lederriemen durch den kleinen Metallring an Lurnars Scheide um sich das Schwert über den Rücken hängen zu können. Die Tasche schwang er sich nun über die Schulter, wobei er versuchte sie nicht gegen eine Seite seines Kopfes zu bekommen. Einige Soldaten rannten hektisch hin und her, als suchten sie etwas, doch Ardik verstand schnell, das sie alle dasselbe Ziel haben mussten, den Balkon der Festung, auf welchen er gerade zuschritt. Jeder von ihnen schien in Eile, selbst der einfachste Rekrut huschte an ihm vorbei wie ein von einem Fuchs aufgeschreckter Hase. Es war ganz offensichtlich, dass sie ihn alle verabschieden wollten, jeder von ihnen. Ardik holte noch ein paar Male tief Luft, bevor er das Tor öffnete, und den Blick auf eine große Menschenmenge, welche sich in einem sichelförmigen Kreis auf dem Balkon versammelt hatte. An ihrer Spitze standen, Daria, Raikan und Dwemblin. Sie alle trugen einen merkwürdigen Gesichtsausdruck auf ihren Mienen, Dwemblin stützte sich mit beiden Händen auf seine Axt und schien darauf zu warten das irgendetwas geschah. Raikan hielt die Arme vor der Brust verschränkt, während er seinen ernsten Blick beibehielt. Und Daria...sie tat nichts dergleichen, sie starrte nur gen Boden...

Drakoria - Vom Blut des Sternenwolfes

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