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Waali

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An meiner Seite hatte ich meistens ein gezähmtes Raubtier. Das brachte mir bei den Menschen großes Ansehen ein, wenn ich mit einer der wilden Katzen zur Versammlung kam.

Ich besaß bereits einen männlichen Löwen. Sobald er satt war, wurde er zahm wie eine kleine Katze. Weibchen sind viel zu empfindlich und nervös für eine Dressur.

Diesmal war es ein junger Gepard. Seine Mutter hatte ich während einer Jagd getötet. Als wir rasteten, kam er aus seinem Versteck, stupste seine tote Mutter an und begriff die Welt nicht mehr. Ich nahm ihn mit und wir zogen ihn mit Milch

und ein wenig Fleisch groß. Die Kinder im Lager hatten ihren Spaß mit ihm. Sie streichelten und neckten ihn.

Er bedankte sich mit zärtlichen Bissen in die Kinderbeine.


Er wuchs schnell und das Spielen und Beißen ließen nach. So kam er in mein großes Zelt. Vor dem Eingang war er an einem langen Seil angebunden. Niemals verrichtete er seine Notdurft im Zelt.

Als Waali das Fell seiner Mutter umlegte wurden die beiden beste Freunde. Sie fütterte ihn und er schnurrte und schmuste mit ihr. Was er gar nicht leiden konnte, wenn er plötzlich in seine Ruhe gestört wurde.

Dann fletsche er die herrlichen weißen Zähne, fauchte wie

seine Brüder in Freiheit, schlug mit dem Schwanz auf den Boden fuhr seine scharfen Krallen aus und war zum Sprung bereit.


Waali war außergewöhnlich. Der Arbeit mit den anderen Frauen ging sie möglichst aus dem Weg. Sie wusch meine Kleider, kämmte mir die Haare, hielt mein Zelt in Ordnung und saugte oder ritt mir das Mark aus den Knochen.

„Damit du nicht nach anderen Frauen schaust.“, meinte sie.


In so einem Lager bleibt nichts lange verborgen. Es sprach sich herum, dass Waali besondere Qualitäten hatte.

Ein paar Tage nach dem Fest ging ich mit Haleb auf die Jagd.

Wir brauchten frisches Fleisch. Ich wusste Waali in sicheren vier Pfoten. Doch da hatte ich mich getäuscht.

Bei unserer Wiederkehr vermisste ich sie. Sonst kam sie mir immer lachend entgegen. Ich fragte nach ihr: „Wo ist Waali, ist sie krank?“

„Sie ist seit einigen Tagen verschwunden. Bitte Herr, fragt Betschep deinen Sohn!“ Als ich gewaschen war kamen die Männer zusammen und die vergangenen Ereignisse während meiner Abwesenheit wurden besprochen.

Betschep fragte ich ganz leise: „Weißt du wo Waali ist?“

„Dieses Biest, wenn ich sie erwische schneid ich sie in Stücke, werfe sie den Hunden vor und kaufe dir zwei neue Sklavinnen.“

„War sie schlecht gegen dich?“ fragte ich ihn.

Er schaute mich grinsend an:

„Schlecht? Ich fand sie auf deinem Lager. Ja ich weiß, sie ist deine Slavin. Aber nur Sklavin, du bist nicht mit ihr verheiratet. Als ich in dein Zelt kam wurde sie wach und wollte fliehen.

Doch ich war schneller, packte sie, warf sie aufs Lager zurück. Sie spürte mein Begehr und erkannte, dass Flucht zwecklos war. Dann wurde sie ganz zahm. Ihr Kopf beugte sich in meinen Schoß: Ein Schmerz ohne Ende! Mit beiden Händen zerdrückte sie mir meine Eier und biss mir den halben Schwanz ab. Ich packte sie bei den Haaren. Laut schreiend zog ich mein Messer. Da sprang auch noch der Gebhard fauchend auf mich los. Ich musste die Furie loslassen und seit der Zeit hat sie keiner mehr gesehen.“


Ich schwieg, ließ es damit bewenden. Sollte ich mich wegen einer geschenkten Sklavin gegen meinen Sohn stellen? Das würde nur meine Schwäche zeigen und offenbaren wie ich an Waali hing.

Ich fragte Betschep nach der Herde und wie der Ausbau des Hafens voran ging.

Gegen Abend, als die Feuer brannten, lagen wir beim Essen.

Plötzlich roch es intensiv nach Palmöl und Waali stand hinter mir. Lautlos hatte sie sich angeschlichen. Als ich den Kopf drehte, lächelte sie mich an. Ich nahm ein Stück Fleisch und gab es ihr zwischen die Lippen, um ihr meine Gunst zu zeigen.


„Wo warst du? Alle haben dich gesucht!“ fragte ich sie.

Sie kam nah an mein Ohr, küsste es und sagte ganz leise: “Auf einem der Dattelbäume, Herr.“

Als ich sie anschaute, legte sich der Feuerschein auf ihr Gesicht.

Sie blickte zu Betschep und steckte ihm die Zunge raus.

Ich musste lachen. Betschep tat so als hätte er es nicht gesehen. Seit diesem Ereignis war Waali angesehen im Lager und nicht mehr nur die kleine Sklavin ihres Herren.

Sehnsucht nach Zärtlichkeit

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