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Das Fußballturnier

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Die Pandemie des Todes Teil III Was wird


Achtzig Jahre ist es her, seit ein tödlicher Virus mehrmals um die Welt wanderte und 99,99 % der Menschheit das Leben entzog. Die überlebenden Homo sapiens sammelten sich an wenigen Orten, selten in den Groß- und Hauptstätten, und verschwendeten maßlos die Besitztümer einer untergegangenen Wohlstandsgesellschaft. Sie bezogen nur die schönsten Häuser, schlachteten sie aus und warfen Wertvolles achtlos aus den Fenstern. Benutzten Fahrzeuge wie sie lustig waren, ließen sie nach Gebrauch irgendwo stehen, zerstörten sie auch oder zündeten sie an. In Punkto Kleidung wurde aus dem Vollen geschöpft, der Verschleiß war riesig. Der zehntausendste Teil Deutschlands lebte sehr gut aus den Regalen der Supermärkte. Allerdings verstört und traumatisiert, weil jedem die Familie und der Bekanntenkreis weggestorben waren. Alkohol und Drogen wurden damals hemmungslos konsumiert.

Viele Lebensmittel allerdings verdarben und mussten schon früh selbst angebaut und hergestellt werden. Wer Frisches wollte, musste Gärtnern und Tiere fangen und schlachten. Bis der letzte Traktor und Mähdrescher funktionsuntüchtig wurde, dauerte es Jahrzehnte. Nebenbei stellte man die Landwirtschaft auf Pferdebetrieb um. Landwirtschaftliche Geräte und Werkzeuge wurden den neuen Verhältnissen angepasst, manches frisch geschmiedet und vieles sogar neu erfunden. Das Ernten wurde mühseliger, der Ertrag kleiner. Öl, Fett und Zucker, was früher ungewollt in den meisten Lebensmitteln steckte, muss nun aufwendig aus Nüssen, Raps, Tieren und Zuckerrüben gewonnen werden. Lebenswichtiges Salz wird eingehandelt. Dennoch fehlt es an nichts, Ackerland steht unbegrenzt zur Verfügung, hat keine Besitzer, gehört in der Regel einer Gemeinschaft. Nicht wenige Sippen ziehen als Jäger und Sammler durch Europa.

Was die Überlebenden weggeworfen hatten, nehmen deren Nachkommen wieder in die Hände, um es auf seine Verwendungsfähigkeit zu prüfen. Die Kleidung der Menschen besteht aus Stoffen, Wolle, Leder und Fellen. Stoffballen aus natürlichen und aus künstlichen Fasern werden auf den Märkten immer mal wieder angeboten. Der Verschleiß der Ressourcen besteht weniger im Verbrauch, als durch marode werdende Lagerstätten. Jedes Dach wird irgendwann undicht, die Waren dann nass und schimmelig. Oder sie werden von Nagern und Insekten verdorben.

Landwirte und Handwerker sind gefragt wie nie. Die Menschheit konnte sich die Elektrizität erhalten. Die meisten Gebäude sind mit Solarpaneelen bestückt. Nachschub kommt aus einer Werkstatt im Bayrischen, wo sich findige Leute zusammengefunden haben. Die Paneele müssen teuer mit Goldmünzen und wertvollem Schmuck gekauft werden. Deshalb errichten die Siedlungen immer öfter stromproduzierende Windräder. Sie sind nicht riesig, liefern aber Energie. Die Häuser sind, um das Stromnetz stabil zu halten, mit einander verbunden. Im Laufe der nachdigitalen Zeit gingen Computer, Fotoapparate und Fernseher kaputt. Filmabende waren einmal. Elektronische Geräte gehören zur vergangenen Welt und können nicht mehr hergestellt werden. Waschmaschinen und andere elektrische Haushaltsgeräte findet man nur noch selten. Immerhin gibt es bei Basel eine Gemeinschaft mit eisernem Zukunftswillen, die Elektromotoren produziert und gegen seltene und teure Naturalien hergibt. Mit den Motoren werden zum Beispiel Pumpen, Sägen, Winden und Häcksler betrieben. Es gibt aber niemand mehr der Akkus baut. E-Bikes waren einmal, wenige Elektroautos fahren noch mit selbstgebauten Batterien und Reifen. Die letzten Autos mit Verbrennungsmotor fuhren mit Holzvergasern, weil auch die Treibstoffe verrottet sind. Fahrräder sind nicht mal selten. Hauptproblem ist die Bereifung. Die besteht aus selbstgegossenen Vollgummiringen, die eine komfortable Fahrweise nicht zulassen.


Der Weiler, von dem diese Geschichte erzählt, ist vermutlich der bevölkerungsreichste Ort Europas. Aus anfänglich zwei Überlebenden erwuchs eine Gemeinschaft aus vierhundert Menschen. Wobei einige Dutzend Familien im nachbarlichen Städtchen Ettenheim leben und ein Dutzend auf Bauernhöfen in den Schwarzwald-Vorbergen und der Rheinebene. Doch alle gehören zu dem Dorf, das tausend Jahre lang Ettenheimweiler geheißen hat und ein Anhängsel der Barockstadt Ettenheim war. Es ist eine Gemeinschaft, die sich an die alten Regeln und Gesetzte hält und von einem Rat vorzüglich verwaltet wird.

