Читать книгу Drakoria - Vom Blut des Sternenwolfes - Gwain Beisemann - Страница 6

Kapitel 4 – In den Lüften Tarnas

Оглавление

Týrs Flügelschläge wirbelten alles durcheinander, als der mächtige Drache sich plötzlich mit einem gewaltigen Schwung in die Mitte des Balkons schwang. Seine Schuppen glänzten im gelblichen Sonnenlicht und warfen kleine, silbrige Funken. Er senkte den Kopf, schnaubte ein paar Mal und sprach dann „Wie ich sehe ist es soweit, was meint ihr Vaargast? Seid ihr bereit?“ „Ich war noch nie wirklich bereit für irgendetwas, aber in letzter Zeit müsste ich mich schon daran gewöhnt haben“ gab Ardik zurück „Dann verabschiedet euch, ihr werdet lange fort sein, vergesst das nicht“ Ardik schritt zu Daria, Raikan und Dwemblin herüber, welche nun allesamt, fast synchron zu ihm hinüber schauten, Dwemblin begann als erster zu sprechen, während er die Hände von Axt nahm „Ja dann, viel Glück würde ich sagen, du...du wirst es schon schaffen, da bin ich mir sicher“ „Ja, von mir auch, es ist wohl besser so, wenn du diese Reise allein antrittst, wir würden dir nur im Weg stehen“ schloss sich Raikan leise an. Nun meldete sich Daria zu Wort, ihr Worte klangen dieses Mal nicht so hart wie in den vergangenen Monaten „Es ist Zeit, dass du den Weg beschreitest, der für dich vorgesehen ist, Nortagard, niemand weiß genaues darüber, es soll Arkasnien im Klima ähneln, aber, nun, Týr wird dir bestimmt genug erklären können...Hast du noch irgendwelche letzten Befehle an die Männer des Silbernen Raben, bevor du uns verlässt?“ Ardik nickte „Das habe ich, sag ihnen sie sollen stets standhalten, es wird wichtig sein, dass wir unser Heer verstärken und weiter Richtung Ajunga Ir marschieren, dort wird der Sieg uns mit Freude erwarten. Vi osuartha u werga se, urn lior min søgro” „Ich mir auch Ardik, mach es gut, König Arkasniens und edelster unserer Krieger“ antwortete Daria mit einer leichten Verbeugung. So hatte sie ihn noch nie genannt, Ardik kümmerte sich aber auch nicht weiter darum, sondern ging nun auf Týr zu, welcher den Rumpf gesenkt hielt „Meint ihr wirklich ich kann“ „Ja ihr könnt“ Ardik versuchte sich an einer Halszacke des Drachen auf seinen Rücken zu schwingen, doch stets wenn er es fast geschafft hatte rutschte er zurück auf den Boden, es brauchte fünf Versuche, bis er es schließlich schaffte sich richtig zu platzieren. Es war ein merkwürdiges Gefühl auf dem Rücken eines Drachen zu sitzen, die Schuppen fühlten sich hart wie Eisen an Beinen an, und er war sich nicht sicher, ob er sich im Falle eines Fluges immer noch halten könnte. Ardik konnte die Massen an Luft, welche Týr ins sich hineinsog spüren, seine kräftigen Muskeln hoben sich auf und ab, wie die Blätter einer mächtigen Eiche. Eine solche Macht steckte in diesem Wesen, wie sie Ardik noch nie gespürt hatte, so viel Kraft, eine unbändige Stärke. Erwartungsvoll schauten die fast 100 Mann zu ihm hinauf, was er tun würde, was Týr tun würde. Hochachtung lag in ihren Gesichtern, ein Ausdruck tiefer Bewunderung für Ardik „Es ist Zeit Vaargast, wir haben lange genug gewartet. Seid ihr bereit? Die Lüfte erwarten uns“ Ardiks Gliedmaßen zitterten, sein Bauch zog sich krampfhaft zusammen, während er zurückgab „Ja, es kann los gehen, seid aber vorsichtig, ich habe kein Interesse daran herunter zu fallen“ „Euer Vertrauen in mich ist schier atemberaubend“ Zum ersten Mal konnte man ein leises Lachen in der Stimme des Drachen vernehmen „Es tut mir leid...