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5.Kapitel

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Rückblick: November1947

Graz, britische Besatzungszone

Das Kriegsende lag gerade mal zwei Jahre zurück, viele Gebäude waren noch zerstört von den vielen Bombenangriffen und die Bewohner der Stadt versuchten einfach, das Beste aus ihrer Situation zu machen.

Der Schwarzhandel blühte, er war überhaupt die einzige Möglichkeit, das Notwendigste kaufen zu können, es sei denn, man gab sich mit dem wenigen zufrieden, was man mit den von den Behörden ausgegebenen Lebensmittelkarten legal erwerben konnte.

Die Steiermark hatte immerhin noch soweit Glück gehabt, dass man nicht unter die Hoheit der russischen Besatzungstruppen gekommen war, sondern von den Briten verwaltet wurde.

Obwohl von diesem zivilisierten Musterland der Demokratie frühzeitig lokale Persönlichkeiten die als Nazigegner die Zeit während des Krieges meist im KZ oder in Gefängnissen verbracht hatten in der städtischen Verwaltung eingesetzt worden waren, wollte man verständlicherweise die Kontrolle über die kommunale und politische Arbeit der Österreicher behalten und dafür brauchte man auch Engländer mit guten Deutschkenntnissen, die so naturgemäß leichter ihren Aufgaben nachkommen konnten.

Nach 3 Jahren Aufenthalt in Militärkrankenhäusern und Erholungsheimen, wo Worthington die Folgen seiner schweren Verwundung auskurierte, die er bei seinem letzten Kriegseinsatz erlitten hatte, war er nun nach Graz geschickt worden.

Es ist zwar immerhin die zweitgrößte Stadt von Österreich, hatte man ihm erzählt, doch im Vergleich zu englischen Großstädten doch eher nur ein beschauliches kleines Städtchen.

In der Mitte der Stadt, von weithin sichtbar, der Schlossberg, ein 200 Meter hoher, von Wald bedeckter Felsen.

So ein Orientierungspunkt ist schon praktisch dachte er.

Der Krieg, speziell seine eigene Luftwaffe, hatten erhebliche Spuren in der Stadt hinterlassen. Das Bahnhofsgebäude war zum großen Teil zerstört, doch der Zugbetrieb musste weiterlaufen und so improvisierten die Einwohner der Stadt so gut es eben ging.

Am Bahnsteig wurde er von einem uniformierten Angehörigen der Militärpolizei empfangen. Auf dem Weg durch den provisorischen Ausgang zum Bahnhofsvorplatz informierte ihn dieser über die Verhältnisse in seinen neuem Einsatzort und brachte ihn in einem klapprigen Geländefahrzeug zur Grazer Burg, in deren historischem Gebäude die britische Militärkommandantur für Graz und das Land Steiermark untergebracht war.

Bei der Fahrt durch die zerbombten Straßen kam in ihm doch so ein bisschen schlechtes Gewissen hoch, doch beim Gedanken an die Angst, die er bei einem Heimataufenthalt in London empfunden hatte, das damals gerade von häufigen Angriffen der deutschen Wunderwaffe V 1 heimgesucht wurde, war es damit schnell wieder vorbei.

Am Eingang zur Kommandantur angelangt, nahm der MP den Koffer und ging ihm voran in das Eingangsbüro um seinen Fahrgast anzumelden.

Nach kurzer Wartezeit schickte man Albert Worthington hoch zum Office Major Lindsays, der zwei Jahre lang Kompaniechef bei seinem letzten Kriegseinsatz in Belgien war und ihn nun fast jovial begrüßte. Der Krieg war zu Ende und alle waren froh, ihn einigermaßen unversehrt überstanden zu haben. So nahm man jetzt auch die militärischen Rangunterschiede nicht immer so ganz genau. Major Lindsay erkundigte sich erst bei ihm über den Verlauf seiner Genesung, um dann gleich zur Sache zu kommen.

“Soweit ich mich erinnere, haben Sie mir einige Male von ihren Verwandten in Hamburg erzählt und dass Sie bei ihren häufigen Besuchen in Deutschland die Sprache ganz gut gelernt hätten. Darum habe ich ihnen angeboten, hierher zu kommen. Ich brauche noch jemand, auf den ich mich verlassen kann, der aber auch die Sprache der Einwohner spricht”, meinte Major Lindsay,

“Es gibt zwar erstaunlich viele Einheimische, die ganz passabel englisch sprechen, aber ich möchte doch lieber als Verbindungsmann zu den Österreichern, die wir zur öffentlichen Verwaltung eingesetzt haben, jemand haben, der ohne Dolmetscher auskommt. Wenn man jeden Satz erst mal übersetzen lassen muss, erschwert das auf die Dauer doch dessen Arbeit.

Na, was meinen Sie zu meinem Vorschlag?

Sie werden es nicht bereuen, so kommen Sie mit vielen Leuten zusammen, das ist doch was anderes als früher, wo man Tag und Nacht nur mit Soldaten reden konnte.

Und die Mädchen hier sind auch ganz hübsch und aufgeschlossen gegenüber uns Engländern. Die sind eben auch froh darüber, dass wir und nicht die Russen als Besatzer gekommen sind“, meinte er mit einem verschmitzten Blick.

Worthington erinnerte sich an seine kleine Freundin Ann in Bournemouth, der er versprochen hatte, spätestens nach zwei Jahren genug Geld gespart zu haben, um zurück nach England kommen zu können und sie zu heiraten. Deshalb muss ich hier ja nicht gleich in völliger Enthaltsamkeit leben, dachte er sich und begann an dem Angebot Geschmack zu finden.

”Allright, Sir, ich nehme ihr Angebot selbstverständlich gerne an, Sie können sich auf voll und ganz auf mich verlassen!”

“ Na dann gebe ich jetzt gleich die Anweisung für die nötigen Formalitäten und freue mich auf gute Zusammen arbeit, Lieutenant!” sagte der Major und rieb sich zufrieden die Hände.

„Ich schicke Sie dann für eine Woche in das Office von Lieutenant Fisher, er wird Ihnen das Nötigste über ihre Arbeit erklären und Ihnen auch gleich eine Unterkunft besorgen. Erwarten Sie nicht gleich ein Häuschen mit Komfort wie in Südengland, der Krieg ist gerade erst vorbei!”

Mit diesen Worten entließ er ihn und Albert Worthington machte sich auf die Suche nach dem Büro von Lieutenant Fisher.

Zur Überraschung Beider stellte man fest, dass man einmal gemeinsam einen Lehrgang auf der Akademie besucht hatte und bei der Erinnerung an die gemütlichen Abende in den Pubs kam leise Wehmut hoch.

”Das Bier ist hier aber auch nicht schlecht”, meinte Fisher, “besonders das Gösser Bier mag ich ganz gerne, es heißt, dass man dort ein besonders gutes Wasser zum Bierbrauen hat.”

Am Nachmittag ließ er sich von einem Fahrer zu der Adresse bringen, die Lieutenant Fisher ihm gegeben hatte.

Da ihn der Major vor zu großen Erwartungen gewarnt hatte, war er doch etwas überrascht, in Graz ein hübsches Einfamilienhaus vorzufinden, das sogar eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Haus seiner Eltern hatte, in dem er seine Jugend verbrachte. Er bat den Fahrer, ihm seinen Koffer zu geben und auf ihn zu warten, bis er mit seiner künftigen “Landlady”, dem englischen Wort für Zimmerwirtin, gesprochen hätte.

Reich ins Heim

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