Alle sieben Räte sind gleichgestellt. Dennoch richten sich sechs der sieben nach einer Frau, die auffälliger nicht sein kann. So agil und spaßig deren Mutter Elfriede auch ist, beziehungsweise mal war, denn sie ist inzwischen über neunzig, so gelassen und vergeistigt ist ihre Tochter Carlina. Carlina ist eine außerordentlich beeindruckende Person, mit einer kraftvollen Ausstrahlung, aber keine Schönheit. Mit ihrer Körpergröße von ein Meter neunzig überragt sie fast alle Männer. Ihr Blondschopf passt voll zu ihrer makellosen hellen Haut, die sie von innen leuchten lässt. Ihr Aufstieg zur unumstrittenen Nummer eins begann, als sie sich um die Gemüter der Menschen kümmerte, quasi etwas für das Seelenheil der Bevölkerung tat. Alle, die Sorgen und psychische Probleme haben, können zu ihr in die Sprechstunde kommen oder sonntagmorgens in der Kirche ihre Veranstaltung besuchen, die sie Besinnung nennt. Bei der Bevölkerung genießt sie den Ruf immer das Richtige zu tun. Ihr Umgang mit den Mitmenschen gilt als vorbildlich. Außerdem ist sie, wie schon ihre Mutter, eine hervorragende Ärztin, die vor allem an neuen Medikamenten forscht.

Und das ist es, was den Ort so begehrenswert macht. Er hat ein gut funktionierendes Hospital mit OP, Intensivstation, Krankenzimmern und ausgebildetem Personal. Im Post-Pandemie-Zeitalter gibt es fast keine Impfungen mehr und nur noch fragwürdige Antibiotika. Die Ärzte des Hospitals verfügen über wirksame Medizin, sind europaweit bekannt. Die Patienten kommen von weit her, viele sprechen kein Deutsch, was Behandlungen kompliziert macht. In den Arztzimmern stapeln sich alte Wörterbücher.

Das Hospital und die Medikamentenforschung gehen auf eine dunkelhäutige und rothaarige Frau zurück, die im vorherigen Zeitalter tatsächlich Medizin studiert hatte. Die Besiedlung des Dorfes geht eigentlich auf ihren damaligen Freund zurück, der sich als Neustart den schönsten Hof ausgesucht hatte. Wäre sie keine talentierte Medizinerin und er kein talentierter Landwirt gewesen, hätten andere sich nicht angesiedelt. Was sollte man schon in einem Kaff, versteckt in den Vorbergen des Schwarzwaldes.

Die Gründer der Gemeinschaft hießen Zora und Tom. Nach Zoras Tot, mit achtundneunzig Jahren, beschloss der Rat den unspektakulären Namen Ettenheimweiler fallen zu lassen und das Dorf in Zoratom umzubenennen. Die Bevölkerung stimmte dem begeistert zu. Zoratom hört sich wesentlich bedeutender an, als irgend so ein Weiler. Es wurden sogar angeberische Ortsschilder gemalt und aufgestellt.

Aber wohin die Reise des Dorfes geht oder die der Menschheit, weiß nicht einmal die charismatische Carlina zu sagen. Vermutlich sind diverse Auswüchse zu erwarten. Einige Gruppen werden zivilisierte Gemeinschaften bleiben, die moralisch, erfindungsreich und aufgeschlossen sind. Andere vielleicht ins Mittelalter zurückfallen. Auf keinen Fall bis in die Steinzeit, denn Metall ist allgegenwärtig und überall zu finden. Wissensverlust, Aberglauben, Willkür, Sklavenhaltung und Folter liegen durchaus im Bereich des Möglichen. Von der Welt außerhalb Europas weiß man gar nichts. Nur zögerlich bringt das Land Superneugierige hervor, die den alten Beruf des Entdeckungsreisenden wieder aufleben lassen.


Ein Fußballturnier steht an. Fünf Mannschaften haben sich angesagt. Eine aus Straßburger Nähe, eine aus dem Schwarzwald, die Bierbrauer aus Bruchsal, die Frankfurter, und die Basler die die Elektromotoren herstellen schicken auch eine Fußballmannschaft. Zoratom ist die einzige Siedlung mit ausreichend Platz und Ressourcen, die so viele Besucher unterbringen und versorgen kann. Es werden nicht nur Fußballspieler erwartet, auch deren Anhang braucht Schlafplätze. Frauen, Freundinnen, Kinder, Freunde, Verwandte und Fans erwarten einen komfortablen Aufenthalt. Neben dem Fußballfeld liegt noch ein kleineres für Kinder, das zum Warmspielen genutzt werden darf. Hinter den Sportplätzen, auf einem plattgewalzten Feld, dürfen die Gäste ihre Zelte aufschlagen. Nicht wenige wohnen im kommunalen Hotel oder kommen auch privat unter. Die Camper sollen im Sportheim verköstigt werden, wo sie auch Duschen können.

Die Idee zu diesem Turnier stammt von Richard, dem Trainer der einheimischen Mannschaft. Ein ernster und sehr gewissenhafter junger Mann, der alles hundertprozentig ausführen muss. Nicht immer verstehen seine Spieler was er von ihnen will. Manche verzweifeln an seinen Anforderungen. Nur weil sie bei ihm viele raffinierte Aktionen lernen, kommen sie immer wieder ins Training.

