Читать книгу Weihnachtswunsch - Hans-Peter Schneider - Страница 13
ОглавлениеEin etwas anderes Festmahl
Max verstand die Welt nicht mehr. Normalerweise hatte um diese Zeit das ganze Haus schon nach Sauerkraut, Bratwürsten und Bratkartoffeln geduftet. Schließlich war es bereits spätnachmittags am Heiligen Abend und die Vorbereitungen für das wunderbarste Fest des Jahres begannen. Doch als Max in diesem Jahr aus seinem Zimmer trat, roch er: gedünstetes Gemüse!!! Ernsthaft?!? Gedünstetes Gemüse?!? Am Heiligen Abend?!?
»Mmmh, duftet das nicht lecker«, rief sein Papa, als er Max mit weiß-rot gestreifter Kochschürze und grinsend wie ein Honigkuchenpferd in der Küche begrüßte. Der Hund Sammy sprang sofort hoch und lief auf Max zu.
»Papa, was machst du da und was wird das?«, wollte der Junge wissen.
Sein Papa hatte offenbar die angstgeweiteten Augen seines Sohnes gesehen, deswegen setzte er sein väterlich-beruhigendes Gesicht auf:
»Das, Max, wird die kulinarische Revolution des Heiligen Abends! Gedünstete Gemüsepfanne aus Brokkoli, Karotten, Paprika, Kaiserschoten, Sojasprossen und Porree auf Tomaten-Bulgur-Salat, dazu ein köstliches Quinoa-Risotto mit Süßkartoffeln und Burgern aus fair und liebevoll gezüchteten Chiasamen, Goji-Beeren und Spirulina. Mmmh, einfach nur lecker.«
»Äh, Frage«, runzelte Max die Stirn, »kommen Opa und Oma heute nicht?!«
»Äh, doch«, antwortete Papa, »aber auch für Opa und Oma wird es Zeit, sich ein wenig umzustellen und sich einem veganen Leben zu öffnen.«
Stimmt, seit zwölf Wochen waren seine Eltern und seine Schwester Nathalie nun schon komplett vegan unterwegs. Irgendwie hatte Max gehofft, dass man zumindest über Weihnachten eine Pause einlegen würde. Einige der veganen Gerichte, die er seitdem so vorgesetzt bekam, fand er durchaus lecker, aber ganz oft freute er sich, wenn er Nachmittagsunterricht hatte, denn dann konnte er in der Schulmensa Schnitzel mit Pommes oder mit seinen Freunden mal einen Döner essen.
Kurz darauf saß die gesamte Familie am großen, festlich geschmückten Esszimmertisch beisammen, unterhielt sich fröhlich und lachte. Zumindest so lange, bis Papa aus der Küche kam und die Hauptspeise servierte.
»Äh, Frage«, runzelte Opa die Stirn, »was ist denn das?!?«
»Das, lieber Opa«, lächelte Papa, »ist meine kulinarische Revolution des Heiligen Abends! Gedünstete Gemüsepfanne aus Brokkoli, Karotten, Paprika, Kaiserschoten, Sojasprossen und Porree auf Tomaten-Bulgur-Salat, dazu ein köstliches Quinoa-Risotto mit Süßkartoffeln und Burgern aus fair und liebevoll gezüchteten Chiasamen, Goji-Beeren und Spirulina.«
Max und die restlichen Familienmitglieder blickten abwechselnd in die Gesichter von Opa und Papa und mussten sich das Lachen mit aller Kraft verdrücken. Denn es war schon extrem lustig, den stolzen Ausdruck des Weihnachtskochs Papa und den völlig entgleisten, fassungslosen Gesichtsausdruck Opas direkt gegenüber zu sehen.
»Äh, Frage«, hakte Opa nach, »wo hat sich jetzt da die Bratwurst versteckt?«
»Soweit ich weiß, darf das Schwein noch glücklich und vergnügt Weihnachten im Stall feiern und muss sich nicht für unsere Bratwurstproduktion opfern«, zwinkerte Papa.
Eine Zeit lang schien Opa darauf zu warten, dass Papa lauthals losprusten, »Reingelegt!« rufen und die Pfanne mit den Bratwürsten aus dem Hut zaubern würde. Doch als diese Überraschung nicht kam, traute Opa sich doch, den ein oder anderen Bissen des veganen Festmahls zu probieren. Er schien sich jedes Mal aufs Neue zum Schlucken überwinden zu müssen.
Max ging es übrigens genauso. Er versuchte zwischenzeitlich sogar, Sammy, der unter seinen Füßen lag, heimlich ein Brokkoliröschen oder einen Chiasamenburgerbissen unterzujubeln. Doch Sammy schnüffelte nur skeptisch daran und wandte sich dann mit verächtlichem Blick anderen, interessanteren Dingen zu.
Für Opa und Max verging das Abendessen äußerst zäh. Aber schließlich hatten sie es irgendwann doch noch geschafft, eine kleine Portion des köstlichen Mahls zu verspeisen und Papas Nachschlag-Angebote freundlich auszuschlagen. Danach wurde fröhlich Bescherung gefeiert, Geschenke ausgepackt, gesungen und gelacht.
Spätabends machten sich Oma und Opa bereit zum Aufbruch. Zum Abschied umarmten sich alle und Opa zwinkerte beim Gehen seiner Familie zu:
»Und im nächsten Jahr seid ihr alle bei uns zum Essen eingeladen!«
»Oh ja!«, rief Max und winkte seinem Opa freudestrahlend hinterher.