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1.4.2 Teilgebiete der Wirtschaftsgeographie

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Nach Wirtschaftssektoren lassen sich folgende Teilbereiche der Wirtschaftsgeographie unterscheiden.

Agrargeographie

Die Agrargeographie beschäftigt sich mit Struktur und Entwicklung der Landwirtschaft in ihrer räumlichen Differenzierung sowie der Raumwirksamkeit agrarwirtschaftlicher Prozesse, wobei natürlichen Gegebenheiten (z.B. Klima, Bodengüte), den Agrarbetrieben im Speziellen, der Sozialstruktur der landwirtschaftlichen Bevölkerung sowie den betrieblichen Organisationsformen der Bodenbewirtschaftung besondere Bedeutung zukommt.

Geographie des Bergbaus

Die Bergbaugeographie befasst sich mit der Generierung vor allem mineralischer Rohstoffe, den Erscheinungsformen bergbaulicher Aktivitäten sowie dem Gesamtcharakter eines vom Bergbau strukturell geprägten Wirtschaftsraums (Bergbauregionen). Da der Bergbau infolge seiner verfahrenstechnischen Koppelung statistisch und thematisch häufig den nachgelagerten, standortgebundenen Industrien zugeordnet wird, lässt sich die Geographie des Bergbaus auch der Industriegeographie zurechnen. Die Ressourcengeographie, welche die Verbreitung von Ressourcen und Rohstoffen, Welthandelsstrukturen und die Entwicklungsmöglichkeiten eines Raums durch Rohstoffe thematisiert, ist von der Bergbaugeographie inhaltlich mit eingeschlossen.

Industriegeographie

Die Industriegeographie wendet sich den Lokalisationsformen und Standortbedingungen, den Organisationsformen, den Produktionsprozessen und den sich daraus ergebenden räumlichen Auswirkungen der Industrie zu. Ferner werden raumwirksame Unternehmensentscheidungen und Anpassungshandlungen sowie die räumlichen Verhaltensbezüge der in der Industrie beschäftigten Menschen untersucht.

Dienstleistungsgeographie

Die Dienstleistungsgeographie analysiert Lokalisationsformen, Standortbedingungen, Organisationsformen und Raumwirksamkeit von Unternehmen des tertiären Sektors sowie das räumliche Verhalten von Beschäftigten und Kunden. In der Regel stehen tertiäre Teilbereiche (z.B. Handels-, Freizeit-, Verkehrsgeographie) im Mittelpunkt der Betrachtung. Verstärkte Aufmerksamkeit erfahren vor allem die Anwendungsbereiche Informationstechnologie, Telekommunikation und Logistik. Ferner ist zu beachten, dass sich auch immer mehr produzierende Unternehmen als Dienstleister verstehen. So wird z.B. der auftragsindividuelle Anlagenbau eines Technologiekonzerns statistisch zwar dem industriellen Sektor zugeordnet, ist faktisch aber als Dienstleistung zu betrachten.

Handelsgeographie

Die Handelsgeographie widmet sich den räumlichen Grundlagen und Auswirkungen des Handels (Außenhandel, Groß- und Einzelhandel) und seiner regional differenzierten Betriebsformen. Im Zusammenspiel mit der Verkehrsgeographie ist die Untersuchung raumwirksamer Faktoren für die Funktion des Handels als zeitlicher, sachlicher und örtlicher Überbrücker zwischen Hersteller und Konsument und deren Standorten eine besonders bedeutende Aufgabe.

Freizeit- und Tourismusgeographie

Die Freizeitgeographie beschäftigt sich mit der Raumwirksamkeit und den räumlichen Organisationsformen des Freizeitverhaltens sozialer Gruppen sowie der räumlichen Ordnung der Fremdenverkehrswirtschaft. Die Tourismusgeographie konzentriert sich auf einen Teilaspekt des Freizeitverhaltens, den Erholungsreiseverkehr, befasst sich aber auch mit dem nichtfreizeitbedingten Reiseverkehr (Geschäftreiseverkehr, Kongress- und Messetourismus, Kurtourismus). Untersuchungsgegenstände der Tourismusgeographie sind vor allem die Prozess- und Strukturanalyse von Räumen, welche unter Einfluss verschiedener Formen des Fremdenverkehrs stehen, sowie die sozialgruppenspezifische Ausprägung des Fremdenverkehrs in regionaler Differenzierung mit unterschiedlichen Arten der Raumprägung. Dabei ist zwischen dem auf das Inland beschränkten Binnentourismus und dem grenzüberschreitenden Tourismus zu unterscheiden. Letzterer differenziert sich wiederum in Incoming-Tourismus (Ausländertourismus im Inland) und Outgoing-Tourismus (Auslandstourismus der Inländer).

Verkehrsgeographie

Die Verkehrsgeographie untersucht die wirtschaftsräumliche Rolle und Funktion des Transports. Sie beschreibt und erklärt die Verkehrsarten, die räumlichen Muster von Verkehrswegen und Bewegungen von Gütern, Personen und Nachrichten sowie die wirtschaftsräumliche Bedeutung des Verkehrs. Ein zentrales Anliegen ist die Analyse des Verkehrswegenetzes, der Verkehrsströme (fließender und ruhender Verkehr) sowie der gebietlichen Versorgung mit Transporteinrichtungen in ihrer Bedeutung für die Entwicklung eines Wirtschaftsraums. Im Zuge der wachsenden Bedeutung globaler Wertschöpfungsprozesse hat die Erforschung des weltweiten, von modernen Logistiksystemen gestützten Güterverkehrs dieser Teildisziplin in jüngster Zeit zusätzliche Bedeutung verliehen.