Die hiesige Mannschaft hätte auch ohne Heimvorteil die Favoritenrolle. Richard nimmt seine Aufgabe sehr genau. Alle Fußballbücher die er findet, durchforscht er nach Hinweisen, die seine Mannschaft unschlagbar machen. Mit Ernst und Akribie versucht er die Erkenntnisse seinen Männern zu vermitteln. Und er weiß, wie Spiele der Profifußballer einmal ausgesehen haben, weil er noch die Möglichkeit hat Filme anzuschauen. Doch das findet heimlich in einem Keller statt. Den letzten noch funktionierenden Bildschirm in den man Sticks stecken und abspielen kann, hält der Rat für spezielle Situationen unter Verschluss. Niemand darf das wissen, um keine Begehrlichkeiten zu wecken. So hat Richard den früheren Bundesligaprofis Tricks abgeschaut, die er seinen Leuten mühsam beibringt. Tricks, von denen fremde Mannschaften keinen Schimmer haben. Eck-und Freistöße zum Beispiel und andere Standartsituationen. Von seinen Spielern fordert der Trainer Disziplin, die beste Strategie nutzt nichts, wenn die Spieler machen was sie wollen. In Zoratom gibt es auch Fußballerinnen. Doch die müssen gegen sich selbst spielen, weil es an auswärtigen Frauschaften fehlt.

Toll wäre, wenn es das Schwimmbad noch gäbe. Darin könnten sich die Sportler nach den Spielen abkühlen. Aber ein Erdbeben hat das alte marode Becken zerbröselt. Das Wasser war dann durch zahlreiche Risse abgeflossen. Wer jetzt schwimmen will, muss zu einem See in der Ebene. Der Weg dorthin und der Badestrand werden freigehalten.

Das Erdbeben hatte nicht wenige Häuser beschädigt, manche regelrecht aufgeschlitzt. Die Bevölkerung war so geschockt, dass sie sich erst nach Tagen aufraffen konnte, ihre Behausungen zu reparieren und die Risse zu schließen. Auf dem Hügel westlich des Dorfes steht ein ehemaliger Aussichtsturm, der als weithin sichtbares schiefstehendes Symbol, von terrestrischer Aktivität zeugt und jeden daran erinnert, dass die Oberrheinische Tiefebene Erdbebengebiet ist.

Die größten Wunden entstanden in der Ebene, denn die Erde war aufgesprungen. Am Fuß der Schwarzwaldvorberge entstand ein Graben, der nun die Hügel von der Ebene trennt. Dahinter entstanden noch ein zweiter und ein dritter. Der Zweite Graben mäandert ziellos durch Dörfer, Weideland und Felder. Der dritte, der westlichste Graben, beschreibt einen weiten Bogen, wobei er irgendwo im Norden und irgendwo im Süden in den Zweiten mündet und so eine Insel bildet. Auf dieser Insel stehen Teile der Ortschaften Kappel und Grafenhausen. Beide Dörfer wurden auseinander gerissen und schwer beschädigt. Dennoch haben sich dort ein paar fremde Familien angesiedelt, die die neue Insel ganz für sich beanspruchen und mit Zoratom nichts zu tun haben wollen. Carlina hat sie besucht und wurde feindselig empfangen. Ihre Annäherungsversuche kollidierten mit einer völlig anderen Weltanschauung. Seither gelten die Inselbewohner als eine Sekte.

Kein Mensch hat jemals gesehen wie tief die Erdspalten eigentlich sind. Erst nachdem im Dorf die ärgsten Schäden behoben waren, ritt der Rat, ohne die alte Elfriede, zur Spalte am Fuß des Hügels. Man wollte natürlich eine Verbindung zur Außenwelt und deshalb eine Brücke bauen. Was zuerst wie ein hoffnungsloses Problem aussah, wurde schnell zu einer lösbaren Aufgabe. Die Erdspalten unterlagen einer natürlichen Dynamik. Die Oberrheinebene besteht aus Kies, den die Gewässer in Millionen Jahren bodenlos aufgeschichtet haben. Als die Reiter am Graben ankamen, sah er schon sehr verändert aus. Die Kieskanten waren nicht besonders stabil, streckenweise schon abgebrochen und nach unten gerutscht. Und in der Tiefe floss Wasser. Zum einen Grundwasser, das auf ganzer Länge überall aus dem Kiesboden sickerte und die Erdspalten füllte. Zudem waren sämtliche Bäche von ihrem ehemaligen Bett getrennt und ergossen sich ebenfalls in die Spalten. Und Bäche gibt es viele. Die Brückenbauer mussten nur wenige Wochen warten, bis Grundwasser und Bäche die neu entstanden Wasserläufe gefüllt hatten.

