Читать книгу Erfolgsfaktor Führung Die regelmäßige Dienst- und Teambesprechung - Hanns Eberhard Meixner - Страница 8
1.1 Austausch von fachbezogenen und fachübergreifenden Informationen
ОглавлениеZur besseren Information und Kommunikation ist die Dienstbesprechung, das regelmäßig stattfindende Meeting für jedes Team ein unverzichtbares Führungsinstrument. Die Dienstbesprechung schafft die Voraussetzungen eines Informationsaustausches innerhalb einer Organisationseinheit mit allen Teammitgliedern über alle relevanten rechtlichen, organisatorischen und fachlichen Entwicklungen mit dem Ziel
einer Klärung fachlicher Problemstellungen,
einer Aussprache zu den im Geschäftsprozess aufgekommenen Missverständnissen,
einer Behebung von Unklarheiten und Konkretisierung der Bearbeitungsanweisungen und –hilfen,
einer Erarbeitung gemeinsamer Arbeitsziele,
Aktivierung eines Forums für die Mitarbeiter, um Vorschläge einzubringen und Probleme anzusprechen.1
In einer Besprechung geht es formal um den Informationsbedarf und um das Informationsbedürfnis. Der Informationsbedarf beschränkt sich auf das zur Erfüllung einer Aufgabe notwendige Wissen. Fachübergreifende Informationen gehen darüber hinaus und zeigen Hintergrundwissen auf. Das entspricht häufig auch dem Informationsbedürfnis der Mitarbeiter.
In einer Untersuchung beschränkte man die Information der Mitarbeiter auf die Informationen, die zur Fertigung ihres Zwischenproduktes erforderlich waren. In einer anderen Gruppe zeigte man darüber hinaus den Entstehungsgang des Produktes über die gesamte Produktionslinie auf, erläuterte, in welchen Produktionsabschnitten welche Fehler auftreten und wie sich diese im weiteren Geschäfts- und Produktionsablauf auswirken. Diese Information kostet Zeit, und sie verlangt von den Zuhörern Aufmerksamkeit und Interesse. Wenn diese Voraussetzungen eingehalten werden, sind die Effekte verblüffend: Mitarbeiter werden zu Mitdenkern, und sie gestalten mit. Die Effekte sind erfreulich: Sorgfältigeres Arbeiten, geringere Fehlerquote, weniger Krankheitsausfälle.
Aus diesem Beispiel lassen sich einige Weichenstellungen, die ein Moderator bei der Konzeption seiner Besprechungsstrategie beachten sollte, ableiten:
Hintergrundinformationen aufzeigen,
Problem und Problemansätze darstellen („Auf Mitdenker und Mitgestalter bauen“),
die aktuell anliegenden Aufgaben der Abteilungen beleuchten,
Schwerpunkte, Schwierigkeiten, Lösungswege erläutern (über den Tellerrand schauen),
gemeinsame Aktivitäten planen und miteinander abstimmen.
Das ist die Theorie. Die Praxis fällt etwas Differenzierter aus. Viele Fehlentwicklungen in einer Organisation lassen sich auf bewusst und/oder unbewusst eingesetzte Kommunikationsbarrieren zurückführen. Bei einer Analyse der kritischen Vorfälle in einem Unternehmen zeigte sich, dass über 80 Prozent der analysierten Fehlentwicklungen nicht etwa auf die fehlende Qualifikation der an diesen kritischen Fällen Beteiligten zurückzuführen waren, sondern auf zwischenmenschliche Probleme sowie auf eine fehlende Abstimmung, persönlichen Vorbehalte, ungenaue Informationen und Kommunikationsbarrieren wie etwa einer Informationsüberflutung, die nicht zwischen Wesentlichen und Unwesentlichen differenziert. Mit jedem Kopierer und mit jeder Anbindung ans Internet und Intranet nimmt die Fülle der Informationen zu. Aber die Menge hat nicht unbedingt auch etwas mit der Qualität und der Relevanz der Informationen zu tun. Andererseits werden unter der Devise: „Wissen ist Macht“ Informationen missverständlich weitergegeben, verfälscht und/ oder zurückgehalten. Auch ist es nicht jedem gegeben, auf unangenehme „Wahrheiten“ rechtzeitig aufmerksam zu machen.