“ entschuldigte sich Ardik „Ich kann mir vorstellen wie ihr euch fühlt, als Mensch ist es eine ganz neue Erfahrung“ „Verschwenden wir keine Zeit mehr“ Zustimmend wendete Týr seinen mächtigen Leib in Richtung Abgrund und begann mit schweren Schritten nach vorne zu stapfen. Ardik kippte in alle Richtungen und klammerte sich nun noch fester an die Halszacke vor ihm. Er erstarrte, als er unter sich den riesigen Abgrund, welcher hinunter die Stadt führte erblickte und sein Herz begann wie eine Marschtrommel zu schlagen. Des Drachen mächtige Klauen schabten am Rande des Steines, welcher sie vom Fall trennte und hinterließ große Kratzer im feinen Marmor. Ardiks Atemzüge begannen eine schnappende Form anzunehmen, und er wünschte sich nun, vor einem warmen Kaminfeuer in der Festung zu sitzen, überall, nur nicht hier. Týr breitete seine mächtigen Flügel aus welche von der linken, bis fast zur rechten Seite des Balkons reichten, er hob den Kopf, schnaubte ein paar Mal, wobei kleine, graue Rauchwölkchen seinen Nüstern entstiegen und fragte Ardik noch ein letztes Mal „Seid ihr bereit?“ Mit einer solchen Intensität, dass er sich kaum hätte entziehen können „JA!“ Ein fast schon schmerzhaftes Gefühl zog sich von seinen Beinen aufwärts bis in seinen Brustkorb, als sich der Drache mit einem mächtigen Sprung von der Kante abstieß und in die Tiefe stürzte, einige Sekunden wirkte es so als würde er wie ein gewöhnlicher Stein zu Boden fallen, doch dann setzte er seine mächtigen Schwingen zu einigen gekonnten Schlägen an, fing so seinen Sturz ab und nahm eine gerade Flugbahn kurz über den Gebäuden der Stadt an. Ardiks Glieder schienen vollkommen steif und seine Sinne getrübt, während die steinernen Häuser unter ihm hinwegsausten. Er senkte seinen Kopf und klammerte sich fester an Týrs Rücken. Der vorbeisausende Flugwind zerzauste seine Haare und ließ seinen Umhang wie einen wild gewordenen Stier in alle Richtungen flattern. Der Drache schwang seinen Kopf hin und her, als er sich seine Umgebung näher anschaute und setzte dann zu einer scharfen Linkskurve an, Ardik rutschte zur Seite und hatte einige Sekunden das stark bedrückende Gefühl hinunter zu fallen, bis sich Týr wieder stabilisierte und mit einigen weiteren Flugelschlägen begann, an Höhe zu gewinnen „Das, das ist unglaublich!“ stotterte Ardik, halb in Angst, halb in Freude „Genau das habe ich euch gesagt, und es wird noch besser“ Winterwacht lag bereits einige hundert Meter hinter ihnen, und man konnte noch ganz genau die alten Zelte des Belagerungsringes erkennen, welche sich kurz vor der Stadt erstreckten. Es war das Gefühl der totalen Freiheit, nur so konnte man es richtig beschreiben. Niemand sonst hatte dieses Glück, außer die Drachen und Vögel, niemand sonst konnte es außer ihnen. Der Wolkendecke kamen sie mit jeder Sekunden näher, schnell bemerkte Ardik, dass er nur noch Wälder unter sich erkannte, Wälder und Berge „Wie hoch werden wir fliegen?“ „So hoch, dass uns niemand mehr erkennen kann“ antwortete Týr „Und wie hoch wird das sein?“ „Hoch genug“ Damit musste sich Ardik begnügen, denn schnell gewannen sie immer weiter an Höhe. Die Sonne schien von hier aus noch deutlich intensiver und stärker als am Boden. Der Drache begann seinen Flug wieder zu stabilisieren, sie befanden sich nun etwa 10 Meter über den weißen Wolken und Ardik konnte spüren, dass seine Kleidung nun vollkommen durchnässt schien. Sie schienen wie eine Feder zu schweben, eine Feder die nichts dazu bringen konnte wieder zu Boden zu gleiten. Sein Umhang schützte Ardik vor der langsam anschleichenden Kälte, er hatte sich vor ihrem Aufbruch drei Schichten warme Wollhemden übergezogen und darüber lag sein Kettenhemd, sowie sein schwarzer Umhang. Es konnte also eine Weile dauern bis er wirklich begann ernsthaft zu frieren „Werden wir halt machen? Irgendwo?