In dieser Zeit sammelten sie Metalltanks und fällten Robinien. Damit bauten sie sich eine Pontonbrücke, die stabil und wuchtig den ersten Graben überspannt. Nachdem das gut geklappt hatte, wurde auch der zweite Graben überbrückt, Zoratom war nicht mehr isoliert. Vom Wasserspiegel bis zur Oberkante ist es selten höher als ein Meter. Eine Ab- und Auffahrt war schnell gebaut. Das Wasser im Graben fließt aber, denn das Wasser der Bäche will ja irgendwohin. Deshalb müssen die zwei Pontonbrücken gut vertäut sein. Für das Wild sind die Gräben keine Hindernisse, an abgerutschten Ufern steigen die Tiere hinein und heraus. An zwei Stellen war auch die A5 unterbrochen. Die einzige nennenswerte Nord-Süd-Verbindung. Auch dort wurden Pontonbrücken gebaut. Groß genug, damit die Händler mit ihren Wagen wieder zum Marktplatz können. Das Baden in den neuen Wasserläufen hat der Rat verboten. Zu oft brechen die Ufer ab und würden die Schwimmer mit in die Tiefe reisen. Nicht jeder hält sich an das Verbot.

Die Zugereisten auf der Insel bauten, ganz aus Holz, ihre eigene Brücke, quasi als ein schwimmendes Floß. Doch haben die Sektierer ein nicht zu unterschätzendes Problem. Das damalige Erdbeben hat auch die Dämme des Rheins eingerissen. Der kanalisierte Fluss floss in einer riesigen künstlichen Rinne oberhalb des Umlandes. Nun fließt der Rhein neben seinem Bett dahin, die Hauptmenge zum Glück auf französischer Seite. Doch auch auf seiner deutschen Seite drängt er manchmal weit in die Ebene. Zum Beispiel beim letzten Frühjahrshochwasser. Die Oberrheinische Tiefebene glänzte wie ein See; die Wassermassen hatten Äcker, Weiden, Gräben und Seen unkenntlich gemacht. Auch die Insel der Fremden war zu einer Wasserfläche egalisiert. Erst nach Tagen wich das Wasser zurück und gab völlig aufgeweichten Boden Preis. Wochen später erschienen einige der Fremden im Hospital. Sie hatten Malaria, wurden unbeschreiblich von Mücken geplagt. Carlina konnte die Krankheit nicht behandeln. Verriet ihnen aber, aus welchen Pflanzen sie ein wirksames Antimückenmittel gewinnen konnten. Die fremden Malariakranken mussten das Dorf sofort wieder verlassen. Denn wenn sie von Dorfmücken gestochen werden, würde diese die Malaria auf Zoratoms Bürger übertragen.

Eigentlich ist Zoratom, zusammen mit Ettenheim, auch eine Insel, denn der Ort ist nur über die zwei Brücken zu erreichen. Nach Norden und Süden, jenseits der Wiesen und Felder, gibt es in den Vorbergen keine befahrbaren Wege mehr. Im Osten steht der Urwald des Schwarzwalds, in den nur noch Wanderpfade führen. Für jeden Fremden ist die Anfahrt oder der Anritt ein besonderes Erlebnis. Wenn die Räder über die Brücken hallen oder die Hufe auf die Bohlen donnern weiß ein jeder, dass er nun eine andere Welt betritt. Eine Welt, in der es viel mehr gibt als in der eigenen. Die anreisenden Fußballer wissen natürlich von dem Krankenhaus und den fähigen Ärzten. Wissen von Schmieden, Schuhmachern, Gerbern, Korbmachern, Töpfern, von köstlichen Backwaren, dem sagenhaften Restaurant, den Geschäften, den vielerlei Obst-und Feldfrüchten und dem Markt. Wissen, dass vieles angeboten wird, was es zuhause nicht gibt. Alles wollen sie sehen und probieren.

Die größte Überraschung ist das Ausmaß des Sportheims. Es ist neu. Im Innern gibt es eine Theke, eine Bühne, und Tische und Bänke für bestimmt dreihundert Menschen. Im Seitentrakt sind eine umfangreiche Toilettenanlage und zwei Umkleideräume mit Duschen untergebracht. Warmwasserduschen. Das Haus ist aus Stämmen errichtet. Nach dem Brückenbau hatten nicht wenige Männer Lust, noch etwas anderes aus Bäumen zu gestalten. Die Ratsversammlung beschloss, ein größeres und dichteres Sportheim zu bauen und danach das alte abzureißen. Weil die Gemeinschaft über elektrische Sägen verfügt, gingen die Arbeiten schnell voran. Fenster und Türen wurden alten Gebäuden entnommen. Das Dach wurde mit selbstgebrannten Dachpfannen belegt, darauf die Photovoltaikanlage des alten Sportheims montiert. Damit war die Bautätigkeit aber nicht beendet. Inzwischen entstehen auch Wohnhäuser in Holzbauweise. Manche haben einfach Lust auf ein neues Haus und da man nun weiß wie es geht, spricht nichts dagegen, den Ort endlich mal zu modernisieren. Erstmals seit der Pandemie vor achtzig Jahren werden neue Wohnhäuser und Scheunen errichtet. Aus Stämmen, Balken und Bohlen.


