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4. Kapitel – Das Auricher Team

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Im Besprechungsraum saßen die anderen Mitglieder des Dezernats bereits auf ihren Plätzen und unterhielten sich über allerlei belanglose Themen, wobei das Wetter natürlich eine zentrale Rolle einnahm. Als Nele mit Robert im Schlepptau den Raum betrat, verstummten die Gespräche und erstaunte, neugierige Blicke richteten sich auf Robert.

„Moin!“, grüßte Nele in die Runde. „Bevor wir uns mit unserem aktuellen Fall befassen, möchte ich euch Robert Müller vorstellen. Robert war einer von uns bevor er, nicht ganz freiwillig, aufgrund einer Schussverletzung in den Ruhestand versetzt wurde. Er macht zurzeit Urlaub auf Norderney und war derjenige, der unser Mordopfer gefunden hat. Per Zufall (und hier konnte Nele ein leichtes Grinsen nicht unterdrücken) hat er auch paar nützliche Hinweise entdeckt. Aber das wird er euch gleich selbst erläutern. Unser Kriminaldirektor hat ihm daher einen Beratervertrag angeboten, um unser kleines Team zu verstärken und seine langjährige Erfahrung zu nutzen. Ich kenne Robert noch aus seiner aktiven Zeit und freue mich auf die Zusammenarbeit. So Robert, nun möchte ich dir mein Team vorstellen. Ich fange mal mit meiner Stellvertreterin, Theda de Vries, an. Du hast ja mit ihr schon am Telefon gesprochen. Sie ist seit einigen Jahren hier in der Dienststelle und mit den regionalen Strukturen bestens vertraut. Neben ihr sitzt Dorte Franziskus, von allen nur Franzi genannt, die gute Seele des Dezernats, um nicht zu sagen unser Mädchen für alles. Und dann haben wir da unsere Männer. Ocko Wieringa kennst du ja bereits. Und last but not least Michael Dormann, unser PC-Spezialist. Das LKA hat schon mehrfach versucht ihn uns abspenstig zu machen, aber er hat sich nicht nur in unsere herbe Landschaft verliebt, sondern auch in eine Tierärztin, die er nicht verlassen will. Die Wetten, wann die beiden heiraten werden, stehen für dies Jahr auf 50 zu 1. So, das wäre unser kleines Team. Wenn erforderlich, erhalten wir natürlich noch Zuarbeit von den Kollegen der Spusi und der Gerichtsmedizin. Im Übrigen reden wir uns alle mit Vornamen an, wie es hier so üblich ist. Ich hoffe, du hast nichts dagegen?“

„Nein, überhaupt nicht! Und ich freue mich auf die Zusammenarbeit und bitte euch mir auch zu sagen, wenn ihr meint, dass ich mit meinen Schlussfolgerungen daneben liege oder euch sonst wie auf den Keks gehe.“

„O.K., dann wollen wir mal.“, übernahm Nele das Kommando.

„Wir haben eine unbekannte Tote, die wir noch nicht identifizieren konnten. Die Gerichtsmedizin hat zwar noch keinen abschließenden Bericht übermittelt, aber dass es ein Mord war steht außer Zweifel. Das Messer wurde mit großer Wucht bis zum Griff in ihren Brustkorb gestoßen und traf das Herz, was zu einem schnellen Tod führte. So, wie der Stoß ausgeführt wurde, stand der Täter unmittelbar vor dem Opfer, was den Schluss zulässt, dass das Opfer seinen Mörder kannte und möglicherweise mit ihm am Hundestrand verabredet war. Auf die mögliche Tatzeit wollte sich der Doc noch nicht genau festlegen, aber er meinte, dass das Opfer zwischen 22:00 und 04:00 Uhr ermordet wurde. Nachdem Robert in der Nähe des Strandkorbs, in dem die Leiche lag, ein Streichholzheftchen des ‚Wattkieker‘ gefunden hat, hat er herausgefunden, dass die Tote dort unter dem Namen Jenny Hauptmann als Saisonkraft gejobbt hat. Wie wir mittlerweile wissen, gibt es zwar in Hamburg eine Frau ähnlichen Alters mit diesem Namen, die sich aber bester Gesundheit erfreut, wie Dorte durch einen Telefonanruf festgestellt hat. Das legt die Vermutung nahe, dass die Ermordete unter falschem Namen auf der Insel untertauchen wollte. Wenn wir herausbekommen wieso, könnten wir vielleicht das Motiv herausfinden, warum sie ermordet wurde.“

