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DIE STUNDE DER GEWALT Terror als Instrument der Politik

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Unter dem Eindruck der Terroranschläge vom 11. September 2001 war es für den damaligen US-Präsidenten George W. Bush eine naheliegende Maßnahme: Er rief zum „Krieg gegen den Terror“ auf. Aber schon damals wurde immer wieder eine Frage laut, auf die es bis heute keine verlässliche Antwort geben kann: „Wer kann in einem Krieg gegen den Terror jemals einen Sieg verkünden?“ Oder, anders gefragt: „Wie kann man jemals wissen, ob man diesen Krieg gewonnen hat?“ Jede Art von Siegesgewissheit kann schon am nächsten Tag zunichte sein. Es genügt ein einziger, zu allem entschlossener Überzeugungstäter, um einer stolzen Weltmacht ihr Versagen vor Augen zu führen.

Der Terror hat unseren Alltag verändert. Wir können in der Konfrontation mit diesem Phänomen meist nicht agieren, wir sind zum Reagieren gezwungen. Wir hinken dem Terror und seinen verschiedenen Spielarten immer hinterher. Für uns ist es völlig normal geworden, auf Flughäfen Sicherheitschecks über uns ergehen zu lassen. Aber wir müssen auch hinnehmen, dass dabei die Maßstäbe durcheinandergeraten und manchmal schon jeder Logik entbehren. Weil ein britischer Islamist versucht hatte, in einer Maschine mit Kurs auf die USA einen Sprengsatz in seinen Schuhen zu zünden, müssen alle Flugreisenden in den USA die Schuhe ausziehen und durchleuchten lassen, bevor sie an Bord einer Maschine gehen. In Europa dagegen besteht man normalerweise nicht auf dieser Maßnahme. Generell akzeptieren wir heute – in den USA wie in Europa – eine Fülle unterschiedlichster Eingriffe in unser Leben. Wir akzeptieren auch, dass die Behörden mit dem Argument der Terrorgefahr ihre Befugnisse erweitern – und dabei nicht selten übers Ziel schießen.

Das Szenario vom 11. September 2001 wird sich in dieser Form nicht wiederholen. Es ist nicht anzunehmen, dass es noch einmal gelingen kann, Passagierflugzeuge in fliegende Bomben zu verwandeln und einen Angriff mitten hinein ins Herz einer Millionenstadt zu fliegen. Aber Menschen, die bereit sind, zu einer Waffe zu greifen, um aus religiösem oder politischem Fanatismus auf andere Menschen loszugehen, wird es vermutlich immer geben. Vieles wurde versucht, es ihnen schwerer zu machen. Geheimdienste stellten ihre Lausch- und Schnüffelarbeit voll in den Dienst des Vorgehens gegen den Terror, schreckten auch vor Foltermethoden nicht zurück und hatten dabei immer vorwiegend eine Form des Fanatismus im Auge: islamistisch motivierte Gewalt, die Antriebskraft, die Osama bin Laden und seine Al-Kaida-Gruppe zum Exzess des 11. September getrieben hatte. Der Krieg gegen den Terror war ein Krieg gegen islamistischen Radikalismus, und wenn es zumindest einen Tag gegeben haben sollte, den man kurzfristig als Tag des Sieges in diesem Krieg empfinden konnte, dann war das der 2. Mai des Jahres 2011: der Tag, an dem ein US-amerikanisches Spezialkommando Osama bin Laden in der pakistanischen Stadt Abbottabad aufspürte und ihn mit tödlichen Schüssen niederstreckte.

Aber der jahrelange Fokus auf den islamistischen Extremismus nach der Spielart bin Ladens verdeckte andere Bewegungen, die mehr Aufmerksamkeit verdient hätten. Die Terrormiliz IS begann ihren Aufstieg im Irak und in Syrien, indem sie immer weniger wie eine heimlich agierende Terrorgruppe auftrat, sondern wie die Armee eines Staatswesens, das sie kurzzeitig sogar aufbauen und behalten konnte.

Anderswo entdeckten Rechtsextremisten ihre Chance, mit Gewalttaten auf sich und ihre gefährlichen Vorstellungen aufmerksam zu machen. Zu zwei ihrer schlimmsten Taten kam es ausgerechnet in Norwegen und in Neuseeland, wo niemand mit derart entschlossen auftretenden Tätern gerechnet hätte.

Und zuletzt hat politisch motivierte Gewalt auch noch eine ganz andere Dimension bekommen. Es war ausgerechnet ein Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, der nicht mehr zum Krieg gegen den Terror aufrief, sondern ziemlich unverblümt zum Terror selbst, gegen den eigenen Staat und dessen verfassungsmäßige Ordnung, mit dem Sturm auf das Kapitol im Jänner 2021 als dramatischem Höhepunkt.

Wir schildern in der Folge mehrere Spielarten des Terrors, von einsamen Tätern, die sich mitten in der europäischen Zivilisation zu Kriegern für ein islamistisches Mittelalter hochstilisierten, bis hin zu hausgemachtem Terror, wie ihn Donald Trump vor dem Ende seiner Amtszeit von der Machtzentrale des eigenen Landes aus zu entfachen suchte.

Zeit des Zweifels

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