Es wird unruhig in der Ortschaft. Zwei Mannschaften und ihre Anhänger treffen tagsüber ein, die nächste Mannschaft gegen Abend, die letzten zwei erst während der Nacht. Auf dem Zeltgelände herrscht emsiges Treiben, an Schlaf ist nicht zu denken. Getränke werden verlangt, und Brennholz. An den Lagerfeuern wird die Ankunft gefeiert und werden Bekanntschaften gemacht. Am willkommensten ist die Gruppe aus Bruchsal, denn die Bierbrauer haben volle Fässer mitgebracht. Mit deren Inhalt gedenken sie ihre Verpflegung einzutauschen. Schon kurz nach deren Ankunft tauschen die ersten Einheimischen Wein- und Schnapsflaschen gegen volle Bierkrüge. Es wird gelacht und gesungen, man geht von einem Feuer zum nächsten, schaut was es zu trinken gibt und wo schöne Mädchen und Kerle sitzen. Eifrig werden Freundschaften geschlossen. Richard erlaubt seinen Spielern lediglich ein Bier, zum Kosten. Ansonsten hat die Gastgebermannschaft Alkoholverbot, denn sie stellt auch die Aufsicht und dabei ist es nützlich, wenn die Aufpasser kühlen Kopf bewahren können.

Umso stiller ist es am nächsten Morgen. Gegen Mittag drängen die Gäste ins Sportheim um zu frühstücken. Richard steht an der Essensausgabe und grinst fröhlich vor sich hin. Die gegnerischen Mannschaften haben dem örtlichen Wein und Schnaps ordentlich zugesprochen. Das Schädelbrummen ist ihnen deutlich anzusehen. Sie sind geschwächt. Richard hat einiges von seiner introvertierten Art abgelegt. In den vergangenen Jahren hat er mit Carlinas Hilfe gelernt, die Leute, mit denen er sich unterhält, auch anzuschauen. Zumindest solange sie reden. Seine Antworten spricht er immer noch an ihnen vorbei.

Nach dem Frühstück, manche mit einem belegten Brot in der Hand, marschieren die Gäste durchs Dorf. Werden magisch vom Hospital angezogen. Urs und Meggy, Zoras Kinder die auf die Achtzig zugehen, treten heraus und erklären, was das Krankenhaus alles kann. Dann kommen auch noch die neue Oberärztin Kim, Meggys Tochter, und Gesche die Zahnärztin heraus. Die Alten sind nur noch Assistenten. Die Älteste, Elfriede, forscht nur noch an Pilzen. Ihr Stammplatz befindet sich am Tisch hinter dem Wohnhaus. Bei schönem Wetter. Sonst forscht sie im Labor mit Blick nach draußen. Sie ist noch Ratsmitglied. „Solange ich zum Sportheim gehen kann, bleibe ich im Rat“, sagt sie.

Die Gäste streunen in Gruppen von einer Werkstatt zur anderen. Kaufen sich Schuhe, Stiefel, Jacken, Hosen, Socken und anderes, solange es noch etwas zu kaufen gibt. Schauen interessiert, was der Schmied gerade bearbeitet, was der Steinmetz auf Lager hat, holen sich Anregungen bei den Schreinern, Zimmermännern und Töpfern. Dann verschwinden einige im Laden, andere in der Bäckerei und kommen mit Obst oder Gebäck wieder heraus. Manche gehen ins Restaurant teuer essen. Die sich schon auskennen, gehen in Grisslys Kantine und essen umsonst. Eine Gruppe ist von Buran eingeladen und marschiert zu dessen Hof am Waldrand.

Als die Sonne etwas tiefer steht und das Essen verdaut ist, füllen sich die zwei Sportplätze mit Spielern. Jeder will die Qualität des Platzes testen und sich warm kicken. Bis in die Dunkelheit hinein wird gebolzt, Beleuchtung gibt es keine. An diesem Abend bleiben alle nüchtern, denn morgen früh steht das erste Spiel an. Das Eröffnungsspiel bestreiten Zoratom und Frankfurt. Danach spielt der Schwarzwald gegen Straßburg. Zuletzt Basel gegen Bruchsal. Vor Aufregung kann mancher der Protagonisten nicht richtig schlafen. Richard schickt seine Spieler frühzeitig nach Hause, damit sie in gewohnter Atmosphäre nächtigen.

Kurz vor zehn Uhr, nach einem frühen minimalen Frühstück, laufen die zwei Mannschaften zum Eröffnungsspiel aus dem Sportheim auf den Platz. Lautstarker Beifall brandet ihnen entgegen. Aus hunderten Händen, was so noch keiner gehört hat. Manche Spieler durchfließt ein leichtes Zittern und sie bezweifeln, ob sie vor dieser einschüchternden Kulisse überhaupt den Ball treffen. Am Spielfeldrand steht der Krankenwagen und stehen zwei Ärztinnen und zwei Krankenpfleger, die das Schlimmste befürchten. Das Hospitalpersonal war strikt gegen dieses Fußballturnier gewesen, musste sich aber dem Wunsch der Mehrheit beugen. Gleich sechs Mannschaften, graute es Kim. Wo doch schon zwei am Wochenende so viel Arbeit verursachen.

Nach einer Viertelstunde ist jegliches Zittern vergessen, beide Mannschaften schwitzen und stehen unter Starkstrom. Das Spiel wogt hin und her, die Gegner beschnuppern sich, schauen, was die Anderen so alles können. Man traut sich selten nach vorne, man will die Abwehr nicht alleine lassen. Richard hat seinen Leuten eingeschärft in der ersten Halbzeit auf Sicherheit zu spielen, keine Risiken einzugehen und vielleicht das Spiel unter Kontrolle zu bringen. In der Zweiten sollen sie aufdrehen und wenn kein Durchkommen ist, die Frankfurter mit Weitschüssen unter Druck setzen. Beide Mannschaften bemühen sich, die Zuschauer sind begeistert, weil ihnen Sport und kein müdes Gekicke präsentiert wird. Leider fällt in der ersten Halbzeit kein Tor, den Stürmern fehlt noch die Unterstützung des Mittelfeldes.