Mangelnde Kommunikation innerhalb der Hierarchie war auch ein drückendes Manko bei dem Automobilunternehmen Chrysler, das L. Iacocca als neuer Präsident wieder auf die Beine stellte. Die institutionalisierte Sprachlosigkeit hatte viel dazu beigetragen, dass dieser Konzern in die tiefroten Zahlen abgedriftet war. Obwohl jeder Verkäufer von Chrysler wusste, dass die großen Staatskarossen auf dem Markt im Zeichen der Ölkrise (Mitte der 70er Jahre) nicht mehr zu platzieren waren, lautete in den Vorstandsetagen die Devise: „Augen zu und durch!“ Dahinter stand vielfach nicht die Sorge um das Unternehmen, wohl aber die Sorge um die eigenen Reviergrenzen, auch Sparten genannt, verbunden mit einem Wunschdenken: „Es ist ja alles gar nicht so schlimm! Durch dieses Tal müssen wir durch!“ Diese realitätsverdrängende Sicht führte den Konzern in den Abgrund. L. Iacocca konnte den Absturz in letzter Konsequenz verhindern, indem er eine offene Kommunikationsstruktur durchsetzte und das Revierdenken durch den Teamgedanken überwand.
Auch bei anderen Autoherstellern – und nicht nur dort – lassen sich ähnliche Fehlentwicklungen ausmachen. So brandmarkte der damalige Vorstandschefs von VW, Bernd Pischetsrieder in einer Brandrede: „Wenn das Zahlenwerk nicht stimmt, weil wir uns bei den Prämissen der Planung, bei kritischen Projektständen und manchmal auch noch beim Berichten gegenseitig nicht die Wahrheit sagen, ziehen wir die falschen Schlüsse und treffen falsche Entscheidungen. Das können wir uns nicht länger leisten, das muss aufhören." 2
Diese Fehlentwicklungen werden durch Grundbedürfnisse des Menschen bestärkt. Menschen wollen Recht haben, und sie wollen wichtig sein. Stimmt die Mixtur, dann wirkt sich dies belebend und motivierend aus. In extremer Ausprägung, das haben die oben aufgezeigten Beispiele anschaulich belegt, führen diese Bedürfnisse nicht nur in die Sackgasse, sondern ins Chaos. Dann ist es nicht auszuschließen, dass das Wohl des Unternehmens bzw. der Verwaltung der Eitelkeit untergeordnet wird. Die Dynamik des Gerangels zum Abstecken der Reviergrenzen innerhalb der Sparten, Abteilungen, Sachgebiete bis hin zum Arbeitsplatz bindet nicht nur die Arbeitskraft und die Aufmerksamkeit. Viel Energie, Kreativität und Innovationen verlieren sich beim Gerangel um Zuständigkeiten und Abgrenzungen. Der Kampf um Reviergrenzen wird häufig mit so großer Hartnäckigkeit ausgetragen, dass selbst das Wohl des Ganzen zu einer untergeordneten Größe werden kann. Lee Iacocca hat vieles von diesen Irrationalitäten in seinem Buch: „Eine amerikanische Karriere“ beschrieben.3 Wo Neid, Konkurrenzrangelei, Missgunst, Schikane, Dominanz - um der Dominanz willen -vorherrschen, da versandet menschliche Kreativität, Reife, Selbstverantwortung und Innovation.
