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Väter und Mütter

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Eines muss man Johann van Beethoven und Bernhard Mahler zugutehalten: Sie haben die kindliche Hochbegabung schon sehr früh erkannt und gefördert. Ihre Söhne werden ihnen das nie vergessen haben – ganz sicher aber auch die vielen Schläge nicht, von denen als Erziehungsmittel beide reichlich Gebrauch machten. Von Johann weiß man, dass er den fünfjährigen Ludwig zum Üben auf ein Bänkchen vor das Klavier prügelte und auch in den Keller einsperrte, wenn sein Schüler nicht folgsam war. Ähnlich brutal soll Bernhard, „ein Trieb- und Sinnenmensch‟, gewesen sein, worunter nicht nur die Kinder, sondern auch die „sanfte‟, herzkranke Ehefrau Marie „unsäglich‟ zu leiden hatten. „Sie passten so wenig zueinander wie Feuer und Wasser‟, sagte Gustav Mahler über seine Eltern. „Er war der Starrsinn, sie die Sanftmut selbst.‟ Die Mutter habe den Vater nicht geliebt, vor der Hochzeit kaum gekannt und hätte lieber einen anderen geheiratet, „dem ihre Neigung gehörte‟. Schlechte Voraussetzungen für eine glückliche Ehe, zumal Bernhard – gelinde ausgedrückt – kein idealer Familienvater gewesen sein soll.

Auch Ludwig Geyer, der Stiefvater Richard Wagners, entdeckte das musikalische Talent des Sohnes, als dieser gerade einmal acht war. Doch fördern konnte er es nicht mehr … Dabei wäre es Richard unter seinen Händen sicher besser ergangen als Ludwig vor und Gustav nach ihm, denn der Hofschauspieler Geyer soll ihm mit Liebe und Geduld begegnet sein. Johanna Rosine jedoch, die wegen eines Kopfleidens stets eine Haube trug und daher bei Richard nicht „den Eindruck einer jugendlichen und anmutigen Mutter‟ hinterließ, brachte ihrem Kind ungleich weniger entgegen. Ihre Liebe schien sich im Wesentlichen auf das Nesthäkchen der Familie zu konzentrieren, Wagners Halbschwester Cäcilie. Wie er in seiner Autobiographie „Mein Leben‟ schrieb, konnte Wagner sich nicht erinnern, von ihr je „geliebkost‟ worden zu sein, zumal „überhaupt zärtliche Liebkosungen‟ in seiner Familie „nicht stattfanden‟. Unvergesslich blieb ihm daher ein Erlebnis, das Mutterliebe zumindest erahnen lässt: Er erinnerte sich daran, wie er eines Abends zu Bett gebracht wurde und „die Augen weinerlich nach ihr aufschlug‟, worauf die Mutter „mit Wohlgefallen‟ auf ihn blickte und einem Anwesenden gegenüber „sich mit einer gewissen Zärtlichkeit‟ über ihn äußerte. So ein Gefühlsausbruch bleibt als „Epoche machend‟, wie es wörtlich heißt, in der Erinnerung eines Kindes … Dennoch liebte Richard sie sein Leben lang über alles.

Auch wenn dem Jungen die mütterliche Zärtlichkeit gefehlt hatte: Unter lautstarken Streitigkeiten zwischen den Eheleuten musste er nicht leiden; da hatten Ludwig und Gustav weniger Glück. Denn äußerst gegensätzlich waren ihre Eltern, die Ehen ähnlich zerrüttet, die Mütter gleichermaßen unglücklich und verzweifelt. Doch beide duldeten still und litten. Und wurden vielleicht auch deswegen von ihren Söhnen so geliebt.

Eine hübsche, schlanke Frau soll Maria Magdalena van Beethoven gewesen sein. An der Seite des Trinkers Johann wurde sie, die man ohnehin nie lachen sah, zusehends schwermütig, um schließlich als „stille, leidende Frau‟ in Erinnerung zu bleiben. Ist es das eigene Leid, das es ihr verwehrte, die starken Gefühle ihres Sohnes zu erwidern, seinen Schrei nach Liebe zu erhören? Denn die Misshandlungen des Jungen durch den Vater, die selbst die Nachbarschaft mitbekam, können ihr unmöglich verborgen geblieben sein. Auch der schmutzige, geradezu verwahrloste Eindruck, den das Äußere des Jungen auf die Mitmenschen machte, spricht nicht gerade für Maria Magdalenas Fürsorge. Eine einzige Geschichte ist überliefert, in der ihre Liebe subtil zum Ausdruck kommt: Auf einer Mutter-Kind-Reise nach Holland soll Maria Magdalena die Füße des Elfjährigen in ihrem Schoß gehalten haben, um sie vor Frost zu schützen. Immerhin. Dennoch sprach auch Beethoven später stets mit Liebe und Achtung über sie, bezeichnete die Mutter als „beste Freundin‟ und „herzensgute Frau‟. Selbst über den Vater verlor er ein Leben lang keine schlechten Worte.

Die Beziehung Gustav Mahlers zu seinen Eltern ist durchaus ähnlich. Nie ein Wort der Zuneigung soll er über seinen Vater gesagt haben, der Mutter Marie hingegen brachte er eine Liebe entgegen, die einer Fixierung gleichkam und – im Gegensatz zu Beethoven und Wagner – nicht unerwidert blieb. Bezeichnenderweise wollte er seine spätere Ehefrau, die bekanntlich Alma hieß, zunächst nach ihrem zweiten Namen Maria anreden.

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