In der Zweiten werden Richards Leute schneller, spielen steil nach vorne, wechseln mit weiten Pässen die Seiten, wollen unbedingt ein Tor. Und kommen zum Erfolg. Das Publikum tobt, es wird gebrüllt, dass man es bis Basel hört. Die Frankfurter schüchtert dieser ungewohnte Lärm nicht einmal ein. Sie halten dagegen und rennen sich die Lungen aus dem Leib. Kassieren aber trotzdem noch einen Treffer, ein aufsetzender Weitschuss hat den Torwart überlistet. Die Frankfurter setzen alles auf eine Karte, stürmen fast geschlossen auf den gegnerischen Kasten zu und versenken den Ball im Netz. Beim Versuch das Unentschieden zu erzwingen, kontern die Einheimischen, überrennen die Frankfurter Abwehr und deren Torwart. Mit drei zu eins seien die Gäste noch gut bedient, finden die Zuschauer.

Danach spielen die Schwarzwälder gegen die Straßburger. Sie haben das Pech in der größten Hitze spielen zu müssen. Dennoch erfordert auch dieses Spiel einen Sieger, wenn man ins Endspiel kommen will. Beide Mannschaften rennen viel und verlieren oft den Ball. Viel technisches Unvermögen, erkennt Richard. Das Spiel geht zwei zu zwei aus.

Gegen Abend dann, Basel gegen Bruchsal. Nur noch die Hälfte der Zuschauer ist anwesend. Das ändert sich aber schnell. Die Bruchsaler spielen wie Furien, lassen ihre Gegner gerne über die Schuhe stolpern. Die Zuschauer pfeifen. Die Bierbrauer machen enormen Druck, werden immer aggressiver. Nach einem schlimmen Foul pfeifen und schreien die Zuschauer was ihre Luft hergibt. So eine brutale Spielweise haben sie auf ihrem Platz noch nie erlebt. Dieser infernalische Lärm lockt alle Leute aus den Zelten, dem Sportheim und den Häusern. Kim verlangt vom überforderten Schiedsrichter, dass er nach dem nächsten Foul das Spiel abbricht. Zur Pause steht es zwei zu Null für Bruchsal. Danach halten sie sich zurück, gewinnen trotzdem vier zu Null. Bruchsal führt die Tabelle an.

Abends fühlen sich Carlina und Grissly bemüht, mit den Bruchsalern zu reden. Die Mannschaft sitzt um ihr Lagerfeuer. Nüchtern. Kein Bier rücken sie mehr heraus. Haben es schon für ihre Siegesfeier reserviert. Vermutlich wollten sie am ersten Abend andere betrunken machen und deren Kondition schwächen. Die Leute aus dem Nordbadischen waren schon bei früheren Ereignissen unangenehm aufgefallen. Deshalb stellt sich die größte und berühmteste aller Frauen vor sie hin und sagt in freundlichem Ton klipp und klar: „Wenn ihr Leute schwer verletz, ist das Turnier für euch beendet.“ Tritte und blaue Flecken gibt es zuhauf, was am technischen Unvermögen einiger Spieler liegt. Da wird oft blind und unkontrolliert nach dem Ball getreten und weil man zu langsam ist, die Beine des Gegners getroffen. Das kann man einer Mannschaft schlecht ankreiden. Im Eifer des Gefechtes entstehen auch kleine Rangeleien um den Ball. Da wird geschubst, gezogen und gehalten. Alles Dinge, die der Schiedsrichter noch regeln kann. Aber das absichtliche Treten nach den Knöcheln und Knien des Gegners muss nicht sein, das attackiert die Arbeitskraft der Männer. Carlinas Warnung wird kommentarlos hingenommen. Sie erwartet auch keine Antwort und geht weiter.

In den nächsten Tagen spielen die Bruchsaler anständiger, bleiben aber die wildeste Mannschaft, gewinnen jedes Spiel. Auch Zoratom gewinnt jedes Spiel, aber nicht so deutlich und mit weniger Aufwand. Hat demnach ein schlechteres Torverhältnis. Aber die Mannschaft mit den meisten Punkten oder dem besten Torverhältnis gewinnt den vom Rat kreierten Goldpokal. Wobei der Pokal weniger wiegt als die Ehre des Sieges. Jeder weiß auf was das hinausläuft. Auf das Spiel der Spiele, wenn die Eigenen auf Bruchsal treffen. Wie es bislang aussieht, würde den Bierbrauern ein Unentschieden reichen, um den Prestigeträchtigen Sieg einzufahren.

