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2.2.3.2 Die Wirtschaftsform

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In enger Verbindung zur Abstammungsrechnung einer Volksgruppe steht ihre Wirtschaftsform, die ebenfalls einen großen Einfluss auf die Stellung der Frau hat. Als idealtypische Grundwirtschaftsformen gelten folgende:

Jäger und Sammler. Die Jäger und Sammler sind kleine, einfach strukturierte, nomadische Volksgruppen, die heute meist nur noch in den unwirtlichen Gegenden der Erde, den Grasländern, Trockengebieten, subarktischen Waldgebieten und Polargebieten leben (Käser 1998, 54) und ihre Existenz durch das Jagen von Wild und das Sammeln von Beeren, Wurzeln und Kräutern sichern. Sie sind nicht sesshaft. Bei ihnen gibt es eine klare Arbeitsteilung der Geschlechter, aber sonst keine festgelegten Rollen (Käser 1998, 60). Die Männer sind immer Jäger, die Frauen immer Sammlerinnen. Das Verhältnis zwischen Mann und Frau ist nicht hierarchisch strukturiert. Dennoch sind insgesamt die Tätigkeiten des Mannes mit einem höheren Prestige verbunden als die der Frau.78 Die Abstammungsrechnung ist patrilinear (Käser 1998, 62).

Pflanzer. Pflanzer sind sesshaft. Sie leben vom Anbau von Knollenfrüchten in gartenartigen Pflanzungen in immer feuchten tropischen Gegenden (Käser 1998, 68). Wie beschrieben, wird die Arbeit der Frauen als Pflanzerinnen hoch bewertet, und der Landbesitz ist unter weiblicher Kontrolle. Die Abstammungsrechnung ist matrilinear, die Wohnweise matrilokal. Die Pflanzer sind in der Regel sehr familienorientiert und die Sozialstruktur weitgehend egalitär (Käser 1998, 69; Llobera 2003, 123).79

Ackerbauern. Ackerbauern kultivieren im Unterschied zu den Pflanzern speicherbare Körnerfrüchte auf größeren Landflächen in gemäßigten Klimazonen. Da die Feldarbeit mit schwerem Gerät oder großen Tieren bewältigt wird, wurde der Ackerbau im Gegensatz zur Pflanzung zur Arbeit und Domäne des Mannes (Käser 1998, 73). Die Abstammungsrechnung von Ackerbauern ist patrilinear. Zur Speicherung und Vermarktung der produzierten Überschüsse bedarf es einer differenzierten administrativen Struktur hierarchischer Prägung. Auch dieser Bereich wurde Domäne des Mannes. Der Überfluss an Nahrungsangebot führt in der Regel im Vergleich zu den vorhergenannten Wirtschaftsformen zu großem Bevölkerungswachstum. Die Reproduktions- und Erziehungsarbeit wird zur Hauptbeschäftigung der Frau. Diese trägt durch Verarbeitung von landwirtschaftlichen Produkten dennoch auch wesentlich zum Familieneinkommen bei. Die Arbeitsbereiche von Mann und Frau sind zwar weitgehend getrennt in die öffentliche und häusliche Sphäre, aber sie ergänzen und überschneiden sich auch. Ackerbauern sind stark familienorientiert (Käser 1998, 72–73). Die Frau verliert zwar im öffentlichen Leben an Bedeutung, weiß aber um ihre wichtige Stellung im bäuerlichen Familienunternehmen, und das Verhältnis zwischen Eheleuten wird als meist partnerschaftlich beschrieben (Denich 1974, 256).

Viehzüchter. Viehzüchter sind Nomaden, die für ihren Lebensunterhalt von der Haltung größerer Tiere abhängen, von deren Produkten (meist Milch und Blut) sie leben. Für pflanzliche Nahrung müssen sie entweder selbst Pflanzungen anlegen oder sind auf den Kontakt mit Ackerbauern angewiesen (Käser 1998, 74). Bei Viehzüchtern ist eine strikte Trennung der Arbeits- und Lebensbereiche und eine hierarchische Ordnung zwischen Mann und Frau zu beobachten. Der Umgang mit den Tieren ist Männersache, bis hin zum Melken. Die Frau hat in jeder Beziehung eine nachgeordnete Stellung, sie sollte in der Öffentlichkeit möglichst wenig sichtbar sein (Käser 1998, 75). Ein zentrales Anliegen für Viehzüchter ist die Sicherheit ihrer Familien und ihres Besitzes. Dabei ist es Aufgabe der Männer, diesen Schutz zu gewährleisten, Frauen und Kinder sind die zu Beschützenden. Charles Kraft beschreibt diese Sicherheitsorientierung mit den entsprechenden Familienstrukturen der Abhängigkeit und Unterordnung der Frau als typisch für viele traditionelle Gesellschaften (Kraft 1996, 295–296), dies gilt besonders für die ständig bedrohten umherziehenden Viehzüchtergesellschaften (Denich 1974, 248–249).

Die Industriegesellschaft. Die Industrialisierung brachte und bringt für die betroffenen Gesellschaften dieser Welt große Veränderungen für die Sozialstruktur und damit für die Rolle der Frau. Die Herstellung von Produkten wurde aus dem häuslichen Bereich in die Fabriken verlegt. Als Folge kam es langfristig zu einer vollständigen Aufteilung zwischen der häuslichen, privaten Sphäre als dem Platz der Frauen und Kinder und der für die kulturelle Entwicklung der Gesellschaft entscheidenden öffentlichen Sphäre als Handlungsraum des Mannes. In den bürgerlichen Industriegesellschaften der westlichen Nationen wurde die soziale Rolle der Frau in der Folge vielfach trivialisiert (Groothuis 1994, 3–4), das Freud’sche Credo über den Platz der Frau in „Küche, Kinder, Kirche“ setzte sich durch (Groothuis 1994, 4), und dieser wurde sozial mit dem Etikett „nicht so wichtig“ versehen. Gleichzeitig veränderten aber Bildungsmöglichkeiten und eine zunehmende Individualisierung das Selbstbild der Frauen. Auf diesem kulturellen Boden fanden die verschiedenen Emanzipationsbewegungen reichlich Nahrung (Siebel, 1984, 240).

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