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Vorwort

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Aufs Korn genommen

Redewendungen sind Sprachbilder. Sie bestimmen unsere tägliche Kommunikation viel stärker, als wir uns oftmals bewusst sind. Wir bedienen uns ihrer ganz selbstverständlich, so vertraut sind uns einige von ihnen geworden. Setzen wir sie heute in einer Unterhaltung, einem Disput oder einem Vortrag ein, so malen wir damit immer auch ein Sprachbild.

Ganz wie Gemälde haben solche Sprachbilder höchst unterschiedliche Eigenschaften: Sie können gefühlvoll-zart sein oder kräftig-deftig, von feinem Stil oder wüstem Duktus. Es gibt, wollen wir beim Vergleich mit Gemälden bleiben, sowohl impressionistische Redensarten als auch expressionistische, abstrakte oder realistische ebenso wie klassische oder surrealistische.

Alle Redewendungen aber – und das macht ihren Reiz, aber auch ihre Bedeutung aus – tragen dazu bei, unsere Sprache bunt und lebendig, nicht selten auch ‚saftig‘ zu gestalten. Das gilt vor allem für diejenigen unter ihnen, die aus längst vergangenen Zeiten stammen, für die weniger gewohnten, die ausgefallenen oder fast vergessenen. Die sind für ein Buch wie dieses natürlich besonders attraktiv.

Die unzähligen noch heute verwendeten Phraseologismen* stammen aus allen überhaupt denkbaren Bereichen des menschlichen Lebens. Sie können beispielsweise in Politik, Geschichte, Literatur, Film, Landwirtschaft, Handwerk oder Seefahrt entstanden sein, und natürlich auch aus dem Militärwesen kommen – womit wir den Bogen zu diesem Buch geschlagen haben: Bisweilen hört man es ja sofort heraus, manchmal fällt es einem vielleicht später auf, häufig genug aber merken wir es gar nicht, wenn wir in unserem Alltag Redewendungen benutzen, die ihren Ursprung in der Welt der Soldaten haben. Fast immer stammen diese Begriffe und Formulierungen aus längst vergangenen Zeiten, haben Jahrhunderte gebraucht, um sich in unseren täglichen Sprachgebrauch einzuschleichen – verkappt zumeist.

Ach, da haben wir ja schon einen der Verdächtigen: ‚verkappt‘. Wir tun ihm, da er nun einmal genannt ist, die Ehre an, ihn uns zum Einstieg hier an Ort und Stelle einmal näher anzusehen. Dabei können wir uns auch gleich darauf verständigen, wie wir es mit dem ‚Militärischen‘ halten wollen, aus dem die hier betrachteten Redewendung ja stammen sollen.

„MILITÄRISCH, adj. dem militär zugehörig oder gemäsz; zufrühest an das lat. militaris angelehnt: militarisch, nach kriges art, krigerisch, soldatisch.“

So definieren Jacob und Wilhelm Grimm das Militärische in ihrem ‚Deutschen Wörterbuch‘ im 19. Jahrhundert. In diesem Sinne sollten wir uns also Begriffe und Redewendungen ansehen, die ‚nach kriges art‘ sind. Damit haben wir nämlich auch das weite Feld der Sagen und Mythen vor uns, von denen kaum eine ohne Schlachten, ohne Helden, ohne Krieger – Soldaten also – auskommt.

Und dorthin gehört auch unser ‚verkappt‘. Siegfried, ohne Zweifel ein Krieger, erbeutete die Tarnkappe vom Zwerg Alberich, um sich damit einen taktischen Vorteil zu verschaffen. Sie war zwar eigentlich ein Umhang und keine Kopfbedeckung, mit der ihn Richard Wagner und seine Nachfolger bis heute auf dem Grünen Hügel bedeutungsschwangere Lieder singen lassen, aber auch die Zyklopen der griechischen Mythologie haben dem Hades eine Tarnkappe gebastelt – in dem Fall einen veritablen Helm –, mit dem er Zeus im Kampf gegen die Titanen sozusagen ‚undercover‘ zur Seite stand.

Dieses Büchlein ist keine wissenschaftliche Abhandlung, nicht einmal eine ‚verkappte‘, sondern ein Ausflug in längst vergangene Welten und das, was sie uns zumindest verbal hinterlassen haben – oft, ohne dass wir es ahnen. Das ist es, was diese Redewendungen zusätzlich reizvoll macht: Sie werden nicht selten in gänzlich anderen Zusammenhängen gebraucht als zur Zeit ihrer Entstehung.

Also machen wir uns auf unseren Marsch, um dem Untertitel des Buches gerecht zu werden: Es gilt, die häufigsten noch heute verwendeten Redensarten aus dem Militärischen aufzuspüren und aufzuklären, um es einmal geziemend militärtaktisch auszudrücken. Gleichschritt ist dabei ausdrücklich nicht erwünscht, und niemand wird sich die Füße wund laufen oder Verletzungen davontragen. Schließlich werden hier nur Begriffe ‚aufs Korn genommen‘, keine Leser.

* Phraseologismus = sprachwissenschaftliche Bezeichnung für eine Redewendung, also eine meist mehrteilige Wortverbindung, deren Bedeutung über den Sinngehalt der einzelnen Wortbestandteile hinausgeht.

Aufs Korn genommen

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