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2.2.3.3 Die Religion

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Eine zentrale Stelle als Triebfeder, Legitimation und Verstärkung der gesellschaftlichen Zuordnung der Stellung der Frau in einer Kultur nimmt deren Ideologie oder Religion ein (Bamberger 1974, 276–280; King 1995, 5; Pezaro 1991, 44). Die religiösen Vorstellungen eines Volkes sind Teil seiner Weltanschauung und werden von A. Pezaro mit Recht als „Sinngebungsmuster normativer Regelsysteme“ (Pezaro 1991, 104–105) bezeichnet.

Mythen und Legenden. Bezüglich der Rolle der Frau kommt den Mythen und Legenden einer Volksgruppe eine wichtige Bedeutung zu. Durch diese Überlieferungen werden vielfach die gesellschaftlichen Normvorstellungen über das Wesen der Frau und ihre Aufgaben weitergegeben sowie Richtlinien zu ihrem Sexualverhalten. Auch die Existenz von Aktivitäten oder Tabus, die nur Vertretern eines Geschlechtes vorbehalten sind, wird oft hier begründet (Bamberger 1974, 271–277). Dabei fällt auf, dass viele Mythen und Legenden ein negatives Licht auf das Wesen und Verhalten der Frau werfen. So wird bei indigenen Völkern Südamerikas zum Beispiel häufig von einer früheren Tyrannei der Frauen erzählt, die durch den gerechten und siegreichen Kampf der Männer glücklich beendet werden konnte. Als Moral aus solchen Mythen wird jede neue Generation darauf hingewiesen, dass sie einer Herrschaft der Frauen stets entgegenwirken müsse (Bamberger 1974, 280).80 Auch die Göttermythen des alten Griechenland überlieferten ein vorwiegend negatives Frauenbild. Beispielsweise stellt der Dichter Hesiod in seinem bekannten Schöpfungsmythos die Erschaffung der Frau als Akt der Strafe des Göttervaters Zeus für die Männer dar. Solche Vorstellungen prägten die antike griechische Kultur nachhaltig und hatten schwere Folgen für die Stellung der Frau in ihr, auf die später noch eingegangen werden soll. Dagegen stellten manche Göttervorstellungen des Alten Orients die Frau in einem positiveren Licht dar und gaben ihr, zumindest im Bereich des religiösen Kultes, eine wichtige Stellung (Pomeroy 1985, 113.319; Thraede 1972, 207). Eine besondere Stellung kommt hier dem Mythos und Kult der ägyptischen Göttin Isis zu, der um die Zeitenwende das Selbstbewusssein der Frauen im Mittelmeerraum hob und auch in Verbindung gebracht wird mit einer gewissen Verbesserung ihrer gesellschaftliche Position (Pomeroy 1985, 343–344). Bestimmte synkretistische jüdische Legenden, die zur Zeit des Apostels Paulus im Umlauf waren und die Frau durch Eva zur Urheberin alles Lebens und zum Ursprung aller Erkenntnis erklärten, gaben manchen Frauen ein geradezu überzogenes religiöses Selbstbewusstsein, das sich teilweise auch in einer Zunahme ihrer gesellschaftlichen Aktivitäten niederschlug (Clark Kroeger 1992, 60.74).

Weltreligionen. Auch die großen Weltreligionen beeinflussen die Stellung und Rolle der Frau in den von ihnen geprägten Gesellschaften zutiefst, stellen sie doch dort die ideologische Grundlage für das gesamte kulturelle System dar.81 Dabei fällt auf, dass das vermittelte Frauenbild fast ausnahmslos eine Minderbewertung der Frau im Vergleich zum Mann einschließt und ihre Unterordnung unter ihn legitimiert und fördert (Adyanthaya 2003, 10; Renavikar 2003, 33.35; Bowker 1999). Dies trifft auf die Lehren und Praktiken des Hinduismus zu, in dem die Frau als schwaches, zum Wahnsinn und zur Besessenheit neigendes Wesen gesehen wird und die weibliche Sexualität als Gefahrenquelle für den erlösungssuchenden Mann (Renavikar 2003, 58; Lexikon Hinduismus 2002). Im Buddhismus wird das Frausein vielfach als „Problem“ und Hindernis auf dem Weg der Erleuchtung eingeschätzt (Levering 1999, 120; Nefsky 1995, 292–293). Auch im Judentum wurde nach dem babylonischen Exil vielfach ein frauenverachtender Ton angeschlagen, der sich auf die Stellung der Frau in der jüdischen Gesellschaft auswirkte (Jeremias 1962, 412; Ilan 1995).82 Einen besonders prägenden Einfluss diesbezüglich hat der Islam. Das Geschlechterverhältnis wird im Koran für alle islamischen Gesellschaften verbindlich geregelt und mit unbegrenztem Gültigkeitsanspruch festgeschrieben. Darin ist die Frau dem Mann vor Gott zwar gleichgestellt, wird aber als qualitativ andersartig definiert. Ihr Wesen wird als schwach, emotional und sexuell verführbar beschrieben. Damit wird die Notwendigkeit begründet, dass sie von dem als stark und rational geltenden Mann kontrolliert und beschützt werden muss, indem er nach der Vorschrift des Koran über sie bestimmt. So entspricht der Rechtsstatus der Frau demjenigen eines Minderjährigen. Sie erhält vom Mann materielle Sicherheit und Schutz, wofür sie ihm das Verfügungsrecht über ihre Person, Sexualität und Gebärfähigkeit gibt. Ein wesentliches Merkmal islamischer Weltsicht ist die scharfe Trennung der Lebenswelten von Mann und Frau in den öffentlichen bzw. häuslichen Raum (Deaver 1980, 31–32; Pezaro 1991, 123–130).83

Ein ganz anderes, wenn auch vielschichtiges Bild bietet sich im Christentum. Einerseits wird in der Missionsgeschichte von Anfang an immer wieder der befreiende Effekt der christlichen Botschaft für die Frauen aus vorher nichtchristlichen Kulturen sichtbar.84 Die schöpfungs- und erlösungsbedingte Würde der Frau lässt wenig Raum für ihre Unterdrückung durch den Mann. Andererseits wirkte sich aber auch das traditionelle Verständnis von der schriftgemäßen Rolle der Frau überall da aus, wo das Evangelium gepredigt wurde. Die Frauen wurden von christlichen Missionaren zur Unterordnung unter die Männer angehalten und aus gewissen geistlichen Diensten ausgeschlossen. So kam es in einigen vorher eher egalitär organisierten Gesellschaften sogar zu einer Erniedrigung des Status’ der Frau durch den christlichen Glauben (Tucker und Liefeld 1987, 332–333).85

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