“ Fragte er Týr vorsichtig „Nein“ erklärte dieser nach einiger Zeit „Wir dürfen nicht gesehen werden, besonders nicht von einem verbündeten Mutrans“ Ardik sah das ein und stellte über dieses Thema keine weiteren Fragen „Sie werden bald kommen, und dann wird alles brennen, es gibt kein Entkommen vor der Schwarzen Flamme“ „Die Schwarze Flamme, redet ihr von Mutran?“ „Ja, so nennen wir ihn, Bi Veyen Graan, und diesen Titel hat er sich mehr als verdient, der Verräter in unseren Reihen, der Feind, welchen wir zu bekämpfen versuchten, damals, aber es hat nicht funktioniert, 50 Jahre lang haben wir diesen Krieg geführt, es gab keinen Sieger, keinen Verlierer, nur die totale Zerstörung dieses Landes“ „Aber das können wir jetzt, Mutran kann ein für alle Mal gebannt werden“ versuchte Ardik zu argumentieren „Ja, wir sind zurück gekehrt aus unserem Exil, und...alles beginnt von Neuem. Und deshalb müsst ihr nach Nortagard, dort ist mehr als es die meisten erwartet haben, viel mehr. Die weisesten der Weisen ruhen dort und rühren sich nicht, bis Aventos sie ruft. Es ist wichtig sie zu erwecken, damit sie sich unserem Kampf anschließen können“ „Wo ist Aventos? Müsste er in dieser dunklen Stunde nicht bei uns sein?“ „Das müsste er, doch er ist nicht hier, nur Mutrans und unsere Verbündeten“ „Aber wo ist er dann?“ Týr schwieg und Ardik merkte das er nun wohl besser keine weiteren Fragen stellte. Stattdessen fühlte er an seinem Rücken nach, ob Lurnar noch an seinem richtigen Platz verweilte, und tatsächlich, das Schwert war noch da. Der Wind gab ihnen Hilfestellung, schneller und schneller wurden sie von ihm getragen, bis der Drachen seine Flügel kaum noch rühren musste. Ardiks Muskeln entspannten sich allmählich und er spürte warmes Blut an seinen, durch die Rückenzacke aufgekratzten Handfläche. Er machte nun auch seine andere Hand frei, legte diese auf die verwundete und sprach „Helja“ Ein kleiner blauer Lichtschein blitzte für einen kurzen Moment auf, und er konnte zusehen wie sich die Schnitte langsam schlossen, sowie auch die Schmerz allmählich abebbte „Spart eure Kräfte“ sprach Týr „Solch kleine Wunden können auch von alleine heilen, obwohl es ein wenig mehr Zeit bedarf“ Ardik sah das ein und senkte seinen Kopf wieder zurück. Als sich die Wolken nach etwa einer halben Stunde lichteten, machte sich unter ihnen ein Anblick breit, wie man ihn nur aus Geschichten und Sagen kannte. Der mächtige Strom des Âtur´Íl rauschten unter ihnen hinweg, während man weit in der Ferne den Yagwul See erkennen konnte, in welchem der Fluss schließlich mündete und schlussendlich zu einem neuen Strom, dem Ä´Tál, dem Nebelfluss wurde, welcher von der anderen Seite des Yagwul weiter floss und in die Westsee mündete. Die Berge wurden hier immer schroffer und höher, Týr musste weiter an Höhe gewinnen um nicht gegen eine ihrer Spitzen zu stoßen. Der höchste dieser Berge war schätzungsweise 6000 Meter hoch, doch ihn umflog der Drache gekonnt, denn er wusste, dass es für einen Menschen in solchen Höhen nicht gerade angenehm war. Ardik musste sich bei jeder weiteren