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3.2 Ausnahme: Haftungsdurchgriff

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Dieser Grundsatz gilt allerdings nicht uneingeschränkt. Das Privileg der Haftungsbeschränkung müssen sich die Aktionäre durch gesetzeskonformes Verhalten verdienen. Verstoßen die Aktionäre in grober Weise gegen ihre Pflichten, laufen sie Gefahr, selbst in Anspruch genommen zu werden. Insoweit sind verschiedene Fallgruppen strikt voneinander zu trennen. Zum einen handelt es sich um diejenigen Fälle, in denen der Aktionär durch bestimmte, individualisierbare Handlungen gegen Verhaltensnormen verstößt. Dieser Fallgruppe lassen sich namentlich Verstöße gegen den Grundsatz der Kapitalaufbringung (sog. Differenzhaftung)[18] und der Kapitalerhaltung (§ 62 Abs. 1 AktG)[19] sowie Verstöße gegen bestimmte Verhaltensnormen (§§ 41 Abs. 1 S. 2,[20] 46,[21] 117[22] AktG) zuordnen. Als weitere Fallgruppe können auch konzernrechtliche Konstellationen (§§ 317 Abs. 1, 322 AktG) die Haftung von Aktionären begründen.[23] In diesen Fällen des Verstoßes gegen bestimmte Verhaltensnormen haftet der Gesellschafter nicht unmittelbar gegenüber den Gläubigern, sondern zunächst nur gegenüber seiner Gesellschaft. Freilich können etwaige Gläubiger der AG Ansprüche der Gesellschaft pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen.

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Daneben ist auch im Steuerrecht die Haftung der Aktionäre gem. § 34 AO für Steuerverbindlichkeiten der AG als unmittelbare Außenhaftung denkbar.[24]

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Schließlich können auch die unter dem Stichwort der Durchgriffshaftung diskutierten Fallgestaltungen zu einer Haftung der Aktionäre führen. Der Begriff der Durchgriffshaftung wird nicht immer einheitlich verwendet. Daher soll im Folgenden unter Durchgriffshaftung die Durchbrechung der in § 1 Abs. 1 S. 2 AktG bzw. in § 54 Abs. 1 AktG normierten Grundsätze verstanden werden. Dementsprechend sind hierunter nicht solche Fallgestaltungen zu verstehen, bei denen sich der Aktionär durch separate Vereinbarungen zur (Mit-)Haftung für Verbindlichkeiten der AG verpflichtet (Bürgschaften, Schuldbeitritt, Garantie o.Ä.), sondern solche, bei denen sich der Aktionär nicht mehr auf die Haftungsbeschränkung oder auf die Begrenzung seiner Leistungspflichten auf die Einlagepflicht berufen darf. Eine Durchgriffshaftung im hier verstandenen Sinne wird zwar in erster Linie bei der GmbH praktisch relevant, so dass solche Konstellationen vornehmlich für die GmbH diskutiert werden. Denkbar sind diese aber auch bei der AG,[25] namentlich dann, wenn ein Aktionär über eine bedeutende Beteiligung an der AG verfügt.[26]

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Bei der Anwendung der maßgeblich für die GmbH entwickelten Grundsätze ist allerdings zweierlei zu beachten. Zum einen sind die Kapitalerhaltungsvorschriften für die AG erheblich strenger als für die GmbH.[27] Bei der AG untersagen §§ 57, 62 Abs. 1 S. 1 AktG von vorne herein Auszahlungen an die Aktionäre, soweit es sich nicht um Gewinnanteile handelt. Demgegenüber können Gesellschafter der GmbH der Gesellschaft, solange das Stammkapital unangetastet bleibt, Kapital entziehen.[28] Zum anderen stellt das Aktienrecht mit § 317 Abs. 1 S. 1 AktG eine eigene, nicht auf die GmbH übertragbare,[29] konzernrechtliche Anspruchsgrundlage für die Fälle zur Verfügung, in denen ein Beherrschungsverhältnis (aber kein Unternehmensvertrag) besteht und die abhängige AG zur Vornahme einer nachteiligen Maßnahme veranlasst wird. Damit ist der Anwendungsbereich der verschiedenen zur Durchgriffshaftung entwickelten Fallgruppen im Vergleich zum Recht der GmbH deutlich reduziert.[30]

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Gleichwohl kommen die Fallgruppen der Existenzvernichtungshaftung, der Vermögensvermischung und der Unterkapitalisierung auch bei der AG in Betracht. Nach bisheriger Rechtslage durfte sich der Aktionär in diesen Fallkonstellationen nicht mehr auf die Haftungsbeschränkung des § 1 Abs. 1 S. 2 AktG berufen und haftete unmittelbar[31] und unbegrenzt[32] gegenüber den Gesellschaftsgläubigern. Trotz der Außenhaftung sei aber im Falle eines Insolvenzverfahrens allein der Insolvenzverwalter berechtigt, diese (eigentlich den Gesellschaftsgläubigern und nicht der Gesellschaft zustehenden) Ansprüche geltend zu machen.[33]

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Hinsichtlich der besonders prominenten Fallgruppe der Existenzvernichtungshaftung hat der II. Zivilsenat des BGH dieses Konzept der Außenhaftung durch die sog. „TRIHOTEL“-Entscheidung[34] nunmehr ausdrücklich aufgegeben, so dass in diesen Fällen nur ein Anspruch der Gesellschaft gegenüber dem Aktionär, mithin nur noch eine Innenhaftung besteht.

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