„Viel Energie“ so heißt es in einem Bericht des Spiegel4 verwendeten die Herren im Daimler - Vorstand, die aufs Schönste über moderne Führungsprinzipien plaudern können, auf eine ganz profane Tätigkeit: die Schlammschlacht. ... Herrscht unter den Stuttgarter Spitzenmanagern eine heimliche Lust an der Selbstzerstörung?“
Diese disharmonische Dynamik, die selbst vor den scheinbar zweckrational agierenden und dem Wohl des Unternehmens in besonderem Maße verpflichteten Vorstandsetagen keinen Halt macht, kommt in der so treffend formulierten „Managerformel“ anschaulich zum Ausdruck. Da heißt es:
Ein Drittel der Arbeitszeit ist zu reservieren, um am Stuhlbein des Konkurrenten zu sägen (z. B. nicht informieren, tendenziös unterrichten, Emotionen bedienen, Gerüchte in Umlauf setzen, PR- Arbeit auf Kosten des anderen). Ein weiteres Drittel bleibt der Abwehr vorbehalten, um die Sprengkörper unter dem eigenen Stuhl zu entschärfen (z. B. Gegendarstellungen, überflüssige Vorlagen, Abwehrgespräche führen, Verbündete verpflichten, Fangnetze legen). Was für die Sache noch verbleibt, ist ein Drittel der Zeit für die eigentliche Arbeit, aber weit weniger an Energie.
Diese Formel mag übertrieben klingen. Doch viele Besprechungen lesen sich wie ein offenes Buch für diese Machtspiele. In diesem Sinne stellt Reinhard Mohn, der aus dem Bertelsmann - Verlag den zweitgrößten Medien - Konzern der Welt schmiedete, fest: „Der eitle Manager ist leicht verletzlich. Schon einer seiner Meinung nach
unzureichende Beachtung irritiert ihn maßlos. Seine Angst vor seinem Misserfolg ist übersteigert. Tritt dieser einmal ein, so wird er alles tun, um sein Gesicht nicht zu verlieren, bis hin zur unkorrekten Darstellung der Geschehnisse.“5 Wohl auch an der Eitelkeit der Stars und den häufig gepflegten Personenkult mag es liegen, dass Meldungen über notwendige Kurskorrekturen nicht ernst genommen werden.
Der Moderator kann diese Fehlentwicklungen in eine erfolgreichere Bahn lenken, indem er vor allem seine Einstellung hinterfragt und darauf einwirkt:
1 Gelingt es Ihnen eine offene Gesprächskultur in einer Besprechung zu schaffen? Achten Sie auf die Regeln des „Feedback - Nehmen“ und des „Feedback - Geben“?
2 Nehmen Sie das Sachanliegen wichtiger als die eigene Person! Besinnen Sie sich ziel- und ergebnisorientiert auf die gestellte Aufgabe. (Wofür werde ich bezahlt? Was kann bzw. was sollte in der Besprechung erreicht werden?)
3 Erkennen Sie Ihre eigenen unvergleichlichen Stärken und bauen Sie diese aus. Stehen Sie auch zu Ihren Schwächen? Müssen Sie als Moderator einer Besprechung immer das letzte Wort haben? Gefällt es Ihnen, sich in der Pose des Siegers zu sehen? Kultivieren Sie Ihre eigenen Schwächen im Konkurrenzkampf mit den anderen? Lassen Sie Raum für andere, wo diese besser sind?
4 Erkennen Sie, wo ihre Eitelkeiten beginnen, und stehen Sie zu dem eigenen „wunden Punkt“, in dem Sie sich ihm stellen? Nutzen Sie Ihre Energie zum kreativen und innovativen Gestalten, statt sie im Verdrängen zu binden?
5 Suchen Sie in Besprechungen Wege, wo möglichst viele gewinnen können? Das bedeutet nicht, sich wie die Fahne nach dem Wind auszurichten. Im Gegenteil. Halten Sie den Gegenwind aus, ohne die Verursacher bloßzustellen?
6 Läuft etwas in der Besprechung schief, prüfen Sie dann, was Sie dazu hätten beitragen können, damit diese Fehlentwicklung hätte vermieden werden können? Suchen Sie nach Schuldigen, statt nach Wegen und Lösungen, um es besser zu machen?
7 Tragen Sie die Verantwortung auch für die Fehler der anderen mit? Bedenken Sie: Es ist Ihnen offensichtlich nicht gelungen, diesen Fehler zu verhindern.