Nach drei Spielen gehen die Mannschaften auf dem Zahnfleisch, ein Ruhetag wird eingelegt. Bevor es am letzten Spieltag gegeneinander geht, müssen die Einheimischen und Bruchsal noch die schwächsten Mannschaften niederringen. Das sind die Schwarzwälder und Straßburger. Wobei die Straßburger, die die Bruchsaler nicht ausstehen können, weil sie von ihnen nie mit Bier beliefert werden, mehr Widerstand leisten werden. Richard hofft, mit den Schwarzwäldern leichtes Spiel zu haben, um sich für das Finale schonen zu können. Er ändert die Strategie. In den letzten beiden Begegnungen will er selber mitspielen. Was Fußball anbelangt, ist er nicht nur der unbestrittene Experte, er ist auch ein sehr guter Spieler mit besonderen Fähigkeiten. Fähigkeiten, die er sich durch unermüdliches Studieren der Bücher und Filme angeeignet hat. Richard kann Dinge, die andere mit einem Ball nicht fertigbringen. Und die will er am freien Tag üben. Mit seinen Mitspielern verlässt er das Dorf, reitet in die Ebene und übt im Geheimen, auf einer gemähten Wiese, an einem improvisierten Tor.

Bruchsal und Straßburg dürfen morgens bei noch gemäßigten Temperaturen spielen. Die Straßburger haben nichts zu verlieren und hacken schamlos nach dem Ball und den Beinen des Gegners. Zur Pause steht es sensationell noch null zu null. Danach gelingt den Bruchsalern ein Tor. Und noch eins. Die Straßburger werden wütend und gehen dazu über, den Gegner nieder zu säbeln. So wie sie es bei den Bruchsalern im ersten Spiel gesehen haben. Leider regiert der Schiedsrichter, durch Carlina sensibilisiert, inzwischen empfindlich auf die Hackerei. Er wagt es und schickt einen Spieler vom Platz. Die Straßburger bestürmen den Unparteiischen, fordern die Rücknahme der Entscheidung. Als er geschupst wird brüllt der Schiedsrichter laut: „Ich kann das Spiel auch abbrechen.“ Da besinnen sich die Spieler, hacken aber unbeirrt weiter. Nach dem vier zu null für Bruchsal, fliegt der zweite Straßburger vom Platz. Der Rest der Mannschaft sammelt sich vor dem eigenen Tor und mauert. Den Bruchsalern gelingt gegen die dezimierte Mannschaft, zum Gespött der Zuschauer, nur noch ein Tor.

So wild entschlossen und aggressiv die Bruchsaler auch sind, so viele Tore sie auch geschossen haben, gilt trotzdem Richards Mannschaft als Favorit. Denn seine Mannschaft hat das was anderen fehlt: Ballsicherheit. Um das Turnier zu gewinnen, reicht ihnen gegen Bruchsal ein eins zu null. Wenn den Bierbrauern drei Punkte fehlen, nützen ihnen auch hundert Tore nichts.

Beim Spiel gegen die Schwarzwälder schiebt Zoratom den Ball, ohne groß aufzudrehen, hin und her. Der Gegner kommt nur selten ans Leder. In der ersten Halbzeit gelingen, in einem manierlichen und wenig aufregenden Spiel, zwei Tore. Nach der Pause läuft mit seinen Leuten Richard auf das Feld. Ein Raunen geht durch die Zuschauer. Fußballfans die ihn kennen, hoffen auf mehr Unterhaltung. Unter seiner direkten Regie unterliegt das gegnerische Tor gewaltigem Druck. Schon beim nächsten Eckball begreifen die Zuschauer weshalb nun auch der Trainer mitspielt. Richard kann mit seinen dicken Schenkeln weite und wunderschöne Bögen schießen. Er schießt von der Eckfahne den Ball ins hintere obere Eck des Tores. Die Straßburger sind wie gelähmt. Die Zuschauer toben. Den zuschauenden Bruchsalern fallen die Kinnladen herunter. Bei einem Freistoß am Sechszehnmeterraum, donnert Richard den Ball an der Mauer vorbei ins Tor. Er schickt seine Stürmer und dirigiert seine Abwehr, seine Mannen sind wild entschlossen den Gegner nicht mehr an den Ball zu lassen. Der wird vor dem eigenen Tor eingeschnürt. Dennoch versuchen es die Schwarzwälder immer wieder mit Kontern. Beim Stand von neun zu null gelingt ihnen sogar ein Treffer. Danach versenkt Richard noch einen weiteren Fernschuss im Netz. Es endet zehn zu eins.

Die Bruchsaler sind vorgewarnt. Abends schickt Grissly einen Jungen an deren Lagerfeuer, um zu lauschen. Die Bierbrauer sind sich einig, dass zuerst dieser Spielertrainer ausgeschaltet werden muss, wenn sie das Spiel gewinnen wollen. Der Junge rennt zu Richard und meldet das. Doch der hat schon eine Strategie, die das verhindern soll. Die Mannschaft macht sich ganz andere Sorgen. Wie sollen sie im Falle des Sieges an das begehrte Bier kommen? Werden die Bruchsaler, wenn sie unterliegen, das dem Sieger zustehende Gesöff herausrücken? Wollt ihr, fragt Richard seine Leute, um von Bier besoffen zu sein, freiwillig verlieren?