Kurve erneut an eine der Halszacken klammern, wobei seine Hände immer wieder aufs Neue zerkratzten und er es allmählich leid war sie jedes Mal aufs Neue mit einem Zauber zu schließen, dessen Kraft er sicherlich noch anders gebrauchen konnte. Selten konnte ein Mensch einen solchen Anblick genießen, die aufziehenden Schneewehen waren atemberaubend, nun war er froh so hoch zu fliegen, andererseits hätte sie wohl eine von selbigen erwischt. Einige Male meinte er Gestalten erkennen zu können, welche an den Bergpässen und Wegen marschierten, doch schnell tat er dies als reines Hirngespinst ab, obwohl es möglich wäre, dass die Maladrier ihre Truppen aus dem Norden abzogen, dies hätte dieses Phänomen erklärt „Se grik“ sprach er um seine Sehfähigkeiten für eine Zeit lang zu verschärfen, und nun war es auch deutlich leichter auszumachen was sich dort unten abspielte. Er meinte ein Banner erkennen zu können, und dann noch eines, es waren keine maladrischen und auch nicht die des silbernen Raben, nein, dies waren schmutzige, dreckbeschmierte Leinenstücke, die dort im Winde hin und her wedelten. So schnell wie er dies hatte erkennen können schwand seine verbesserte Sehkraft auch wieder „Dort unten, ich habe einige Banner gesehen“ teilte er Týr mit „Ja, wie ich es mir gedacht hatte, es geht los“ „Wer oder was marschiert dort unten?“ „Mutrans Schergen, ihr Geist ist dunkel wie die Nacht. Sie kommen aus den hintersten Ecken Tarnas und folgen nun dem Ruf ihres Meisters“ „Sind es Goroks?“ „Unter anderem, aber die Schwarze Flamme würde sich nie mit ihnen alleine als Gefolgschaft zufrieden geben, nein, es sind deutlich schlimmere Kreaturen unter ihnen, so viel kann ich spüren“ „Sollten wir nicht...“ „Nein“ antwortete der Drache „Wir müssen uns darauf konzentrieren was vor und nicht was hinter oder neben uns liegt “ Ardik sah das ein, doch eine Frage brannte ihm noch auf den Lippen „Damals, als ich von Maladrien aus nach Arkasnien reiste, da fingen die Goroks auf einmal an Händler und Dörfer anzugreifen, schließlich auch die Stadt Wolfsrund“ „Ja, Mutran hat alles vorbereitet, er wollte euch Menschen testen, aber Tarna hat sich seit dem Verschwinden der Drachen verändert, sogar sehr verändert, er hat dadurch Fehler gemacht, welche wir nun ausnutzen können“ Týr fuhr fort „Er hat nur die Maladrier angegriffen und allein SIE getestet, er wird ziemlich überrascht sein, wenn sich ihm alle Völker Tarnas entgegenwerfen, und diesen Überraschungsmoment müssen wir nutzen. Meine Brüder sind in die entlegensten Winkel aufgebrochen um die restlichen Könige zu warnen, aber ich glaube kaum, dass man den Worten der Drachen noch sehr viel Glauben schenken wird. Aventos Macht ist noch immer schwach und die Mutrans steigt mit jeder Stunde“ „Wir werden vorbereitet sein“ versicherte Ardik „Für das was nun kommen wird, kann man nicht vorbereitet sein, ihr habt keine Ahnung welcher Sturm naht. Ein Krieg der Drachen ist anders als ein Krieg der Menschen, zerstörerischer, nur Schutt und Asche wird übrig bleiben wenn wir uns wieder einmal aufeinander stürzen“ „Die Arkasnier werden auch auf eurer Seite stehen“ „Erst einmal müsst ihr euren Thron besteigen, und was ist mit dem Rest der Menschen? Werden sie uns ebenfalls folgen wir ihr? Nicht alle Vaargast, viele werden sich unserem Feind anschließen und schließlich wird es auch euer Krieg werden“ „Es war von Anfang an auch unser Krieg“

Drakoria - Vom Blut des Sternenwolfes

Подняться наверх