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Einleitende Frage: Was ist ein gutes Leben?

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Hinter jeder Psychotherapie-Richtung steht ausgesprochen oder unausgesprochen ein Menschenbild. Immer gibt es eine manchmal explizite, oft aber nur implizite Vorstellung davon, was einen »gesunden«, psychisch nicht gestörten Menschen ausmacht, was also auch das Ziel der psycho-therapeutischen Bemühung sein sollte. So auch in der Gestalttherapie, der Schule, in der ich als Psychotherapeut ausgebildet worden bin und der ich mich angeschlossen habe – nicht zuletzt, weil mich ihr Menschenbild überzeugt hat.

Auch in der Gestalttherapie ist dieses Menschenbild eher in ihren Vorstellungen von Neurosen versteckt, als dass es in ihrer Literatur deutlich dargestellt und erörtert worden wäre – mit Ausnahme des letzten Abschnitts von PHG,1 betitelt: Das Kriterium – nämlich für psychische Gesundheit (PHG, 333 f.).

Aus diesem Text und aus dem gestalttherapeutischen Ansatz insgesamt entnehme ich die wichtigsten Elemente, aus denen sich das Menschenbild der Gestalttherapie zusammensetzt. Wie bei anderen Therapie-Richtungen ist dieses Menschenbild im Grunde einfach das, was übrig bleibt, wenn die psychischen Störungen überwunden und geheilt sind, unter denen diejenigen Menschen leiden, die sich einem Psychotherapeuten anvertrauen. Auch wenn man, wie es die Gründer der Gestalttherapie getan haben, davon ausgeht, das neurotische Verhaltensweisen Anpassungen an ein gestörtes, ja krankhaftes Gesellschaftssystem sind, so setzt die Gestalttherapie dem die Möglichkeit von kreativen Anpassungen entgegen. Man darf diesen gestalttherapeutischen Begriff nicht als passive Anpassung an den jeweiligen Status quo missverstehen. Vielmehr heißt es bei PHG: »Wir sprechen von der kreativen Anpassung als von der wesentlichen Funktion des Selbst«, und zu der gehören »die schöpferischen Funktionen der Selbstregulation, die für das Neue, für die Zerstörung und Neuintegration der Erfahrung offen sind« (PHG 2006, 49). Und Perls verdeutlichte: »Der Prozess der schöpferischen Anpassung an neues Material und neue Umstände schließt immer auch eine Phase der Aggression und der Zerstörung mit ein, denn nur durch Annäherung, Vereinnahmung und Veränderung neuer Strukturen wird Ungleiches gleich gemacht.« (PHG 1985, 15). Angewandt auf das Projekt eines gelingenden Lebens heißt das mit anderen Worten:

Reflexive Sinnlichkeit III: Lebenskunst und Lebenslust

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