Spezielle sektorale Wirtschaftsgeographien

Neben diesen „klassischen“ gibt es mittlerweile spezielle sektorale Wirtschaftsgeographien, welche sich mit ganz spezifischen Wirtschaftszweigen, z.B. Einzelhandel, Bio- und Gentechnologie, Telekommunikation, Mikroelektronik oder erneuerbaren Energien, beschäftigen.

Vernetzungen mit anderen geographischen Teilbereichen

Die Wirtschaftsgeographie weist nahe liegender Weise Verbindungen zu anderen Teilbereichen der Human- bzw. Anthropogeographie auf. So bestehen thematische Anknüpfungspunkte u.a. zur Siedlungsgeographie (z.B. Wirtschaftsstrukturen und Standortmuster städtischer oder ländlicher Siedlungen), der Bevölkerungsgeographie (z.B. die Raumwirksamkeit des Arbeits- und Freizeitverhaltens einzelner Bevölkerungsgruppen) sowie der Politischen Geographie (z.B. die Auswirkungen der räumlichen Lage einschließlich der politisch-administrativen Untergliederung von Staaten sowie deren prägende politische Kräfte auf die nationalen und internationalen Wirtschaftsbeziehungen). Wirtschaftsgeographische Aspekte kommen ferner auf dem Gebiet der „regional governance“ zum Tragen. Dabei handelt es sich um einen modernen Sammelbegriff zur Diskussion sich verändernder Steuerungsformen der Regionalentwicklung, welche einerseits die klassische Rolle des Staates und der öffentlichen Verwaltung zum Ausdruck bringt, andererseits netzwerkartige, schwach institutionalisierte Steuerungsmechanismen bezeichnet, in denen staatliche, wirtschaftliche und zivilgesellschaftliche Akteure zur Bearbeitung von Problemen des regionalen Gemeinwohls (z.B. im Bereich lokaler Wirtschafts-, Technologie- oder Innovationsförderung) zusammenwirken bzw. deren jeweilige Interessen durchzusetzen versuchen.

Thematische Beziehungen bestehen auch zu einzelnen Teilbereichen der Physischen Geographie. So weist z.B. die Agrargeographie, deren Untersuchungsgegenstand u.a. die auf der globalen Differenzierung von Klimafaktoren und lokalen Einflüssen (z.B. Höhenlage) beruhenden Eignungszonen sind, Anknüpfungspunkte zur Vegetations- und Bodengeographie auf. Verbindungen zur Hydrogeographie und Geomorphologie gehen z.B. von der Bergbaugeographie aus, indem diese sich mit der durch bergbauliche Tätigkeiten veränderten Natur- (und Kultur-)Landschaft sowie Problemen der Wiederurbarmachung und Neugestaltung von Bergbauregionen befasst.

Ein weiterer Überlappungsbereich ist in der umweltbezogenen Risikoforschung auszumachen. Denn einerseits können bestimmte wirtschaftsräumliche Nutzungsentscheidungen (z.B. ein exponierter Industrialisierungsdruck oder der Einsatz spezifischer Technologien in stark durch Naturgefahren bedrohten Regionen) eine Ursache bzw. Verstärkung der Gefahr durch länder- bzw. regionsspezifische Naturrisiken darstellen. Andererseits beschäftigt sich die Wirtschaftsgeographie auch mit der Erfassung und der Analyse der regionalwirtschaftlichen Auswirkungen von Naturgefahren.

Moderne Forschungsgegenstände

Zu den noch recht jungen Forschungsgegenständen der Wirtschaftsgeographie zählt die Welt des Geldes und der Finanzdienstleistungen. So beschäftigt sich die Finanzgeographie mit Geld- und Finanzierungsbeziehungen in räumlicher Perspektive und verfolgt das Ziel, „die Handlungen der einzelnen Akteure eines Finanzsystems – d.h. Regierungen, internationale Organisationen, Finanzdienstleister und Kunden – und die sich daraus ergebenden Organisations- und Interaktionsformen in verschiedenen räumlichen Kontexten zu erfassen, zu erklären und fachlich zu bewerten“ (ZADEMACH 2014, S. 2).

Dabei lassen sich im einzelnen folgende Themen benennen (vgl. ZADEMACH 2014, S. 3f.): Der Zusammenhang zwischen der Akkumulation und Zirkulation von Kapital und regional differenzierten Entwicklungsprozessen, die Institutionen des Finanzsektors und deren Integration in spezifische Finanzsysteme unterschiedlicher Reichweiten, die räumlichen Ausprägungen von Finanzzentren, das Verhältnis zwischen Kapitalströmen und der Entwicklung regionaler Wirtschaftszweige und -strukturen sowie die räumlichen Aspekte von Finanzkrisen, insbesondere die Frage nach regionalen Ursprüngen und Auswirkungen, sowie die Regulierung der Finanzmärkte. Letzteres deutet auf eine eigene Geographie globaler Finanz- und Wirtschaftskrisen (vgl. OSSENBRÜGGE 2011) hin.

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