„Vielleicht sollten wir der Hamburger Kripo ein Foto der Toten zuschicken und sie bitten, die echte Jenny Hauptmann zu befragen, ob sie die Tote kennt?“, fragte Ocko.

„Gute Idee! Kümmerst du dich bitte gleich darum?“

Als Robert sich mit Einverständnis der Wirtin des ‚Wattkiekers‘ in dem Zimmer des Opfers umgesehen hat,“ fuhr Nele fort, „hat er einen Laptop und einen USB-Stick entdeckt, die dort versteckt waren. Der USB-Stick war sehr gut hinter dem Futter eines Koffers versteckt, während der Laptop nur notdürftig getarnt in einem Schrank mir recht teuren Klamotten lag. Das lässt darauf schließen, dass dieser USB-Stick eine besondere Bedeutung hat und uns vielleicht Hinweise zum Motiv des Täters liefern kann. Robert hat das Gerät und den Datenträger heute mitgebracht. Beide sind aber durch Kennwörter geschützt.“

„Wie kann man denn gut versteckte Dinge so einfach finden, wenn man sich nur mal etwas umsieht? Da ist wohl der alte Spürhund in Robert erwacht. Und dann Laptop und USB-Stick auch noch gleich mitgenommen! Ich weiß ja nicht, was unser Staatsanwalt dazu sagen wird!“, meinte Theda kritisch mit einem leicht zynischen Unterton dazwischen.

„Keine Sorge Theda, ich habe bereits mit ihm gesprochen und er hat Roberts Vorgehen gebilligt, weil sonst möglicherweise wichtige Beweismittel hätten verschwinden können. So lange wir nicht wissen, warum die angebliche Jenny Hauptmann ermordet wurde und ihr Mörder noch frei herumläuft, könnte es ja durchaus sein, dass der auch herausbekommt, wo sie untergetaucht war und dort nach Unterlagen oder ähnlichem sucht. Einen USB-Stick versteckt man ja nicht ohne Grund so gut. Michael, kannst du versuchen, an die Daten zu kommen?“

„Klar, ich mache mich gleich an die Arbeit. Endlich mal eine echte Challenge.“

„Theda, ich würde gern mit dir und Robert auf die Insel fahren, um mich dort im ‚Wattkieker‘ umzusehen und mich mit der Wirtin und dem Personal unterhalten. Hättest du was dagegen, auch dort zu übernachten? Vorausgesetzt wir bekommen eine Unterkunft.“

„Darum kümmere ich mich. Robert hat ja noch seine Ferienwohnung und für euch beiden Hübschen werde ich bestimmt was finden.“, schaltete sich Franzi ein.

Theda nickte dazu und meinte: “Besser, als hier im Büro zu sitzen, ist das allemal und auf der Insel war ich schon lange nicht mehr.“

Wir haben da ja noch die Aussage der Urlauberin, die die Leiche gefunden hat. Sie hat an dem Morgen auch noch eine schwarzgekleidete Person auf der Strandpromenade gesehen. Das passt zwar nicht unbedingt zum Tatzeitpunkt, aber wir sollten dennoch versuchen, die Person zu finden. Franzi könntest du im Inselkurier eine entsprechende Zeugensuche veranlassen?“

„Ja, mache ich gleich nach unserer Besprechung.“

„Gut. Soweit zu den Aufgaben, die als nächste zu erledigen sind. Was haben wir noch?“

Robert meldete sich noch einmal zu Wort:

“Ich denke, dass unsere Tote in ihrem wahren Leben ganz gut verdient hat. Die Klamotten, die ich in ihrem Zimmer gesehen habe, waren fast ausnahmslos von sehr renommierten, teuren Designermarken. Sie hat wohl auch studiert, wie sie der Wirtin erzählt hat, denn auch wenn man sich eine neue Identität zulegt, übernimmt man doch einige Fakten aus seinem realen Leben. Und wir sollten auf jeden Fall auch mit ihrem Kollegen Jens Overmann sprechen. Mit dem hatte sie nach Aussage der Wirtin als einzigem etwas Kontakt.“

„Gut, das wär‘s dann für heute. Oder? Ach, halt, da fällt mir noch etwas ein! Robert, du hast kein Handy erwähnt. Ist das nicht ungewöhnlich?“

„Ja, darüber habe ich mich auch schon gewundert. Vielleicht sollten wir Aika darauf ansetzen.“

Diese Bemerkung rief allgemeine Verwunderung in der Runde hervor und Robert musste erzählen, wer Aika ist und wie sie in dem Fall geholfen hatte.

Theda konnte sich nach seiner Schilderung die Bemerkung: „Na, dann bekommt sie von deinem Beratersalär sicherlich etwas ab.“, nicht verkneifen.

Die Runde löste sich auf und jeder machte sich an die Arbeit. Schon nach einer Stunde kam Franzi strahlend in das Büro von Nele.

„Ich habe eine schicke kleine Ferienwohnung für dich und Theda gefunden. Sie gehört meiner Cousine und ist zufällig leer, weil der Mieter, der sie für die nächsten drei Wochen gebucht hatte, wegen Krankheit absagen musste. Und Miete will sie auch keine, weil sie stolz ist, der Polizei helfen zu können. Naja und ein wenig neugierig ist sie natürlich auch, denn die Tote vom Hundestrand ist das Thema auf der Insel. Und in der Redaktion des Inselkuriers war man sofort bereit, in der morgigen Ausgabe einen Zeugenaufruf zu bringen. Der Mord ist ja zurzeit das Gesprächsthema auf der Insel.“

„Super! Dann können wir heute am späten Nachmittag rüberfahren und vielleicht noch das ein oder andere Gespräch führen. Informierst du bitte die Kollegen vor Ort und suchst uns eine Fährverbindung raus?“

„Schon passiert. Wenn ihr die Fähre um 16:00 Uhr nehmt, habt ihr noch genügend Zeit, ein paar Klamotten zu packen und Ocko kann euch rechtzeitig zum Anleger bringen. Aber ich fürchte, dass ihr dann keine Befragungen mehr durchführen könnt.“

„O.K., sagst du bitte auch Theda Bescheid. Ich informiere den Chef. Aber ich möchte lieber mit einem zivilen Fahrzeug auf der Insel mobil sein. Wenn wir den Streifenwagen der örtlichen Wache nehmen würden, würden wir unnötige Neugier wecken und der Wirtin des ‚Wattkieker‘ wäre es sicherlich auch nicht recht, wenn ein Polizeiwagen vor ihrer Tür steht.“

Robert zückte sein Handy und rief Nanni an um ihr mitzuteilen, dass er noch heute Nachmittag wieder zusammen mit Nele und ihrer Assistentin zurückkäme. Nanni wollte natürlich wissen, was es Neues gab, aber da musste er sie ein wenig enttäuschen. Außer der Tatsache, dass das Opfer unter falschem Namen gelebt hatte, gab es nichts zu berichten.

Nanni fand das gar nicht enttäuschend.

„Da habt ihr ja den Beweis, dass es einen kriminellen Hintergrund gibt.“

„Naja, warten wir mal ab. Ich hatte mich schon gefreut, die Tote identifiziert zu haben. Was ganz anderes. Könntest du für uns in der Fischerklause einen Tisch reservieren? Ich möchte die beiden gern einladen.“

„Und wer lädt mich ein?“, flachste Nanni.


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