Unter den Spielern der Bierbrauer gibt es einen mit einem primitiven Bulldoggen Gesicht, der die meisten Fouls begeht. Richard ist sich sicher, dass der auf ihn angesetzt wird. Per Los hat Zoratom Anspiel. Und gibt den Ball vorerst nicht mehr her. Sobald ein Bruchsaler in die Nähe des Balles kommt, wird abgespielt. Wie von Zauberhand steht immer einer annahmebereit parat. Bei Ballverlust pfeift Richard der Abwehr, die tief gestaffelt dem Gegner den Raum eng macht. Fast jedes Mal gelingt es die Flanken des Gegners abzufangen. Aber meistens bleiben die Bälle in den eigenen Reihen. Nach einer Viertelstunde kapieren die Zuschauer was abgeht. Richards Leute bewegen sich in Dreiergruppen über den Platz, deshalb ist auch immer einer anspielbar. Nur selten leisten sie sich einen Fehlpass. Es ist zwar eine langweilige Hin-und-her-schieberei, aber eine effektive. Die Gäste sollen sich müde laufen. Nach zwanzig Minuten schießt die Mannschaft mit dem höchsten Spielanteil endlich ein Tor.

Besonders dem einen Bruchsaler schwillt der Kamm. Die Bulldogge sucht explizit Richards Nähe. Versucht ihn hautnah zu decken, drängt sich ihm entgegen, Richard bekommt keinen Ball mehr. Als er sich mal kurz lösen kann und den Ball annimmt, zieht die Dogge mit dem rechten Fuß voll durch. Rechnet damit, dass Richard den Ball abgibt und dass dort, wo zuvor der Ball war, gleich sein Knöchel sein wird.

Jedoch, Richard lässt den Ball stehen, press ihn mit aller Kraft seines muskulösen Beins auf den Boden und der Gegner donnert voll drauf. Ein Schmerzensschrei ist die Folge. Die Dogge humpelt, kann nicht mehr auftreten, wird von zwei Mann gestützt zum Spielfeldrand geschleppt. Vermutlich mehrfacher Bänderriss, diagnostiziert Kim. Ein Ersatzspieler kommt auf den Platz. Gleich darauf fällt das zwei zu null, schön mit Kurzpässen herausgespielt. Die Bruchsaler geben nun den Wirbelwind, machen das Spiel unübersichtlich und schießen in einem Wirrwarr von bestimmt zwanzig Beinen ein Tor. Jetzt sind sie völlig entfesselt, können nicht mehr anders und beginnen zu holzen. Zoratom bekommt einen Elfmeter zugesprochen, worauf der Schiedsrichter geschützt werden muss. Richard verwandelt. Ungestüm rennen die Bruchsaler auf das gegnerische Tor zu, verlieren aber zu oft den Ball, was in einen Konter mündet, den die Bruchsaler wieder nur durch ein Foul stoppen können. Freistoß Richard. Doch sein Schuss geht offensichtlich weit am Tor vorbei. Alle verfolgen, wie der Ball am hinteren Pfosten in den Zuschauern verschwinden wird. Der Torwart und die Mauer reagieren erst gar nicht. Während dem Flug dreht sich der Ball wie verrückt, beschreibt einen Bogen, wie von Geisterhand zieht es ihn zum Tor, und landet im oberen Eck. Die Zuschauer sind ob dieses Kunstschusses völlig aus dem Häuschen, die Bruchsaler fassungslos. Kurz danach geht es in die Pause.

Doch sie haben nichts gelernt, versuchen es in der zweiten Halbzeit weiterhin mit der Brechstange, was wieder zu einem Freistoß in Tornähe führt. Der Schiedsrichter wird als parteiisch beschimpft und geschuppst, wodurch er strauchelt und hinfällt. Bruchsals Kapitän muss vom Platz. Auch das wird nicht hingenommen. Der Schiedsrichter appelliert an ihren Sportsgeist und droht mit Spielabbruch. Zähneknirschend wird versucht, mit viel Wut im Bauch, das Spiel noch zu drehen. Die Gastgeber halten sich zurück, üben das Abspielen. Bei einem weiteren Freistoß für Zoratom steht die Mauer gemischt. Ein Bruchsaler gibt Richards bestem Mann auf die Außenseite des rechten Knies einen Pferdekuss. Der knickt zusammen. Zu dumm für die Gäste, der Schiedsrichter hat‘s gesehen, beide müssen vom Platz, der Verletzte darf ersetz werden. Richard schießt voll auf die Mauer, einer seiner Männer lässt sich fallen, der Ball landet im Netz.

Was am meisten erstaunt ist, das die rabiaten Gäste mit neun Mann weiterspielen. Selbst Richard hat damit gerechnet, dass sie nun hinschmeißen, sich lieber volllaufen lassen und auf dem Zeltplatz noch gebührend Ärger veranstalten. Sie wollten lernen, behaupten sie unter der Dusche, nach dem das Spiel zwölf zu eins geendet hat. Die Spieler gehen nach dem duschen erst einmal einen Trinken. Derweil wird das Sportheim für den bunten Abend und die Pokalverleihung gerüstet.

Während der Dämmerung streben Kind und Kegel dem Festplatz zu. Im Sportheim spielt eine Kapelle Tanzmusik. Die sich unterhalten, trinken und essen wollen, sitzen draußen, mit Krügen vor sich auf den Tischen. Die Gastmannschaften haben Lebensmittel mitgebracht, die nun gekocht, gegrillt und ausgeschenkt werden.

Gerade als der Chefkoch sagt: „So langsam könnten die Bruchsaler ihr Bier herbringen“, kommt ein Jugendlicher angerannt und ruft: „Die Bruchsaler sind abgehauen.“ Natürlich mit ihrem Bier. Die Empörung ist groß, die Sieger fühlen sich geprellt.


Pandemie des Todes III Teil

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